BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.12.2013, III R 56/12
Investitionszulagenrechtliche Zugehörigkeitsvoraussetzungen bei Untergang begünstigter Wirtschaftsgüter durch Brand und anschließender Veräußerung des Restbetriebsvermögens
Leitsätze
1. Die Einhaltung der Zugehörigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 2007 bestimmt sich nicht allein danach, ob das Wirtschaftsgut innerhalb des Bindungszeitraums aus in ihm selbst liegenden Gründen (insbes. vorzeitiger wirtschaftlicher oder technischer Verbrauch) aus dem Betrieb ausscheidet (wirtschaftsgutbezogene Voraussetzung), sondern auch nach dem weiteren Schicksal des Betriebs (betriebsbezogene Voraussetzung).
2. Ein Wirtschaftsgut kann während des Bindungszeitraums nicht anspruchsunschädlich aus dem Anlagevermögen des Betriebs ausscheiden, wenn zugleich der Betrieb selbst nicht während des gesamten Bindungszeitraums in einem begünstigten Wirtschaftszweig im Fördergebiet aktiv am Wirtschaftsleben teilnimmt.
3. Die Zugehörigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 2007 wird in betriebsbezogener Hinsicht nicht erfüllt, wenn der Anspruchsberechtigte den Betrieb innerhalb des Bindungszeitraums an einen Dritten veräußert, sofern nicht ein Fall des § 2 Abs. 1 Satz 5 InvZulG 2007 (verbundene Unternehmen) vorliegt.
Tatbestand1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Z-GmbH. Gegenstand des Unternehmens waren verschiedene Arten der Holzverarbeitung.2 Die Gesellschaft begann ihren ordentlichen Geschäftsbetrieb im Juli 2008. Am ... Dezember 2008 beantragten die Geschäftsführer der GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Kläger führte das Unternehmen zunächst als vorläufiger Insolvenzverwalter fort. Ein Brandschaden, der sich in der Nacht auf den 30. Januar 2009 ereignete, führte zum völligen Ausfall der Produktionslinie. Die Versicherung ersetzte aufgrund eines Gutachtens vom 14. September 2009 einen Gesamtschaden von 201.336 EUR.3 Mit Vertrag vom 22. Juli 2010 übertrug der Kläger die verbliebenen Wirtschaftsgüter für 395.000 EUR auf einen Dritten, der das Unternehmenskonzept der GmbH und den Betrieb nach Erneuerung der defekten Anlagen fortsetzte.4 Die vom Kläger am 23. April 2009 beantragte Gewährung von Investitionszulage für die im Kalenderjahr 2008 getätigten Investitionen lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 6. Mai 2009 mit der Begründung ab, dass die Verbleibensvoraussetzungen nicht gegeben seien. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5. August 2010).5 Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.6 Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.7 Der Kläger beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Investitionszulage unter Abänderung des Investitionszulagebescheids 2008 vom 6. Mai 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2010 auf 954.302,65 EUR festzusetzen.8 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe 9 II. Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die begehrte Investitionszulage wegen Nichterfüllung der Bindungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Investitionszulagengesetzes 2007 (InvZulG 2007) nicht beanspruchen kann. 10 1. a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2007 ist u.a. die Anschaffung neuer abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dann begünstigt, wenn --neben anderen hier unstreitig vorliegenden Voraussetzungen-- das Wirtschaftsgut mindestens fünf Jahre nach Beendigung des Erstinvestitionsvorhabens (Bindungszeitraum) zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte eines Betriebs in einem begünstigten Wirtschaftszweig des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet gehört (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 2007), in einer Betriebsstätte eines solchen Betriebs des Anspruchsberechtigten im Fördergebiet verbleibt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b InvZulG 2007) und in jedem Jahr zu nicht mehr als 10 % privat genutzt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c InvZulG 2007). Für nach dem 31. Dezember 2006 begonnene Erstinvestitionsvorhaben verringert sich der Bindungszeitraum auf drei Jahre, wenn die beweglichen Wirtschaftsgüter in einem begünstigten Betrieb verbleiben, der zusätzlich die Begriffsdefinition für kleine und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (Amtsblatt der Europäischen Union 2003 Nr. L 124, S. 36) im Zeitpunkt des Beginns des Erstinvestitionsvorhabens erfüllt (§ 2 Abs. 1 Satz 4 InvZulG 2007). Unschädlich für den Anspruch auf Investitionszulage ist es, wenn das bewegliche Wirtschaftsgut innerhalb des Bindungszeitraums in das Anlagevermögen eines mit dem Anspruchsberechtigten verbundenen Unternehmens eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet übergeht, oder in einem mit dem Anspruchsberechtigten verbundenen Unternehmen eines begünstigten Wirtschaftszweigs im Fördergebiet verbleibt und dem geförderten Erstinvestitionsvorhaben eindeutig zugeordnet bleibt (§ 2 Abs. 1 Satz 5 InvZulG 2007). 11 b) aa) Bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 2007 ergibt sich, dass die in dessen Buchst. a bis c genannten Zugehörigkeits-, Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen grundsätzlich während des gesamten fünf- oder dreijährigen Bindungszeitraums ununterbrochen eingehalten werden müssen und eine Verletzung einer der Bindungsvoraussetzungen den rückwirkenden Verlust der Investitionszulage nach sich zieht (ebenso Rosarius, in: Jasper/Sönksen/Rosarius, Investitionsförderung, Handbuch, § 2 InvZulG 2007 Rz 13). 12 bb) Der Beginn der Bindungsfrist richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2007 --entgegen früheren Regelungen (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 2005)-- nicht mehr nach dem Abschluss der Anschaffung bzw. der Herstellung des einzelnen Wirtschaftsguts, sondern nach dem Abschluss des Erstinvestitionsvorhabens (Rosarius, a.a.O., § 2 InvZulG 2007, Rz 18 ff.). Besteht das Erstinvestitionsvorhaben aus mehreren Einzelinvestitionen, markiert mithin der Abschluss der letzten zum Erstinvestitionsvorhaben gehörenden Einzelinvestition den Beginn des Bindungszeitraums, während für früher abgeschlossene Einzelinvestitionen des Erstinvestitionsvorhabens eine entsprechende Verlängerung des fünf- bzw. dreijährigen Bindungszeitraums eintritt (vgl. hierzu auch die Gesetzesbegründung, BTDrucks 16/1409, S. 12 zu § 2). 13 2. Aus den den Bindungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 2007 vergleichbaren Regelungen in den Vorgängerversionen des InvZulG und anderen Fördergesetzen hat der Bundesfinanzhof zum einen Anforderungen an den betreffenden Betrieb und zum anderen an das begünstigte Wirtschaftsgut abgeleitet. 14 a) aa) In betriebsbezogener Hinsicht ist eine Förderfähigkeit nur bei einem aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmenden Betrieb bzw. einer