BVerwG 2 B 36.17 , Beschluss vom 21. Dezember 2017 | Bundesverwaltungsgericht
Beschluss
BVerwG 2 B 36.17 VG Würzburg - 16.06.2015 - AZ: VG W 1 K 13.1265 VGH München - 23.03.2017 - AZ: OVG 6 B 16.1627
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Dezember 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden
und Dr. Kenntner
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. März 2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt. Gründe
1 Der 1959 geborene Kläger ist Bundesbeamter im Dienst der Beklagten und als Postamtmann (Besoldungsgruppe A 11) bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) beschäftigt. Er wendet sich gegen die Zuweisung einer Tätigkeit bei dem Tochterunternehmen T. GmbH ... am Dienstort München.
2 Der Kläger war bis Ende Juni 2010 unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der T. GmbH beurlaubt, wo er als Professional System Engineer I auf einem Teleheimarbeitsplatz eingesetzt war. Nachdem er erklärt hatte, dass er die Beurlaubung "nicht mehr verlängere", wurde das Arbeitsverhältnis mit der T. GmbH beendet und das Beamtenverhältnis zum 1. Juli 2010 wieder aktiviert. Der Kläger wurde zur Absicht gehört, ihm eine Tätigkeit bei der T. GmbH am Dienstort München zuzuweisen. Er widersprach dem insbesondere mit der Begründung, er sei alleinerziehender Vater von zwei schulpflichtigen Kindern in schulischen Abschlussklassen (geb.1994 und 1996), weshalb ihm die Zuweisung einer Tätigkeit an dem - 268 km vom Wohnort entfernten - Dienstort München nicht zugemutet werden könne.
3 Mit Bescheid vom 25. Januar 2011 wies die DTAG dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Wirkung vom 14. Februar 2011 im Unternehmen T. GmbH am Dienstort München dauerhaft eine Tätigkeit als Professional System Engineer I zu. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die DTAG mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2013 zurück.
4 Das Verwaltungsgericht hat die Zuweisungsverfügung und den Widerspruchsbescheid mit Urteil vom 16. Juni 2015 aufgehoben. Der angegriffene Zuweisungsbescheid sei materiell rechtswidrig‚ da die persönlichen Belange des Klägers nicht hinreichend berücksichtigt worden seien.
5 Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat zur Begründung darauf abgestellt, dass das Verwaltungsgericht auf einen falschen Beurteilungszeitpunkt abgestellt und die Zuweisung unzutreffend als rechtswidrig erachtet habe.
6 Für die gerichtliche Überprüfung einer Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 PostPersRG sei nach ständiger Rechtsprechung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich. Das materielle Recht gebiete bei der Zuweisung ebenso wenig wie bei der Versetzung eine Abweichung von dieser Regel. Die streitige Zuweisungsverfügung sei - bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids - formell und materiell rechtmäßig und habe sich auch nicht erledigt. Die DTAG sei nicht aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten‚ auf die Dienstleistung des Klägers unter fortdauernder Alimentation auf Grund der geltend gemachten Situation als alleinerziehender Vater schulpflichtiger Kinder weiterhin zu verzichten und seine Beschäftigungslosigkeit seit Juli 2010 unter Fortzahlung der Bezüge hinzunehmen. Zur Vermeidung unbilliger Härten reiche es aus, dass der Kläger als Folge der Übernahme eines dauerhaften Arbeitsplatzes die Erstattung von Fahrmehrleistungen und Zeitaufwand habe beanspruchen können und zudem in der Zuweisungsverfügung die Zusage einer Umzugskostenvergütung erhalten habe. Im Übrigen hätte es dem Kläger freigestanden‚ ggf. von den Optionen einer familienbedingten Teilzeit oder Beurlaubung ohne Bezüge im Sinne von § 92 Abs. 1 BBG Gebrauch zu machen‚ um die Betreuung seiner Kinder weiterhin in dem bisher gewohnten Umfang erbringen zu können. Hier sei auch in den Blick zu nehmen‚ dass sich seine beiden Kinder nicht (mehr) in einem Alter befunden hätten‚ in dem sie noch besonders unselbständig oder von ihren Eltern abhängig gewesen wären‚ sodass ihr Betreuungsbedarf deutlich geringer geworden sei.
7 2. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde zugemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
8 Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 m.w.N.).
9 Die Beschwerde formuliert nicht ausdrücklich eine als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage.
10 a) Soweit sich dem Beschwerdevorbringen der Sache nach die Rechtsfrage entnehmen lässt, ob die dauerhafte Zuweisung einer Tätigkeit bei einem Postnachfolgeunternehmen nach § 4 Abs. 4 PostPersRG als Dauerverwaltungsakt zu werten und deshalb nicht einheitlich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu kontrollieren ist, hat der Senat diese Frage bislang ausdrücklich offen gelassen (BVerwG, Urteil vom 19. Mai 2016 - 2 C 14.15 - BVerwGE 155, 182 Rn. 30). Sie würde sich jedoch im vorliegenden Fall in einem Revisionsverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen.
11 Der im angegriffenen Bescheid verfügte und vom Kläger angegriffene Dienstantritt in München zum 14. Februar 2011 ist nicht mehr möglich. Für die in der Vergangenheit liegenden Zeiten kann der Verfügung keine Regelungswirkung mehr zukommen. Der Kläger kann insoweit auch nicht in anderer Weise in seinen Rechten beeinträchtigt sein, weil durch den im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. März 2011 die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederhergestellt worden ist. Wirksamkeit hat die angegriffene Verfügung durch den Eilrechtsschutz des Klägers nie erlangt. Der Kläger war damit nicht verpflichtet, der Verfügung Folge zu leisten; er hat dies auch nicht getan. Anderweitige mittelbare Gesichtspunkte, die ein schutzwürdiges Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
12 Für die in der Zukunft liegenden Zeiten kann sich der Kläger nicht auf seine Stellung als alleinerziehender Vater berufen; beide Kinder sind zwischenzeitlich lange volljährig. Die insoweit vom Kläger vorgebrachten Gesichtspunkte haben sich durch den zwischenzeitlichen Zeitablauf erledigt. Dementsprechend ist in der Beschwerde auf eine Teilabhilfe für die Vergangenheit als rechtmäßiges Alternativverhalten verwiesen worden. Auf die Betreuungssituation eines alleinerziehenden Vaters für minderjährige Kinder und die Frage, ob die Beklagte wohnortnähere Verwendungsmöglichkeiten in angemessener Weise in Betracht gezogen hat, könnte es auch in einem Revisionsverfahren daher nicht ankommen.
13 b) Hieraus ergibt sich zugleich, dass auch die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen zum Umfang der dienstrechtlichen Fürsorgepflicht bei alleinerziehenden Beamten mit minderjährigen Kindern nicht (mehr) entscheidungserheblich sind. Auch sie würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen.
14 3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG zuzulassen.
15 Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 127 Nr. 1 BRRG setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht, das Bundesverfassungsgericht oder bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis ein anderes Oberverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die eines der genannten divergenzfähigen Gerichte aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55). Die Entscheidungen müssen dasselbe Gesetz und dieselbe Fassung des Gesetzes zum Gegenstand haben (BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3 ff.).
16 Die von der Beschwerde behauptete Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zu einer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung von Dauerverwaltungsakten wird bereits nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt.
17 Die Beschwerde rügt, dass das Berufungsgericht verkannt habe, dass bei der gerichtlichen Überprüfung von Dauerverwaltungsakten nicht isoliert auf einen Zeitpunkt, sondern vielmehr auf Zeiträume abzustellen sei. Sie setzt sich aber nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht die vom Kläger angegriffene Zuweisungsverfügung gerade nicht als Dauerverwaltungsakt qualifiziert hat und dass das Bundesverwaltungsgericht - wie bereits ausgeführt - diese Frage offengelassen hat. Eine zur Zulassung der Revision führende Divergenz ist damit nicht dargetan. Im Übrigen ist die Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich offen gelassen, sodass eine "Abweichung" hiervon nicht geltend gemacht werden kann.
18 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
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