BVerwG 4 BN 45.18 , Beschluss vom 07. März 2019 | Bundesverwaltungsgericht
Beschluss
BVerwG 4 BN 45.18 OVG Lüneburg - 14.08.2018 - AZ: OVG 1 KN 154/12
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. März 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Decker
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. August 2018 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt. Gründe
1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
2 Die Frage,
ob die Gliederung eines durch Bebauungsplan ausgewiesenen Industriegebiets in Teilgebiete mit unterschiedlichen Emissionskontingenten nur dann wirksam ist, wenn in dem Gebiet mindestens ein Teilgebiet vorhanden ist, für das keine Emissionsbeschränkung gilt,
kann auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation bereits im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde bejaht werden. Damit steht fest, dass die weitere Frage,
ob die Gliederung eines durch Bebauungsplan ausgewiesenen Industriegebiets in Teilgebiete mit unterschiedlichen Emissionskontingenten wirksam ist, wenn zwar für alle Teilgebiete Emissionsbeschränkungen festgesetzt sind, aufgrund der Höhe der Emissionskontingente aber in einem Teilgebiet die Zulassung von Betrieben ermöglicht wird, die wegen ihres Störungsgrades in einem Gewerbegebiet nicht zulässig wären,
zu verneinen ist.
3 Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Emissionskontingenten ist § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO. Danach können für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet nach der Art der Betriebe und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern.
4 Das Emissionsverhalten von Betrieben und Anlagen gehört zu ihren Eigenschaften. Es kann durch Emissionskontingente nach DIN 45691 erfasst werden. Gegliedert wird ein Baugebiet, wenn es in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt wird (BVerwG, Beschluss vom 9. März 2015 - 4 BN 26.14 - BauR 2015, 943 ). Da auch bei Anwendung des § 1 Abs. 4 BauNVO die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets zu wahren ist (BVerwG, Beschluss vom 6. Mai 1996 - 4 NB 16.96 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 22 S. 7), muss es in jedem intern gegliederten Baugebiet allerdings ein Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkung geben. Das hat der Senat zur Gliederung eines Gewerbegebiets gemäß § 8 BauNVO entschieden (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2017 - 4 CN 7.16 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 37 Rn. 7).
5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auf die Gliederung eines Industriegebiets im Sinne des § 9 BauNVO übertragen. Dass dies richtig ist, bedarf keiner Bestätigung durch ein Revisionsurteil.
6 Die Antragsgegnerin stellt nicht in Frage, dass auch bei der Gliederung eines Industriegebiets dessen allgemeine Zweckbestimmung gewahrt bleiben muss. Sie sieht dieses Erfordernis aber nicht nur dann erfüllt, wenn es ein Teilgebiet ohne Emissionskontingent gibt, sondern auch dann, wenn für ein Teilgebiet Emissionskontingente festgesetzt sind, die die Zulassung von Betrieben ermöglichen, die wegen ihres Störungspotenzials in einem Gewerbegebiet nicht zulässig wären. Das trifft nicht zu. Allgemeine Zweckbestimmung eines Industriegebiets ist nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich die Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. Im Kontext mit § 8 Abs. 1 BauNVO, wonach Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 BauNVO, dass die Zweckbestimmung eines Industriegebiets die Unterbringung von Gewerbebetrieben ist, die mehr als nicht erheblich, also erheblich belästigen. Nach oben ist der zulässige Störgrad dabei nicht begrenzt (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2018, § 9 BauNVO Rn. 8). Dem muss die Gliederung eines Industriegebiets nach Emissionskontingenten Rechnung tragen. Sie wahrt die allgemeine Zweckbestimmung des § 9 Abs. 1 BauNVO nicht und ist von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht gedeckt, wenn mit den Emissionskontingenten Gewerbebetriebe ab einem gewissen Störgrad im gesamten Industriegebiet ausgeschlossen werden.
7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
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