BUNDESFINANZHOF Urteil vom 7.7.2015, I R 38/14
Karar Dilini Çevir:


BUNDESFINANZHOF Urteil vom 7.7.2015, I R 38/14

Besteuerung sog. Teilausgleichszahlungen an ehemalige Bedienstete des Europäischen Patentamtes (EPA) - Interne Besteuerung von Zahlungen der Europäischen Patentorganisation (EPO) - Verfassungsrechtliche Grenzen bei Fortbildung einer Vertragsgrundlage in den Formen des Völkerrechts - Keine Aushebelung von Völkervertragsrecht durch allgemeine Regeln des Völkerrechts - Rechtsweg

Leitsätze

1. NV: Der gesetzlichen Bestimmung in Art. 16 Abs. 1 des Immunitätenprotokolls (PPI) ist kein Grundsatz des Inhalts zu entnehmen, dass immer dann, wenn Zahlungen (hier: sog. Teilausgleichszahlungen an ehemalige Bedienstete) einer internen Steuer der EPO unterlegen haben, es sich um "Gehälter und Bezüge" nach Art. 16 Abs. 1 PPI handelt, die in Deutschland als Ansässigkeitsstaat des ehemaligen Bediensteten von der Besteuerung freizustellen sind. Einem Beschluss des Verwaltungsrates der EPO über die Erhebung einer internen Steuer kommt dementsprechend auch keine Bindungswirkung zu Lasten des nationalen Besteuerungsrechtes zu.

2. NV: Bei sog. Teilausgleichszahlungen an ehemalige Bedienstete des EPA, die neben dem regulären Ruhegehalt ausgezahlt werden, handelt es sich um "Renten und Ruhegehälter" i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI; diese unterliegen der Besteuerung in Deutschland als Ansässigkeitsstaat des ehemaligen Bediensteten.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Dezember 2013  15 K 9035/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand1 I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wohnte im Streitjahr 2009 in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und bezog als ehemaliger Bediensteter des Europäischen Patentamts (EPA), dem Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation (EPO), ein Ruhegehalt. Nach der seit 1. Januar 2009 geltenden --vom Verwaltungsrat der EPO erlassenen-- "Verordnung über die Zahlung einer Pauschale als Teilausgleich für die nationale Besteuerung der Versorgungsbezüge" erhält er als einer der vor diesem Datum in den Dienst des Amtes getretenen Empfänger von Versorgungsbezügen neben seinem Ruhegehalt eine als sog. Teilausgleichszahlung bezeichnete Zulage; diese dient dem Ausgleich der unterschiedlichen steuerlichen Belastung der ehemaligen Bediensteten in ihren Heimatstaaten.2 Nach der durch das EPA erteilten "Jahresmitteilung Teilausgleichszahlungen für das Steuerjahr 2009" hatte der Kläger im Streitjahr (2009) Teilausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt brutto 5.719,15 EUR bzw. netto 5.391 EUR erhalten. Das EPA erteilte ihm zudem für das Streitjahr eine Bescheinigung, wonach die Teilausgleichszahlung gemäß Art. 16 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation (Immunitätenprotokoll --PPI--, BGBl II 1976, 985) einer internen Steuer zugunsten der EPO unterlegen habe und deshalb von der staatlichen Einkommensteuer befreit sei.3 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) legte neben dem Ruhegehalt auch die Teilausgleichszahlungen der Besteuerung zu Grunde und setzte entsprechend die Einkommensteuer für das Streitjahr fest. Er war der Auffassung, dass die Zahlungen untrennbar mit dem Bezug der Versorgungsbezüge verbunden und deshalb wie diese unter Art. 16 Abs. 2 PPI zu subsumieren seien und damit der Besteuerung in Deutschland unterlägen.4 Nachdem der Einspruch gegen den Steuerbescheid erfolglos geblieben war, machte der Kläger mit seiner dagegen gerichteten Klage im Wesentlichen geltend, dass es sich bei den Teilausgleichszahlungen um steuerfreie "Bezüge" i.S. von Art. 16 Abs. 1 PPI handele. Da Art. 16 PPI der Organisation die Steuerhoheit bezüglich der Gehälter und Bezüge ihrer Bediensteten einräume, unterliege auch die Bestimmung dessen, welche Einkünfte der Bediensteten als Gehälter und Bezüge i.S. des Art. 16 Abs. 1 PPI der internen Steuer unterfielen, alleine der Organisation. Art. 16 Abs. 1 PPI beinhalte den Grundsatz, dass Gehälter und Bezüge nach Maßgabe der vom Verwaltungsrat festgelegten Bedingungen und Regeln nicht der nationalen Besteuerungsbefugnis unterlägen, soweit sie von der Organisation selbst besteuert würden.5 Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg wies die Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 738 veröffentlichtem Urteil vom 19. Dezember 2013  15 K 9035/11 ab.6  Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG sowie den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in der Fassung der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, dass die sog. Teilausgleichszahlung in Höhe von 5.391 EUR nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit besteuert wird.7 Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe  8 II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die im Streitjahr an den Kläger geleisteten Teilausgleichszahlungen in Höhe von 5.391 EUR als steuerpflichtige Rente und Ruhegehalt i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI anzusehen sind und der Besteuerung in Deutschland unterliegen. 9 1. Zwischen den Beteiligten ist nicht in Streit, dass das im Streitjahr von dem gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009) unbeschränkt steuerpflichtigen Kläger bezogene (reguläre) Ruhegehalt als Rente und Ruhegehalt i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI der deutschen Besteuerung unterliegt; hierzu muss deshalb nicht näher ausgeführt werden. Entgegen der Auffassung der Revision sind allerdings die neben dem (regulären) Ruhegehalt gezahlten Teilausgleichszahlungen ebenfalls als steuerpflichtige Rente und Ruhegehalt i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI und nicht als steuerfreie Gehälter und Bezüge i.S. des Art. 16 Abs. 1 PPI anzusehen. Das FA und ihm folgend die Vorinstanz haben diese Zahlungen daher zutreffend als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG 2009 erfasst. 10 a) Gemäß Art. 16 Abs. 1 Satz 1 PPI sind u.a. die in Art. 14 PPI genannten Bediensteten des EPA für die von der Organisation gezahlten Gehälter und Bezüge nach Maßgabe der Bedingungen und Regeln, die der Verwaltungsrat innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Übereinkommens festlegt, zugunsten der Organisation steuerpflichtig. Von diesem Zeitpunkt an sind diese Gehälter und Bezüge von der staatlichen Einkommensteuer befreit (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 PPI). Dadurch soll unter allen Umständen die ungehinderte Tätigkeit des EPA und die vollständige Unabhängigkeit der Personen, denen die Steuerbefreiung gewährt wird, gewährleistet werden (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 PPI). Gemäß Art. 16 Abs. 2 PPI ist Abs. 1 auf Renten und Ruhegehälter, die von der Organisation an ehemalige Bedienstete des EPA gezahlt werden, nicht anzuwenden. Das Besteuerungsrecht verbleibt insoweit beim Ansässigkeitsstaat des ehemaligen Bediensteten (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3. August 1998, BStBl I 1998, 1042, Nr. 2). 11 Nach Art. 8 und 164 Abs. 1 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen --EPÜ--) vom 5. Oktober 1973 (BGBl II 1976, 826) ist das Immunitätenprotokoll Bestandteil dieses Übereinkommens. Es ist durch Art. I Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 21. Juni 1976 (BGBl II 1976, 649) unmittelbar innerstaatliches Recht geworden und am 7. Oktober 1977 in Kraft getreten (vgl. die Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Europäischen Patentübereinkommens vom 9. September 1977, BGBl II 1977, 792, und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 10. März 1971  2 BvL 3/68, BVerfGE 30, 272, BStBl II 1973, 431). 12 Mit Beschluss vom 21. Oktober 2008 CA/D 14/08 hat der Verwaltungsrat der EPO gestützt auf Art. 33 Abs. 2 lit. b und c EPÜ eine "Verordnung über die Zahlung einer Pauschale als Teilausgleich für die nationale Besteuerung der Versorgungsbezüge" (Teilausgleichsverordnung) zum 1. Januar 2009 erlassen. Art. 1 Teilausgleichsverordnung sieht vor, dass die Empfänger von Versorgungsbezügen nach der Versorgungsordnung für das EPA Anspruch auf einen pauschalen, teilweisen Ausgleich der nationalen Steuer haben, die in den Mitgliedstaaten der EPO auf diese Versorgungsbezüge nach den einzelstaatlichen steuerrechtlichen Vorschriften festgelegt wird. Der Ausgleichsbetrag nach Abzug der internen Steuer wird auf 50 v.H. des Betrages festgelegt, um den die Versorgungsbezüge des Betreffenden theoretisch angehoben werden müssten, damit nach Abzug der auf den Gesamtbetrag erhobenen einzelstaatlichen Steuer oder Steuern ein Betrag verbleibt, der dem nach der Versorgungsordnung gezahlten Betrag der Versorgungsbezüge entspricht. Zahlungen nach der Teilausgleichsverordnung werden auf Bedienstete beschränkt, die ihren Dienst beim EPA vor dem 1. Januar 2009 angetreten haben. Korrespondierend hierzu hatte der Verwaltungsrat der EPO bereits mit Beschluss vom 29. Juni 2007 CA/D 18/07 bestimmt, dass die bisherige nahezu wortgleiche Regelung zur "Anpassung der Versorgungsbezüge" in Art. 42 der Versorgungsordnung in der Fassung bis zum 31. Dezember 2008 (Versorgungsordnung a.F.) und die zugehörigen Durchführungsvorschriften keine Anwendung auf Bedienstete des EPA findet, die ihren Dienst ab dem 1. Januar 2009 aufnehmen. Dementsprechend wurde im Beschluss CA/D 14/08 weiter festgelegt, dass die Teilausgleichsverordnung die (bisherigen) Bestimmungen über die Steueranpassung in der Versorgungsordnung ersetzt und diese insoweit obsolet werden. 13 Mit Beschluss des Verwaltungsrates der EPO vom 29. Juni 2007 CA/D 25/07 wurde zudem die Regel 42/6 der Durchführungsvorschriften zur Versorgungsordnung a.F. mit Wirkung zum 1. Januar 2009 gestrichen, wonach der "Anpassungsbetrag" nach Art. 42 der Versicherungsordnung a.F. von dem Staat zu finanzieren ist, in dem der Anspruchsberechtigte für den betreffenden Zeitraum einkommensteuerpflichtig ist. Dementsprechend ist auch die Teilausgleichszahlung nach der Teilausgleichsverordnung aus dem Haushalt der EPO zu finanzieren. Um die Haushaltsbelastungen hierdurch möglichst gering zu halten, wurde vom Verwaltungsrat der EPO mit Beschluss vom 9. Dezember 2008 CA/D 32/08 angeordnet, dass ab dem 1. Januar 2009 die Teilausgleichszahlungen der internen Steuer der EPO unterliegen. Art. 3 der "Verordnung über die interne Steuer zu Gunsten der europäischen Patentorganisation" (IntStVO) wurde dementsprechend dahingehend abgeändert, dass die Steuer auf die gesamten, vom EPA an die steuerpflichtigen Bediensteten gezahlten "Entgelte, Bezüge, Vergütungen, Zulagen und Beihilfen (einschließlich der Invaliditätszulage) und Teilausgleichszahlungen" erhoben wird. 14 b) Die im Streitfall aufgrund von Art. 1 Teilausgleichsverordnung an den Kläger ausgezahlten Teilausgleichszahlungen sind --entgegen der Revision und damit entsprechend der vorinstanzlichen Entscheidung-- als steuerpflichtige Rente und Ruhegehalt i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI und nicht als steuerfreie Gehälter und Bezüge i.S. von Art. 16 Abs. 1 PPI anzusehen. 15 aa) Der Revision ist nicht darin zu folgen, dass die nationale Besteuerung bereits deshalb entfällt, weil der Verwaltungsrat der Patentorganisation die vom EPA an den Kläger gezahlten Teilausgleichszahlungen nach Art. 3 IntStVO der internen Besteuerung unterworfen hat. 16 aaa) Art. 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 PPI normieren zwar eine Wechselwirkung zwischen der Steuerpflicht zu Gunsten der Patentorganisation einerseits und der Befreiung von der deutschen Einkommensteuer andererseits, indem angeordnet wird, dass die Befreiung von der deutschen Einkommensteuer erst von dem Zeitpunkt an wirkt, ab dem die von der Organisation gezahlten Gehälter und Bezüge zu Gunsten der Patentorganisation steuerpflichtig sind. Erst durch die Begründung einer Steuerpflicht der Gehälter und Bezüge zu Gunsten des EPA werden diese damit von der staatlichen Einkommensteuer befreit. Der gesetzlichen Bestimmung in Art. 16 Abs. 1 PPI ist aber nicht zu entnehmen, dass immer dann, wenn die EPO Zahlungen einer internen Besteuerung unterworfen hat, eine Steuerbefreiung zu gewähren ist. Die Wechselwirkung in Art. 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 PPI geht nicht soweit, die interne Steuererhebung durch die EPO von den durch Art. 16 Abs. 1 und 2 PPI festgelegten Grundlagen der Steuerpflicht zu lösen; mit der Steuererhebung selbst ist weder eine (nachfolgende) Steuerpflicht noch eine Steuerbefreiung determiniert. Auch wenn Art. 16 Abs. 1 Satz 1 PPI die Steuerpflicht der Gehälter und Bezüge an die "Bedingungen und Regeln, die der Verwaltungsrat ... festlegt", knüpft, folgt hieraus keine "Bindungswirkung" eines Verwaltungsratsbeschlusses über die Erhebung einer internen Steuer zu Lasten des nationalen Besteuerungsrechts. Die Regelungsbefugnis des Verwaltungsrates der Patentorganisation beurteilt sich weiterhin materiell nach dem Anwendungsbereich von Art. 16

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