BVerwG 2 B 35.18 VG Trier - 04.08.2017 - AZ: VG 6 K 794/17.TR OVG Koblenz - 16.03.2018 - AZ: OVG 10 A 11620/17.OVG
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. November 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden
und Dollinger
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. März 2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 115 € festgesetzt. Gründe
1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.
2 1. Der 1959 geborene und mit Ablauf des 30. September 2009 vorzeitig in den Ruhestand versetzte Kläger stand als Berufssoldat, zuletzt im Rang eines Oberstabsfeldwebels, im Dienst der Beklagten. Die erste Ehe des Klägers war 1998 rechtskräftig geschieden worden. Bei dem gleichzeitig durchgeführten Versorgungsausgleich waren zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Klägers auf dem Rentenkonto seiner geschiedenen Frau monatliche Rentenanwartschaften begründet worden. Mit Festsetzung seiner Versorgungsbezüge verfügte die Beklagte mit weiterem, bestandskräftig gewordenen Bescheid, diese Bezüge ab dem 1. Oktober 2009 wegen des durchgeführten Versorgungsausgleichs um monatlich 234,51 € zu kürzen.
3 Den Antrag des Klägers auf Neuberechnung des Auszahlungsbetrags seines Ruhegehalts unter rückwirkender Aussetzung der Kürzung bis zum Erreichen der im Bundespolizeibeamtengesetz bestimmten Altersgrenze lehnte die Beklagte ab. Das nach erfolglosem Vorverfahren angestrengte gerichtliche Verfahren ist vorinstanzlich ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Kürzungsbescheids, Erstattung der einbehaltenen Kürzungsbezüge und künftige Gewährung von ungekürzten Versorgungsbezügen bis zum Erreichen der besonderen gesetzlichen Altersgrenze. Denn er sei nicht wegen des Überschreitens der für ihn festgesetzten besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden, sondern mit seiner Zustimmung gemäß dem Personalanpassungsgesetz. Eine entsprechende Anwendung der im Jahr 2015 in Kraft getretenen Vorschrift über die vorübergehende Aussetzung der Bezügekürzung bei Soldaten, die wegen Überschreitens der für sie festgesetzten Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden sind, komme nicht in Betracht. Dem stehe der Gesetzesvorbehalt entgegen; außerdem fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke ebenso wie an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Aussetzungsvorschrift sei auch weder gleichheitswidrig noch unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe seine Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Zurruhesetzungen nach dem Anpassungsgesetz erfolgten nur freiwillig. Die Betroffenen hätten zudem die Möglichkeit, eine Versorgungsauskunft einzuholen, bevor sie ihr Einverständnis mit der Zurruhesetzung erklärten. Hinzu kämen Vorteile bei der Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit und bei der Erzielung privatwirtschaftlichen Einkommens ohne Ruhensberechnung.
4 2. Die mit der Beschwerde aufgeworfenen Fragen,
a) ob der Begriff "der besonderen Altersgrenze" in § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG so zu verstehen ist, dass hiermit nur Soldaten gemeint sind, die nach Überschreiten der in § 45 Abs. 2 SG erfassten Altersgrenze gemäß § 44 Abs. 2 SG in den Ruhestand versetzt werden oder ob auch Soldaten gemeint sind, die nach § 1 PersAnpassG in den Ruhestand versetzt wurden,
b) ob es zur Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes, Art. 3 GG, geboten ist auch geschiedene Soldaten, die nach § 1 PersAnpassG in den Ruhestand versetzt wurden, gemäß § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG eine ungekürzte Versorgung auszuzahlen, bis sie die in § 5 BPolBG bestimmte Altersgrenze erreichen,
rechtfertigen es nicht, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zuzulassen. Beide Fragen lassen sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts (a) und der höchstrichterlichen Rechtsprechung (b) im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
5 a) § 44 Abs. 2 SG bestimmt, dass ein Berufssoldat mit Ablauf eines Monats in den Ruhestand versetzt werden kann, wenn er die nach § 45 Abs. 2 SG festgesetzte besondere Altersgrenze überschritten hat. Diese besonderen Altersgrenzen der Berufssoldaten - etwa die Vollendung des 55. Lebensjahres für Berufsunteroffiziere - werden gemäß § 45 Abs. 2 SG festgesetzt. Demgegenüber regelt § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Personalstärke der Streitkräfte, Personalanpassungsgesetz - PersAnpassG - vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4013), dass in den Jahren 2007 bis 2011 bis zu 1 200 Berufssoldaten mit Vollendung des 50. Lebensjahres unter bestimmten Voraussetzungen mit ihrer Zustimmung vor dem Überschreiten der für sie maßgeblichen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt werden konnten.
6 Die zum 1. Juni 2015 in Kraft getretene neue Vorschrift des § 55c Abs. 1 Satz 3 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) in der Fassung des Gesetzes zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr vom 13. Mai 2015 (BGBl. I S. 706) schränkt die Kürzung der Versorgungsbezüge nach Durchführung des Versorgungsausgleichs bei Soldaten ein. Danach wird bei Soldaten, die wegen Überschreitens der für sie festgesetzten besonderen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt worden sind, die Kürzung der Versorgungsbezüge bis zum Ende des Monats ausgesetzt, in dem sie die Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit (§ 5 des Bundespolizeibeamtengesetzes - BPolBG) erreichen. Grund dafür ist, das im Hinblick auf die nach § 45 Abs. 2 SG bestehenden besonderen Altersgrenzen eine Kürzung der Versorgung aufgrund des Versorgungsausgleichs anlässlich der Scheidung wesentlich früher eintritt als bei Beamten. Die hierdurch eintretende wirtschaftliche Einschränkung der betroffenen Soldaten wird durch die in § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG geregelte Aussetzung bis zum Erreichen des 62. Lebensjahres beseitigt.
7 Bereits der Wortlaut und die systematische Stellung des § 55c Abs. 1 Satz 3 SVG legen es nahe, den Begriff der "besonderen Altersgrenze" als allein auf die Regelung in § 44 Abs. 2 i.V.m. § 45 Abs. 2 SG bezogen zu verstehen. Denn § 45 Abs. 2 SG setzt die Gruppen der gegenwärtig sechs besonderen Altersgrenzen für Berufssoldaten abschließend fest. Dem Wortlaut nach begnügt sich die Norm damit, diese besonderen Altersgrenz