BUNDESFINANZHOF Urteil vom 4.4.2019, VI R 27/17ECLI:DE:BFH:2019:U.040419.VIR27.17.0
Karar Dilini Çevir:


BUNDESFINANZHOF Urteil vom 4.4.2019, VI R 27/17
ECLI:DE:BFH:2019:U.040419.VIR27.17.0

Erste Tätigkeitsstätte eines Polizeibeamten im Einsatz- und Streifendienst nach neuem Reisekostenrecht

Leitsätze

1. Ein Polizeibeamter im Einsatz- und Streifendienst verfügt an seinem ihm zugeordneten Dienstsitz, den er arbeitstäglich aufsucht, um dort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen, die er dienstrechtlich schuldet und die zu dem Berufsbild eines Polizeivollzugsbeamten gehören, über eine erste Tätigkeitsstätte.

2. Für die Frage der Zuordnung ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden soll.

3. Entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage kommt es für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit nicht mehr an. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

4. Eine Zuordnung ist unbefristet i.S. des § 9 Abs. 4 Satz 3  1. Alternative EStG, wenn die Dauer der Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 24. April 2017  2 K 168/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand  I. 1 Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Polizeivollzugsbeamter bei der Polizei des Landes X beschäftigt. Laut einer von der Polizeidirektion Y ausgestellten "Bescheinigung des Arbeitgebers über das Beschäftigungsverhältnis" vom 25. Januar 2017 ist der Kläger seit Dezember 2004 Angehöriger der Polizeiinspektion Z und versieht seinen Dienst als Sachbearbeiter im Einsatz- und Streifendienst am Sitz der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z. Hierzu sucht er die Dienststelle arbeitstäglich auf, zieht dort seine Uniform an, nimmt an Dienstantrittsbesprechungen teil und erledigt anfallende Schreibarbeiten. 2 In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2015) begehrte der Kläger den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit mit einer Abwesenheit von mindestens acht Stunden für 115 Tage. Neben anderen Aufwendungen machte er auch Fahrtkosten zu seiner Dienststelle an 180 Tagen mit der Entfernungspauschale in Höhe von 648 EUR geltend. 3 Im Rahmen der Veranlagung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht an. Die Fahrtkosten des Klägers zur Dienststelle berücksichtigte er antragsgemäß mit 648 EUR. Der Einspruch blieb erfolglos. 4 Im Klageverfahren begehrte der Kläger nunmehr auch für die Fahrten von der Wohnung zur Dienststelle Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen anstelle der Entfernungspauschale sowie Verpflegungsmehraufwendungen für 180 Tage in Höhe von 2.160 EUR. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 980 veröffentlichten Gründen ab. 5 Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. 6 Er beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 25. Mai 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. August 2016 dergestalt zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 2.808 EUR berücksichtigt werden. 7 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen. 8 Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Rechtsstreit beigetreten. Einen Antrag hat es nicht gestellt.

Entscheidungsgründe  II. 9 Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger am Sitz der Polizeiinspektion Z, A-Straße ..., Z seine erste Tätigkeitsstätte hat. Es hat deshalb zu Recht die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten von seiner Wohnung dorthin lediglich mit der Entfernungspauschale sowie die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen. 10 1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Handelt es sich bei den Aufwendungen des Arbeitnehmers um solche für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG), ist zu deren Abgeltung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte aufsucht, grundsätzlich eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 EUR anzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1 und 2 EStG). 11 2. Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist gemäß § 9 Abs. 4a Satz 1 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine Verpflegungspauschale nach Maßgabe des Satzes 3 anzusetzen. 12 3. Erste Tätigkeitsstätte ist nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Der durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 285) neu eingeführte und in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG definierte Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" tritt an die Stelle des bisherigen unbestimmten Rechtsbegriffs der "regelmäßigen Arbeitsstätte". 13 a) Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind räumlich zusammengefasste Sachmittel, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden (s. hierzu auch Senatsurteile vom 11. April 2019 VI R 40/16 und VI R 12/17, jeweils zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). 14 b) Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. 15 aa) Nach der gesetzlichen Konzeption --und der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts prägenden Grundentscheidung-- wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien (BTDrucks 17/10774, S. 15; ebenso BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014 IV C 5 S 2353/14/10002, BStBl I 2014, 1412, Rz 2; Niermann, Der Betrieb --DB-- 2013, 1015; Isenhardt, DB 2014, 1316; Thomas, Deutsches Steuerrecht 2014, 497; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 559; Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 9 Rz 303; Oertel in Kirchhof, EStG, 18. Aufl., § 9 Rz 52; Köhler in Bordewin/Brandt, § 9 EStG Rz 1402; kritisch Bergkemper, Finanz-Rundschau --FR-- 2013, 1017; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 9 EStG Rz 546). 16 bb) Zu den arbeits- oder dienstrechtlichen Weisungen und Verfügungen (im weiteren Verlauf: arbeitsrechtliche) zählen alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen (BTDrucks 17/10774, S. 15). Die Zuordnung kann also insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts (bspw. im Beamtenverhältnis durch dienstliche Anordnung) kraft der Organisationsgewalt des Arbeitgebers oder Dienstherrn (im weiteren Verlauf: Arbeitgeber) vorgenommen werden. Die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss dabei nicht ausdrücklich erfolgen. Sie setzt auch nicht voraus, dass sich der Arbeitgeber der steuerrechtlichen Folgen dieser Entscheidung bewusst ist. Wird der Arbeitne

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