BVerwG 7 C 23.17 , Urteil vom 28. Februar 2019 | Bundesverwaltungsgericht
Urteil
BVerwG 7 C 23.17 VG Karlsruhe - 16.06.2016 - AZ: VG 3 K 4229/15 VGH Mannheim - 16.05.2017 - AZ: VGH 10 S 1478/16
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2019
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Korbmacher, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Günther und Dr. Löffelbein
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2017 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg wird zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger. Gründe I
1 Der Kläger begehrt Zugang zu Unterlagen des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof.
2 Im August 2015 beantragte der Kläger beim Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof Zugang zu einer an diesen ergangenen Weisung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Landesverrats gegen Mitarbeiter der Organisation "N.org", zu dem Schriftverkehr hierzu sowie zu den vom Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Generalbundesanwalt zu diesem Komplex gefertigten Gutachten. Unter dem 17. August 2015 teilte der Generalbundesanwalt dem Kläger mit, eine Auskunftserteilung nach dem Informationsfreiheitsgesetz komme wegen vorrangiger Regelungen der Strafprozessordnung nicht in Betracht.
3 Bereits am 14. September 2015 hatte der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Untätigkeitsklage erhoben, die ohne Erfolg blieb. Seine Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 16. Mai 2017 zurückgewiesen: Es könne offen bleiben, ob die Klage als Untätigkeitsklage zulässig sei, denn jedenfalls sei sie unbegründet. Ein Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz scheide aus. Sein Anwendungsbereich erstrecke sich ausgehend von dem funktionellen Behördenbegriff allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und sonstigen Stellen des Bundes. Deshalb sei der Generalbundesanwalt, der der Dritten Gewalt als Organ der Rechtspflege zuzuordnen sei, im vorliegenden Zusammenhang keine informationspflichtige Stelle. Dieser Konsequenz könne der Kläger nicht dadurch ausweichen, dass er sein Informationsbegehren auf einen hinter der Ermittlungsakte stehenden Verwaltungsvorgang beziehe. Auch sei es für den Erfolg des Antrags unerheblich, ob mit dem Informationszugang eine offensichtlich rechtswidrige Einzelfallweisung aufgedeckt werden solle. Eine strukturell bedingte Abschottung von staatsanwaltschaftlichen Akten, die rechtsstaatliche Mindeststandards der Transparenzanforderungen verfehle, gebe es zudem nicht. Informationsrechte könnten im Bereich der Strafrechtspflege aus § 475 StPO folgen. Der begehrte Informationszugang könne auch nicht auf das Grundrecht der Informationsfreiheit gestützt werden. Der Gesetzgeber habe amtliche Dokumente im Bereich der Strafrechtspflege von der Geltung des § 1 Abs. 1 IFG ausgenommen. Auch könne sich der Kläger nicht auf einen presserechtlichen Informationszugangsanspruch berufen, weil er weder vom sachlichen noch vom personellen Schutzbereich des Grundrechts der Pressefreiheit erfasst werde. Der Informationszugang sei auch nicht nach Art. 10 Abs. 1 EMRK begründet.
4 Der Kläger hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt und macht geltend: Die Untätigkeitsklage sei zulässig. Auch wenn das Schreiben des Generalbundesanwalts vom 17. August 2015 als Verwaltungsakt anzusehen sei, habe kein Vorverfahren durchgeführt werden müssen. Die Beklagte habe ihre ablehnende Haltung im Gerichtsverfahren bekräftigt.
5 Das Berufungsgericht habe verkannt, dass es sich bei der Weisung nicht um eine Maßnahme der Strafrechtspflege, sondern um den bislang noch nie vorgekommenen Fall einer rechtswidrigen Weisung zur Verfahrenseinstellung durch den Bundesjustizminister handele; der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes sei daher eröffnet. Die begehrten Unterlagen stellen auch solche aus allgemein zugänglichen Quellen i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG dar. Die Auffassung des Berufungsgerichts zum presserechtlichen Auskunftsanspruch sei unzutreffend; bei der Auslegung der grundgesetzlichen Pressefreiheit sei Art. 10 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe Nichtregierungsorganisationen der Presse gleichgestellt. Die Europäische Menschenrechtskonvention vermittele zudem einen unmittelbaren Auskunftsanspruch.
6 Der Kläger beantragt, die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. Mai 2017 und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. Juni 2016 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten bzw. zu verurteilen, ihm Zugang zu der Weisung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an den Generalbundesanwalt in Sachen Ermittlungsverfahren "Landesverrat" gegen Herrn B. und andere bzw. dem gesamten Schriftverkehr in dieser Angelegenheit zwischen diesen beiden Behörden und aller vom Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Generalbundesanwalt zu diesem Komplex gefertigten Gutachten durch Übersendung von Kopien zu gewähren.
7 Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
8 Sie verteidigt das angegriffene Berufungsurteil. II
9 Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet und demnach zurückzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ohne Bundesrechtsverstoß zurückgewiesen (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 2 VwGO).
10 1. a) Soweit die Klage auch auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes gerichtet ist, ist die dafür allein statthafte Klageart nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO die Verpflichtungsklage (vgl. § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG). Denn bei dem die Bezugszeile "Ihr Antrag vom 12. August 2015 für die D. e.V." aufweisenden Schreiben des Generalbundesanwalts vom 17. August 2015 handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG. Mit der darin enthaltenen Formulierung, "dass eine Auskunftserteilung nach dem Informationsfreiheitsgesetz durch die Bundesanwaltschaft nicht in Betracht kommt, da für den Bereich der Strafverfolgung besondere Regelungen über den Zugang zu amtlichen Informationen den Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes vorgehen (§ 1 Abs. 3 IFG)", hat der Generalbundesanwalt nicht nur auf die Rechtslage hingewiesen, sondern eine Entscheidung über den Antrag getroffen. Dass nicht ausdrücklich von einer Ablehnung des Antrages die Rede ist und der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthält, steht dieser Wertung nicht entgegen.
11 Ein Widerspruchsverfahren war ausnahmsweise entbehrlich. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwa