BUNDESFINANZHOF Urteil vom 21.11.2017, VIII R 17/15ECLI:DE:BFH:2017:U.211117.VIIIR17.15.0
Karar Dilini Çevir:


BUNDESFINANZHOF Urteil vom 21.11.2017, VIII R 17/15
ECLI:DE:BFH:2017:U.211117.VIIIR17.15.0

Begründung und Beendigung einer Betriebsaufspaltung bei Verpachtung des Mandantenstamms eines Freiberuflers - Ansatz einer gestundeten Kaufpreisforderung

Leitsätze

1. NV: Zwischen einem Steuerberater und einer von ihm als Alleingesellschafter beherrschten Kapitalgesellschaft wird eine Betriebsaufspaltung begründet, wenn der Kapitalgesellschaft ein für deren betriebliche Tätigkeit funktional wesentlicher Mandantenstamm zur Nutzung überlassen wird.

2. NV: Die Einkünfte aus der Nutzungsüberlassung des Mandantenstamms können bei Fortführung einer steuerberatenden Einzelpraxis neben der Verpachtungstätigkeit als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einem eigenständigen Besitzunternehmen erzielt werden. Dies gilt auch dann, wenn zwar sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen beiden Tätigkeiten bestehen, die Verflechtung aber nicht so eng ist, dass sich die Tätigkeiten gegenseitig unlösbar bedingen.

3. NV: Wird der zur Nutzung überlassene Mandantenstamm an einen Dritten veräußert, tritt durch den Wegfall der sachlichen Verflechtung eine zwangsweise Betriebsaufgabe im Besitzunternehmen ein.

4. NV: Die Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen wegen der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts kann nur dann gemäß § 174 Abs. 4 AO zum Anlass für die Aufhebung oder die Änderung eines weiteren Steuerbescheids genommen werden, wenn der zuerst geänderte Bescheid in seiner ursprünglichen Fassung objektiv rechtswidrig war.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 3. Dezember 2013 13 K 2560/12 E und die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 22. Juni 2012 aufgehoben.

Die Einkommensteuer 2003 wird unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids des Beklagten vom 14. Juni 2012 auf den Betrag festgesetzt, der sich ergibt, wenn die Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit nach Maßgabe der Gründe um 399.422,80 EUR gemindert werden.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand  I. 1 Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (2003) als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätig. Zudem war er im Jahr 2002 und im Streitjahr als alleiniger Gesellschafter unter anderem an der A-GmbH beteiligt. 2 Mit Einbringungs- und Nutzungsvertrag vom 17. Dezember 2001 brachte der Kläger das Anlagevermögen, die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie die Passiva seiner Einzelpraxis gemäß Bilanz zum 21. Dezember 2001 zum 31. Dezember 2001 in die A-GmbH ein. Nach der Präambel des Einbringungs- und Nutzungsvertrags wollte der Kläger das betriebliche Anlage- und Umlaufvermögen der Einzelkanzlei auf die Gesellschaft zum Zweck der Neuordnung seines Einzelunternehmens übertragen und danach in seiner Einzelkanzlei nur noch höchstpersönliche Tätigkeiten ausüben (z.B. Gutachtenaufträge, Testamentsvollstreckung, Liquidatortätigkeiten). Nicht übertragen wurde der Mandantenstamm der Einzelkanzlei. Diesen verpachtete der Kläger mit dem Vertrag vom 17. Dezember 2001 mit Wirkung zum 1. Januar 2002 entgeltlich an die A-GmbH. 3 Die A-GmbH war aufgrund ihrer angespannten Liquiditätslage in der Folgezeit jedoch nicht in der Lage, die vereinbarte Pacht zu zahlen. 4 Daher schloss der Kläger am 9. Dezember 2002 mit der B-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter seinerzeit eine GbR bestehend aus ihm und dem Steuerberater D war, einen "Mandantenübertragungsvertrag". Nach diesem übertrug er der B-GmbH mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 den der A-GmbH überlassenen Mandantenstamm (mit Ausnahme der Wirtschaftsprüfungsmandate) für einen Kaufpreis von 344.330 EUR zzgl. Umsatzsteuer, demnach insgesamt zu einem Kaufpreis in Höhe von 399.422,80 EUR. Zur Kaufpreiszahlung heißt es in § 6 Abs. 2 des Vertrags: "Auf den Kaufpreis ist ein Betrag von EUR 90.000,00 zum 31. Januar 2003 fällig. Der Restkaufpreis in Höhe von EUR 309.422,00 erfolgt in Form von Kaufpreisraten. Die Höhe bemißt sich einschließlich einer Verzinsung von 8% auf monatlich EUR 3.842,74 [...] bei einer Laufzeit von insgesamt 10 Jahren. Die Kaufpreisraten sind monatlich nachschüssig fällig." 5 Am 10. März 2003 schloss der Kläger mit der B-GmbH einen Darlehensvertrag. Die B-GmbH sollte als Darlehensgeberin dem Kläger einen Darlehensrahmen von 170.000 EUR zur Verfügung stellen, da die Liquiditätslage der B-GmbH nicht ausreiche, um die Verpflichtungen aus der Anzahlung (90.000 EUR zum 31. Januar 2003) und den ab Februar 2003 vereinbarten Monatsraten (3.842,74 EUR) aus dem Mandantenübertragungsvertrag zu erfüllen. Das Darlehen sollte vom Kläger ab dem 31. Dezember 2005 in nicht näher bestimmten monatlichen Raten zurückgezahlt werden. 6 Mit Vertrag vom 30. Juni 2003 beteiligte sich der Kläger zum 1. Juli 2003 im Wege einer stillen Beteiligung am Geschäft der B-GmbH. Die zu leistende Einlage betrug gemäß § 2 Abs. 1 des Vertrags 229.426,80 EUR. Sie wurde durch Umwandlung eines Teils der Nettoverbindlichkeit der B-GmbH gegenüber dem Kläger als geleistet angesehen (§ 2 Abs. 2 der Vereinbarung). 7 Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) wurde ausweislich eines auf den 30. Juni 2004 datierten Gesellschafterbeschlusses der in der GbR verbundenen Gesellschafter der B-GmbH, also des Klägers und des D, die Kaufpreisforderung des Klägers aus der Übertragung des Mandantenstamms an die B-GmbH in Höhe von 120.000 EUR mit Wirkung zum 1. Juli 2004 in eine Kapitalrücklage der B-GmbH umgewandelt. Die B-GmbH wies eine entsprechende Kapitalrücklage bereits in ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 2003 aus. 8 In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einen Verlust aus einer atypisch stillen Beteiligung an der B-GmbH in Höhe von 185.212 EUR geltend. Das für die Feststellung zuständige Finanzamt erließ jedoch einen negativen gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid vom 12. April 2005, da die Beteiligung des Klägers als typisch stille Beteiligung einzuordnen sei. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) als für die Einkommensteuerveranlagung zuständiges FA berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung für das Streitjahr auch keinen Verlust aus einer typisch stillen Beteiligung. Es veranlagte den Kläger für das Streitjahr mit Einkommensteuerbescheid vom 27. September 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. 9 Der Kläger erhob Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr. Zur Begründung führte er aus, der Verlust aus der stillen Beteiligung in Höhe von 185.212 EUR sei bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzuziehen. 10 Während des Einspruchsverfahrens für das Streitjahr wurde beim Kläger eine Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 durchgeführt. 11 Im Betriebsprüfungsbericht vom 26. November 2007 gelangten die Prüfer zu der Auffassung, durch die Verpachtung des Mandantenstamms an die A-GmbH sei eine Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger und der A-GmbH begründet worden. Die Begründung der Betriebsaufspaltung habe zu einem gewerblichen Besitzunternehmen neben dem freiberuflichen Einzelunternehmen geführt. Durch die Veräußerung des Mandantenstamms mit Vertrag vom 9. Dezember 2002 an die B-GmbH zum 31. Dezember 2002 sei diese Betriebsaufspaltung noch im Jahr 2002 zwangsweise beendet worden, da die sachliche Verflechtung entfallen sei. Im Veranlagungszeitraum 2002 sei ein Aufgabegewinn des Klägers gemäß § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) in Höhe von 344.330 EUR zu erfassen. Ferner habe der Kläger in 2002 Pachteinnahmen in Höhe von 138.494 EUR anzusetzen. 12 Für das Streitjahr heißt es auszugsweise in Tz 2.2.5 des Betriebsprüfungsberichts vom 26. November 2007: "Der tatsächliche Zufluss des Kaufpreises im Jahre 2003 durch Auszahlung/ Umwandlung der Forderung in eine typisch stille Beteiligung an der [B-GmbH] ist für die Versteuerung des Veräußerungsgewinnes entscheidungsunerheblich. Beim Veräußerungsgewinn ist nicht der Zeitpunkt des Zuflusses für die Bestimmung des Besteuerungszeitpunkts maßgeblich, sondern das Rechtsgeschäft. Eine im VZ 2003 bisher unterlassene und noch zu berücksichtigende Versteuerung der Gewinne aus dem Verkauf des Mandantenstamms unterbleibt daher, da die Beträge schon bei der Einkommensteuerveranlagung 2002 als Veräußerungsgewinne erfasst wurden." 13 Es erging nach der Betriebsprüfung am 26. Februar 2008 ein gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) entsprechend geänderter Einkommensteuerbescheid für die Einkommensteuer 2002. 14 Ebenfalls am 26. Februar 2008 erließ das FA --während des laufenden Einspruchsverfahrens-- einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es die Feststellungen der Betriebsprüfung umsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Der Kläger wandte gegen den geänderten Bescheid ein, dass ein im Jahr 2004 entstandener Verlust aus der typisch stillen Beteiligung in Höhe von 92.586 EUR im Streitjahr im Wege des Verlustabzugs noch nicht berücksichtigt worden sei. Darüber hinaus machte er weitere Betriebsausgaben aus Schuldzinsen zur Finanzierung seiner Beteiligung an einer weiteren GmbH geltend. 15 Am 9. April 2008 erließ das FA im Einspruchsverfahren einen nach § 10d Abs. 1 Satz 2 EStG geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem es einen Verlustrücktrag aus 2004 berücksichtigte. 16 Wegen der geänderten Einkommensteuerfestsetzung für 2002 beantragte der Kläger nach Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung (AdV) durch das FA die AdV beim FG. Das FG gab dem Antrag mit Beschluss vom 16. März 2009  13 V 2190/08 A (E) statt. Es bestünden bei summarischer Betrachtung ernstliche Zweifel, ob im Rahmen der Einkommensteuer 2002 Einkünfte aus der Verpachtung des Mandantenstamms und ein Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Mandantenstamms in Höhe von 344.330 EUR zu erfassen seien. Das FG verneinte das Entstehen einer Betriebsaufspaltung durch die Verpachtung des Mandantenstamms an die A-GmbH, da der Kläger seine Steuerberatungstätigkeit in der Einzelkanzlei fortgeführt habe. Er habe die Einzelpraxis nicht lediglich auf die Verpachtung des Mandantenstamms reduziert und diesen auch nicht in das Privatvermögen entnommen, sondern den Mandantenstamm während der Verpachtung bis zu dessen Veräußerung an die B-GmbH im Betriebsvermögen der Einzelpraxis belassen. Die Verpachtung des Mandantenstamms habe eine von mehreren unternehmerischen Betätigungen der Einzelkanzlei gebildet. Die Veräußerung habe nicht zu einer Betriebsaufgabe der Einzelkanzlei geführt. Der Kläger habe bei summarischer Betrachtung seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 4 Abs. 3 EStG jeweils erst bei Zufluss erfassen müssen. Im Jahr 2002 seien aber weder Pachtzahlungen noch der Veräußerungserlös für den Mandantenstamm zugeflossen. 17 Daraufhin erließ das FA am 12. Mai 2009 einen gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002, in dem es den Veräußerungsgewinn von 344.330 EUR außer Ansatz ließ, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Einkünfte aus selbständiger Arbeit umqualifizierte und herabsetzte. 18 Zudem erging am 12. Mai 2009 im Einspruchsverfahren für das Streitjahr ein gemäß "§ 174 AO" erneut geänderter Einkommensteuerbescheid. Das FA legte der Besteuerung nunmehr Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 601.883 EUR zugrunde. Diese Einkünfte ermittelte es wie folgt: 19               Einkünfte aus selbständiger Arbeit lt. vorangegangenem Bescheid 46.211 EUR               Veräußerung Mandantenstamm netto    344.330 EUR          + Umsatzsteuer 55.092 EUR          Pachterlöse netto 156.250 EUR          Gesamt 601.883 EUR 20 Noch während des Einspruchsverfahrens erging am 14. Juni 2012 erneut ein geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem das FA Einkünfte aus selbständiger Arbeit nur noch in Höhe von 445.633 EUR erfasste. Es bezog die bisher angesetzten Pachterlöse in Höhe von 156.250 EUR nicht

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