BVerwG 7 A 2.15
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündlichen Verhandlungen am 15., 16., 17., 22. und 23. Juli 2014
sowie am 19., 20. und 21. Dezember 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller und Dr. Schemmer
am 9. Februar 2017 für Recht erkannt:
Die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten vom 23. April 2012 zur Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe in der Gestalt der Ergänzungsbeschlüsse vom 1. Oktober 2013 und vom 24. März 2016 sowie der Protokollerklärungen in den mündlichen Verhandlungen sind rechtswidrig und nicht vollziehbar. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen. Die Beklagten tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger je zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten und die Beigeladene selbst. Gründe I
1 Die Kläger sind anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigungen. Sie wenden sich gegen die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten zur Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe.
2 Der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten zu 1 betrifft die so genannte Delegationsstrecke auf dem Gebiet der Stadt Hamburg, der Beschluss der Beklagten zu 2 die Bundesstrecke von Tinsdal (km 638,9) bis zur Elbmündung (km 755,3); Träger des Vorhabens sind die beigeladene Hamburg Port Authority AöR und die Bundesrepublik Deutschland.
3 Die Ausbaustrecke ist knapp 136 km lang. Sie reicht von der Außenelbe (km 755,3) bis in den Hamburger Hafen zum Containerterminal Altenwerder in der Süderelbe (km 619,5) bzw. zum mittleren Freihafen in der Norderelbe (km 624). Entlang der Ausbaustrecke sind eine Vielzahl von FFH- und Europäischen Vogelschutzgebieten ausgewiesen.
4 Mit dem Ausbauvorhaben soll der Zugang zum Hamburger Hafen so verbessert werden, dass Containerschiffe mit einem Tiefgang von 13,5 m in Salzwasser die Elbe zukünftig tideunabhängig befahren können. Für 14,5 m tiefgehende Containerschiffe soll das Zeitfenster für den tideabhängigen Verkehr vergrößert werden. Zu diesem Zweck wurde den Planungen ein Bemessungsschiff mit einer Länge von 350 m, einer Breite von 46 m und einem Tiefgang von 14,5 m (in Salzwasser) zugrunde gelegt. Das Startfenster für die tideabhängige Fahrt wurde mit zwei Stunden so bemessen, dass in dieser Zeit von den drei großen Terminalbereichen im Hamburger Hafen jeweils ein Containerschiff mit einem Tiefgang von 14,5 m abfahren kann.
5 Die Ausbautiefen schwanken zwischen 0 m über dem BAB-Elbtunnel im Hamburger Hafen und 2,42 m bei Cuxhaven. Die Ausbaubreiten werden von Stromkilometer 748 bis zur Störkurve mit der derzeitigen Regelbreite von 400 m nicht verändert. Von der Störkurve bis zur Lühekurve wird die Regelbreite von 300 m auf 320 m vergrößert, damit sich dort Schiffe mit addierten Schiffsbreiten von 92 m begegnen können. In der Delegationsstrecke wird die Regelbreite der Fahrrinne bereichsweise ebenfalls um maximal 20 m vergrößert.
6 Zwischen dem Ausgang der Lühekurve (km 644) und Blankenese (km 636) wird eine Begegnungsstrecke mit einer Fahrrinnenbreite von im Mittel 385 m für tideabhängig einlaufende Massengutschiffe und tideabhängig auslaufende Containerschiffe eingerichtet. Als weitere Baumaßnahmen sind die Einrichtung eines Warteplatzes in Höhe Brunsbüttel und der Ausbau der Hafenzufahrten Parkhafen/Waltershofer Hafen geplant. Für die Köhlbrandkurve sind eine Vorsetze und für die Richtfeuerlinie Blankenese zwei neue Richtfeuertürme vorgesehen. Zudem soll der Düker Neßsand (km 636,8) ersetzt werden.
7 Für die Baggerarbeiten werden - abhängig vom jeweiligen Sohlmaterial - Hopperbagger oder Eimerkettenbagger mit Transportschuten eingesetzt. Die Unterbringung des anfallenden Baggerguts von rund 42 Mio. m³ ist Gegenstand eines Strombau- und Verbringungskonzepts, das u.a. die Errichtung von Unterwasserablagerungsflächen sowie Umlagerungsstellen und Übertiefenverfüllungen vorsieht. Mit den Unterwasserablagerungsflächen Medemrinne Ost und Neufelder Sand im Bereich der Elbmündung werden neben der Unterbringung des Ausbaubaggerguts auch strombauliche Zwecke verfolgt.
8 Das Planfeststellungsverfahren wurde im September 2006 eingeleitet. Im Zeitraum von September 2008 bis Ende 2010 wurden die Pläne dreimal geändert. Gegenstand der Planänderungen I bis III waren im Wesentlichen Modifikationen der Fahrrinnentrassierung und der Unterwasserablagerungsflächen, die Planung von Ufersicherungsmaßnahmen im Bereich des Altenbrucher Bogens und der Wegfall der ursprünglich vorgesehenen Ufervorspülungen. Die Ufersicherungsmaßnahmen im Altenbrucher Bogen waren Gegenstand einer vorläufigen Anordnung von Mai 2010 und sind inzwischen abgeschlossen.
9 Die Kläger sind im Verwaltungsverfahren beteiligt worden und haben gegen das Vorhaben umfangreiche Einwendungen erhoben.
10 Wegen der vorhabenbedingten Auswirkungen auf die prioritäre Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel wurde Anfang Dezember 2010 die Europäische Kommission von dem Vorhaben unterrichtet. Diese teilte mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 mit, dass sie die nachteiligen Auswirkungen des Vorhabens aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses für gerechtfertigt halte.
11 Die Pläne wurden mit Beschlüssen vom 23. April 2012 unter Anordnung von Auflagen zu den Baumaßnahmen, zur Baggergutverbringung und zu den Kompensationsmaßnahmen sowie von Schutzauflagen (Vögel, Finte, Deichbestick, Obstbau, Fischerei, Lärmschutz, Verlandung von Nebengewässern, Siele, Sielbauwerke, Entwässerungseinrichtungen etc., Häfen und Anlagen, Standsicherheit der Deiche, Schiffsgeschwindigkeiten) und Auflagen zur Beweissicherung festgestellt und bekanntgemacht.
12 Die Kläger haben gegen die Planfeststellungsbeschlüsse jeweils fristgerecht Klage erhoben; der Senat hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
13 Zur Begründung ihrer Klagen machen die Kläger eine unzureichende Öffentlichkeits- und Verbändebeteiligung, Mängel der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung sowie Verstöße gegen Vorschriften zum Habitat -, Arten- und Gewässerschutz geltend. Die den Planungen zugrunde liegenden Gutachten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) zu den hydro- und morphodynamischen Auswirkungen des Vorhabens wiesen erhebliche Mängel auf. Aufgrund dieser Mängel seien die Ausbauwirkungen bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung und der Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit wasserrechtlichen Vorschriften deutlich unterschätzt worden. Das Vorhaben werde zu einem weiteren Verlust ökologisch wertvoller Flachwasserbereiche, der Verlandung von Seiten- und Nebenräumen, der Zerstörung von Süßwasserlebensräumen durch Stromaufverlagerung der Brackwasserzone und einer Erhöhung der Überschwemmungshäufigkeit auf den Vorländern führen. Hierdurch würden geschützte Lebensraumtypen sowie Pflanzen- und Tierarten - neben dem an der Elbe endemischen Schierlings-Wasserfenchel und dem Lebensraumtyp (LRT) Ästuarien u.a. Tideauwald, Finte, Schnäpel, Schweinswal und verschiedene Brut- und Gastvögel - erheblich beeinträchtigt. Die für den Schierlings-Wasserfenchel und den LRT Ästuarien vorgesehenen Kohärenzmaßnahmen seien unzureichend. Zu einem erheblichen Teil handele es sich dabei um ohnehin erforderliche Standardmaßnahmen des Gebietsmanagements. Zudem fehle es teilweise am Funktionsbezug. Die Gewässerqualität der Oberflächenwasserkörper der Tideelbe werde unter Verstoß gegen die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie weiter verschlechtert und das Ziel eines guten ökologischen Zustands bzw. Potenzials gefährdet. Diese Folgen ließen sich nicht mit überwiegenden öffentlichen Interessen rechtfertigen. Das Vorhaben sei mangels Verkehrsbedarfs schon nicht erforderlich. Abgesehen davon könne die Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens auch auf andere Weise, etwa durch reduzierte Ausbaumaßnahmen oder eine Kooperation der norddeutschen Häfen gesichert werden.
14 Die Kläger beantragen, die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten vom 23. April 2012, zuletzt geändert durch die 2. Planergänzungsbeschlüsse vom 24. März 2016 und die in der mündlichen Verhandlung vom 19. bis 21. Dezember 2016 abgegebenen Erklärungen zu Planergänzungen, aufzuheben, hilfsweise, die Planfeststellungsbeschlüsse der Beklagten vom 23. April 2012, zuletzt geändert durch die 2. Planergänzungsbeschlüsse vom 24. März 2016 und die in der mündlichen Verhandlung vom 19. bis 21. Dezember 2016 abgegebenen Erklärungen zu Planergänzungen, für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
15 Die Beklagten beantragen, die Klagen abzuweisen.
16 Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
17 Die Beklagten und die Beigeladene treten dem Vorbringen der Kläger entgegen.
18 Während des gerichtlichen Verfahrens haben die Beklagten am 1. Oktober 2013 die 1. Ergänzungsbeschlüsse erlassen und die Pläne in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 durch Protokollerklärungen geändert. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 (BVerwG 7 A 14.12 ) hat der Senat das Verfahren bis zur vorgreiflichen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-461/13 ausgesetzt und auf (behebbare) Mängel der Planfeststellungsbeschlüsse hingewiesen. Im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 haben die Beklagten am 24. März 2016 die 2. Ergänzungsbeschlüsse erlassen und die Pläne in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 durch weitere Protokollerklärungen geändert bzw. ergänzt. II
19 Die Klagen sind zulässig und im Hilfsantrag begründet. Die Planfeststellungsbeschlüsse vom 23. April 2012, denen die Ergänzungsbeschlüsse sowie die Änderungen und Ergänzungen durch Protokollerklärungen in den mündlichen Verhandlungen angewachsen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - 9 B 29.14 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 237 Rn. 5 m.w.N.), leiden nicht an Fehlern, die ihre mit dem Hauptantrag verfolgte Aufhebung rechtfertigen. Sie weisen aber Mängel der habitatschutzrechtlichen Prüfung auf, die zur Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.
20 Der Klageerfolg beruht auf Verstößen gegen Rechtsvorschriften mit umweltrechtlichem Bezug, auf die sich die gerichtliche Kontrolle im Rahmen der erhobenen Verbandsklage nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts (§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) erstreckt. Ob der in diesen Regelungen bestimmte Prüfungsumfang den Vorgaben des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012 L 26 S. 1 - UVP-RL) und dem mit dieser Regelung umgesetzten Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention vom 25. Juni 1998 (AK-Gesetz vom 9. Dezember 2006, BGBl. II S. 1251) entspricht, kann daher offenbleiben (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 30).
21 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Planfeststellungsbeschlüsse ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei ihrem Erlass (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 7 B 22.13 - UPR 2015, 34 Rn. 11). Wird - wie hier - nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ein ergänzendes Verfahren durchgeführt, hängt der Zeitpunkt maßgeblich von dessen Zielrichtung ab. Beschränkt es sich darauf, einen punktuellen Fehler der früheren Entscheidung zu heilen, so bleibt der Zeitpunkt des (ersten) Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich. Abweichendes gilt dagegen dann, wenn die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung etwa der Verträglichkeitsuntersuchung vornimmt; dann ist insoweit der Zeitpunkt der Aktualisierung maßgeblich (BVerwG, Beschluss vom 6. März 2014 - 9 C 6.12 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 7 Rn. 38 m.w.N.).
22 Darauf, ob die von den Klägern im gerichtlichen Verfahren erhobenen Rügen bereits Gegenstand ihrer Einwendungen im Planfeststellungsverfahren waren, kommt es nicht an. Die Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 14 Abs. 1 Satz 5 Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Mai 2007 (BGBl. I S. 962; 2008 I S. 1980) sind gemäß Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: EuGH) vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683] - (Rn. 78 ff.) mit Art. 11 UVP-RL unvereinbar und finden daher keine Anwendung (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 33).
23 A. Die Planfeststellungsbeschlüsse leiden nicht an beachtlichen Verfahrensfehlern.
24 I. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung war im 2. Planergänzungsverfahren nicht erforderlich.
25 1. Die Beklagten haben nach Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse vom 23. April 2012 ein ergänzendes Verfahren durchgeführt (§ 14d WaStrG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG), um die vom Senat im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 bezeichneten Mängel zu beheben und das Urteil des EuGH vom 1. Juli 2015 - C-461/13 [ECLI:EU:C:2015:433] - in die wasserrechtliche Prüfung einzustellen. Im ergänzenden Verfahren muss die Öffentlichkeit nicht erneut beteiligt werden, wenn der festgestellte Plan nur unwesentlich geändert werden soll (vgl. § 76 Abs. 2 VwVfG). So liegen die Dinge hier.
26 Unwesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, also Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleichbleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 126). Daran gemessen bedurfte es hier trotz Anzahl und Umfangs der im 2. Planergänzungsverfahren vorgelegten Fachbeiträge keiner erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Inhalt der neuen Fachbeiträge erschöpft sich im Wesentlichen darin, einzelne Gegenstände der Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung (UVU/UVP) sowie der habitatschutzrechtlichen Verträglichkeits- und Abweichungsprüfung aufgrund der Beanstandungen des Senats im Hinweisbeschluss einer vertieften Betrachtung zu unterziehen. Zudem sind die wasserrechtlichen Fragestellungen anhand der vom EuGH geklärten Rechtsmaßstäbe überprüft worden. Die Unterlagen zielen aber weder auf eine Änderung der Gesamtplanung noch werden Belange anderer oder satzungsgemäße Interessen der Verbände erstmals oder weitergehend betroffen. Sie sind auch nicht Grundlage der ohnehin nur marginalen Änderungen und Ergänzungen von Auflagen im verfügenden Teil der Planfeststellungsbeschlüsse (2. Planergänzungsbeschlüsse - PEB, S. 5 f.).
27 2. Eine Pflicht zur erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung lässt sich vorliegend nicht aus § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) herleiten. Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG konnte unterbleiben. Selbst wenn diese Vorschrift - wie die Kläger meinen - auch nach Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses Anwendung findet, war eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht erforderlich, weil zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen nicht zu besorgen sind (siehe vorstehend unter Nr. 1).
28 Nach der Rechtsprechung des 9. Senats (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 34 und vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - Rn. 25) muss die Öffentlichkeit unabhängig davon nach § 9 Abs. 1 UVPG dann neu beteiligt werden, wenn im ergänzenden Verfahren eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung von Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird. Dies beurteilt sich danach, ob bereits die ursprünglichen Unterlagen die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG nötige Anstoßwirkung entfalten oder ob eine solche erstmalig von den neuen Unterlagen ausgeht. Die Anstoßwirkung soll den Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen, durch Einbeziehung von Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen den behördlichen Entscheidungsprozess besser und transparenter zu gestalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 34). Sie setzt voraus, dass die Unterlagen potenziell Betroffenen und den anerkannten Vereinigungen die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang ihre Belange oder ihre satzungsgemäßen Interessen von den Umweltauswirkungen betroffen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 - 4 A 7001.11 u.a. - BVerwGE 144, 44 Rn. 41).
29 Diese Wirkung ging schon von den im Planfeststellungsverfahren ausgelegten umfangreichen Unterlagen zur Umwelt- und FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und sonstigen Fachgutachten aus. Dass die neuen Fachbeiträge zu den UVU-Schutzgütern Pflanzen (gefährdete Arten) und biologische Vielfalt sowie zur Betroffenheit von Schierlings-Wasserfenchel, Finte und Brutvögeln und zu den Kohärenzmaßnahmen derart von den ursprünglich ausgelegten Unterlagen abweichen, dass deren Anstoßwirkung nicht mehr ausreicht, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
30 Das gilt auch für den neuen wasserrechtlichen Fachbeitrag. Dieser nimmt zwar eine Neubewertung der wasserrechtlichen Fragestellungen anhand der vom EuGH geklärten Rechtsmaßstäbe vor und stützt sich dabei u.a. auf aktuelle Zustands- und Potenzialbewertungen. Er stellt aber - anders als dies in den Verfahren des 9. Senats zur Elbquerung auf schleswig-holsteinischer Seite der Fall war - weder die erstmalige substanzielle Befassung mit den Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und der Wasserrahmenrichtlinie dar noch werden neue oder andere Auswirkungen des Vorhabens zum Gegenstand der Untersuchung gemacht. Schon der mit der Planänderung III, Teil 7, ausgelegte Fachbeitrag zur Wasserrahmenrichtlinie vom 5. Mai 2010 setzt sich - gestützt auf die UVU-Teilgutachten H.1a, H.1c, H.2a, H.2b, H.3, H.4a, H.5a, H.5b, H.5c, E. nebst Ergänzungen/Änderungen im Rahmen der Planänderungen I bis III - mit den rechtlichen Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes auseinander, beschreibt die betroffenen Oberflächenwasserkörper sowie ihren ökologischen und chemischen Zustand bzw. ihr ökologisches Potenzial und prüft die Auswirkungen des Vorhabens auf die biologischen, hydromorphologischen, chemischen und physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Verschlechterungsverbot als auch im Hinblick auf das Verbesserungsgebot.
31 Abweichendes folgt nicht daraus, dass der Fachbeitrag vom 5. Mai 2010 mögliche Veränderungen des chemischen Zustands nicht auf die einzelnen Oberflächenwasserkörper bezogen, sondern nur im Wege einer Gesamtbetrachtung (S. 45) behandelt hat. Maßgeblich ist allein, ob mögliche Betroffenheiten nicht erkannt werden konnten. Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil der Fachbeitrag sein Ergebnis, die Konzentrationen und/oder Frachten spezifischer synthetischer und nichtsynthetischer Schadstoffe sowie prioritärer und prioritär gefährlicher Schadstoffe würden vorhabenbedingt nicht verändert, u.a. auf das UVU-Teilgutachten H.2b stützt, das die Unter- und Außenelbe in Abschnitten betrachtet, die den Oberflächenwasserkörpern zugeordnet sind (S. 3), und ebenfalls Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung war.
32 3. Ungeachtet dessen wäre eine zu Unrecht unterbliebene erneute Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1a UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG unbeachtlich.
33 Der Senat schließt sich der Auffassung des 9. Senats im Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - (BVerwGE 155, 91 Rn. 36 f.) an, wonach eine nur teilweise unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b UmwRG nach Art und Schwere mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen absoluter Verfahrensfehler vergleichbar ist und deshalb nur einen relativen Verfahrensfehler im Sinne von § 4 Abs. 1a UmwRG darstellt. Ein solcher Verfahrensfehler ist nach § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zur Aufklärung dieser Frage hat das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO alle verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Lässt sich nicht aufklären, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung nach § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG vermutet (Kausalitätsvermutung). Damit soll sichergestellt werden, dass § 46 VwVfG in Einklang mit den Grundsätzen angewandt wird, die der EuGH mit Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12 [ECLI:EU:C:2013:712], Altrip - zur Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern und zur Beweislastverteilung aufgestellt hat (vgl. näher dazu BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 41 ff.). Daran gemessen ist der - unterstellte - Beteiligungsmangel unbeachtlich.
34 Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die unterbliebene Öffentlichkeitsbeteiligung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Aufgrund der im Planergänzungsverfahren erfolgten Beteiligung der Umweltbehörden und -vereinigungen (2. PEB, S. 8 bis 12) sind angesichts des diesen zur Verfügung stehenden Sachverstands alle zusätzlichen Gesichtspunkte zur Sprache gekommen, darüber hinausgehende individuelle Belange betroffener Bürger waren nicht Gegenstand der neuen Fachbeiträge (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 34 f. und vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 48 ff, 50). Vor diesem Hintergrund kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung ohne den angenommenen Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre.
35 II. Die Planfeststellungsbeschlüsse sind nicht deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen, weil - wie die Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 geltend gemacht haben - die Beklagten ihnen die Stellungnahme der Kommission vom 6. Dezember 2011 (PFB, S. 1935 ff.) nicht gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG zur Einsicht und Stellungnahme übermittelt haben.
36 Die Stellungnahme der Kommission ist kein "einschlägiges Sachverständigengutachten" im Sinne dieser Vorschrift. Nicht jede Äußerung der Kommission zu naturschutzrechtlichen oder -fachlichen Fragen stellt gleichsam automatisch ein Sachverständigengutachten dar, auf das sich das Beteiligungsrecht der Verbände nach § 63 Abs. 1 BNatSchG erstreckt. Den Charakter als einschlägiges Sachverständigengutachten gewinnt eine solche Äußerung nur dann, wenn sie als (potenzielle) Entscheidungsgrundlage dient und als solche in das Verfahren einbezogen wird. Daran fehlt es hier. Die Stellungnahme der Kommission ist weder Grundlage noch Bestandteil der habitatschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung. Sie musste nach § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG eingeholt werden, weil von dem Ausbauvorhaben eine prioritäre Art (Schierlings-Wasserfenchel) betroffen wird und keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG für das Projekt streiten. Für diesen Fall sieht § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG einen besonderen Verfahrensschritt vor, der am Ende des Planfeststellungsverfahrens im Hinblick auf das Ergebnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgen muss. Dabei bewertet die Kommission zwar die durch das Projekt beeinträchtigten ökologischen Werte, die Erheblichkeit der vorgebrachten zwingenden Gründe, den Ausgleich der gegensätzlichen Interessen und die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen und gibt dazu eine wissenschaftliche und wirtschaftliche Einschätzung ab (Leitfaden Natura 2000 - Gebietsmanagement , S. 55). Diese Einschätzung stellt aber nur eine nachvollziehende Prüfung der Ergebnisse dar, zu denen die Genehmigungsbehörde auf der Grundlage der in das Verfahren eingeführten Unterlagen und Sachverständigengutachten gelangt ist.
37 Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 91 ff.) folgt nichts anderes. Dort war Gegenstand des Verfahrens nicht eine Stellungnahme der Kommission nach § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG, sondern eine sachverständige Äußerung zur Qualifikation eines Gebiets als "potenzielles" Schutzgebiet, die die Planfeststellungsbehörde im Verwaltungsverfahren neben anderen Gutachten zu verschiedenen Fragen eingeholt und in ihre rechtliche Prüfung einbezogen hat (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 89).
38 Ungeachtet dessen gilt auch hier, dass ein unterstellter Verstoß gegen § 63 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG nach § 46 VwVfG unbeachtlich wäre. Zur Überzeugung des Senats kann ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung in der Sache ohne den Fehler anders ausgefallen wäre. In der Stellungnahme der Kommission vom 6. Dezember 2011 werden keine Themen angesprochen, die bis dahin noch nicht Gegenstand des Verfahrens waren.
39 III. Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung und -prüfung (UVU/UVP) leidet nicht an den von den Klägern geltend gemachten Mängeln. Ihre Einwände gegen die Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) zu den ausbaubedingten Änderungen von Hydrodynamik und Salztransport (H.1a, PÄ III Teil 10) und der morphodynamischen Prozesse (H.1c, PÄ III Teil 10), zum Verbringungskonzept für Umlagerungen im Neuen Luechtergrund (H.1f, PÄ III Teil 10) sowie zu den Änderungen der schiffserzeugten Belastungen (H.1d) und der Sturmflutkenngrößen (H.1b) greifen nicht durch (1.). Die Rügen gegen die UVU-Teilgutachten H.2a bis H.5b - in Gestalt der Aktualisierungen anlässlich der Planänderungen I bis III sowie durch die Fachbeiträge 2.1 und 2.2 zu den 2. Ergänzungsbeschlüssen - sowie weitere Gegenstände der UVU/UVP bleiben ebenfalls erfolglos (2.).
40 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Prognosen zu Verkehrsprojekten keiner Richtigkeitsgewähr, sondern sind gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet wurden, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 73 m.w.N.). Dienen die Prognosen zugleich als Grundlage der FFH-Verträglichkeitsprüfung, müssen sie für die Fragen, die sich im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung konkret stellen, hinreichend belastbare Aussagen enthalten (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 77). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Risikoeinschätzung häufig - wie auch hier - verschiedene methodische Ansätze zur Verfügung stehen, ohne dass die eine oder andere Methode von vornherein dem Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit ausgesetzt ist. Entscheidet sich die Planfeststellungsbehörde in dieser Situation dafür, eine dieser Methoden zu bevorzugen, gehört es zum wissenschaftlichen Standard, die Methodenwahl nachvollziehbar zu begründen. Gelingt dies, so unterliegt die Methodenwahl als solche keiner weiteren gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 109).
41 Bei Anlegung dieser Maßstäbe sind die BAW-Prognosen nicht zu beanstanden und hinreichend belastbar. Dass die BAW über das erforderliche Fach- und Erfahrungswissen zur Beurteilung der vorhabenbedingten Auswirkungen namentlich auf die Hydro- und Morphodynamik verfügt, ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zweifelhaft. Die BAW ist eine technisch-wissenschaftliche Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (vgl. § 45 Abs. 3 WaStrG). Sie ist die zentrale Einrichtung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes für die gesamte praktische und wissenschaftliche Versuchs- und Forschungsarbeit auf dem Gebiet des Wasser-, Erd- und Grundbaus und der Bautechnik sowie die zentrale Dokumentations- und Informationsstelle für diese Fachgebiete (Friesecke, WaStrG, 6. Aufl. 2009, § 45 Rn. 3). Wie u.a. die zahlreichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben und Fachpublikationen belegen, verfügt die BAW über eine umfassende Kompetenz und Erfahrung auf dem Gebiet des Verkehrswasserbaus.
42 Die auf Gutachten von Prof. Dr. Zanke und Dipl.-Ing. Niemeyer (u.a. von Mai 2012 und November 2013 sowie Anlage 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016) gestützten Angriffe der Kläger gegen die einzelnen Gutachten der BAW greifen nicht durch:
43 a) Das BAW-Gutachten H.1a zu den ausbaubedingten Änderungen von Hydrodynamik und Salztransport beruht weder auf einem unzulänglich validierten Rechenmodell noch leidet es an methodischen Mängeln.
44 aa) Die Ausbauwirkungen auf die Tidekennwerte (Wasserstände, Strömungen, Salzgehalt) sind im Wege der wasserbaulichen Systemanalyse unter Zuhilfenahme des hydrodynamisch-numerischen (HN-)Rechenmodells UnTRIM prognostiziert worden (H.1a, S. 3). UnTRIM bildet die physikalischen Prozesse im Elbästuar dreidimensional ab. Anhaltspunkte dafür, dass UnTRIM im Zeitpunkt der Planfeststellung nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprach oder es eindeutig überlegene Modelle gab, sind nicht ersichtlich.
45 Das Elbe-Rechenmodell ist an Naturmessungen (Wasserstands-, Strömungs- und Salzgehaltsmessungen) kalibriert und validiert worden (H.1a, S. 5 und Anlage 8). Mit den im Referenzzeitraum ("Spring-Nipp-Zyklus" Mai 2002) in der Natur gemessenen - zeitlich und räumlich gemittelten - Daten sind charakteristische Tidekennwerte ermittelt und so ein charakteristischer Systemzustand modelliert worden, der den "Ist-Zustand" der Gewässer- und Tideverhältnisse beschreibt.
46 Eine unzureichende Validierung lässt sich auf der Grundlage der klägerischen Rügen nicht feststellen. Namentlich folgen Bedenken an der Validität des Modells nicht daraus, dass - wie die Kläger unter Hinweis auf die Bilder 80 ff. und 150 bis 173 in Anlage 8 zu H.1a geltend machen - die modellierten und gemessenen Werte bei den Strömungsgeschwindigkeiten und Salzgehalten - anders als bei den Wasserständen - teilweise erheblich voneinander abweichen und die modellierten Werte dabei in der Regel niedriger sind als die gemessenen.
47 In der Anlage 8 zu H.1a "Validierung des Elbemodells" (S. 1) ist nachvollziehbar dargelegt, warum die Differenzen zwischen Mess- und Rechenwerten die Annahme einer unzulänglichen Validierung nicht tragen. Danach weisen die punktuelle, zeitliche Beschreibung einer Zustandsgröße im Modell und in der Natur einige Unterschiede auf, die bei der Interpretation der Daten berücksichtigt werden müssen.
48 (1) Für die Wasserstände sind die Pegelmessstellen an der Elbe so eingerichtet, dass sie sehr kurzperiodische Signale wie Schiffs- und Windwellen herausfiltern (ausblenden). Aufgrund der großen Wellenlänge des Tidesignals kann der Pegelmesswert als repräsentativ für eine größere Fläche angesehen werden. Wegen dieser Besonderheit der Naturdatenerfassung kann eine gute Übereinstimmung zwischen Messung und Rechnung erzielt werden. Denn der modellierte Wasserstand gilt in gleicher Weise für einen größeren Bereich. Die Simulationsergebnisse eines HN-Modells können an den durch die Messungen vorgegebenen Positionen extrahiert werden. Dabei liefert das Modell die Zustandsgrößen an diskreten Positionen, diese stellen aber das Mittel über die im umstrukturierten orthogonalen Gitter vorgegebene Elementfläche dar. Der modellierte Wasserstand gilt für das gesamte Polygon, in dem die Messstelle liegt. Vor diesem Hintergrund sind die Differenzen zwischen den Modellergebnissen und den Messungen, die an acht Pegelstationen zwischen Cuxhaven und dem Wehr Geesthacht miteinander verglichen wurden, elbaufwärts bis zum Pegel St. Pauli relativ klein (vgl. Bilder 1 bis 78, S. 4 bis 81); am größten sind die Abweichungen an den Pegeln Bunthaus und Wehr Geesthacht (Bilder 61 bis 63, S. 64 bis 66, Bilder 76 bis 78, S. 79 bis 81). Abweichungen von bis zu 25 cm beruhen überwiegend auf Phasendifferenzen, weil das Tidesignal im Modell gegenüber der Messung leicht verzögert stromauf läuft (S. 3).
49 (2) Bei den Strömungsgeschwindigkeiten und den Salzkonzentrationen treten die Unterschiede in den Datenerfassungsmethoden und die Grenzen der Modelldiskretisierung deutlicher hervor. Mit einer punktuellen Strömungs- oder Konzentrationsmessung wird nur der Betrag an einem Ort und in einer bestimmten Wassertiefe erfasst. Topographische Gegebenheiten, z.B. naheliegende Bauwerke und Gradienten der Wassertiefe etc. führen zu deutlichen Änderungen der erfassten Größe. Zudem weisen die Messgrößen einen signifikanten Gradienten über die Wassertiefe auf, so dass sie üblicherweise an drei Positionen in der Wassersäule (2 m über Grund, 2 m unter Tideniedrigwasser und eine Position dazwischen) erfasst werden. Hierdurch erhält man ein recht gutes Bild des zeitlichen Verlaufs der Messgrößen in diesen Tiefen, aber nur einen begrenzten Eindruck über die vertikale Verteilung, weil eine Interpolation zwischen den Messgrößen in den meisten Fällen nicht zulässig ist.
50 Die im HN-Modell berechnete Strömungsgeschwindigkeit bezieht sich demgegenüber - wiederum gemittelt - auf die vertikale Elementfläche. Durch Interpolation wird die Strömungsgeschwindigkeit an der Messposition aus den Werten an den diskreten Punkten berechnet. Die Strömungsgeschwindigkeiten erfahren also im Modell eine Glättung, so dass die Übereinstimmung mit den Strömungsmessungen schon deshalb Differenzen aufweist. Zudem löst das Modell keine turbulenten Schwankungen der Strömungen auf, die durch Messungen aber erfasst werden können. Dies gilt ebenso für den Vergleich von gemessenen und berechneten Salzkonzentrationen.
51 Die Strömungsgeschwindigkeiten sind im Bereich des WSA Cuxhaven an sechs Langzeitmessstationen (siehe Karte S. 83) zwischen Scharhörn (LZ5) und Brunsbüttel (LZ1) gemessen worden, die vier Dauermessstationen des WSA Hamburg (siehe Karte S. 102) liegen zwischen Glückstadt (D4) und Wedel (D1). Größere Differenzen zwischen den Messungen und den Modellergebnissen sind im Bereich Cuxhaven vor allem an den Messstationen LZ5, LZ2 und teilweise der LZ4 zu verzeichnen (H.1a, Anlage 8, S. 84 bis 86, 96 bis 98, 87 bis 89). Bei den Messstationen im Bereich des WSA Hamburg haben sich keine signifikanten Differenzen zwischen den Modellergebnissen und den Messwerten ergeben.
52 Nach den Erläuterungen in Anlage 8 zum Gutachten H.1a (S. 82) können Abweichungen zwischen den Modellergebnissen und den gemessenen Strömungsgeschwindigkeiten u.a. damit erklärt werden, dass die hydronumerischen Modelle zeitlich gemittelte Ergebnisse berechnen, während die Messungen auf Momentaufnahmen beruhen und stärker schwanken. Zudem wurden räumliche Mittelungen vorgenommen, weil die im Modell berechneten Werte für eine Zelle des Modells gelten und die Modelltopographie die tatsächlichen Verhältnisse nur vereinfacht wiedergeben kann. Die Abbildungen zur Strömungsgeschwindigkeit zeigen einen Vergleich der Ergebnisse der Messsonde mit den Modellergebnissen aus einer bestimmten Schicht aus der Wassersäule über dem Messort. Da die Bestimmung dieser Schicht relativ zur Gewässersohle aus der vereinfachten Modelltopographie erfolgt, kann es an dieser Stelle zu Abweichungen kommen, die an stärker geneigten Böschungen größer und vermutlich der Grund für größere Differenzen zwischen modellierten und gemessenen Strömungsgeschwindigkeiten sind. Die Übereinstimmung an den meisten Messstationen ist qualitativ gut, variiert aber von Station zu Station stärker. Quantitativ ist der Vergleich aus den genannten Gründen nur bedingt angemessen (siehe H.1a, Anlage 8, S. 82). Nach den ergänzenden Ausführungen der BAW-Gutachter in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 ändern die Abweichungen aber nichts an der Volumentreue des Modells. Ein Modell, das - wie hier - die gemessenen Wasserstände gut reproduziert, müsse auch die über den Querschnitt gemittelten Strömungsgeschwindigkeiten ebenso gut reproduzieren, weil anderenfalls die Wasserstände im Modell und in der Natur voneinander abweichen würden. Das erscheint plausibel.
53 Die Salzgehalte wurden an denselben Messstationen aufgenommen wie die Strömungsgeschwindigkeiten. Das Modell erzielt in der Salzgehaltsvariation (Amplitude des Signals) zumeist eine hohe Übereinstimmung zwischen Messung und Modell; in einigen Fällen liefert es eine etwas zu geringe Variation. Die Modellwerte liegen an den Stationen des WSA Cuxhaven tendenziell niedriger als die Messwerte (H.1a, Anlage 8, S. 157). An den Messstellen LZ2, LZ3, LZ4 und LZ5 übertreffen die Messwerte die Modellwerte etwa um 10 bis 40 %. An der Messstation LZ1, die von allen Messstationen im Bereich des WSA Cuxhaven am weitesten stromauf liegt (Bild 79, S. 83), liegen die Messwerte allerdings zum Teil doppelt bzw. mehr als doppelt so hoch wie die Modellwerte. Dieser Befund wird aber dadurch relativiert, dass die Salzwerte sich dort ohnehin im niedrigen einstelligen Bereich bewegen (Bilder 165 bis 167, S. 173 bis 175). Die Abweichungen im oberen Bereich der Brackwasserzone, wo nur geringe Salzgehalte auftreten, beruhen darauf, dass der Salzgehalt am Wehr Geesthacht konstant mit 0,2 PSU angenommen worden ist (PFB, S. 308). Im Übrigen weist das Modell sowohl seeseitig als auch oberstromig offene Modellränder auf, über die Salz in das Modell hineinfließt. Um eine exakte Steuerung des Modells zu gewährleisten, müsste an jedem Randelement, in jedem Tiefenelement und zu jedem Zeitschritt der Salzgehalt bekannt sein. Dies ist technisch unmöglich, deshalb wird der räumliche und zeitliche Verlauf des Salzgehalts an jedem Randpunkt des Modells gesetzt. Das führt zwangsläufig zu Abweichungen zwischen Modell- und Messwerten, stellt aber die Naturnähe des Modells nicht in Frage.
54 bb) Die Prognose zu den Änderungen von Hydrodynamik und Salzgehalt begegnet nicht den von den Klägern geltend gemachten methodischen Bedenken.
55 (1) Die BAW hat sich bei der Methodenwahl aus überzeugend dargelegten fachlichen Erwägungen für eine3D-Modellierung mit fester Sohle über einen Zeitraum von zwei Wochen und darauf aufbauender Abschätzung der Ausbauwirkungen auf der Grundlage von Expertenwissen entschieden.
56 Die Methode der BAW zielt auf eine nachvollziehbare Analyse der ausbaubedingten Veränderungen aller wesentlichen physikalischen Zustandsgrößen. Durch Ausbaumaßnahmen veränderte Wasserstände bewirken veränderte Strömungen, die ihrerseits den Salzgehalt in der Brackwasserzone und den Sedimenttransport verändern und so Erosions- und Sedimentationszonen beeinflussen können. Zur Bestimmung dieser ausbaubedingten Veränderungen ist das Elbe-Modell für den so genannten planerischen Ist-Zustand (PIZ) und den Ausbauzustand (AZ) mit identischer Randwertsteuerung betrieben worden. Durch Differenzbildung der berechneten Tide-, Strömungs- und Transportkennwerte für den PIZ und den AZ wurden für das gesamte Modellgebiet ausbaubedingte Änderungen der Kennwerte ermittelt, die flächenhaft dargestellt wurden, sofern sie einen sinnvollen, messtechnisch auch zu erfassenden Schwellenwert überschreiten (H.1a, S. 47). Auf diese Weise können die Kennwertänderungen der Ausbaumaßnahme zugeordnet werden (H.1a, S. 5).
57 Nach der fachlichen Bewertung der BAW ist eine naturähnliche Simulation der Transportprozesse in der Brackwasserzone ohne Berücksichtigung der baroklinen Effekte (vertikale Zirkulation) nicht möglich. Die Bedeutung der baroklinen Effekte wird in der "Zusammenfassenden Darstellung zu Kernpunkten hydro- und morphodynamischer Fragestellungen" der BAW (Dr. Heyer) vom 4. April 2014 (S. 6 ff.) näher dargelegt. Danach muss die variable Fluiddichte zwingend berücksichtigt werden, weil der Gradient des Salzgehalts/der Dichte im Wasserkörper so genannte Dichteströmungen verursacht, die die tide- und windinduzierten Strömungen überlagern. Wird die Dichteströmung in die Simulation eingestellt, ist die bodennahe Flutströmung im Bereich der Brackwasserzone bis zum Faktor 1,3 größer als die bodennahe Ebbeströmung und der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Flutstroms bis zum Faktor 1,7 größer als der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Ebbestroms (näher zur Bedeutung der vertikalen Zirkulation für die Schwebstoffdynamik siehe nachfolgend b) bb) (1)).2D-Modelle sind unstreitig nicht in der Lage, die vertikale Zirkulation in der Wassersäule abzubilden (BAW vom 4. April 2014, S. 7). Die BAW hat ihre Untersuchungen für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben, die sie ursprünglich mit2D-Modellen begonnen hatte, daher im weiteren Verlauf auf3D-Modelle umgestellt (BAW vom 4. April 2014, S. 9).
58 Dass die numerischen Berechnungen nur für einen Zeitraum vom 3. Mai 2002 bis zum 26. Mai 2002 (H.1a, S. 34; Analysezeitraum vom 11. Mai 2002 bis zum 25. Mai 2002) und mit fester Sohle durchgeführt wurden, begründet keine Zweifel an der Tragfähigkeit der Prognose. Durch die Verwendung einer festen Sohle werden zwar die Wechselwirkungen zwischen veränderten Strömungsgeschwindigkeiten und Sohlhöhen nicht in ihrer fortlaufenden Entwicklung simuliert. Das Modell der BAW bildet das Erosions- und Sedimentationsgeschehen aber periodisch für die modellierte Anzahl von Einzelereignissen ab. Dazu wird anders als bei dem vom Gutachter der Kläger eingesetzten Modell TIMOR3D nicht nur eine Tideperiode (Dauer etwa 12 Stunden und 25 Minuten) eingestellt, die um den Faktor x hochgerechnet wird. Vielmehr werden alle Tiden über einen gesamten "Spring-Nipp-Zyklus" mit ihren jeweiligen Auswirkungen auf Erosion und Sedimentation berücksichtigt und die relevanten Kennwerte u.a. für den häufigsten niedrigen Oberwasserzufluss (350 m³/s) und einen hohen Oberwasserzufluss (1 500 m³/s; siehe H.1a, S. 33 f.) aus der modellierten Tideserie berechnet. Dieser Umstand ist relevant, weil die Gewässerzustände nicht nur innerhalb einer Tideperiode variieren, sondern auch in aufeinanderfolgenden Tiden sehr verschieden sein können. Eine sachdienliche Analyse ist daher grundsätzlich nur auf der Grundlage einer vollständigen Tideserie möglich (BAW vom 4. April 2014, S. 21 f.).
59 Die BAW hat den unvermeidbaren Unsicherheiten der Modellierung in der Weise Rechnung getragen, dass sie ihrer Untersuchung zudem eine Reihe vorsorglicher Randbedingungen zugrunde gelegt hat. So sind im ausgewählten Analysezeitraum vom 11. Mai 2002 bis zum 25. Mai 2002 gegenüber mittleren Verhältnissen im Mai 2002 höhere Tidehübe auf einem niedrigeren Mittelwasser aufgetreten. Hierdurch ist gewährleistet, dass die Untersuchung hydrologische Grundlagen (energiereiche Tiden) einbezieht, welche die Wirkungen des Ausbaus klar hervortreten lassen (H.1a, S. 40). Weiter sind die Ausbauwirkungen dadurch überschätzt worden, dass die BAW einen erheblichen morphologischen Nachlauf für die Unterwasserböschungen der Fahrrinne berücksichtigt hat, indem für deren Anpassung eine zusätzliche Aufweitung (gleichbedeutend mit einer zusätzlichen Materialentnahme von 11,1 Mio. m³) vorgegeben wurde (BAW vom 4. April 2014, S. 4 f.; H.1a, S. 16 Tabelle 2 rechte Spalte, 3. Zeile). Eine Überschätzung der Ausbaufolgen liegt auch darin, dass die BAW in ihrem Simulationsmodell 2006 die Nebenflüsse stromaufwärts der Störmündung nicht berücksichtigt und so einen Teil des Flutraums vernachlässigt hat (BAW vom 4. April 2014, S. 5 f.). In den zu den Planänderungen I und III erstellten Gutachten sind darüber hinaus worst-case-Randwerte für das Oberwasser (konstant 180 m³/s) und den seeseitigen Salzgehalt (konstant 32 PSU) zugrunde gelegt worden (PÄ I, Teil 3, S. 23; PÄ III, Teil 10, S. 5).
60 Die Prognose der BAW fußt zudem nicht allein auf den modellierten Rechenergebnissen, sondern umfasst eine fachwissenschaftliche Interpretation auf der Grundlage von wasserbaulichem Expertenwissen. Dagegen ist methodisch nichts zu erinnern. Es leuchtet im Gegenteil ohne Weiteres ein, dass eine belastbare Prognose zu den Folgen eines Ausbauvorhabens sich nicht mit Modellwerten begnügen kann, sondern die Ergebnisse mithilfe der gewässerkundlichen Erkenntnisse über das Untersuchungsgebiet und der revier- und methodenspezifischen Erfahrungen der Gutachter eingeordnet und bewertet werden müssen. Dies gilt auch für die Wirkung des morphologischen Nachlaufs (H.1a, S. 6 f.).
61 (2) Die BAW ist bei ihrer Prognose zu Recht von der Wirksamkeit des Strombaukonzepts, namentlich der Unterwasserablagerungsflächen (UWA) in der Medemrinne Ost und am Neufelder Sand ausgegangen. Die UWA Medemrinne Ost (Fläche ca. 628 ha, Oberkante -5,10/ -3,60 mNN, Aufnahmekapazität ca. 12,27 Mio. m³; Erläuterungsbericht B2, S. 40) stellt aufgrund ihrer exponierten Lage ein wichtiges Systembauwerk dar. Sie ist das maßgebliche Reibungs- und Reflexionselement, an dem Tideenergie umgewandelt wird. Das Wasservolumen über der UWA (43,82 Mio. m³) wird durch das abgelagerte Sandvolumen um 28 % reduziert (BAW vom 4. April 2014, S. 16 zu 2.5 ). Die UWA Neufelder Sand (Fläche rund 490 ha, Länge 7 900 m, Breite 1 200 m, Oberkante -4,50 mNN, Aufnahmekapazität ca. 10,2 Mio. m3) dient in erster Linie als stromführendes Element. Die beiden UWA sind ein Verbundsystem, das sich hinsichtlich der Strömungsführung ergänzt (Erläuterungsbericht B.2, S. 40).
62 Das Tidehochwasser wird durch die UWA um bis zu 1,5 cm und das Tideniedrigwasser um bis zu 3,5 cm gedämpft, was 50 % der ohne UWA berechneten Wirkung der ausbaubedingten Änderungen ausmacht (H.1a, S. 97). Ohne Strombaukonzept würde die ausbaubedingte Änderung des Tidenhubs über 10 cm liegen (PÄ III, Teil 11b, S. 29). Auf der UWA im Ostteil der Medemrinne nimmt die maximale Ebbestromgeschwindigkeit wegen der Verkleinerung des Rinnenquerschnitts um +20 cm/s (lokal bis zu ca. +30 cm/s) zu. Bis zum Scheitel der Medemrinnenkurve ergibt sich eine Abnahme der maximalen Strömungen um bis zu -25 cm/s bei Ebbestrom. Die Abnahme des maximalen Flutstroms beträgt hier ca. -10 cm/s (H.1c, S. 59 und Bild 81). Über der UWA Neufelder Sand sind die Verhältnisse umgekehrt. Diese UWA wird am Rand des Gewässerquerschnitts eingebaut und bewirkt eine Abnahme der Strömungen über dem Strombauwerk sowie eine Zunahme in der tiefen Fahrrinne, wobei direkt über dem Strombauwerk die Abnahme bei Flutstrom größer ist als bei Ebbestrom. Die gemeinsame Wirkung der UWA Medemrinne und Neufelder Sand führt nördlich der Fahrrinne zwischen Scheelenkuhlen und der Medemrinnenmündung-Ost nahezu durchgängig zu einer Abnahme der Strömungsgeschwindigkeiten (ausgenommen im Einschnürungsbereich der Medemrinne; H.1c, S. 60). Die Gutachter gehen davon aus, dass die Dämpfung der Tidedynamik durch das Strombauwerk langfristig erhalten bleibt (H.1c, S. 82).
63 (a) Diese Einschätzung ist tragfähig. Die von den Klägern hiergegen unter Bezugnahme auf Gutachten von Prof. Zanke erhobenen Bedenken greifen nicht durch. Der zentrale Einwand, die tidedämpfende Wirkung der UWA werde nicht dauerhaft sein, weil sich Ersatzrinnen bilden bzw. bestehende Rinnen sich vertiefen werden, überzeugt nicht. Die Bildung von Ersatzrinnen, die die tidedämpfende Wirkung der UWA Medemrinne abschwächen oder aufheben würden, ist nicht zu erwarten. Die Medemrinne wird durch die UWA nicht vollständig "verbaut", sondern lediglich die Sohle dieses Wattstroms wird um einige Meter angehoben. Die Rinne als solche bleibt erhalten und wird auch nach Einbau des Materials z.B. für Sportboote und Fischkutter befahrbar bleiben. Das Strombauwerk reduziert den Durchfluss durch die Medemrinne und vermindert damit die Strömungen im Scheitel (Prallhang) und im Westteil der Medemrinne. Dadurch werden die maximalen Strömungen (insbesondere der Ebbephase) in der Hauptrinne, d.h. im Elbabschnitt parallel zur Medemrinne, um maximal 8 % verstärkt. Die Gutachter der Beklagten gehen davon aus, dass sich die Hauptrinne im Abschnitt oberhalb von Glameyer Stack aufgrund der Strömungszunahme in Tiefe und Breite aufweitet und die Medemrinne sich mit Querschnittsverminderungen an die neuen Verhältnisse anpasst; Haupt- und Medemrinne sind miteinander kommunizierende Rinnen (H.1c, S. 80 ff.; BAW vom 4. April 2014, S. 16 f.). Das erscheint schlüssig.
64 Warum die Annahme, dass der ausbaubedingte Zuwachs des für den Wasseraustausch maßgeblichen Mündungsquerschnitts durch die UWA dauerhaft teilweise kompensiert wird, mit Grundannahmen der Hydraulik unvereinbar sein soll, erschließt sich nicht. Der Hinweis der Kläger auf die Entstehung einer Umgehungsrinne nach der Errichtung des Weser-Wehrs geht fehl. Die UWA und das Weser-Wehr sind weder im Hinblick auf ihre Lage im Gewässer noch ihre bauliche Gestaltung vergleichbar. Die UWA, insbesondere die UWA Medemrinne, sind als "weiche" Strombauwerke geplant. Eine moderate morphologische Anpassung der Oberfläche der Strombauwerke an die lokalen hydrodynamischen Verhältnisse ist dadurch nicht nur möglich, sondern erwünscht. Der beabsichtigte hydromechanische Dämpfungseffekt bleibt dennoch erhalten. Die UWA liegt nicht wie ein Wall in der Medemrinne, sondern ist als eher flache Anhebung des Meeresbodens mit einer geringen Steigung von 1:80 bzw. 1:50 geplant. Lage und Form der UWA sind im Hinblick auf eine größtmögliche hydrologische und ökonomische Effizienz über eine längere Planungsphase entwickelt und optimiert worden. Insgesamt ist die Querschnittseinschnürung im Bereich der Medemrinne so modifiziert worden, dass sich im Umfeld der Maßnahmen nur moderate Auswirkungen ergeben. Durch eine Anpassung an die bestehende Bathymetrie werden "harte" Unstetigkeitsstellen und damit mögliche Angriffspunkte für die Strömung vermieden. Mit der Bildung eines strömungsbedingten Bypasses am seitlichen Rand des Bauwerks ist deshalb nach Einschätzung der Fachgutachter nicht zu rechnen (PFB, S. 2552 ff., 2556).
65 Dass die wirk- und lagestabile Errichtung von Unterwasserablagerungsflächen im Mündungsbereich trotz der dort vorherrschenden erheblichen Morphodynamik grundsätzlich möglich ist, wird in der "Studie zur Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Einfassungsbauwerken für Unterwasserablagerungsflächen" der IMS GmbH vom 14. März 2006 sowie dem Erläuterungsbericht "Planungsleistungen für die Optimierung der Einfassungsbauwerke von Unterwasserablagerungsflächen zur weiteren Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe an die Containerschifffahrt" der INROS Lackner AG vom 15. Juni 2009 (PFB, S. 52) ausführlich und nachvollziehbar dargelegt. Die Erfahrungen mit den im Zuge des letzten Fahrrinnenausbaus errichteten UWA Krautsand Nord und Süd stützen die Einschätzung von BAW, IMS und INROS Lackner. Aus dem Hinweis der Kläger auf eine Studie der Hamburg Port Authority bzw. einen Werkstattbericht der iwb Ingenieurgesellschaft mbH vom 7. November 2006 zur "Machbarkeit von Sandinseln im Bereich der Elbmündung" folgt nichts anderes. Denn diese Ablagerungskonzepte sind mit dem streitgegenständlichen Strombaukonzept nicht vergleichbar.
66 (b) Zur Sicherung der Wirksamkeit und der Lagestabilität dient das in der - durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 geänderten - Auflage A.II.1.6.3 (nachrichtlich aufgeführt in den 2. PEB, S. 6 unter 2.4 .1) angeordnete Monitoring. Danach haben die Vorhabenträger die UWA Medemrinne und die UWA Neufelder Sand so weit lagestabil auszugestalten und zu sichern, dass die strombauliche Wirkung erhalten bleibt. Dafür ist die Topographie der UWA Medemrinne Ost (einschließlich der gesamten Medemrinne) und der UWA Neufelder Sand (einschließlich eines Umrings von 100 m bis maximal zur Uferlinie) nach Fertigstellung des Vorhabens halbjährlich aufzunehmen. Sollten im Hinblick auf den Erhalt der strombaulichen Wirkungen - entsprechend den ausbaubedingten Änderungen der Tidescheitel - Maßnahmen erforderlich werden, um die Lagestabilität der UWA Medemrinne Ost und UWA Neufelder Sand zu erhalten und zu sichern, ist der Vorhabenträger zu entsprechenden Maßnahmen verpflichtet. Sofern Änderungen an der planfestgestellten baulichen Ausgestaltung erforderlich werden, bedarf es einer Planergänzung.
67 Die Auflage deckt auch bauliche Maßnahmen zur Anpassung der UWA in den Randbereichen, etwa zur Bewältigung von Erosionsrinnen, ab. Dass die Vorhabenbeschreibung keine detaillierten Angaben zur technischen Ausgestaltung der einzelnen Strombauwerke enthält, sondern über die konkrete Bauweise erst im Zuge der Ausführungsplanung entschieden wird, ist nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörden durften angesichts der oben angeführten Studien von IMS GmbH und INROS Lackner AG davon ausgehen, dass UWA im Elbmündungsbereich grundsätzlich lagestabil errichtet und unterhalten werden können. Die Unterhaltung der geplanten Strombauwerke stellt im Vergleich zu anderen Strombauwerken an der Küste, die die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung seit vielen Jahrzehnten errichtet und unterhalten hat und die zum Teil extremen Belastungen ausgesetzt sind, keine besonders hohen Anforderungen (BAW vom 4. April 2014, S. 4). Dies gilt umso mehr, als morphologische Reaktionen beobachtbare Prozesse darstellen, die sich nicht "über Nacht" einstellen. Eine eventuell notwendige Sicherung der UWA lässt sich durch besonders geeignete Abdeckungen der Bauwerke oder Pflegemaßnahmen, z.B. Umlagern von Material im Rahmen der ständigen Unterhaltung der Fahrrinne erreichen. Umstände, die Änderungen der planfestgestellten baulichen Ausgestaltung erforderlich machen, können im Planergänzungsverfahren bewältigt werden.
68 cc) Die Prognose der ausbaubedingten Änderungen von Hydrodynamik und Salzgehalt begegnet schließlich nicht deshalb Bedenken, weil - wie die Kläger geltend machen - die tatsächliche Entwicklung der Wasserstände nach den vorangegangenen Fahrrinnenanpassungen jeweils erheblich von den Prognosen der BAW abgewichen ist. Zwar kann im Einzelfall ein Auseinanderklaffen zwischen Prognose und tatsächlicher Entwicklung als Indiz für eine unsachgemäße Prognose in Betracht zu ziehen sein (BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 m.w.N.). Vorliegend erlaubt die Entwicklung der Tidekennwerte nach den früheren Ausbaumaßnahmen aber keine Rückschlüsse auf die Belastbarkeit der für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben erstellten Prognosen.
69 Zum Fahrrinnenausbau 1999/2000 ist ausweislich des zusammenfassenden Gutachtens der BAW zur Hydromechanik vom 29. November 1996 für die Untersuchung der Tidedynamik noch das Modellsystem TRIM-2D eingesetzt worden. Die Elbenebenflüsse sind jeweils durch eindimensionale Modelle bis zur Tidegrenze untersucht worden (S. 5 f.; siehe auch Gutachten der BAW zur ausbaubedingten Änderung der Tidedynamik für die Fahrrinnenanpassung von Oktober 1996, S. 7 f.). Schon deshalb geben die vermeintlichen Fehlprognosen der BAW zu den Auswirkungen der Elbvertiefung 1999/2000 für die Frage der Belastbarkeit der hier mithilfe des Rechenmodells UnTRIM3D prognostizierten Änderungen der Tidekennwerte nichts her. Den Einwand der Kläger, die BAW habe vor der Fahrrinnenanpassung 1999/2000 sogar den Trend der Änderungen falsch eingeschätzt und für die Wasserstände eine Zunahme prognostiziert, während tatsächlich eine Abnahme eingetreten sei, haben die Beklagten nachvollziehbar entkräftet. Nach den plausiblen Erläuterungen im Schriftsatz vom 11. April 2014 (S. 34) der Beklagten zu 2 wird die gemessene Entwicklung des Tidehochwasserstands und des Tideniedrigwasserstands maßgeblich von der Entwicklung des Tidemittelwasserstands beeinflusst. Das Tidemittelwasser ist bereichsweise - dem prognostizierten Trend qualitativ folgend - quantitativ stärker abgesunken als das Tidehochwasser im selben Bereich gleichzeitig angestiegen. Aus der Überlagerung beider Größen resultiert eine vermeintliche Vorzeichenumkehr, die sich aus den in der Natur gemessenen Pegelständen ablesen lässt. Aufgrund dieser Interdependenz der einzelnen Parameter Tidenhub, Tidemittelwasser, Tidehochwasser und Tideniedrigwasser erzeugen die tatsächlichen Messergebnisse trotz einer dem Trend nach jeweils zutreffenden Prognose für die einzelnen Parameter einen gegenteiligen Eindruck.
70 Für die weiter angeführten "Fehlprognosen" der BAW vor dem 13,5 m SKN-Ausbau der Elbe im Jahr 1974 gilt erst recht, dass es schon an der Vergleichbarkeit der eingesetzten Prognosemodelle fehlt. Abgesehen davon steht nicht fest, dass die Ausbaumaßnahmen (mono)kausal für das Absinken der Wasserstände bei Ebbe um 36 cm anstelle der prognostizierten 12 cm waren. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausbau sind die Absperrung der Schwinge und die Eindeichung des Bützflether Sandes (1971), die Absperrung der Ilmenau (1973), die Eindeichung von Hahnöfer Sand und die Absperrung der Borsteler Binnenelbe (1973 bis 1974), die Eindeichung der Haseldorfer Marsch (1975 bis 1977) und die Eindeichung von Nordkehdingen (1971 bis 1976) vorgenommen worden. Zudem sind nach den Ausführungen der Beklagten ebenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausbau beträchtliche Sandentnahmen aus der Elbe für Industrieansiedlungen und die oben genannten Küstenschutzmaßnahmen erfolgt, die sich nach Schätzungen im Zeitraum von 1974 bis 1995 in der Bundesstrecke auf ca. 65 Mio. m³, von 1950 bis 1995 in Bundes- und Delegationsstrecke zusammen auf ca. 120 Mio. m³ belaufen haben.
71 b) Die Prognose der BAW zu den ausbaubedingten Änderungen der morphodynamischen Prozesse (H.1c) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer Untersuchung der zweiwöchigen Echtzeitentwicklung der Sohlhöhen im Vergleichs- und Ausbauzustand mit UnTRIM Sedimorph3D und einer ergänzenden Untersuchung der Langzeitentwicklung der Sohlhöhen mit verschiedenen2D-Modellen im Rahmen einer Multi-Modell-Analyse (H.1c, S. 70).
72 aa) Die Rüge der Kläger, UnTRIM Sedimorph sei wegen fehlender Naturmessdaten zu den suspendierten Sedimenten in der Tideelbe nicht ordnungsgemäß kalibriert worden und habe bei der Validierung hinsichtlich der Schwebstoffkonzentration und der räumlichen Ausdehnung der Trübungszone so erhebliche Abweichungen zwischen Modell- und Messwerten gezeigt, dass die Ausbauwirkungen auf Sedimenttransport und Sohlevolution nicht naturnah abgebildet worden seien, greift nicht durch.
73 Ausweislich des Gutachtens H.1c (S. 16 f.) hat die BAW den Mangel an Daten über die Zusammensetzung und Dynamik suspendierter Sedimente zum Anlass genommen, die im Jahr 2002 auf 15 Querprofilen über die gesamte Unterelbe aufgenommenen ADCP-Daten erneut zu prozessieren, weil das Backscattersignal des ADCP unter bestimmten Voraussetzungen und Annahmen in Schwebstoffkonzentrationen umgerechnet werden kann (S. 18). Diese - im Gutachten H.1c (S. 18) näher erläuterte - Prozedur ist laut BAW sehr parametersensitiv, aufgrund der Erfahrungen der Dienststelle in Hamburg und anderer Institutionen konnten die erforderlichen Parameter mit diesem Verfahren jedoch sinnvoll abgeschätzt werden. Das Ergebnis der Prozedur sind flächenhafte Schwebstoffkonzentrationen auf den genannten Querprofilen zu verschiedenen Tidephasen. Diese Daten (Zusammenfassung der querschnittsgemittelten Daten H.1c, Bild 7, S. 20) sind nach den Erläuterungen im Gutachten H.1c noch mit Unsicherheiten behaftet, weil die damaligen Messungen nicht für diese Analyse konzipiert waren. Sie stützen aber das vorherrschende Bild der Schwebstoffdynamik im Elbästuar. Danach deckt sich sowohl die Größenordnung der Schwebstoffkonzentrationen als auch die räumliche Ausdehnung der Trübungszone mit den gängigen Vorstellungen (H.1c, S. 19). Verschiedene bekannte Phänomene (z.B. Lage und Ausdehnung der Trübungszone, Schwebstofftransportvorgänge) können von dem Modell reproduziert werden (H.1c, S. 50 f.). Die für eine morphologische Analyse erforderlichen Prozesse werden so naturähnlich abgebildet, wie es derzeit (auch im internationalen Vergleich) möglich ist (H.1c, S. 51).
74 Aus dem von den Klägern angestellten Vergleich von Bild 7 (H.1c, S. 20) zu den aus ADCP-Daten abgeleiteten querschnittsgemittelten Konzentrationen mit Bild 26 (H.1c, S. 50) zu den modellierten Schwebstoffkonzentrationen folgt nichts anderes. Die Messwerte liegen laut BAW (H.1c, S. 51) grundsätzlich höher als die im Bild 26 dargestellten Konzentrationen, weil bei den modellierten Werten über den gesamten Querschnitt integriert wurde, also auch die flacheren Bereiche mit ihren geringeren Konzentrationen berücksichtigt wurden. Der aus den Messungen berechnete Mittelwert repräsentiert zwangsläufig nur die tieferen Bereiche, in denen schiffsgestützt gemessen werden kann. In diesen Bereichen treten größere Konzentrationen auf, weswegen auch der Mittelwert größer ist. Diese Erläuterungen sind plausibel.
75 Im Übrigen ist im Gutachten H.1c ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, dass und warum der Prozess der Kalibrierung und Validierung der Ergebnisse des Sedimenttransports im Vergleich zum Vorgehen bei den hydrodynamischen Ergebnissen deutlich komplexer und umfangreicher ist. Danach kann eine Validierung von Sedimenttransportergebnissen aufgrund der Heterogenität der Kornverteilungen des Sohlmaterials, der stark variierenden örtlichen Gegebenheiten, der damit direkt verbundenen unterschiedlichen Transporteigenschaften sowie der dynamischen Veränderungen des Systems in der Natur wie auch im Modell grundsätzlich nur unvollständig sein. Die zeitliche und räumliche Varianz des Sedimenttransports ist wesentlich größer als zum Beispiel die des Wasserstandes. Eine vollkommen naturähnliche Simulation des Sedimenttransports würde eine genaue Berechnung der zeit- und ortsveränderlichen Erosionsraten im gesamten Untersuchungsgebiet erfordern. Das ist nicht möglich, weil die natürliche, sehr variable räumliche und zeitliche Verteilung aller Sedimenteigenschaften (Kornzusammensetzung, Konsolidierungsgrad des Bodens, biologische Besiedlung etc.) nicht vollständig in der Natur für das gesamte Untersuchungsgebiet kleinräumig erhoben werden kann. Die natürliche Erosion der Gewässersohle und damit auch der Abtransport der erodierten Sedimentmassen mit der Strömung sind deshalb in einer Simulation zwangsläufig mit Unschärfen und Unsicherheiten versehen. Diese müssen bei der Modellierungsstrategie und der Beurteilung von Modellergebnissen berücksichtigt werden. Die nach der Modellkalibrierung noch verbleibenden Abweichungen zwischen Mess- und Rechenergebnissen können laut BAW im Wesentlichen auf nicht erfasste lokale Windeffekte, Abweichungen in der Modelltopographie aufgrund der zeitlichen Differenz zwischen Pegel- und Strömungsmessung, Peilung, Lageänderungen der Strömungsmessgeräte bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten, Ungenauigkeiten in der Pegel- und Strömungsmessung etc. zurückgeführt werden. Sie haben keine Auswirkungen auf die Prognosefähigkeit der verwendeten Modelle. Das wesentliche Ziel der BAW-Untersuchungen ist nicht die vollkommen exakte Nachbildung eines bestimmten hydrodynamischen Zustandes, sondern die Bestimmung eines zuverlässigen mathematischen Ersatzsystems für alle relevanten physikalischen Prozesse in der Natur. Es geht nicht um das Nachrechnen allgemeiner Phänomene, sondern die Vorhersage der Wirkungen eines konkreten Ausbauvorhabens (H.1c, S. 49, 52 sowie BAW vom 4. April 2014, Anlage A2, S. 26).
76 bb) Das Gutachten H.1c leidet nicht an methodischen Mängeln.
77 (1) Die ausbaubedingten Änderungen der morphodynamischen Prozesse durften mittels3D-Modellierung über einen "Spring-Nipp-Zyklus" untersucht werden.
78 Die vorstehend bereits angesprochene vertikale Zirkulation (barokline Effekte), in der die tidegemittelten dreidimensionalen Strömungen in den bodennahen Wasserschichten stromaufwärts und in den darüber liegenden Wasserschichten stromabwärts gerichtet sind, ist auch für den stromaufwärts gerichteten Sedimenttransport in Ästuaren und das zukünftige Unterhaltungsgeschehen (Baggermengen und -schwerpunkte) sehr wichtig (BAW vom 4. April 2014, S. 21 und 10). Vor allem der Transport der Feinsedimente (Tone, Schluffe, Feinsand) wird signifikant durch Dichteströmungen beeinflusst. Bei deren Berücksichtigung in der Simulation ist der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Flutstroms in der Brackwasserzone bis zum Faktor 1,7 größer als der bodennahe mittlere Schwebstofftransport des Ebbestroms. Das ist relevant, weil der strömende Wasserkörper unmittelbar über dem Gewässerboden größere Sedimentmassen enthält als in den höheren Wasserschichten. Die im Wasserkörper der Tideelbe als suspendierte Fracht transportierten Sedimentmassen sind mindestens um den Faktor 10 größer als die im Kontakt mit dem Gewässerboden transportierten gröberen Sedimente (Geschiebefracht). Die dichteinduzierte vertikale Zirkulationsströmung darf deshalb nicht vernachlässigt werden. In einem2D-Modell, das die Zustandsgrößen vertikal als Mittelwert berücksichtigt, können diese Prozesse nicht reproduziert werden (BAW vom 4. April 2014, S. 6 ff.).
79 Den Einwand der Kläger, bei der Prognose der Langfristmorphodynamik trete die Bedeutung der baroklin beeinflussten Schwebstoffdynamik gegenüber der Sanddynamik in den Hintergrund, weil die Feinschwebstoffe nicht an der Bettbildung teilnähmen, hat die BAW nachvollziehbar entkräftet. Danach bestimmt die suspendierte Fracht den Feinsedimenthaushalt und überwiegend die langfristige morphologische Entwicklung der Tideelbe (BAW vom 4. April 2014, S. 7). Im Gegensatz zu gelösten Substanzen besitzen suspendierte Sedimente eine eigene Dynamik, die durch ihre spezifischen Sinkgeschwindigkeiten geprägt ist. Im Tidezyklus ergibt sich je nach suspendierter Sedimentmenge und den Sinkgeschwindigkeiten der beteiligten Fraktionen ein periodisches Deponieren und Resuspendieren mit zwischenzeitlichem advektiven (mit der Strömung verlaufenden) Transport von Feinsedimenten. Vor allem die 14-tägige Ungleichheit der Spring- und Nipptiden (aber auch andere Ungleichheiten) haben Einfluss auf den Suspensionsgehalt. So werden bei Nipptiden mit geringeren Strömungsgeschwindigkeiten weniger Sedimente mobilisiert und in der Wassersäule verteilt und über kürzere Strecken transportiert. Gelangen in Suspension befindliche Sedimentfraktionen in schwach durchströmte Hafenbereiche, Buhnenfelder oder sonstige Flachwasserzonen, setzen sie sich aufgrund der geringen Turbulenz und der längeren Verweilzeit dort ab und konsolidieren. Sie werden durch die Tideströmungen nur zum Teil wieder abtransportiert und bewirken dadurch morphologische Änderungen, die bis zur Verlandung führen können. Zudem kommt es in Verbindung mit dem weiter stromauf zunehmend asymmetrischer werdenden Tideverlauf infolge des über Jahrzehnte abgesunkenen Tideniedrigwassers und der damit erzeugten Asymmetrie im Verhältnis der maximalen Flut- und Ebbeströmungen zu einem Netto-Stromauftransport bestimmter Schwebstofffraktionen in der Unterelbe. Auch die Stauwasserzeit nimmt Einfluss auf den Netto-Stromauftransport. Da die Stauwasserzeit und die Wassertiefe bei Flutstromkenterung größer sind als bei Ebbestromkenterung, kommt es - insbesondere in den oberen Ästuarabschnitten - zu größeren Depositionen während Stauwasser bei Flutstromkenterung (H.1c, S. 23 f.). Demgegenüber prägt die Sanddynamik die Transportkörper (Dünen und Rippel) in den tiefen Rinnen und kann die Lage von Rinnen verändern. Die tiefe Schifffahrtsrinne ist in der Tideelbe aber durch Strombauwerke (Leitwerke und Buhnen) festgelegt. Auch die Nebenrinnen (Nebenelben) sind durch umfangreiche Ufersicherungen festgelegt, so dass eine freie Rinnendynamik nur noch im breiten Übergangsbereich zur Nordsee möglich ist (BAW vom 4. April 2014, S. 7).
80 Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Abbildung der baroklinen Effekte in der3D-Modellierung nicht in den Abweichungen von Mess- und Modelldaten bei den Strömungsgeschwindigkeiten untergegangen. Wie vorstehend unter III.1. a) aa) näher ausgeführt, sind die Differenzen zwischen Mess- und Rechenwerten für das jeweilige diskrete Element oder den Fließquerschnitt erklärbar. Die modellierten Strömungsgeschwindigkeiten sind daher so naturähnlich, dass sie auch die durch vertikale Zirkulation bewirkten Dichteströmungen naturnah abbilden können.
81 Eine2D-Modellierung wäre nicht deshalb sachgerechter gewesen, weil - wie die Kläger weiter vortragen - die Strombaumaßnahmen in der Medemrinne in einem Gewässerabschnitt liegen, der nicht maßgeblich von Dichteströmungen beeinflusst wird. Die BAW hat diese Frage für verschiedene Oberwassersituationen geprüft, weil die Lage der dichtebedingten Zirkulationszone vom Oberwasserzufluss gesteuert wird. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung (BAW vom 4. April 2014, S. 8 und Bild 6 in Anlage A1) belegt das Verhältnis der mittleren Schwebstofftransporte bei Flut und bei Ebbe, dass die vertikale Zirkulationszone bei allen dargestellten Oberwassersituationen den Gewässerabschnitt einschließt, in dem die Medemrinne liegt.
82 Die Ausbauwirkungen durften für die gesamte Ausbaustrecke von ca. 136 km in einem3D-Modell simuliert werden. Ungeachtet der Frage, ob eine auf Teilabschnitte bezogene Simulation nicht ohnehin von vornherein ungeeignet wäre, die Folgen eines die gesamte Revierstrecke betreffenden Ausbauvorhabens zu simulieren, umfasst das3D-Modell nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung auch ein vertikales Geschwindigkeitsprofil. Diesen für die Naturähnlichkeit der simulierten Prozesse relevanten Aspekt bilden die gemittelten Werte einer2D-Modellierung nicht ab.
83 (2) Die von den Klägern erstmalig in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 erhobene Rüge, das Gutachten H.1c sei ohne Verwendung eines3D-Bodenmodells erstellt worden, ist nicht begründet.
84 Richtig ist, dass in der von den Klägern angesprochenen Tabelle 5-2 im Zwischenbericht der BAW zum Forschungs- und Entwicklungsprojekt AufMod vom 15. April 2011 (S. 82 unten) für das Modell UnTRIM Sedimorph beim Modellparameter "3D-Bodenaufbau" die Anmerkung "in Arbeit" eingetragen ist. Daraus folgt aber nicht, dass die Modellrechnungen hier ohne3D-Bodenmodell durchgeführt wurden.
85 Wie die Kläger selbst einräumen, wird auf S. 38 des Gutachtens H.1c die Funktionsweise eines3D-Bodenmodells beschrieben. Danach ist Sedimorph ein Modul zur Simulation von dreidimensionalen sedimentologischen Prozessen an der Gewässersohle. Es bilanziert Massenbewegungen infolge Geschiebe- und Suspensionstransport der einzelnen Kornfraktionen sowie des Porenwassers und berechnet aus den Sedimentströmen Sohlhöhenveränderungen. Zudem beschreibt Sedimorph den Aufbau und die Veränderung des Bodens, d.h. die Verwaltung des Sedimentinventars, die Genese von Dünen etc. und berechnet den fraktionierten Geschiebetransport. Nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung war Sedimorph - das nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten seit 2002 national und international eingesetzt wird - als Eigenentwicklung der BAW von Beginn an als morphologisches Modell konzipiert und ist hier auch entsprechend eingesetzt worden. Auch die im zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung des Modells erfolgten Verlautbarungen im Mitteilungsblatt der BAW sind nicht geeignet, die Darstellung der Kläger zu stützen. Ausweislich dieser Verlautbarungen löst Sedimorph den Boden dreidimensional auf und repräsentiert seine Zusammensetzung durch die Fraktionierung in verschiedene Sedimentklassen (Weilbeer, BAW-Mitteilungsblatt Nr. 86 , S. 109 f.). Dazu verwaltet Sedimorph ein dreidimensionales Gitternetz, das aus einem horizontalen Gitter besteht, welches in der Vertikalen vervielfältigt wird, so dass einzelne Schichten aufgespannt werden (Malcherek, BAW-Mitteilungsblatt Nr. 86 , S. 113).
86 Anhaltspunkte dafür, dass das verwendete Bodenmodell im maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprach, sind nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht daraus, dass Sedimorph Gegenstand eines langfristigen Forschungs- und Entwicklungsprojekts zur Verbesserung seiner Validität und Prognosefähigkeit war bzw. ist. Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Entwicklung eines stratigraphischen Bodenmodells zur Abbildung der vertikalen Schichtung von Sedimenten im oberen Bereich des Bodenmodells (vgl. BAW, Forschungskompendium Verkehrswasserbau 2010, S. 197, und 2013, S. 258). Dadurch wird die vertikale Struktur des Bodens im Modell variabel und ergibt sich aus der Sedimentzusammensetzung des Bodens. Dass Sedimorph weiterentwickelt und verbessert wird, rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass es in der hier verwendeten Form zum maßgeblichen Zeitpunkt obsolet war.
87 (3) Den Ergebnissen der3D-Modellierung fehlt es entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb an Aussagekraft, weil nur ein Zeitraum von ca. drei Wochen im Mai 2002, davon acht Tage Einschwingzeit und 14 Tage Analysezeitraum (H.1c, S. 46), simuliert worden ist.
88 Der Simulationszeitraum war angesichts der in das Modell eingestellten vorsorglichen Randbedingungen (energiereiche Tiden, niedriges Oberwasser, hoher Salzgehalt, um 11,1 Mio. m³ erhöhte Baggermenge, Nichtberücksichtigung des Flutraums der Nebenflüsse stromauf der Störmündung; vgl. BAW vom 4. April 2014, S. 4 f.) ausreichend lang, um Trends zu erkennen und die Ausbauwirkungen auf dieser Grundlage abzuschätzen. Eine Simulation mit UnTRIM Sedimorph3D für einen Zeitraum von einem Jahr hätte nach den Angaben der BAW in der mündlichen Verhandlung zum Zeitpunkt der Modellrechnung im Jahr 2005 eine Rechenzeit von einem Jahr (1:1) und hohe Speicherkapazitäten erfordert; zudem wäre mit einem solch langen Rechenlauf ein gesteigertes Risiko für technische Störungen verbunden gewesen. Ob sich an der erforderlichen Rechendauer für Simulationen ohne Verwendung von so genannten Beschleunigungsfaktoren bis zum Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse Grundlegendes geändert hatte, kann dahinstehen. Aus dem von den Klägern vorgelegten "Abstimmungsvermerk" vom 9. Februar 2009 ergibt sich zwar, dass die BAW morphologische Veränderungen nach eigenen Angaben auch für längere Zeiträume berechnet hat. Der Vermerk hält aber ausdrücklich fest, dass die BAW die für längere Zeiträume errechneten Modellergebnisse aufgrund der komplexen Randbedingungen als fachlich nicht hinreichend belastbar eingestuft und deshalb nicht in ihre Gutachten aufgenommen hat.
89 Das deckt sich mit der im vorliegenden Verfahren nachvollziehbar dargelegten fachlichen Einschätzung der BAW, dass eine3D-Langfristmodellierung keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn erbracht hätte. Eine langfristige3D-Modellierung hätte nur dann Vorteile, wenn auch die Wasserstände, Strömungen und Salzgehalte im Modell über den gesamten Zeitraum naturnah abgebildet würden. Die im Modell gesetzten Randbedingungen bleiben in der Natur aber nicht über einen so langen Zeitraum konstant. Wenn durch Naturmessungen hinlänglich bekannt und nachgewiesen ist, wie sich ein abstrakt bestimmter, kurzfristiger Effekt langfristig auswirkt, bieten Simulationen für einen kurzen Zeitraum nach der Einschätzung der BAW daher präzisere und unverfälschte Ergebnisse. Für die hier relevanten Wirkpfade in Ästuarsystemen ist bekannt, wie sich kurzfristige Effekte langfristig auswirken. So ist etwa die Langfristwirkung eines verstärkten Stromauftransports von Feinsedimenten aufgrund von Messdaten bekannt: Es kommt zu einer Verschiebung von Baggerschwerpunkten nach stromauf und die schleichende Sedimentation in strömungsberuhigten Bereichen nimmt tendenziell zu (BAW vom 4. April 2014, S. 10 unten). Die langfristigen Auswirkungen konnten daher auf der Grundlage einer möglichst präzisen kurzfristigen Simulation und der Daten aus der Gewässerkunde im Rahmen der erforderlichen fachgutachterlichen Interpretation der Ergebnisse belastbar abgeschätzt werden. Die Geometrie der Gewässerquerschnitte wird an der Tideelbe seit ca. zwei Dekaden mit hoher Genauigkeit und zunehmender räumlicher Auflösung vermessen. Aus diesen Daten kann der morphologische Nachlauf zuverlässig abgeschätzt werden, weil die Messdaten direkt in ihrer zeitlichen Entwicklung verglichen werden können (BAW vom 4. April 2014, S. 17 zu 3.1 ).
90 Die BAW hat den Unschärfen der Untersuchung zudem dadurch Rechnung getragen, dass sie bei der Analyse und Prognose langfristiger Trends nicht nur die Ergebnisse der Simulationen beurteilt, sondern auch eine phänomenologische Betrachtung und Beschreibung der Morphodynamik durchgeführt hat (H.1c, S. 41 und 77 ff.). Zur Abschätzung des morphologischen Nachlaufs wurden u.a. vergleichende Betrachtungen zu den Wassertiefen, Fahrrinnenböschungen und morphologischen Entwicklungen vor und nach bisher durchgeführten Wasserbaumaßnahmen angestellt (H.1c, S. 12). Diese Verfahrensweise begegnet keinen Bedenken. Angesichts der Vielzahl und Komplexität der Einflussparameter im Elbästuar greift eine auf mathematische Rechenergebnisse fokussierte Betrachtung zu kurz.
91 Das Vorbringen der Kläger, Methode der Wahl hätte eine2D- oder quasi3D-Langzeitmodellierung mit morphologischer Beschleunigung sein müssen, überzeugt nicht. Die morphologische Beschleunigung beruht auf dem Ansatz, bestimmte Einflüsse oder Randbedingungen innerhalb der Simulation mit einem jeweils vorgegebenen Faktor zu verstärken, um so bei gleichem Rechenaufwand die Auswirkungen einer Veränderung während eines längeren Simulationszeitraums zu ermitteln. Sie setzt nach den plausiblen Erläuterungen der Beklagten voraus, dass die jeweils um einen bestimmten Faktor verstärkten Randwerte in der Simulation auch in der Natur stabile Randwerte sind, so dass durch bloße Multiplikation der Auswirkungen dieser Randwerte eine längere simulierte Dauer der Modellrechnung erzielt wird. In hochdynamischen Ästuarsystemen bestehen aber kaum stabile, sondern im Gegenteil sehr variable Randwerte, die erheblichen Schwankungen unterliegen und deshalb nur in einer Simulation ohne morphologische Beschleunigung naturähnlich abgebildet werden können.
92 Aus dem Hinweis der Kläger auf erfolgreiche2D-Modellierungen weltweit anerkannter Institute wie Deltares (früher Delft Hydraulics, Niederlande) oder DHI Environment (Dänemark) folgt nichts anderes. Die BAW stellt nicht in Abrede, dass es neben UnTRIM Sedimorph3D auch andere anerkannte Rechenmodelle gibt. Dass sie sich hier für eine3D-Modellierung entschieden hat, beruht aber- wie dargelegt - auf überzeugenden fachlichen Gründen, die den konkreten Verhältnissen im Elbästuar und insbesondere der Bedeutung des dortigen Sedimenttransports Rechnung tragen. Dies gilt umso mehr, als sie ergänzend eine Multi-Modell-Analyse mit2D-Modellen für längere Simulationszeiträume von bis zu einem Jahr angestellt hat (näher dazu nachfolgend unter (4)).
93 (4) Die Kritik der Kläger am Simulationszeitraum sieht zudem daran vorbei, dass die Sohlhöhenentwicklung in verschiedenen Szenarien untersucht worden ist: Zusätzlich zu der Berechnung der zweiwöchigen Echtzeitentwicklung mit UnTRIM Sedimorph3D (H.1c, S. 72 bis 75) wurde die Langzeitentwicklung der Sohlhöhen mit verschiedenen2D-Modellen abgeschätzt (H.1c, S. 70 und Anlage 2). Im Rahmen dieser Multi-Modell-Analyse sind die Simulationsverfahren Delft3D im2D-Modus mit einem Beschleunigungsfaktor von 20, UnTRIM Sedimorph2D mit Beschleunigungsfaktoren von 5 und 7 sowie MARTIN ohne Beschleunigungsfaktor für einen Zeitraum von 60 Tagen eingesetzt worden. Für die Simulationen ist der Gewässerboden homogen mit mittleren Korndurchmessern von 0,2 mm (Feinsand), 0,4 mm (Mittelsand) und 0,6 mm (Grobsand mit größerem Erosionswiderstand) vorbelegt worden; Simulationen mit UnTRIM Sedimorph wurden zusätzlich mit der variablen Sedimentverteilung aus Naturdaten durchgeführt. Zudem wurden Simulationen unter Berücksichtigung von Seegang durchgeführt, um den Effekt der Aufwirbelung von Sedimenten außerhalb der tiefen Rinnen mit zu berücksichtigen (H.1c, S. 71). Nach der übergreifenden Bewertung der Modellergebnisse treten in der morphologischen Reaktion des Systems gleichartige Muster hervor (Anlage 2, S. 12). Laut Gutachten offenbart die Multi-Modell-Analyse, dass eine langfristige morphologische Prognose allein mit Simulationsmodellen derzeit und wohl auch mittelfristig nicht belastbar erstellt werden könne; die Untersuchungen stellten daher Systemstudien dar (H.1c, S. 75 ff., 77; Anlage 2, S. 13).
94 Die Rüge der Kläger, die Multi-Modell-Analyse sei unbrauchbar, weil die Ergebnisse mangels übereinstimmender Randbedingungen weder vergleichbar noch sonst ähnlich seien, greift nicht durch. Zwar trifft zu, dass die Simulationsmodelle nicht mit identischen Eingangsdaten betrieben wurden. Dieses Vorgehen hat die BAW aber fachlich begründet. Nach ihren Erläuterungen sollte durch den ergänzenden Einsatz verschiedener Modellverfahren im Hinblick darauf, dass allein mit mathematischen Simulationsmodellen keine zuverlässigen Prognosen zu langfristigen morphologischen Entwicklungen erstellt werden können (BAW vom 4. April 2014, S. 11 zu 1.8 oben), die Ergebnisspannbreite morphologischer Entwicklungen bestimmt werden. Zur Durchführung dieser Untersuchungen ist konzeptionell überlegt worden, ob für alle Modellläufe eine gleichartige Variation der unscharf erfassbaren Parameter und niemals vollständigen Randbedingungen wie Korngröße, Kornverteilung, Erosionsfestigkeit der Deckschichten, Seegang, Oberwasserführung etc. vorgenommen werden muss. Weil die Anzahl der aus diesem Ansatz resultierenden Modellanwendungen bereits bei sechs zu variierenden Parametern in Kombination mit drei Modellen zu groß ist, wurde mit einem reduzierten Ensemble unterschiedlich parametrisierter Modellanwendungen gearbeitet (BAW vom 4. April 2014, S. 11).
95 Dagegen ist angesichts der Zielrichtung, die Ergebnisspannbreite methodisch zu erweitern, nichts zu erinnern. Es erscheint plausibel, dass langfristige Tendenzen sich durch Simulationen mit jeweils leicht verschobenen, aber in allen Fällen naturnahen Randbedingungen wesentlich besser abschätzen lassen als bei wiederholten Simulationen mit stets denselben Randbedingungen, bei denen die Besonderheiten der einheitlichen Randbedingungen überbetont würden. Die Verwendung teils unterschiedlicher Parameter macht die Multi-Modell-Analyse damit weder wertlos noch schließt sie eine vergleichende Betrachtung der jeweiligen Modellergebnisse aus. In der Anlage 2 zum Gutachten H.1c ist jedes Modellergebnis für sich und in Kombination mit den anderen Modellergebnissen bewertet worden, wobei die BAW die ausbaubedingten Veränderungen der Langzeitentwicklung in den tiefen Rinnen - insbesondere im Medemgebiet -, in denen der bettbildende Geschiebetransport stattfindet, betrachtet hat (H.1c, S. 76). Die dabei von der BAW erkannten "gleichartigen Muster" (H.1c, Anlage 2, S. 12) beziehen sich zum einen auf die einzelnen Simulationsergebnisse mit Delft3D, die eine prinzipiell vergleichbare Verteilung der ausbaubedingten Änderungen in Abhängigkeit von den untersuchten Sedimenten (Fein-, Mittel- oder Grobsand) zeigen. Zum anderen ist laut BAW eine partiell vergleichbare Verteilung zwischen den mit den Ergebnissen aus Delft3D dargestellten Erosions- und Sedimentationsgebieten einerseits und den mit dem Modellverfahren MARTIN berechneten Ergebnissen zwischen den Osteriff-Stacks und dem Altenbrucher Bogen andererseits zu erkennen. Überdies zeigt auch das Modell UnTRIM Sedimorph nach 700 Tiden Änderungen, die der dargestellten Verteilung von Erosions- und Sedimentationsgebieten entsprechen, wobei die Erosionen überwiegen. Die Tiefenänderungen sind bei UnTRIM Sedimorph dem Betrag nach aber viel geringer als bei den Modellen Delft3D und MARTIN, was den natürlichen (beobachteten) Verhältnissen näher kommt (H.1c, S. 76 f.).
96 Die Aussagekraft der Multi-Modell-Analyse wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass in den bildhaften Darstellungen nicht angegeben ist, ob es sich um Umlagerungen im Millimeter-, Zentimeter-, Dezimeter- oder Meterbereich handelt. Die Tiefenänderungen sind auf den Abbildungen in Anlage 2 zu H.1c nicht in Maßeinheiten ausgedrückt, sondern lediglich mit "weniger bzw. mehr Erosion/Sedimentation" oder "flacher/tiefer" beschrieben. Dies lässt sich aber nach den schlüssigen Erläuterungen der BAW damit erklären und rechtfertigen, dass eine in Einheiten quantifizierte Prognose auf der Grundlage von Rechenmodellen wie oben angeführt nicht möglich ist und die BAW sich deshalb darauf beschränkt hat, die erkennbaren Trends zu beschreiben.
97 (5) Hinsichtlich des in die Modellierung eingestellten Sedimentinventars ergeben sich ebenfalls keine Bedenken. Laut Gutachten H.1c (S. 16) wurden die Simulationen mit sieben Sedimentfraktionen durchgeführt, die im Wesentlichen der Einteilung nach der Udden-Wentworth-Skala entsprechen. Der Geschiebetransport ist durch fünf Fraktionen beschrieben worden ("sehr feiner Sand" bis "grober Sand"), der Schwebstofftransport ist in zwei Fraktionen simuliert worden ("mittlerer Schluff" und "grober Schluff"). Die Udden-Wentworth-Skala ist internationaler Standard. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Klassifizierungen des Sedimentinventars im Gutachten H.1c nicht konsistent verwendet wurden, namentlich die Klassifizierungen nach Udden-Wentworth und der EN ISO 14688 (davor DIN 4022) nebeneinander verwendet wurden, obwohl die Korngrößeneinteilung teilweise nicht übereinstimmt, haben die Kläger nicht dargetan. Sie folgen insbesondere nicht daraus, dass im Gutachten und in den Bildunterschriften in Anlage 1 (Bilder 35 bis 69) deutsche Begriffe verwendet werden, die Sedimentanteile in den Bildern aber in englischer Sprache bezeichnet sind. Die englischen Begriffe sind im Gutachten H.1c und den Bildunterschriften lediglich ins Deutsche übersetzt worden.
98 Dass der Feinschluff nicht in die Simulation eingestellt wurde, ist nicht zu beanstanden. Bei der Simulation von Suspensionstransport ist vor allem die Sinkgeschwindigkeit von Bedeutung. Die im Modell verwendeten in Suspension transportierten Fraktionen Grobschluff und Mittelschluff repräsentieren durch ihre unterschiedlichen Sinkgeschwindigkeiten einen Teil des in der Natur auftretenden Spektrums an Sinkgeschwindigkeiten. Zusätzlich wurden Simulationen durchgeführt, bei denen das von der BAW eingesetzte Verfahren das Bilden und Zerfallen von Flocken (die eine größere Sinkgeschwindigkeit aufweisen können als die in den Flocken gebundenen einzelnen Partikel) über eine konzentrationsabhängige Parametrisierung der Sinkgeschwindigkeiten einer Fraktion abbildet (H.1c, S. 77 f.).
99 Die Aussagekraft des Gutachtens H.1c wird ferner nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Feinsand bei der Simulation des Suspensionstransports nicht berücksichtigt wurde. Feinsand geht zwar ab einer gewissen Strömungsgeschwindigkeit in Suspension über. In den einzelnen Abschnitten der Bundesstrecke ist laut Bodenartenübersicht (Erläuterungsbericht B.2, S. 31) auch Fein-sand anzutreffen. Nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 sind bei den durchgeführten Ganztidenmessungen über den gesamten Querschnitt der Elbe aber keine oder nur sehr geringe Mengen Feinsand gemessen worden. Beim Suspensionstransport durfte der Feinsand daher ausgeblendet werden.
100 (6) Der Seegang ist bei der Prognose der morphodynamischen Entwicklung ausreichend berücksichtigt worden. Es wurden Modellierungen mit dem Modell UnTRIM und dem spektralen Seegangsmodell UnK durchgeführt (siehe H.1c, S. 7, 37 f., zu den Einzelheiten vgl. Anlage 3). Die Ergebnisse der Seegangsmodellierung sind im Gutachten H.1c in Kapitel 11.4 (S. 81 f.) und bei der Bewertung der ausbaubedingten morphologischen Änderungen berücksichtigt worden (S. 90). Im Rahmen der Multi-Modell-Analyse ist im Modell MARTIN mit Seegang gerechnet worden (H.1c, Anlage 2, S. 9).
101 Laut Anlage 3 (S. 12) zum Gutachten H.1c liegen die maximalen ausbaubedingten Änderungen der Wellenhöhe dem Betrag nach bis über 0,10 m. Dasselbe gilt für die Peakperioden, bei denen Änderungen dem Betrag nach bis über 0,10 s erwartet werden. Nach den Ausführungen der BAW ist die Morphodynamik von den ausbaubedingten Veränderungen des Seegangs - abgesehen von lokalen Effekten - nicht in relevantem Ausmaß betroffen (vgl. H.1c, S. 90; BAW vom 4. April 2014, S. 11 unten zu 1.9).
102 Entgegen der Auffassung der Kläger sind auch die Auswirkungen auf die Watt-flächen betrachtet worden (siehe auch H.1c, S. 6). Laut Gutachten H.1c (S. 79) zu 11.4.2 "Priele, Sande und Wattgebiete nördlich Medemsand" wird es an der Schleswig-Holsteinischen Westküste zu einer tendenziellen Zunahme der Sedi-mentation kommen. Die ausbaubedingten Änderungen werden aber so gering sein, dass man sie mit Methoden der Beweissicherung nicht erfassen kann. Die Auswirkungen auf erosionsgefährdete küstennahe Watten in den Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer, Hamburgisches Wattenmeer und Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer werden auf S. 101 im Gutachten H.1c unter Nr. 12.6 behandelt.
103 Soweit das Vorbringen der Kläger darauf zielt, signifikante Auswirkungen auf die Wattflächen hätten nur wegen des zu kurzen Simulationszeitraums nicht festgestellt werden können, ist auch dieser Einwand unbegründet. Die - selbst bei Berücksichtung der geplanten Ablagerung von 12,5 Mio. m³ Ausbaubaggergut am Neuen Luechtergrund - zu erwartenden sehr geringen Einträge in das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer sind angesichts des schon jetzt vorhandenen Transportgeschehens in diesem Bereich in der Natur nicht verifizierbar und signifikant (PÄ III, Teil 10, S. 43).
104 (7) Die Rüge, der zukünftige Unterhaltungsaufwand sei erheblich unterschätzt worden, greift nicht durch.
105 Das BAW-Gutachten H.1c (Zusammenfassung, S. II bis IV und 90 ff.) verhält sich u.a. dazu, ob sich die charakteristischen Richtungen des Netto-Transports verändern und es dadurch zu neuen Unterhaltungsschwerpunkten kommt. Nach Einschätzung der BAW werden sich die charakteristischen Richtungen nicht verändern, wohl aber die Transportmengen. Oberhalb der Rhinplate (Höhe Glückstadt) bis in den Lühebogen werden die mit dem Flutstrom dominierenden Transporte suspendierter Sedimente um ca. 10 % verstärkt. Auch die Geschiebefrachten nehmen zu, sie sind jedoch im Vergleich zu den suspendierten Frachten von untergeordneter Bedeutung. Der in Flutstromrichtung orientierte Netto-Transport suspendierter Sedimente erlangt Bedeutung erst mit Oberwasserzuflüssen, die kleiner sind als 750 m³/s. Eine Verstärkung um 10 % ist daher bei großen Oberwasserzuflüssen nicht gegeben. Die bisher zwischen Schulau und dem Köhlbrandbogen mit dem Flutstrom dominierenden Transporte werden abgeschwächt.
106 Die Unterhaltungsbaggermengen werden nach der Prognose der BAW in der Seeschifffahrtsstraße insgesamt zunehmen; in der Begegnungsstrecke oberhalb der Lühekurve um mehr als 50 % (bezogen auf die Baggerabschnitte Wedel und Wedeler Au); die tatsächlichen Mengen werden aber auch vom zukünftigen Sedimentmanagement oberhalb der Rhinplate abhängen. Im Köhlbrandbogen und in der Norderelbe werden die Baggermengen nicht signifikant zunehmen, wenn die Kreislaufmenge von der Beigeladenen vermindert werden kann. In der Begegnungsstrecke wird mit einer ausbaubedingten Zunahme der Unterhaltungsbaggermengen von mehr als 10 % der Bezugsbaggermenge gerechnet; für die Fahrrinne im Bereich der Rhinplate bei Glückstadt sowie im Altenbrucher Bogen wird eine Zunahme von 3 % bzw. mehr als 3 % der Bezugsbaggermenge erwartet. Die Zunahme durch abschnittsweise erhöhte Seiteneintreibungen wird entlang der gesamten Fahrrinne ebenfalls auf 3 % der Bezugsbaggermenge geschätzt (zu den Einzelheiten H.1c, S. 90 ff.).
107 Gegen die lediglich prozentuale Abschätzung der Entwicklung der Unterhaltungsbaggermengen ist nichts zu erinnern. Die BAW hat nachvollziehbar dargetan, warum eine exakte Berechnung der zukünftigen Baggermengen nicht möglich ist. Das ergibt sich einerseits aus den Modellunschärfen und andererseits aus der Unkenntnis über die zukünftigen hydrologischen Verhältnisse in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Ausbau (H.1c, S. IV und 93). Das Wetter, das die Niederschlagsmenge im Einzugsgebiet der Elbe und damit den Oberwasserzufluss bestimmt, kann nicht vorhergesagt werden.
108 Die Tragfähigkeit der BAW-Prognose zur Entwicklung der Baggermengen und -schwerpunkte wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es in den Jahren 2000 bis 2005 nach dem letzten Fahrrinnenausbau zu einer deutlichen Zunahme der Baggermengen, insbesondere im Bereich der Delegationsstrecke, und einer Verschiebung der Baggerschwerpunkte gekommen ist. Dieser Sachverhalt ist unstreitig und wird im Gutachten H.1c (S. 90 f.) behandelt. Die dem zugrunde liegenden Wirkzusammenhänge (extremes August-Hochwasser 2002, geringe Oberwasserzuflüsse im 2. Halbjahr 2003 und in 2004, "Kreislaufbaggerei" sowie Maßnahmen im Hamburger Hafen) sind inzwischen so weit erforscht, dass ein strukturiertes Sedimentmanagement für die Tideelbe entwickelt werden konnte (vgl. BAW vom 4. April 2014, S. 13 und 15 f.). Das BAW-Gutachten weist nachdrücklich darauf hin, dass die Zunahme der Baggermengen reduziert werden könnte, wenn das Baggergut nach dem Ausbau nicht mehr in den flutstromdominanten Abschnitten des Systems umgelagert wird (H.1c, S. IV und 93).
109 (cc) Mit ihrem Hinweis auf "Fehlprognosen" der BAW in der Vergangenheit dringen die Kläger auch hier nicht durch. Verschiedene Ausbauvorhaben mit unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten können nicht ohne Weiteres miteinander verglichen werden. Das gilt insbesondere für die Vertiefung der Unterems und den Bau des Emssperrwerks. Abgesehen davon sind die Ausbauwirkungen auf die morphodynamischen Prozesse vor der Vertiefung der Unter- und Außenelbe auf SKN 13,5 m (1974 bis 1978) bzw. SKN 14,5 m (1999/2000) noch nicht auf der Grundlage eines morphodynamischen Rechenmodells prognostiziert worden (BAW vom 4. April 2014, S. 8). Das hier eingesetzte Modell UnTRIM Sedimorph wird nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erst seit 2002 verwendet. Aus etwaigen Mängeln der BAW-Prognose von 1996 für die Fahrrinnenanpassung 1999/2000 kann daher nicht auf die Unzulänglichkeit des Modells UnTRIM Sedimorph geschlossen werden.
110 Ungeachtet dessen ergeben sich aus der Beweissicherung zum letzten Fahrrinnenausbau keine Anhaltspunkte dafür, dass die Prognosemethoden der BAW seinerzeit unzulänglich waren; insoweit kann auf den Abschlussbericht zur Beweissicherung von 2011 (Kapitel III. 5, S. 49 ff.) verwiesen werden. Für die teils erhebliche Zunahme der Baggermengen in der Delegationsstrecke ("tidal pumping") gab es - wie oben bereits ausgeführt - offenbar mehrere Ursachen, die sich in ihrer Wirkung überlagert haben: besondere hydrologische Randbedingungen (Oberwasserzeitreihe 2002 bis 2005), sedimentdynamische Anpassungsprozesse nach Herstellung der neuen Fahrrinnengeometrie sowie Maßnahmen im Hamburger Hafen und im Mühlenberger Loch (BAW vom 4. April 2014, S. 13 f.). Als eine wesentliche Ursache gilt zudem die so genannte "Kreislaufbaggerei".
111 c) Die BAW-Prognose zur Umlagerung von Ausbaubaggergut im Neuen Luechtergrund ist nicht zu beanstanden.
112 aa) Die Umlagerung ist Gegenstand des BAW-Gutachtens H.1f vom 16. Oktober 2006 sowie eines anlässlich der Planänderung III erstellten Gutachtens vom 10. März 2010 (PÄ III, Teil 10, S. 28 ff.). Beide Gutachten umfassen entgegen dem klägerischen Vorbringen auch die Bereiche Neuwerker und Cuxhavener Watt (H.1f, Bild 3, S. 5 und PÄ III, Teil 10, Abbildungen 26 und 27, S. 32).
113 Für die Umlagerungsstelle Neuer Luechtergrund war ursprünglich eine Verklappungsmenge von 2,5 Mio. m³ und eine Umlagerungszeit von drei Monaten vorgesehen (H.1f, S. 4). Als Untersuchungszeitraum für das eingesetzte3D-HN-Modell wurde der 3. bis 11. Mai 2002 gewählt (H.1f, S. 5 f.). Im Modell wurden in dieser Zeit 1,5 Stunden vor und nach dem höchsten Wasserstand jeweils 16 000 m³ (insgesamt 240 000 m³) abgelagert (H.1f, S. 9 und 21). Mit der Planänderung III wurde die Umlagerungsmenge am Neuen Luechtergrund auf 12,5 Mio. m³ mit einer Umlagerungsdauer von 15 Monaten erhöht. Die vom Vorhabenträger vorgesehene mittlere Umlagerungsmenge von 16 000 m³/Tide wurde für die Simulation im Sinne eines worst-case-Ansatzes verdoppelt, weil nur eine Zeitspanne von 28 Tiden simuliert wurde (PÄ III, Teil 10, S. 28). Die Umlagerung wurde von drei Gutachtern der BAW mit verschiedenen Modellen untersucht (UnTRIM3D 2004 gemäß Bezugsgutachten H.1f, Delft3D in2D und UnTRIM3D 2007; PÄ III, Teil 10, S. 28). Der für die Simulation kreierte Ausbauzustand berücksichtigt zu Beginn der Umlagerungssimulation ein abgelagertes Sedimentvolumen von 11,6 Mio. m³ entsprechend einer vorweggenommenen Umlagerung in 14,5 Monaten. Die restlichen 0,9 Mio. m³ werden in einer Zeitspanne von 28 Tiden im Modell umgelagert (PÄ III, Teil 10, S. 29).
114 Entgegen der Auffassung der Kläger begegnet es keinen methodischen Bedenken, dass die BAW in der Simulation zur Planänderung III nur 0,9 Mio. m³ Sediment im Modell umgelagert hat. Ihr Einwand, die Ergebnisse seien nicht aussagekräftig, weil dadurch alle Erosions- und Verdriftungsvorgänge während der Umlagerungszeit von 14,5 Monaten nicht erfasst worden seien, greift nicht durch. Die Beklagten haben nachvollziehbar dargelegt, warum es sachgerecht und ausreichend war, das Transportverhalten der umgelagerten Sedimentfraktionen nach der letzten Umlagerung noch während eines weiteren "Spring-Nipp-Zyklus" und somit über einen Zeitraum von 28 Tagen zu analysieren.
115 Nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 beruht die Untersuchung nicht auf einem auf die gesamte Umlagerungszeit bezogenen, sondern einem periodischen Konzept. Danach finden die Umlagerungen immer am selben Ort und zur selben Zeit - 1,5 Stunden vor und nach Tidehochwasser - statt. Nach den Modellergebnissen ist jede Umlagerung in diesem Zeitfenster ein singuläres Ereignis, das lokal zu einer örtlich und zeitlich begrenzten, mehr oder minder starken Erhöhung der Trübung führen kann, aber nicht über den jeweiligen Tidezyklus hinaus wirkt. Mit Abschluss des Tidezyklus sind die Auswirkungen der einzelnen Verklappungsvorgänge beendet, sie kumulieren nicht. Vier Stunden nach der Verklappung ist die Sedimentkonzentration so gering, dass sie nicht von der Hintergrundkonzentration zu unterscheiden ist.
116 Dieses Vorbringen ist plausibel. Schon im Gutachten H.1f ist ausgeführt, dass die in Bild 21 und 22 dargestellten maximalen Schwebstoffgehalte von über 500 mg/l nur kurzzeitig während des Verklappens auftreten, die Werte aber innerhalb der nächsten zwei Stunden wieder auf unter 1 mg/l absinken (S. 21). Die feinen Fraktionen breiten sich aufgrund der geringeren Sinkgeschwindigkeiten weiter aus als die groben Fraktionen. Grobschluff erreicht seewärts den Großen Vogelsand, in Richtung Elbmündung gelangt er bis Steubenhöft. Mittel- und Feinschluff gelangen über den Großen Vogelsand hinaus bis Bake A, stromauf erreichen sie Otterndorf. Die Sandfraktionen verbleiben am Boden im Umkreis von 2 km um die Umlagerungsstelle. Die Auswertung der Deposition ergab eine abgelagerte Schicht von maximal 60 cm im Bereich der Umlagerungsstelle (H.1f, S. 26 und 30). Dabei wurde die Porosität des sedimentierten Materials im Modell vernachlässigt, in der Realität entsteht vermutlich eine höhere Ablagerung (H.1f, S. 26). Nur geringe Mengen werden mit der Strömung bis maximal 3 km von der Umlagerungsstelle entfernt transportiert (vgl. H.1f, S. ii, 21 und 29 f.).
117 Die Untersuchung zur Planänderung III hat die Aussagen zu den vorherrschenden Transportrichtungen bestätigt (PÄ III, Teil 10, S. 44). Aus dem Hinweis der Kläger auf S. 33 des BAW-Gutachtens zur PÄ III, wonach die Form des Spülkörpers in den ersten Wochen nach Einbringung bei mittleren Tide- und Wetterverhältnissen nahezu stabil ist und nur eine sehr fein aufgelöste Tiefenänderungsskala (bis 0,1 mm) die allmählich beginnende Verformung des Spülkörpers zeigt, folgt nichts anderes. Die BAW hat geprüft, wie sich der dargestellte Spülkörper nach dem Einbringen mittel- bis langfristig verformt und wohin durch Strömungsangriff ausgetragene Massen transportiert werden. Danach zeigt die mit Delft3D für ein ganzes Jahr ermittelte Tiefenerosion, dass die ausgetragenen Massen nahezu vollständig nach West-Nordwest verlagert werden und sich nur teilweise am Großen Vogelsand und im nördlichen Böschungsbereich des Luechterlochs ablagern (PÄ III, Teil 10, S. 33). Obwohl die schluffigen Feinsedimente im Baggergut nur zu einem sehr geringen Massenanteil enthalten sind (näher dazu nachfolgend unter bb)), wurden deren Ausbreitungsgebiete im Rahmen der Verdriftungsuntersuchungen aufgrund von Einwendungen besonders betrachtet; wegen der Ergebnisse kann auf PÄ III, Teil 10, S. 33 f. verwiesen werden. Sind die grundsätzlichen Transportrichtungen und das Absetzverhalten der Sedimente danach schon aufgrund einer Simulation für 28 Tiden erkennbar, bedurfte es keiner Simulation wiederkehrender Vorgänge über einen längeren Zeitraum, weil hiermit kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn verbunden wäre.
118 Die vom Gutachter der Kläger (Prof. Zanke) in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 vorgelegten Grafiken zu den mit dem morphodynamischen Modell TIMOR3 vorgenommenen Untersuchungen, nach denen der Zuwachs an eingetriebenem Klappgut am Kontrollpunkt deutlich höher ist, wenn die gesamten 12,5 Mio. m³ Baggergut in den Wasserkörper verklappt werden, sind nicht geeignet, die BAW-Prognose zu erschüttern. In den Grafiken sind weder die Verdriftungsmengen quantifiziert worden noch sind die Ausbreitungswege der einzelnen Fraktionen erkennbar.
119 bb) Das in die Simulation eingestellte Sedimentinventar ist nicht zu beanstanden. Die BAW ist sowohl im Gutachten H.1f (S. 8, Tabelle 4) als auch in der Untersuchung anlässlich der Planänderung III (Teil 10, S. 29 und 35) davon ausgegangen, dass das Klappgut zu 98 % aus Sand und zu 0,31 % aus Ton und Schluff besteht. Entgegen der Auffassung der Kläger findet sich im BAW-Gutachten zur Planänderung III auf S. 29 insoweit kein Widerspruch zwischen den Zahlenangaben und der Sedimentverteilungskurve. Die Sedimentverteilungskurve mag zwar einen größeren Prozentsatz an Schluff zeigen. Sie ist aber offensichtlich nicht feinmaßstäblich gezeichnet, was schon die grobe Einteilung auf der Y-Achse unschwer erkennen lässt.
120 Die in Tabelle 4 des Gutachtens H.1f näher dargestellte Kornzusammensetzung für das numerische Modell beruht auf Mittelwerten aus Bodenproben, die in der Fahrrinne zwischen Elbe-km 732 und km 740 genommen wurden (S. 7). Ob diese Baggergutzusammensetzung für die gesamte Strecke repräsentativ ist - was die Kläger unter Hinweis auf die Zusammensetzung des Baggergutes in der Hamburger Delegationsstrecke gemäß Tabelle 3.3.1-1 in Planunterlage B.2, S. 29 bestreiten - kann dahinstehen. Im BAW-Gutachten zur PÄ III wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei den Umlagerungen am Neuen Luechtergrund darauf zu achten ist, dass die beim Ausbau gebaggerten Weichsedimentschichten nicht dorthin verbracht werden. Die Antragsunterlage gehe davon aus, dass hierhin nur Feinsande und gröberes Material umgelagert werden (PÄ III, Teil 10, S. 28). Die Ablagerung von Baggergut, dessen Zusammensetzung von der in die Simulation eingestellten Zusammensetzung in relevanter Weise abweicht, wäre daher ohne entsprechende Planänderung unzulässig.
121 cc) Die BAW-Simulation zur Umlagerung im Neuen Luechtergrund in PÄ III, Teil 10 begegnet schließlich nicht deshalb Bedenken, weil die BAW dabei von einem Oberwasserzufluss von 180 m³/s ausgegangen ist. Zwar trifft zu, dass für die ursprünglich vorgesehene Umlagerung von 2,5 Mio. m³ Baggergut am Neuen Luechtergrund im Gutachten H.1 f die realen Abflussverhältnisse (im Mittel 850 m³/s) zugrunde gelegt wurden und Schwebstoffe bei niedrigem Oberwasser grundsätzlich weiter stromauf transportiert werden. Die unterschiedlichen Abflüsse in den beiden Simulationen hatten nach den Erläuterungen der BAW in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 aber keinen signifikanten Einfluss auf die vorherrschenden Transportrichtungen in der Elbmündung. Zudem ist der Einfluss des Oberwassers in diesem Bereich schon deshalb geringer, weil das Tidevolumen im Verhältnis zum Oberwasser durch die Aufweitung der Mündung wesentlich größer wird.
122 d) Das BAW-Gutachten H.1d zu den schiffserzeugten Belastungen leidet nicht an Mängeln, die seine Belastbarkeit in Frage stellen.
123 Ausweislich der Erläuterungen im Gutachten sind abgesicherte quantitative Prognosen der ausbaubedingten Änderungen von schiffserzeugten Belastungen im extremen Flachwasser von inhomogenen Wasserstraßen nur mit der Methode des hydraulischen Modellversuchs in einem fachlich hinreichenden Modellmaßstab gewährleistet (H.1d, S. 21). Für das hydraulische Modell wurde der Unterelbeabschnitt von km 641,6 bis km 643,2 ausgewählt. Als Bezugseinheiten für die Prognose der ausbaubedingten Änderungen sind die im Jahr 2006 größten, mit hoher Geschwindigkeit verkehrenden Containerschiffe der PPM43-Klasse (Breite b = 42,8 m) dem zukünftigen Bemessungsschiff PPM46 (Containerschiff mit b = 46 m) gegenübergestellt und die geschwindigkeitsabhängigen Belastungsgrößen verglichen worden. Zudem sind die durch das Bemessungsschiff der letzten Fahrrinnenanpassung (PM32 b = 32,3 m) erzeugten Belastungsgrößen denen des PPM46 gegenübergestellt worden; in der Begegnungsstrecke Blankenese/Wedel ist auch das Massengutschiff MG58 mit b = 58 m als Aufkommer in die Bewertung einbezogen worden (H.1d, Zusammenfassung am Anfang).
124 Laut Gutachten haben die Messungen im Referenzgebiet ergeben, dass neben dem Passierabstand zum Ufer im Wesentlichen die Schiffsgeschwindigkeit das Maß der schiffserzeugten Belastungen bestimmt; die Belastungen können daher durch diesen Parameter deutlich beeinflusst werden, soweit die nautischen Erfordernisse dies zulassen. Diese Erkenntnis ist aufgrund der physikalischen Gesetzmäßigkeiten allgemein gültig und kann auf das gesamte Revier übertragen werden (H.1d, S. 79). Durch die Vertiefungsmaßnahmen ist örtlich annähernd eine Kompensation der zukünftigen Schiffsgrößen möglich. Dagegen bewirkt die Zunahme der Schiffsgrößen in den Abschnitten, in denen die Wassertiefen heute schon ausreichen, höhere schiffserzeugte Wasserspiegelauslenkungen und Rückstromgeschwindigkeiten. Bei hohen Schiffsgeschwindigkeiten nehmen der Energieeintrag und damit gleichermaßen die Belastung der Wasserstraße durch Wellen und Strömung sowie deren ausbaubedingte Änderungen überproportional zu (H.1d, Zusammenfassung). Das Gutachten benennt für verschiedene Abschnitte die Fahrgeschwindigkeiten durchs Wasser, die aus wasserbaulicher Sicht als unkritisch oder unerheblich bzw. auf der sicheren Seite liegend angesehen werden (H.1d, Zusammenfassung).
125 Die Aussagekraft des Gutachtens unterliegt entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb Zweifeln, weil das Gutachten sich an dem den Planungen zugrunde gelegten Bemessungsschiff und nicht an den größeren Containerschiffen der "Emma-Maersk-Klasse" orientiert. Das Ausbauvorhaben dient nicht dazu, Schiffen dieser Größenklasse eine tideunabhängige Revierfahrt mit maximalen Tiefgängen zu ermöglichen (PFB, S. 159 ff.). Abgesehen davon sind die Änderungen der schiffserzeugten Belastungen im hydraulischen Modell für Extremsituationen untersucht worden, um eventuelle Veränderungen deutlich als "auf der sicheren Seite liegend" herauszustellen. Als "Extremsituationen" sind Passagen mit maximalem Tiefgang, geringem Fahrabstand zur Fahrrinnenkante (nur erforderlicher Seitenabstand), höchstmögliche Geschwindigkeiten, große Schiffseinheiten sowie geringe Wassertiefen bzw. geringe Kielfreiheit definiert worden (H.1d, S. 51). Zudem ist im hydraulischen Modell die Sollsohle ohne Ansatz von Baggertoleranz und Vorratsbaggerungen eingebaut worden. Auf diese Weise liegen die prognostizierten ausbaubedingten Änderungen der schiffserzeugten Belastungen immer "auf der sicheren Seite", weil die vorgegebene Sollsohle für das Verhältnis Schiff - Wasserstraße als ungünstigster Querschnitt anzunehmen ist (H.1d, S. 51).
126 e) Die Kritik der Kläger am BAW-Gutachten H.1b zu den ausbaubedingten Änderungen der Sturmflutkenngrößen ist nicht begründet.
127 Im Gutachten H.1b sind die Sturmflutverhältnisse unter Berücksichtigung der Unterwasserablagerungsflächen (UWA) (S. 11) auf der Basis einer hochauflösenden2D-HN-Modellierung mit dem Programm UnTRIM für den planerischen Ist-Zustand und den Ausbauzustand für sechs Sturmflutszenarien (siehe S. 35) untersucht worden (Sturmflut vom 3. Januar 1976 - SF76 -, Sturmflut vom 28. Januar 1994 - SF94 -, Sturmflut vom 3./4. Dezember 1999 - SF99 - sowie die Bemessungssturmflut - SFB - mit drei verschiedenen Oberwasserabflüssen; S. 34). Die Bemessungssturmflut ist an den Verlauf der Sturmflut vom 3. Januar 1976 angelehnt, der Wasserstandsverlauf Cuxhaven ist vergleichbar zum 3. Januar 1976, jedoch mit um 0,5 m erhöhtem Windstau eingestellt, der Oberwasserzufluss beträgt 2 200 m³/s (von 1926 bis 2002 im Mittel an drei Tagen/Jahr überschritten; siehe Tabelle 2, S. 33), die Windentwicklung über der Elbe ist vergleichbar zum 3. Januar 1976, jedoch mit um 10 % erhöhter Windgeschwindigkeit eingestellt. Zusätzlich sind für die Bemessungssturmflut die sehr hohen Abflüsse 3 000 m³/s und 4 000 m³/s untersucht worden. Abflüsse dieser Größenordnung sind bisher bei Sturmfluten in der Elbe nicht beobachtet worden. Die Nebenflüsse der Elbe sind nicht berücksichtigt worden, weil die Sturmflutsperrwerke an den Nebenflüssen für die Untersuchung als geschlossen vorausgesetzt wurden; das Wehr Geesthacht ist bei Sturmflut gelegt (H.1b, S. 5 und 14). Nach den Untersuchungen werden sich ausbaubedingt die Sturmflutscheitelwasserstände um weniger als +2 cm/-3 cm und die Eintrittszeit des Sturmflutscheitelwasserstandes sowie die Dauer hoher Wasserstände um weniger als +/- fünf Minuten verändern. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass das Hochwasserschutzniveau ausbaubedingt nicht verändert wird; die geplante Fahrrinnenanpassung sei hochwasserneutral (H.1b, S. 63; zu den Einzelergebnissen siehe S. 65).
128 Entgegen der Auffassung der Kläger geht das Gutachten zu Recht von einer dauerhaft tidedämpfenden Wirkung der UWA im Elbmündungsbereich aus (siehe oben unter III.1.a) bb) (2)). Zudem ist die Wirkung der Ausbaumaßnahmen vorsorglich für eine extrem hohe Sturmflut mit extrem hohem Oberwasserzufluss untersucht worden (H.1b, S. 32).
129 f) Die Rüge, die BAW habe die Gefahr eines irreversiblen "Umkippens" des Tideelbeökosystems verkannt, greift ebenfalls nicht durch.
130 Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich eine solche Gefahr aus der Studie von Prof. Winterwerp ("On the response of tidal rivers to deepening and narrowing - Risks for a regime shift towards hyper-turbid conditions" von 2013) nicht herleiten. Laut Winterwerp (Kapitel "Zusammenfassung und Schlussfolgerungen", S. 5) vermindert die Vertiefung von Tideflüssen ihre Spülwirkung. Mit ansteigender Schwebstoffkonzentration schwäche sich die effektive Räumkraft ab, wodurch die Tide weiter verstärkt werde. Das bewirke einen Anstieg der Flutstromdominanz, was die Schwebstoffkonzentration weiter steigen und die effektive Räumkraft weiter sinken lasse (Feedback-Schleife, Schneeballeffekt). Die Analyse lasse den Schluss zu, dass ein kritischer Punkt existiere, bei dessen Überschreiten der Fluss mehr oder weniger autonom in einen Zustand extremer Trübung wechsle. Ein solcher Punkt könne in einem tidebeeinflussten Fluss durch umfassende technische Maßnahmen (Vertiefung, Verengung, etc.) überschritten werden (Kapitel 6, S. 9 f.).
131 Diese Analyse hat nach Einschätzung der BAW im Wesentlichen hypothetischen Charakter. Abgesehen davon, dass die Betrachtungen von Winterwerp auf einer mathematischen Formel basierten, die die Geometrie des Gewässersystems sehr stark vereinfache, räume Winterwerp selbst ein, dass der kritische Punkt weder quantifiziert noch Indikatoren definiert werden konnten, mit denen ein Überschreiten dieses Punktes festgestellt werden könnte (S. 10). In der Zusammenfassung zu seiner Studie "Man-included regime shifts in small estuaries - II: a comparison of rivers" von November 2013 betone Winterwerp, dass ein vollständiges Verständnis der Tideentwicklung in den untersuchten Flüssen "hind-cast" (d.h., die bekannten historischen Zustände nachbildende) Simulationen dieser Entwicklungen mit fortgeschrittenen numerischen Modellen erfordere, die die Hydrodynamik, die Morphodynamik und den Transport feiner Sedimente integrierten. Bis dahin blieben die präsentierten Analysen hypothetisch (BAW vom 4. April 2014, S. 14).
132 Für die Frage, ob ausbaubedingt ein Umkippen des Elbeökosystems droht, sind die Winterwerp-Studien daher nach den plausiblen Erläuterungen der BAW ohne Aussagekraft. Dasselbe gilt für die von den Klägern im Verfahren BVerwG 7 A 15.12 eingereichten Anlagen K 22 (Vortrag Dr. Heyer) und K 23 (HPA), in denen die Gefahr des Umkippens eines Systems infolge langandauernder Tideasymmetrie sowie unerwünschter hydromorphologischer Entwicklungen der Tideelbe abstrakt angesprochen werden, die sich aber zum Umkippen des Tideelbeökosystems als Folge der geplanten Ausbaumaßnahme nicht verhalten.
133 Im Übrigen hat die BAW die Tideflüsse Elbe, Weser und Ems seit mehr als einer Dekade mit hoch auflösenden dreidimensionalen Simulationsmodellen untersucht und das charakteristische Systemverhalten dieser Flüsse im Detail verglichen. Nach den ihr vorliegenden Erkenntnissen und Untersuchungen kann ein Umkippen des Elbeökosystems als Folge des geplanten Ausbaus ausgeschlossen werden (BAW vom 4. April 2014, S. 15). Die von den Klägern vorgelegte tabellarische Darstellung von Dipl.-Ing. Konermann zu den gestuften Effekten von Fahrrinnenvertiefungen auf das Schwebstofftransportgeschehen in Ästuaren ist nicht geeignet, diese fachliche Einschätzung zu erschüttern. Selbst wenn der darin angenommene Ursachenzusammenhang zwischen der fortschreitenden Degradierung des Emsästuars und den Fahrrinnenvertiefungen tatsächlich bestehen sollte, kann daraus nicht ohne Weiteres auf die zukünftige Entwicklung des Elbästuars geschlossen werden. Die Entwicklung des Emsästuars hatte spezifische Ursachen und kann deshalb nicht ohne detaillierte Analyse der jeweiligen örtlichen Bedingungen auf andere Ästuare übertragen werden. Dies belegt etwa das Beispiel der von umfangreichen Ausbaumaßnahmen betroffenen Weser. Obwohl der Tidenhub in Bremen infolge der Strombauwerke ungefähr auf das Zehnfache des ursprünglichen Werts gestiegen ist, zeigt die noch immer ebbestromdominierte Weser nur wenig Trübung und nur ein geringes Ungleichgewicht im Sedimenthaushalt (vgl. Schriftsatz der Beklagten zu 2 vom 11. April 2014, S. 32 f.).
134 g) Schließlich bleibt auch die Rüge der Kläger, die BAW-Gutachten seien anlässlich der Planänderungen und -ergänzungen nicht oder nur unzureichend aktualisiert worden, erfolglos.
135 Für die Planänderung I (Modifikation der UWA östlich sowie Errichtung einer neuen UWA westlich vom Glameyer Stack, Wegfall aller Ufervorspülungen mit Ausnahme der Vorspülung Lühe-Wisch, Wegfall der Spülfelder Pagensand I und II, Vergrößerung des Spülfeldes Pagensand III sowie Erhöhung der Umlagerungsmenge am Neuen Luechtergrund von 2,5 Mio. m³ auf 7,5 Mio. m³; PÄ I, Teil 1, S. 10 ff.) hat die BAW eine neue Modelluntersuchung mit veränderten worst-case-Randwerten (Oberwasserzufluss konstant bei 180 m³/s, seeseitiger Salzgehalt konstant bei 32 PSU) durchgeführt. Das Gutachten (PÄ I, Teil 3, S. 22 ff.) kommt zu dem Ergebnis, dass die in den BAW-Grundlagengutachten dargestellten und wasserbaulich interpretierten ausbaubedingten Änderungen bis auf dargestellte punktuelle Änderungen durch die neue Zielvariante trotz des Einsatzes von worst-case-Randwerten nahezu ausnahmslos unterschritten würden (S. 26 f.).
136 Anlässlich der Planänderung II (Änderung der Ufersicherungsmaßnahmen im Altenbrucher Bogen; vgl. PÄ II, Teil 1, S. 10 ff.) hat die BAW die lokalen Auswirkungen mit den neuen Planungselementen im Gesamtsimulationsmodell untersucht (PÄ II, Teil 9, S. 1 f.). Laut Gutachten führen die Ausbaumodifikationen zu keinen signifikanten Verstärkungen der bisher festgestellten ausbaubedingten Änderungen (S. 25 f.).
137 Zur Planänderung III (Wegfall der Spülfelder Pagensand III und Schwarztonnensand sowie der Vorspülung Lühe-Wisch, Modifikation der UWA Neufelder Sand, Erhöhung der Umlagerungsmenge am Neuen Luechtergrund von 7,5 Mio. m³ auf 12,5 Mio. m³) hat die BAW im März 2010 das Gutachten "Topographievergleich 2003 - 2006, Umlagerung von Ausbaubaggergut" vorgelegt (PÄ III, Teil 10). Der begutachtete Ausbauzustand AZ_10 umfasst die wasserbaulichen Elemente der Planänderung II und die planerischen Modifikationen gemäß Planänderung I. Zudem sind die aus der Ablagerung von insgesamt 12,5 Mio. m³ Ausbaubaggergut am Neuen Luechtergrund resultierenden Ablagerungen in der Ausbauvariante AZ_10 anteilig berücksichtigt und neue Topographiedaten von 2006 zugrunde gelegt worden (PÄ III, Teil 10, S. 2 und 5). Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die Grundlagengutachten auch bei Verwendung der neuen Topographiedaten weiter Bestand haben (PÄ III, Teil 10, S. 27).
138 Die Vorgehensweise der BAW, für die Planänderung III - mit Ausnahme der vorstehend unter III. 1.c) gesondert behandelten Umlagerung am Neuen Luechtergrund - über einen Topographievergleich nachzuweisen, dass die aktualisierte Topographie keinen wesentlichen Einfluss auf die Vorhabenwirkungen hat, ist methodisch nicht zu beanstanden. Es leuchtet ein, dass der Wegfall der Ufervorspülungen und Spülfelder als landseitige Maßnahmen allenfalls geringe hydrologische und morphologische Wirkung hat und eine vollständig neue Modellierung daher nicht erforderlich war.
139 Soweit die Kläger geltend machen, die Beklagten hätten angesichts der Ergebnisse des Projekts "Perspektive Lebendige Unterems" von BUND, NABU, WWF und TU-Berlin sowie neuer Erkenntnisse von Prof. Dr. Backhaus (Institut für Meereskunde, Universität Hamburg) zur Eigenschwingungsfrequenz der Elbe ihrer Anregung im Beteiligungsschreiben vom 23. Dezember 2015 nachkommen und im 2. Planergänzungsverfahren eine neue und längere Modellierung unter Nutzung des High-Performance-Rechners der BAW veranlassen müssen, ist dem nicht zu folgen.
140 Wie eingangs ausgeführt ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen; bei einem ergänzenden Verfahren kommt es maßgeblich auf dessen Zielrichtung an. Daran gemessen mussten im 2. Planergänzungsverfahren weder aktuelle Gutachten der BAW eingeholt werden noch ist für die Prüfung der Tragfähigkeit der wasserbaulichen Untersuchungen nunmehr auf den Zeitpunkt des Erlasses der 2. Planergänzungsbeschlüsse abzustellen. Die Zielrichtung des ergänzenden Verfahrens beschränkte sich darauf, punktuelle Mängel der UVU/UVP und der habitatschutzrechtlichen Prüfung zu heilen und eine neue wasserrechtliche Prüfung vorzunehmen. Die BAW-Gutachten hat der Senat im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 nicht beanstandet, sie mussten im ergänzenden Verfahren daher keiner Neubewertung unterzogen oder aktualisiert werden. Auf die aktuellen Rechnerkapazitäten der BAW kommt es somit nicht an.
141 Aus dem Hinweis der Kläger, das Habitatschutzrecht verlange bei der Verträglichkeitsprüfung, die auf den BAW-Gutachten aufbaue, als Standard stets die Berücksichtigung der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse", folgt nichts anderes. Auch insoweit gilt für den Zeitraum bis zum Entscheidungstermin, dass zwar vor neuen Erkenntnissen nicht die Augen verschlossen werden dürfen. Es besteht aber keine Pflicht, bis zum Entscheidungstermin fortwährend nachzuermitteln (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 89). Das gilt erst recht für den Zeitraum nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Die Entscheidungsgrundlagen und Planunterlagen unterliegen während des gerichtlichen Verfahrens zwangsläufig einem "Alterungsprozess". Dieser Umstand darf sich grundsätzlich nicht zu Lasten der Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörden auswirken.
142 Ungeachtet dessen haben die Beklagten die Erkenntnis von Prof. Dr. Backhaus, die Eigenschwingungsfrequenz der Elbe rücke infolge der bereits erfolgten und der geplanten Ausbaumaßnahmen so dicht an die Tidefrequenz heran, dass Resonanzphänomene aufträten, die zu einem höheren Ausschlag der Tide führten, zur Kenntnis genommen und geprüft. Nach der Bewertung durch die BAW-Gutachter (Stellungnahme vom 9. April 2015) handelt es sich dabei nicht um eine verfahrensrelevante Erkenntnis. Die Tideresonanz werde auch von den BAW-Untersuchungen abgedeckt. In der Studie von Prof. Dr. Backhaus werde dieses Phänomen wegen zu grober Eingangsdaten und der Eindimensionalität des Modells schon bei isolierter Betrachtung überschätzt. Zudem sei damit nichts über den Umfang der vorhabenbedingten Verstärkung der Tideresonanz ausgesagt.
143 2. Die weiteren gegen die UVU/UVP, namentlich die UVU-Teilgutachten H.2a bis H.5b und die anlässlich der 2. Planergänzung erstellten Fachbeiträge PEU II 2.1 und 2.2 , erhobenen Einwände sind ebenfalls nicht begründet.
144 a) Die Rüge, der Untersuchungsrahmen sei zu eng gefasst worden, weil Schutzgüter außerhalb der Deichlinie nicht betrachtet und die Nebenflüsse ausgeklammert worden seien, greift nicht durch.
145 aa) Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG ist Untersuchungsgebiet der Einwirkungsbereich des Vorhabens. Dieser kann nicht einheitlich für alle Bestandteile der das Vorhaben umgebenden Umwelt festgelegt werden, sondern ist nach der spezifischen Reichweite der Auswirkungen des Vorhabens auf die einzelnen Umweltfaktoren oder Umweltbestandteile zu bestimmen (Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 6 Rn. 20).
146 Dem wird die UVU gerecht. Den Vorgaben in der "Festlegung des Untersuchungsrahmens gemäß § 5 UVPG" durch Schreiben der Planfeststellungsbehörden vom 26. Mai 2005 entsprechend ist das Untersuchungsgebiet räumlich (seitlich) im Ausgangspunkt durch die Deichlinie begrenzt worden. Darüber hinaus umfasst es grundsätzlich auch die tidebeeinflussten Nebenflüsse und Nebengewässer der Tideelbe. Im Übrigen ist der Untersuchungsrahmen in Einklang mit den Vorgaben der Planfeststellungsbehörden für die jeweiligen Schutzgüter differenziert festgelegt worden. So sind etwa beim Schutzgut Wasser die Aspekte "Schwebstoffregime", "Salinität", "Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt" sowie "Schadstoffe" auch für die Nebengewässer und Nebenflüsse der Elbe untersucht worden (vgl. H.2a, S. 4, 21, 42, 44, 58, 59, 86, 89, 96 und H.2b, S. 1 ff., 100 ff.). Das Untersuchungsgebiet für das Schutzgut Grundwasser ist ebenfalls spezifisch abgegrenzt worden (H.2c, S. 2). Die UVU zum Schutzgut Boden beschreibt als maximales Auswirkungsgebiet den gesamten vor den Landesschutzdeichen gelegenen Überflutungsbereich der Tideelbe zwischen km 584,8 (Geesthacht) und km 755,3 (Außenelbe), ihre Nebengewässer sowie die tidebeeinflussten Flussabschnitte der in die Tideelbe mündenden Nebenflüsse (H.3, S. 1); für das Schutzgut Pflanzen (terrestrische Flora) ist das Untersuchungsgebiet entsprechend umrissen worden (H.4a, S. 3). Für das Schutzgut Tiere (terrestrische Fauna) sind zusätzlich die Insel Trischen sowie Teile des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (zwischen Neufeld und Trischendamm) und des Nationalparks Hamburgisches Wattenmeer (Neuwerk, Scharhörn, Nigehörn) einbezogen worden (H.4b, S. 158). Aus welchen Gründen diese schutzgutbezogenen Festlegungen fachlich unvertretbar sein sollten, haben die Kläger nicht dargetan.
147 bb) Das gilt auch für ihre Rüge, die Festlegung des Untersuchungsgebiets für das Schutzgut Grundwasser im UVU-Teilgutachten H.2c schließe angrenzende terrestrische Grundwasserkörper hinter der Deichlinie aus. Die Grenze des Untersuchungsgebiets für das Schutzgut Grundwasser ist im ersten Schritt aufgrund geomorphologischer Kriterien anhand der Gewässerlandschaften entlang des Geestrandes festgelegt worden, weil quantitative und qualitative Änderungen des Elbwassers aufgrund der hydrologischen Wirkungszusammenhänge theoretisch im gesamten Marschbereich Veränderungen im Grundwasser hervorrufen können. In den Bereichen, in denen diese Grenzziehung das Untersuchungsgebiet so verkleinern würde (z.B. am Hochufer zwischen Altona und Wedel), dass mögliche Auswirkungen nicht vollständig berücksichtigt werden könnten, wurde ein Mindestabstand von 1 km zur Elbe und den betrachteten tidebeeinflussten Nebengewässern als Grenze herangezogen (H.2c, S. 2 zu 1.2 .1). Das Gebiet greift damit (siehe auch Karte Anhang I - 1) über die seitliche Deichlinie noch hinaus.
148 b) UVU und UVP beruhen im Hinblick auf Flora und Fauna auf einer hinreichend aktuellen Datengrundlage. Die gegenteilige, insbesondere auf eine Stellungnahme von Dr. Feldt vom 13. August 2012 gestützte Auffassung der Kläger ist unzutreffend.
149 aa) Ausdrückliche Vorgaben zur Aktualität der Datengrundlage enthalten weder die UVP-Richtlinie noch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder die von den Klägern herangezogene Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 18. September 1995 (UVPVwV, GMBl. S. 671). In ihren Schlussanträgen vom 13. Oktober 2011 in der Rechtssache C-43/10 [ECLI:EU:C:2011:651] leitet die Generalanwältin aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL her, dass es in der Regel auf den Stand der Kenntnisse zu Beginn des Genehmigungsverfahrens ankomme (Rn. 138; siehe auch Ziffer 0.5.1.2 UVPVwV). Wenn sich in einem späteren Stadium des Verfahrens zeige, dass aktuellere Angaben erforderlich seien, müssten diese verlangt werden (Rn. 140). Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Gaßner/Winkelbrandt/Bernotat, UVP und Strategische Umweltprüfung, 5. Aufl. 2010, S. 172 Rn. 97 und S. 187 Rn. 112) sind Datenbestände in der Regel dann hinreichend aktuell, wenn die Erhebungen im Gelände nicht länger als fünf Jahre zurückliegen und nach Durchführung der Geländearbeiten keine erheblichen Veränderungen des Standortes oder der anthropogenen Einflüsse eingetreten sind.
150 Als Leitlinie für die Praxis mag es im Ansatz sinnvoll sein, die Tauglichkeit der Datengrundlage an einer zeitlichen Grenze auszurichten. Eine solche Grenze kann aber nur einen allgemeinen Anhalt bieten. Sie ändert nichts daran, dass die Aktualität der Datengrundlage nach Maßgabe praktischer Vernunft unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen ist. So kann insbesondere bei einem großflächigen Untersuchungsgebiet die Aktualisierung von Datenbeständen in einem Teilgebiet auch Rückschlüsse auf die Verlässlichkeit älterer Daten für ein anderes Teilgebiet zulassen; eine fortlaufende Aktualisierung aller Bestandsdaten kann nicht verlangt werden.
151 bb) Daran gemessen waren die Daten zu Flora und Fauna ausreichend aktuell:
152 (1) Für die Beschreibung des Ist-Zustandes der terrestrischen Flora wurde auf Daten aus Kartierungen von 1993 bis 1996, Befliegungen von 2000 bis 2002, Kartierungen Dritter seit der letzten Fahrrinnenanpassung und Kartierungen von 2005 bis 2006 zurückgegriffen (H.4a, S. 13 bis 19 und Karte zur Aktualität der verwendeten Daten in Anlage 1). Die Daten aus den Befliegungen wurden in ein geographisches Informationssystem überführt und mit der Klassifikation verglichen. Die Datengrundlage ist im Gutachten H.4a (S. 19) insgesamt bewertet worden. Anlässlich der Planänderung I sind Daten aus einer Befliegung von 2006 zur Erfassung der Röhrichtbestände und angrenzender ufernaher Vegetationseinheiten hinzugekommen (PÄ I, Teil 3, S. 73). In den Unterlagen zur Planänderung III wird auf neue Daten aus 2008 verwiesen, durch die sich die Beschreibung des Ist-Zustandes der terrestrischen Flora nicht ändere (PÄ III, Teil 3, S. 52).
153 (2) Für die terrestrische Fauna ist zur Beschreibung des Bestandes von Brut- und Gastvögeln auf Daten aus den Jahren 2000 bis 2005 (in Ausnahmefällen ältere Daten) zurückgegriffen worden; für einige Teilgebiete fehlen Daten (H.4b, S. 12 bis 15). Im Rahmen der Planänderung I sind hinsichtlich der Brutvögel eine Reihe zusätzlicher Bestandsaufnahmen aus 2005 bis 2008, schwerpunktmäßig aus 2007 ausgewertet worden (PÄ I, Teil 3, S. 96 f.); für die Gastvögel sind Untersuchungen aus 2007/2008 neu berücksichtigt worden (PÄ I, Teil 3, S. 109 ff.). Zur Planänderung II wurden ornithologische Jahresberichte des NABU von 2001 bis 2005 für die Landkreise Cuxhaven und Bremerhaven ausgewertet, die allerdings keine Aktualisierung der Werteinstufung des Untersuchungsgebiets ermöglichten (PÄ II, Teil 3, S. 45). Zudem wurden Ortskundige befragt und Angaben von Behörden (NLWKN, Stadt Cuxhaven) sowie einzelne Fachgutachten aus 2003, 2007 und 2009 eingearbeitet (PÄ II, Teil 3, S. 48). Anlässlich der Planänderung III sind für die Brut- und Gastvögel keine neuen Daten erhoben bzw. eingepflegt worden (PÄ III, Teil 3, S. 60 f.).
154 (3) Für die aquatische Flora sind bezogen auf das Phytoplankton Daten aus dem Zeitraum von 1997 bis 2002, für Teilbereiche auch aus 2003/2004 zugrunde gelegt worden, für das Phytobenthos im Wesentlichen aus 2002/2003 (H.5a, S. 15 f. und 18 f.). Das Phytobenthos ist in der näheren Vergangenheit nicht vollständig untersucht worden; laut UVU ist aber mit den durchgeführten Diatomeenanalysen die meist dominierende Algenklasse erfasst worden, in der sich aussagekräftige Bioindikatoren finden (H.5a, S. 19). Anlässlich der Planänderung I sind für das Phytoplankton zudem Daten der Wassergütestelle Elbe von 2005 und 2006 berücksichtigt und Daten der BfG (Nature-Consult 2007) gesichtet worden. Für das Phytobenthos wurden von der Arbeitsgemeinschaft für die Reinhaltung der Elbe (ARGE) neue Angaben vorgelegt (2005/2006); zudem wird auf Daten der ARGE Elbe aus 2007 sowie Untersuchungen von Gutowski von 2005 und 2006 verwiesen (PÄ I, Teil 3, S. 81 ff.). Für die Planänderung II sind keine neuen Daten verzeichnet (PÄ II, Teil 3, S. 34). Zur Planänderung III wurden aktuelle Daten der ARGE zum Phytoplankton für die Messstationen Zollenspieker (km 598,7) und Seemannshöft (km 628,8) veröffentlicht (PÄ III, Teil 3, S. 54).
155 (4) Bei der aquatischen Fauna sind für das Zoobenthos und die Fische Unterlagen von 1997 bis 2004 berücksichtigt worden (H.5b, S. 21 ff., 23, 50 ff., 56 ff., 75 f.). Für die Meeressäuger (Schweinswal, Seehund, Kegelrobbe) sind Daten aus der Zeit von 1995 bis 2005 ausgewertet worden (H.5b, S. 80 ff.). Im Rahmen der Planänderung I sind für das Zoobenthos Untersuchungen aus 2007 (schwerpunktmäßig Krieg; Bioconsult) und 2008 (Krieg; BfG) einbezogen worden (PÄ I, Teil 3, S. 148 f.), für die Fische Unterlagen aus 2000, 2001, 2006, 2007 und 2008 (S. 160). Für die Seehunde wurden neue Daten aus 2005 bis 2008 und für die Schweinswale aus 2007 aufgenommen (PÄ I, Teil 3, S. 164). Anlässlich der Planänderung III (Teil 3) sind für die Fische zusätzliche Untersuchungen aus 2009 und für die Seehunde neue Daten aus den Befliegungen der Jahre 2005 bis 2009 eingestellt worden (S. 79 f., 81 f.).
156 Für das Zooplankton trifft zwar zu, dass eine vollständige Inventarisierung der Zooplanktonarten im Untersuchungsgebiet aus den späten 60er Jahren stammt (H.5b, S. 12 f.). Danach sind nur einzelne Flussabschnitte, Gruppen oder Arten untersucht worden. Eine neuere Bestandserfassung für das Mühlenberger Loch stammt aus 1998. Aktuelle Untersuchungen liegen aber aus dem Bereich Geesthacht (km 590) bis Lühesand (km 645) vor (Schöl und Günster, 2006). Die UVU bewertet die Datenbasis zur Beschreibung und Bewertung des Zooplanktons insgesamt gleichwohl zu Recht als ausreichend. Die Erfassungen von Schöl und Günster aus 2006 zeigen laut UVU keine deutlich abweichenden Ergebnisse zu früheren Untersuchungen (z.B. Scholz 1961) oberhalb von Lühesand. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass sich der Bestand auch in anderen Flussabschnitten nicht grundlegend geändert habe (vgl. auch IHF 1997, ARGE Elbe 1998), zumal sich die produktivsten Planktongebiete oberhalb von Lühesand befänden (H.5b, S. 13).
157 Der Rückschluss von der Entwicklung des Zooplanktonbestands oberhalb von Lühesand auf das Zooplankton stromab ist angesichts der ergänzenden Erläuterungen der UVU-Gutachter in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014, wonach das Übergangsgewässer ohnehin die "natürliche Sterbezone" für das insoweit "statische" Süßwasserplankton darstellt, plausibel; substanzielle Einwände hiergegen haben die Kläger nicht erhoben. Das Ergebnis der im Teilgutachten H.5b auf S. 13 angesprochenen Erfassung des gesamten Zooplanktons durch die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) musste nicht abgewartet werden. Diese - inzwischen wohl aufgegebene - Erfassung war nicht durch das Vorhaben veranlasst, sondern stellte eine davon unabhängige Grundlagenforschung dar.
158 Im Übrigen ist in den UVU-Teilgutachten jeweils dargelegt, wie mit Datenlücken umgegangen wurde und aus welchen Gründen die vorhandenen Daten als ausreichend erachtet werden (vgl. etwa H.4a, S. 19; H.4b, S. 12 ff.; H.5b, S. 80 ff.). Damit haben sich die Kläger nicht näher auseinandergesetzt.
159 c) Die Rüge, die Ermittlungstiefe der UVU sei unzureichend, weil es an orts- und artenspezifischen Bestandsaufnahmen fehle, bleibt erfolglos.
160 aa) Eine ordnungsgemäße UVU erfordert nicht notwendig eine flächendeckende orts- und artenspezifische Bestandsaufnahme. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG hat der Träger des Vorhabens die entscheidungserheblichen Unterlagen vorzulegen. Das Bundeswasserstraßengesetz enthält keine fachspezifischen Regelungen im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG, gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 UVPG sind daher die Absätze 3 und 4 anzuwenden. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 UVPG müssen die Unterlagen u.a. eine Beschreibung der Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Vorhabens unter Berücksichtigung des allgemeinen Kenntnisstandes und der allgemein anerkannten Prüfungsmethoden enthalten, soweit die Beschreibung und die Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind und ihre Beibringung für den Träger des Vorhabens zumutbar ist (vgl. auch Art. 3 und 5 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL).
161 Welche Angaben zur Feststellung und Bewertung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen des Vorhabens erforderlich sind, kann nur nach Maßgabe des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. Art. 3 Abs. 1 UVP-RL). Anders als bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung ist der Gegenstand der Ermittlungen bei der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) nicht auf bestimmte Arten oder Lebensraumtypen beschränkt. Zu ermitteln sind gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Auswirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen, die biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, Kulturgüter, sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen. Die Ermittlungen sind damit grundsätzlich offener und breiter angelegt als in der FFH-Verträglichkeitsprüfung und bedürfen anderer Einschränkungen und Begrenzungen; UVU und UVP müssen auch bei Großvorhaben praktisch handhabbar bleiben (vgl. Erb, Umwelt- und Technikrecht, Bd. 121, 2013, S. 91 und 105).
162 Ermittelt und untersucht werden müssen alle Umstände, die für eine sachgerechte (Planungs-)Entscheidung erforderlich sind. Dabei können auch Erkenntnislücken verbleiben, es muss weder ein lückenloses Arteninventar erstellt noch eine allgemeine Bestandsaufnahme durchgeführt werden. Maßgeblich sind die naturräumlichen Gegebenheiten des konkreten Falles: je typischer die Gebietsstruktur, desto eher kann auch auf typisierende Merkmale und allgemeine Erfahrungen abgestellt werden. Es kann daher genügen, wenn für den Untersuchungsraum besonders bedeutsame Repräsentanten (Tier- und Pflanzengruppen) festgestellt werden und für die Bewertung der Auswirkungen mit Bioindikatoren gearbeitet wird. Bestehen dagegen Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener Arten, ökologischer Strukturen oder Vorgänge, bedarf es weitergehender Ermittlungen. Sofern es für besonders schützenswerte oder hochwertige Arten oder Strukturen keine konkreten Anhaltspunkte gibt, muss danach nicht aktiv gesucht werden (Erb, a.a.O. S. 90 bis 95). Das Recht nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzlichen Erkenntnisse verspricht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 1997 - 4 B 177.96 - Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 20 und vom 29. Oktober 2014 - 7 VR 4.13 - ZUR 2015, 163 Rn. 16; Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 116).
163 bb) Daran gemessen begegnen die Bestandserhebungen und -beschreibungen für Flora und Fauna keinen Bedenken.
164 (1) Der Bestand der terrestrischen Flora ist im UVU-Teilgutachten H.4a anhand der vorkommenden Biotoptypen beschrieben (S. 20 ff.). Überdies sind die im Untersuchungsgebiet festgestellten besonders geschützten und gefährdeten Biotoptypen (H.4a, S. 94 f. und 102 ff.) und Pflanzenarten (S. 104 ff.) sowie Lebensraumtypen gemäß Habitatrichtlinie aufgeführt (S. 98 ff.).
165 (a) Dass die Bestandsdarstellung bei der terrestrischen Flora mit Ausnahme der geschützten und gefährdeten Arten nur biotoptypenbezogen erfolgt ist, ist nicht zu beanstanden. Die Biotoptypen sind in Obergruppen, Haupteinheiten und Untereinheiten gegliedert, die örtliche Verteilung im Untersuchungsgebiet kann den Karten im Anhang zu H.4a entnommen werden. Einer durchgängig artenbezogenen Bestandsdarstellung bedurfte es nicht. Im Gutachten H.4a (S. 153 ff.) ist unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Methoden/Ansätze ausgeführt, warum auf die allgemeine Empfindlichkeit der Vegetation gegenüber möglichen Veränderungen und mögliche Auswirkungen auf die räumliche Verteilung der Biotoptypen abgestellt werden kann und wie die insoweit betrachteten Leitarten (verschiedene Röhrichtarten, Zeigerarten und seltene Arten) ausgewählt wurden. Die Auswirkungsprognose stellt fest, dass die Mehrzahl der mittels Wasser übertragenen vorhabenbedingten Wirkungen ungeeignet ist, Auswirkungen auf die terrestrische Flora im Außendeichland hervorzurufen; die Wirkreichweite endet (mit wenigen Ausnahmen) am Ufer bzw. im Bereich des mittleren Tidehochwassers. Betrachtet wurden daher in erster Linie die Röhrichte im weiteren Sinne (S. 156 ff.); eine gesonderte Untersuchung wurde für den Schierlings-Wasserfenchel vorgenommen (S. 159 ff., Anhänge 3 und 4). Warum dieser methodische Ansatz nicht vertretbar sein sollte, haben die Kläger nicht dargetan.
166 (b) Soweit der Senat die UVU in seinem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (7 A 14.12 - Rn. 17 ff.) hinsichtlich der gefährdeten Pflanzenarten als unzureichend beanstandet hat, ist dieser Mangel im ergänzenden Verfahren durch den Fachbeitrag PEU II 2.1 (IBL vom 6. November 2015) behoben worden. Die dagegen gerichteten Rügen der Kläger greifen nicht durch.
167 Für den neuen Fachbeitrag ist die Liste der gefährdeten Pflanzenarten unter Angabe des Gefährdungsstatus aktualisiert und ergänzt worden, dabei sind im Jahr 2015 durchgeführte Kartierungen von Rote-Liste-Pflanzenarten im Untersuchungsgebiet berücksichtigt worden. Aufgrund der Bestandsaktualisierung sind über die ursprünglich 134 gelisteten gefährdeten Pflanzenarten (H.4a, S. 105) hinaus weitere 78 Arten aufgenommen worden. Von den danach 212 Pflanzenarten sind 136 als nicht weiter untersuchungsrelevant ausgeschieden worden, weil sie von keinem vorhabenbedingten Wirkpfad betroffen werden (PEU II 2.1, S. 23 ff., 35, 78). Für die verbliebenen 76 Pflanzenarten (und vorsorglich drei weitere Arten mit besonderer Bedeutung für die Röhrichtzonierung oder das salzgeprägte Grünland) wurden Steckbriefe mit verschiedenen Informationen etwa zur Verbreitung im Untersuchungsgebiet, zur Gefährdung und zur Schutzverantwortung, zur Häufigkeit/Seltenheit sowie zur Autökologie und zu Habitat- und Standortansprüchen erstellt (PEU II 2.1, S. 96 ff.). Die als untersuchungsrelevant betrachteten Pflanzenarten wurden nach Lebensraumtyp und Wuchsort und damit ihren Hauptvorkommen und Standortansprüchen vier ökologischen Gruppen zugeordnet: den Helophyten (Sumpfpflanzen), den Hydrophyten (Wasserpflanzen), den weiteren Arten feuchter bis nasser Standorte und den weiteren Arten extensiv genutzter, mesophiler Wiesen und Weiden (PEU II 2.1, S. 38); die Arten, für die eine besondere Schutzverantwortung besteht, sind in einem eigenen Kapitel untersucht worden (PEU II 2.1, S. 62 ff.).
168 Der Einwand der Kläger, wichtige Bereiche auf den Elbinseln Auberg, Drommel, Bishorster Sand und Schwarztonnensand sowie die Buchten am Hahnöfersand seien in den Losen 2 und 3 nicht oder unvollständig kartiert worden, ist nicht begründet. Die Ermittlungen waren ausreichend, eine lückenlose Erfassung ist nicht erforderlich. Die Kartierungen beruhen auf zwei Durchgängen im Frühjahr und Sommer 2015 zur Erfassung von 3 900 ha Vorlandflächen, Ufern und Inseln unterhalb des Hamburger Hafens. Das Gebiet umfasst tiefliegende Bereiche der Vorländer entlang der Tideelbe und auf den Elbinseln vom Mühlenberger Loch bis km 693. Die kartierten Befunde wurden jeweils mit GPS eingemessen, so dass der Lebensraum der kartierten Pflanzen anschließend über Luftbilder und vorhandene Biotoptypenkartierungen charakterisiert und die konkrete Wuchshöhe in Bezug zum mittleren Tidehochwasser (MThw) ermittelt werden konnte; für jeden Fundort wurde die Bestandsgröße auf einer achtstufigen Skala geschätzt.
169 Abgesehen davon, dass der Fachbeitrag nicht nur auf die Kartierungen abstellt, sondern auch andere Erkenntnismittel berücksichtigt, lassen sich die von den Klägern gerügten Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen der Kartierungen im Sommer 2015 und des FFH-Monitorings nach den Erläuterungen der Beklagten im Schriftsatz vom 21. Juli 2016 plausibel erklären. Während für das Monitoring bekannte Standorte gezielt aufgesucht werden, um Vorkommen besonders detailliert zu dokumentieren, dient die Kartierung für den neuen Fachbeitrag vor allem dazu, eine größere Anzahl von Gefäßpflanzensippen in einem erheblich größeren Gebiet zu erfassen, um einen Überblick über Arteninventar und Verteilung der Sippen im Untersuchungsgebiet zu ermöglichen.
170 Soweit die Kläger geltend machen, die Kartierungen der Lose 1 bis 3 könnten schon deshalb nicht Grundlage einer Gefährdungsabschätzung, geschweige denn einer FFH-Verträglichkeitsprüfung sein, weil ihnen keine einheitliche Erfassungssystematik zugrunde liege, ist dem nicht zu folgen. Ein Einfluss der geltend gemachten Inhomogenitäten auf die Auswirkungsprognose ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich. In die Wirkpfadbetrachtung sind unabhängig von länderspezifischen Kartierungen und Einstufungen als gefährdete Art alle bekannten, im Untersuchungsgebiet vorkommenden gefährdeten Pflanzenarten (und zusätzlich die mit Blick auf das Schutzgut Artenvielfalt als bedeutsam betrachteten, nicht gefährdeten Arten) eingestellt worden. Darauf, ob sich die Kartierungen als Grundlage einer FFH-Verträglichkeitsprüfung eignen, kommt es hier nicht an.
171 Das Gebiet oberhalb des Hamburger Hafens musste entgegen der Auffassung der Kläger nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Ausgehend von den Prognosen der BAW drohen dort keine spürbaren Auswirkungen auf die terrestrische Flora (siehe schon H.4a, S. 4). Der ausbaubedingte Anstieg des Tidehubs beträgt im Abschnitt oberhalb km 600 bis zum Wehr Geesthacht bei einem niedrigen Oberwasser von 350 m³/s nur 2 bis 3 cm, das MThw (zwischen 2,35 und 2,55 m NN) steigt um 2 cm (H.1a, S. 82). Soweit die Kläger die rückschreitende Uferentwicklung in diesem Abschnitt vor allem auf die vorangegangenen Ausbaumaßnahmen zurückführen und auf die Ergebnisse der Beweissicherung verweisen, fehlt es ihrem Vorbringen an der erforderlichen Substanz. Ob - wie die Beklagten geltend machen - relevante Änderungen der Tideparameter in diesem Bereich wesentlich auf das Wehr Geesthacht und den Oberwasserabfluss zurückzuführen sind, kann daher dahinstehen.
172 (2) Für das Schutzgut terrestrische Fauna ist der Brut- und Gastvogelbestand unter Angabe von Arten jeweils für eine Reihe konkret benannter Teilgebiete dargestellt (21 bzw. 18 Teilgebiete für Schleswig-Holstein, 7 Teilgebiete für Hamburg und 48 bzw. 31 Teilgebiete für Niedersachsen; H.4b, S. 19 ff. und 47 ff. sowie Anhangtabellen 1.1 - 1.29 und Karten H.4b-1 und -2; Übersicht über die Bewertung der Teilgebiete unter Angabe der wertgebenden Arten bzw. Vorkommen S. 42 ff.). Substanzielles dazu, warum diese Daten unzureichend sein sollen, haben die Kläger nicht vorgetragen.
173 (3) Dasselbe gilt für das Teilgutachten zum Schutzgut aquatische Flora (H.5a). Darin sind für verschiedene Elbabschnitte häufig nachgewiesene Arten des Phytoplanktons aufgeführt (S. 32 f.), der Ist-Zustand des Phytoplanktons in der Tideelbe wird auf S. 34 f. zusammenfassend beschrieben, die Nebenflüsse werden auf S. 38 ff. auch unter Angabe von Arten behandelt. Für das Phytobenthos ist die Diatomeenflora an ausgewählten Standorten entlang der Tideelbe und ihrer Zuflüsse arten- bzw. artengruppenbezogen dargestellt (H.5a, S. 41 f.). In den Anlagen zu H.5a finden sich Diagramme der taxonomischen Zusammensetzung des Phytoplanktons an ausgewählten Messstellen der Tideelbe von 1997 bis 2004, eine Gesamtartenliste für das Phytoplankton der Tideelbe 2004 sowie Übersichten über die benthischen Diatomeen der Oste.
174 (4) Beim Schutzgut aquatische Fauna wurde für die arten- und taxabezogene Bestandsbeschreibung des Benthos das Untersuchungsgebiet in vier Abschnitte sowie die Nebenflüsse unterteilt (H.5b, S. 27 ff. und 51 f.), für die Fische in drei Abschnitte und verschiedene Nebenflüsse. Die Beschreibung ist artenbezogen erfolgt (H.5b, S. 62 und 73 ff.). Zudem sind die rezenten Fischarten in der Tideelbe und die nachgewiesenen Arten der Roten Listen sowie im Anhang der Habitatrichtlinie aufgeführte Arten und ihr Gefährdungsstatus aufgelistet (S. 59 und 61 f.; zu den Meeressäugern, Seehunden, Kegelrobben, Schweinswalen vgl. S. 85 ff.).
175 d) Die der UVU zugrunde gelegte Abgrenzung der Schutzgüter Boden und Wasser ist nicht zu beanstanden.
176 Das UVU-Teilgutachten H.3 geht unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 1 BBodSchG und § 1 Abs. 1 WHG davon aus, dass semisubhydrische Böden (Wattböden) und subhydrische Böden (Unterwasserböden) aus rechtlicher Sicht nicht durch das Bundesbodenschutzgesetz, sondern als Bestandteil der Gewässer über das Wasserhaushaltsgesetz geschützt, aus fachlicher Sicht aber als Böden betrachtet würden. Wegen dieser unterschiedlichen Grenzziehungen, der Schwierigkeit, in einem dynamischen System eine eindeutige Höhenlinie zu definieren, und der Notwendigkeit, eine Konsistenz zu anderen Schutzgütern (insbesondere zu terrestrischen Biotoptypen) herzustellen, haben die Gutachter als Grenzlinie zwischen dem Schutzgut Wasser und dem landseitig zu bewertenden Schutzgut Boden die untere Linie des Röhrichts und vergleichbarer Vegetationseinheiten bzw. bei Fehlen einer Vegetationsbedeckung die MThw-Linie betrachtet (H.3, S. 3). Damit sei der Bewertungsraum für das Schutzgut Boden gegenüber den rechtlichen Vorgaben in denjenigen Bereich des Gewässers erweitert worden, über den üblicherweise keine Sedimentdaten vorlägen. Vegetationslose Watten würden demnach nicht als Böden, sondern als mehr oder weniger intensiv in Umlagerung begriffene Sedimente des Gewässers angesehen; die Bearbeitung dieser Flächen erfolge im Gutachten zum Schutzgut Wasser - Teilbereich Sedimente (H.3, S. 3 f.).
177 Die UVU ist danach bei der Bestimmung des Schutzguts Boden im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG vom Begriffsverständnis des § 2 Abs. 1 BBodSchG ausgegangen, der die Gewässerbetten ausdrücklich ausnimmt. Deren Grenze wird vom mittleren Tidehochwasserstand gebildet. Es bestand keine Verpflichtung, das davon abweichende - an fachwissenschaftlichen Vorstellungen ausgerichtete und insoweit vorrechtliche - Begriffsverständnis der Kläger zugrunde zu legen. Zudem hält sich die UVU nicht starr an die rechtlichen Begrifflichkeiten, sondern ergänzt sie im Sinne einer Erweiterung des Bodenbegriffs durch eine Detailkorrektur hinsichtlich der semisubhydrischen Böden, die als Standorte Höherer Pflanzen dienen. Dieser funktionsbezogene Ansatz ist nicht zu beanstanden. Die in der UVU vorgenommene Abgrenzung ist eine plausible fachliche Systematisierung. § 2 Abs. 1 BBodSchG enthält eine bundesgesetzlich verbindliche Begriffsbestimmung, soweit der Anwendungsbereich von jeweils spezifischen Schutzvorschriften für Böden einerseits und Gewässer andererseits bestimmt werden soll. Demgegenüber will das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit seinem integrativen Ansatz Umwelteinwirkungen umfassend und immer bezogen sowohl auf den Boden als auch das Wasser ermitteln und bewerten. Die Unterscheidung der Schutzgüter Boden und Wasser führt insoweit nicht zu einer rechtlichen Weichenstellung, so dass die Betonung rein sachbezogener Abgrenzungskriterien und damit die Einbeziehung fachwissenschaftlicher Kategorisierungen der besonderen Aufgabenstellung der UVU gerecht werden. Zudem übersehen die Kläger, dass nach dem Bundesbodenschutzgesetz möglicherweise weniger Flächen dem Schutzgut Boden zuzuordnen gewesen wären.
178 e) Die Feststellung und Bewertung der vorhabenbedingten Auswirkungen auf den Sauerstoffhaushalt begegnet keinen Bedenken.
179 Der Sauerstoffhaushalt wird im UVU-Teilgutachten H.2a ausführlich behandelt. Danach sind im Sommerhalbjahr bei geringem Oberwasserzufluss im Abschnitt von ca. km 630 bis km 650 (OWK Elbe-Hafen und Elbe-West) vor allem durch den Eintrag biologisch abbaubaren organischen Materials aus der Mittelelbe regelmäßig Sauerstoffmangelsituationen zu verzeichnen (H.2a, S. 64). Die eutrophe Mittelelbe weise im Sommerhalbjahr Phytoplanktonmassenentwicklungen auf, die über den Wasserkörper Elbe-Ost in die Wasserkörper Elbe-Hafen und Elbe-West verfrachtet würden und dort mangels ausreichender Durchlichtung des Wasserkörpers abstürben (so genannte Sekundärverschmutzung). Der Abbau dieser organischen Substanz finde unter Sauerstoffverbrauch statt (H.2a, S. 74).
180 Die Auswirkungen des Vorhabens auf den Sauerstoffhaushalt sind im Hinblick auf die Verringerung der spezifischen Wasseroberfläche, eine Akkumulation zehrungsfähigen Materials infolge längerer Verweilzeit des Wassers und einen verstärkten Stromauftransport von Schwebstoffen/Sedimenten infolge erhöhter maximaler Flutstromgeschwindigkeit betrachtet worden (H.2a, S. 132 ff., 134). Dabei sind die vorhabenbedingten Änderungen der spezifischen Wasseroberfläche konservativ in einem besonders ungünstigen Bereich (mit besonders ungünstiger spezifischer Wasseroberfläche im Ist-Zustand) im oberen Abschnitt des Wasserkörpers Elbe-West untersucht worden, in dem die Begegnungsstrecke geplant ist (km 635 bis km 639; H.2a, S. 134). Die vorhabenbedingten Veränderungen des Ist-Zustandes bewegen sich in diesem Bereich im einstelligen Prozentbereich, Änderungen > 5 % sind lediglich bei einem von zehn Profilen erreicht worden. Diese Veränderung der spezifischen Wasseroberfläche ist ungeeignet, mess- und beobachtbare Veränderungen des Sauerstoffhaushaltes auszulösen (H.2a, S. 135). Zudem wird es laut UVU weder zu einem für den Sauerstoff- und Nährstoffhaushalt relevanten verstärkten Stromauftransport von Schwebstoffen/Sedimenten infolge erhöhter maximaler Flutstromgeschwindigkeit noch zu beachtlichen Auswirkungen auf die Verweilzeiten bzw. die Laufzeit eines Wasserteilchens kommen. Einen Transport zehrungsfähigen organischen Materials stromauf in die Wasserkörper Elbe-West und Elbe-Hafen schließt die UVU aus, weil derartiges Material weiter stromab nicht verfügbar ist. Die von der BAW bei niedrigem Oberwasser beschriebene Transportkette nach oberstrom transportiert lediglich Sand und Schluff. Eine Akkumulation zehrungsfähigen Materials infolge längerer Verweildauer ist nicht zu erwarten (H.2a, S. 138 f.).
181 Vor diesem Hintergrund ist die Bewertung der UVP (PFB, S. 713), die vorhabenbedingten Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser (Sauerstoffhaushalt) seien nicht erheblich, nachvollziehbar. Der von der Wassergütestelle für die letzte Fahrrinnenvertiefung angenommene Rückgang des Sauerstoffgehalts um 0,2 mg O2/l bewegt sich in einer Größenordnung, die durch natürliche hydrologische und meteorologische Einflüsse überlagert wird (PFB, S. 1708).
182 f) Die Ermittlung und Bewertung möglicher Verluste von Vordeichflächen infolge einer vorhabenbedingten Erhöhung des MThw ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Rüge der Kläger, wie in den Planfeststellungsbeschlüssen zur letzten Fahrrinnenvertiefung von 1999 hätten auch hier erhebliche Bodenverluste angenommen werden müssen, ist unbegründet.
183 Das Thema Flächenverlust durch Wasserstandsänderungen wird im UVU-Teilgutachten H.3 ausführlich behandelt. Die Abbruchkanten und jährlichen Abbruchraten sowie Sedimentationsraten sind anhand von Querprofileinmessungen durch Vergleich der Geländehöhen ermittelt worden (H.3, S. 21 ff.). Danach gibt es fünf aktive Abbruchbereiche, in denen die Abbruchkanten mehr oder weniger stark deichwärts rückverlegt werden und "aufwärtswandern" (üblicherweise verändert sich die Lage der Abbruchkanten von "unterhalb MThw" zu "oberhalb MThw"). Die Abbruchkanten werden nur schwach durch das regelmäßige Tidegeschehen beeinflusst, Uferabbrüche entstehen durch Belastungsspitzen bei starkem Wellenschlag (Schiffsverkehr oder Sturmtiden) (H.3, S. 73). Die Erosionen in exponierten Bereichen gehen vielfach mit Anlandungen an geschützten Ufern einher, die mehrere Meter pro Jahr betragen können (H.3, S. 71). Die Sedimentationsrate nimmt mit Abstand vom Ufer ab (H.3, S. 67).
184 Darauf gestützt gehen die Planfeststellungsbeschlüsse von einer insgesamt sehr heterogenen Verteilung von Uferbereichen mit Erosions- und Sedimentationstendenzen aus. In stromexponierten Bereichen deute sich ein Trend zur verstärkten Erosion an, in geschützten Seitenbereichen (Nebenelben) würden neue Böden durch Sedimentation gebildet (PFB, S. 465). Durch eine maßnahmenbedingte Erhöhung des MThw komme es im Ufervorfeld nicht zwangsläufig zu einer landwärtigen Verschiebung der mittleren Hochwasserlinie und zu Bodenverlusten. Die neu gebildeten semisubhydrischen Wattböden und semiterrestrischen Böden kompensierten die Verluste in stärker exponierten Bereichen. Es werde daher durch maßnahmenbedingte Wasserstandsänderungen keine Bodenverluste und somit keine erheblichen Auswirkungen geben (PFB, S. 698 f.).
185 Hiergegen ist nichts zu erinnern. Permanente Umlagerungs-, Sedimentations- und Erosionserscheinungen in Ufer- und Randbereichen sind typische dynamische Prozesse in einem Ästuar, und zwar sowohl natürlich als auch anthropogen beeinflusst (H.3, S. 69). Einer abschnittsweisen Gegenüberstellung von Sedimentations- und Erosionsflächen bedurfte es insoweit für die Zwecke der UVU/UVP nicht. Dass zwischen der vorhabenbedingten Änderung des MThw und der Aufsedimentation eine zeitliche Lücke klafft, während der mit erheblichen Flächenverlusten gerechnet werden muss, ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
186 Der Einwand der Kläger, beim Tideröhricht drohten durch die Änderungen der Wasserstände einerseits Verluste durch Erosion und andererseits die Umwandlung von Tideröhricht in geringerwertigen, nicht ästuartypischen Landröhricht wegen der Aufsedimentation von Wuchsflächen, greift nicht durch.
187 Die UVU verneint relevante Auswirkungen auf die Tideröhrichtbestände (H.4a, S. 156 ff. am Beispiel der Leitart Phragmites australis) durch Änderungen der Strömungsgeschwindigkeiten und des Tidehubs. Nur ein Teil der flussnah gelegenen Röhrichte sei Überflutungen während der Vegetationsperiode ausgesetzt; gesundes Schilf sei gegen mechanische Belastung sehr widerstandsfähig (H.4a, S. 156). Längeres Trockenfallen werde von Phragmites australis gut toleriert, solange die Hochwässer zur gleichen Höhe aufliefen wie bisher (H.4a, S. 157). Eine Verschiebung des Verhältnisses zwischen Wattflächen und Flachwasserbereichen betreffe nur teilweise Bereiche, die von Röhrichten besiedelt sind. Sie sei für die Bestände ohne Belang, die Änderung der Standortfaktoren werde sich im Toleranzbereich der vorhandenen Arten bewegen (H.4a, S. 157). Im Rahmen der Beweissicherung zur vorangegangenen Fahrrinnenanpassung habe kein Kausalzusammenhang zwischen dem geringfügigen Verlust an Röhrichten und Uferstauden von 2,3 ha (0,2 %) im Untersuchungsgebiet und dem Ausbau festgestellt werden können. Derartige Veränderungen seien der natürlichen Fluktuation (oder methodischen Artefakten der Erfassung) zuzuordnen (H.4a, S. 158). Zudem verweist die UVU auf eine Analyse der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) von November 2004 zu aktuellen räumlichen Veränderungen ufernaher Röhrichte und Uferstauden unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwicklung (UVU-Teilgutachten H.4a, S. 152 ff. ). Die Analyse der Entwicklung der Schilfröhrichte in den letzten 30 bis 50 Jahren habe gezeigt, dass die Röhrichtentwicklung nicht monokausal durch den Anstieg des MThw, sondern von verschiedenen unabhängigen Faktoren gesteuert werde.
188 Diese Bewertung leuchtet ein. Zwar wird die Einschätzung der Kläger, dass das MThw einen relevanten Faktor für die Ausdehnung von Röhricht darstellt, von der Untersuchung der BfG (2004, S. 98) bestätigt. Einer Änderung des MThw kommt aber nicht die monokausale Bedeutung zu, die die Kläger ihr beimessen wollen. Vielmehr spielen laut BfG andere Parameter wie z.B. Sedimentation, Wellenschlag, Strömung, Topographie, Überstauungszeiten etc. und namentlich die Dynamik der Unter- und Außenelbe ebenfalls eine Rolle (S. 98 f.). Einer Erhöhung des MThw folge nicht zwangsläufig eine horizontale Verlagerung der MThw-Linie in Richtung Deich. Andere Parameter, wie die Sedimentation, könnten die horizontale Verschiebung der MThw-Linie mindern oder sogar umkehren. Da eine Änderung des MThw nur über einen längeren Zeitraum wirksam werden könne und das System hochdynamisch sei, veränderten sich während dieser Zeit auch andere Standortfaktoren, so dass eine monokausale Ableitung der Änderung des MThw auf die Standortbedingungen von ufernahen Biotoptypen nicht zulässig sei. Zwischen dem langsamen Anpassungsprozess an veränderte Wasserstände und erosionsbedingten Röhrichtverlusten bestehe kein Zusammenhang (vgl. BfG, S. 99).
189 Dass die von den Klägern geltend gemachte negative Entwicklung von Tide- zu Landröhricht infolge einer Aufsedimentation ufernaher Flächen in der Hauptsache durch das Vorhaben und nicht durch exogenen Eintrag, namentlich Hochwasser und Sturmfluten, verursacht wird, lässt sich nicht feststellen. Es ist weder substanziiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass die vorhabenbedingten Änderungen der Wasserstände zu Sedimentationen führen, die nach Art und Umfang nicht in den exogenen Einträgen "untergehen".
190 g) Die UVU zum Schutzgut Artenvielfalt (biologische Vielfalt) begegnet ebenfalls keinen Bedenken mehr. Die im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 20 f.) beanstandeten Mängel sind im ergänzenden Verfahren behoben worden. Die Einwände der Kläger gegen den neuen Fachbeitrag (IBL vom 6. November 2015, PEU II 2.2) greifen nicht durch.
191 Entgegen der Auffassung der Kläger war eine Erweiterung des Untersuchungsgebiets auf den Bereich stromauf des Hamburger Hafens bis zum Wehr Geesthacht nicht erforderlich. Dort sind weder Ausbaumaßnahmen geplant noch relevante indirekte Ausbauwirkungen zu besorgen.
192 Der Fachbeitrag PEU II 2.2 erweist sich auch nicht deshalb als unzureichend, weil die vom neuen Fachbeitrag zu den Brutvögeln (PEU II 4) nicht erfassten Brut- und Gastvogelarten sowie Fische und Rundmäuler darin nicht betrachtet werden. Der neue Fachbeitrag PEU II 2.2 untersucht mögliche nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut Artenvielfalt für die beiden Artengruppen Makrozoobenthos und Höhere Pflanzen, weil nur für diese Artengruppen vorhabenbedingt erhebliche negative Auswirkungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden können (2. PEB, S. 32; PEU II 2.2, S. 12). Gegen diesen Ansatz ist nichts zu erinnern, namentlich waren die Planfeststellungsbehörden aufgrund der nur punktuellen Beanstandungen des Senats nicht gehalten, eine vollständig neue UVU zum Schutzgut Artenvielfalt zu erstellen.
193 Im Übrigen folgt der Fachbeitrag in Übereinstimmung mit dem Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 21) den Hinweisen von Trautner (UVP-report 2003, S. 155, auch 157) und nimmt natur- und lebensraumtypische Arten, darunter insbesondere gefährdete Arten der Roten Listen sowie Arten, für die unter biogeographischen Gesichtspunkten eine besondere Schutzverantwortung besteht, in den Blick. Sofern vorhanden, werden zudem so genannte Schlüsselarten einbezogen, die durch ihr Auftreten oder ihre Eigenschaften bzw. Lebensweise wesentlich auf den jeweiligen Lebensraum und seine Biozönose einwirken. Dies können auch seltene, lokal vorkommende und bislang nicht erkennbar gefährdete Arten sein (PEU II 2.2, S. 13; näher dazu S. 13 bis 18 sowie ausführlich Anhang, S. 56 ff.).
194 Die Auswahl der Makrozoobenthos-Arten ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu beanstanden (Auswahlkriterien in PEU II 2.2, S. 13 f.). Die u.a. nach den Kriterien besondere Sensitivität und Schutzverantwortung ausgewählten Arten beziehen sich jeweils auf Teilabschnitte und stellen insoweit räumliche Repräsentanz- sowie Schwerpunktvorkommen dar. Alle acht Arten weisen eine besonders enge Bindung an den Lebensraumtyp Ästuarien (LRT 1130) auf (PEU II 2.2, S. 20). Dabei ist der Wenigborster (Propappus volki) zu Recht mit ausgewählt worden, weil er als Vertreter der Sandlückenräume den benthischen Lebensraum der Fahrrinne repräsentiert und überwiegend in der Fahrrinne mit hohen Strömungsgeschwindigkeiten und starken Sedimentbewegungen vorkommt. Nach den ergänzenden (schriftsätzlichen) Erläuterungen der Beklagten ist die Art gemäß dem im Fachbeitrag herangezogenen Ästuartypieindex (AeTI) kein negativer Indikator, sondern eine an diese Bedingungen angepasste und tolerante, aber dennoch typische Art. Sie kann in anderen Zusammenhängen ein negativer Indikator sein. Dies ist hier aber nicht der Fall, zumal es in Flüssen unabhängig von der Schiffbarkeit (und der Unterhaltung) generelle Unterschiede in der Artenzusammensetzung zwischen Randbereichen und Gewässermitte gibt, die auf unterschiedlichen Substratverhältnissen, Fließgeschwindigkeiten und Salinitäten beruhen und folglich nicht zwangsläufig den Einfluss von Unterhaltungsbaggerungen widerspiegeln.
195 Dem sind die Kläger nicht substanziiert entgegengetreten. Ihr Einwand, die Fahrrinne im tiefen Wasser würde ohne intensive und dauerhafte Unterhaltungsbaggerungen eine weit artenreichere Biozönose aufweisen, geht fehl. Darauf, wie sich das Makrozoobenthos-Vorkommen entwickeln könnte, wenn die Fahrrinne nicht mehr unterhalten würde, kommt es nicht an.
196 h) Die sonstigen Rügen greifen ebenfalls nicht durch.
197 aa) Die auf die Ergebnisse des Monitorings 2014 (Stiller) gestützte Rüge, der neue Fachbeitrag PEU II 2.1 (gefährdete Pflanzenarten) sei auch deshalb fehlerhaft, weil die irreversible Verkleinerung des limnischen Teilareals der Tideelbe als Vegetationsregion mit besonders hoher Artenvielfalt durch Stromaufverschiebung des Brackwasserareals nicht berücksichtigt worden sei, ist unbegründet. Zwar können sich die vorhabenbedingten Änderungen der Salzgehalte langfristig dahin auswirken, dass salztolerantere Arten in ihrer Konkurrenzkraft gegenüber weniger salztoleranten Arten gering gefördert werden (PEU II 2.1, S. 4). Die von der BAW prognostizierten Änderungen des Salzgehalts sind aber auch unter Berücksichtigung der Ist-Zustandsbeschreibung in der Monitoring-Untersuchung 2014 nicht geeignet, erhebliche Beeinträchtigungen namentlich der Makrophyten und der unter ihnen vorkommenden gefährdeten Pflanzenarten zu verursachen. Laut Fachbeitrag (PEU II 2.1, S. 4) unterliegen die 53 Pflanzenarten, für die in einem ersten Prüfschritt eine vorhabenbedingte Betroffenheit durch Salinität nicht sicher ausgeschlossen werden konnte und die daher Art für Art untersucht wurden (PEU II 2.1, S. 19), bereits im Ist-Zustand einem schwankenden Salzeinfluss (periodisch oder aperiodisch während der Vegetationszeit durch Normaltiden, Windfluten bis hin zu Sturmfluten). Echte salzempfindliche, reine Süßwasserarten (Glykophyten i.e.S.) kommen im Untersuchungsgebiet nicht vor (PEU II 2.1, S. 50, 56). Die Auswirkungen auf die salztoleranteren Pflanzen werden als gering positiv und auf die weniger salztoleranten als gering negativ bewertet; insgesamt sind es unerhebliche Auswirkungen (2. PEB, S. 19 f. und 27 letzter Absatz zu 2)).
198 bb) Die UVU/UVP (PFB, S. 395) geht zu Recht davon aus, dass die Herstellung der Vorsetze Köhlbrand keine erheblichen Auswirkungen auf die Brutvögel haben wird. Das Artenspektrum und Vorkommen der Brutvögel im Hamburger Hafen ist sehr eingeschränkt (siehe H.4b, S. 29 und Anhang, Tabelle 1.29; PÄ I, Teil 3, S. 228 und 232). Für die im Köhlbrand brütenden Gehölzbrüter gibt es nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung von Juli 2014 jenseits der Hochwasserwand und am anderen Ufer in Altona Ausweichmöglichkeiten, sofern es durch Bauarbeiten zu akustischen Vergrämungen kommen sollte. Die Annahme, dass erhebliche Auswirkungen auf die Gastvögel ausgeschlossen werden können, weil im Köhlbrand beständig Schiffsverkehr herrscht und die dort rastenden Vögel an Schiffsbewegungen gewöhnt sind (H.4b, S. 148 und 156; PÄ I, Teil 3, S. 232; PÄ III, Teil 3, S. 107), ist plausibel.
199 Die Rüge, in der UVU/UVP (PFB, S. 392 f. zu den Brutvögeln) bleibe offen, welche Brutvogelarten auf dem Vorland von St. Margarethen durch die UWA und die Übertiefenverfüllung (ÜV) in welchem Ausmaß betroffen seien, greift im Ergebnis nicht durch. Die Ausführungen auf S. 392 f. der Planfeststellungsbeschlüsse sind zwar nicht nachvollziehbar, weil dort für die mit der Errichtung der UWA und der ÜV verbundenen Lärmimmissionen ein Schwellenwert von 47 dB(A) angesetzt worden ist und im Vorland St. Margarethen ein 30 m breiter Streifen von Immissionswerten von 47 bis 52 dB(A) betroffen ist. Dieser Mangel ist aber nicht entscheidungserheblich, weil die Planfeststellungsbeschlüsse insoweit nicht den aktuellen Stand der UVU wiedergeben. Die Auswirkungsprognose ist mit der Planänderung I (Teil 3) auf der Grundlage neuer Erkenntnisse geändert worden. Danach kommt es aufgrund neuer Daten zum Brutvogelvorkommen und neuer Forschungsergebnisse zur Lärmempfindlichkeit von Brutvögeln entgegen der Annahme in der ursprünglichen UVU (H.4b, S. 117 f.) nicht zu einer Lebensraumminderung um 25 % auf einem ca. 30 m breiten Uferstreifen im Vorland von St. Margarethen. Der angesetzte schallkritische Wert von 47 dB(A) hat sich in neuen Untersuchungen nur für den schallempfindlichen Wachtelkönig bestätigt, der im Vorland von St. Margarethen brütet (PÄ I, Teil 3, S. 130). Für die im Gebiet vorhandenen Arten Bekassine, Kiebitz, Rotschenkel und Uferschnepfe liegt er dagegen nach neuerer Einschätzung bei 55 dB(A) (PÄ I, Teil 3, S. 131). Diese Grenze wird im gesamten Vorland nicht erreicht. Soweit für einen maximal 30 m breiten Uferstreifen im Vorland von St. Margarethen Lärmwerte von über 47 dB(A) prognostiziert werden, befinden sich dort keine Brutplätze des Wachtelkönigs.
200 Die UVU/UVP zu den Auswirkungen der UWA St. Margarethen, Scheelenkuhlen und Brokdorf auf die Gastvögel (PFB, S. 399 f.) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die UVU erkennt diese Bereiche als wertvolle Gastvogellebensräume mit hoher bzw. sehr hoher Bedeutung an und setzt gestützt auf Veröffentlichungen zum Einfluss von Straßenverkehr, Windkraftanlagen, Freizeitaktivitäten, Wasserfahrzeugen, Tourismus und anderen Störquellen als worst-case pauschal einen Störungs- bzw. Meidungsradius von 500 m um die Baustellen herum an. Zudem wird darauf abgestellt, dass ausreichend Raum für Ausweichbewegungen zur Verfügung steht, weil nicht alle Maßnahmen gleichzeitig realisiert werden (PFB, S. 399 f.; H.4b, S. 145 f., 155; PÄ III, Teil 3, S. 107). Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Übersicht zum vorgesehenen Bauablauf (PÄ III, Teil 1, S. 22) weist eine zeitlich versetzte Errichtung der UWA aus. Überdies nehmen die Bauarbeiten jeweils nur vier bis sechs Monate in Anspruch. Angesichts der räumlichen Nähe der für die UWA vorgesehenen Flächen zueinander (Lage im Bereich km 683 bis km 692) ist nachvollziehbar, dass während der Bauzeit erreichbare Ausweichmöglichkeiten bestehen.
201 cc) Die Rüge, die Auswirkungen des Vorhabens auf das Ufergrundstück des Klägers zu 1 und des WWF im Naturschutzgebiet Allwördener Außendeich bei Freiburg könnten mangels ortsbezogener Bestandsaufnahmen in der UVU nicht beurteilt werden, ist nicht begründet. Das Naturschutzgebiet Allwördener Außendeich/Brammersand wird im UVU-Teilgutachten H.4b zur terrestrischen Fauna bei der Darstellung des Brut- und Gastvogelbestandes auf S. 35 und 92 als Teilgebiet 2121.4/1 bzw. 1.8.03.05 aufgeführt und das Brut- und Gastvögelvorkommen artenbezogen beschrieben. Der Ortsbezug kann ohne Weiteres mithilfe der Karten H.4b-1 und H.4b-2 hergestellt werden, in denen die einzelnen Teilgebiete ausgewiesen sind.
202 dd) Der auf S. 464 der Planfeststellungsbeschlüsse bezogene Vorwurf, baubedingte Auswirkungen auf das Schutzgut Boden seien nur für die UWA Glameyer Stack, den Neßsand-Düker und die Richtfeuerlinie Blankenese quantifiziert worden, ist nicht gerechtfertigt. Die UVP knüpft insoweit an den - wie oben ausgeführt - nicht zu beanstandenden Ansatz der UVU an, vegetationslose Flächen unterhalb der MThw-Linie nicht dem Schutzgut Boden zuzurechnen. Im Übrigen differenziert die UVU zwischen bau-, anlage- und betriebsbedingten Wirkfaktoren. Zu den baubedingten Wirkungen zählen die Ausbaumaßnahmen und die Strombau- und Verbringungsmaßnahmen. Ausgehend von dieser Differenzierung und der Zuordnung der (vegetationslosen) Unterwasserböden zum Schutzgut Wasser ist nicht ersichtlich, dass noch weitere baubedingte Auswirkungen auf das Schutzgut Boden hätten quantifiziert werden müssen. Daraus folgt zugleich, dass auch die Rüge, beim Schutzgut Boden seien sämtliche anlagebedingten Auswirkungen auf Unterwasserböden wegen der fehlerhaften Grenzziehung zwischen Boden und Wasser zu Unrecht ausgegrenzt worden, nicht durchgreift.
203 ee) Die Rüge, die Prognose der vorhabenbedingten Auswirkungen auf terrestrische Biotoptypen im Bereich der UWA Glameyer Stack und der Richtfeuerlinie Ober- und Unterfeuer Blankenese (PFB, S. 442 f.) sei mangelhaft, weil aus der UVU nicht erkennbar sei, welche wertgebenden Arten betroffen seien, ist ebenfalls unbegründet.
204 Die Spülleitung zur Einspülung der UWA Glameyer Stack-Ost wird von Land aus antransportiert und dort zwischengelagert (PFB, S. 441). Der Zusammenbau erfolgt auf den Wattflächen. Der Transport erfolgt ausschließlich über vorhandene Wege, als Lagerplatz soll - wenn eine Lagerung auf den vorhandenen Verkehrsflächen nicht möglich ist - zusätzlich eine Fläche von maximal 0,2 ha in einem ufernahen Suchraum von 9,4 ha östlich von Glameyer Stack genutzt werden. In der vorläufigen Anordnung vom 11. Mai 2010 ist dem Vorhabenträger die Auflage erteilt worden, die Baustelle nur auf einer solchen Fläche einzurichten, auf der sich keine größeren Bestände gefährdeter Arten der Roten Listen befinden. Die Fläche muss zuvor kartiert oder anhand der Daten des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz beurteilt werden. In der UVU bedurfte es daher keiner artenbezogenen Bestandsaufnahme, weil dies in der vorläufigen Anordnung speziell geregelt ist. Dass erhebliche Auswirkungen auf die Biotoptypen angesichts der Kleinräumigkeit der Fläche von 0,2 ha unwahrscheinlich sind, liegt auf der Hand.
205 Die Baustelle für das Unterfeuer der Richtfeuerlinie Blankenese ist als Wasserbaustelle geplant (PFB, S. 443). Die Erschließung der Baustelle für das Oberfeuer erfolgt über den Elbuferweg, die Baustelleneinrichtung ist auf dem Baugrundstück möglich. Durch die landseitigen Baustelleneinrichtungsflächen und die Baustellenerschließungen kommt es zu vorübergehenden Belastungen der terrestrischen Flora (artenreicher Scherrasen), während die dauerhafte Flächeninanspruchnahme durch die Errichtung des Oberfeuers sich auf 0,1 ha beschränkt (H.4a, S. 149, sowie PÄ III, Teil 3, S. 98 f.). Warum es beim Biotoptyp des artenreichen Scherrasens (H.4a, S. 78) weiterer artenbezogener Ermittlungen bedurft hätte, erschließt sich nicht. Die angenommene Wertstufe 2 ist nach der UVU (H.4a, S. 113), die insoweit der Einordnung nach Bierhals u.a. folgt, die höchstmögliche.
206 B. Die Planfeststellungsbeschlüsse verstoßen mit Ausnahme einer teilweise fehlerhaften FFH-Verträglichkeits- und Abweichungsprüfung und eines daraus folgenden Fehlers der planerischen Abwägung nicht gegen materiell-rechtliche Vorschriften.
207 I. Die Planrechtfertigung liegt vor.
208 Eine Wasserstraßenplanung ist gerechtfertigt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Bundeswasserstraßengesetz verfolgten Ziele einschließlich sonstiger gesetzlicher Entscheidungen ein Bedürfnis besteht. Das ist nicht erst bei der Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urteil vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 34; Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 - 7 A 1.08 - Rn. 13). Zu den wasserstraßenrechtlichen Ausbauzielen gehören gemäß § 1 Abs. 1 WaStrG, § 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (Seeaufgabengesetz - SeeAufG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Juni 2016 (BGBl. I S. 1489) u.a. die Erhaltung und Verbesserung der Funktion der Wasserstraßen für den allgemeinen Schiffsverkehr, die Vermeidung von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und die ungehinderte Erreichbarkeit der Häfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - Rn. 59). Das streitgegenständliche Vorhaben entspricht diesen gesetzlichen Planungszielen.
209 Die Ausbaumaßnahmen zielen auf die Verbesserung der Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße Elbe, der besonders hohe verkehrliche Bedeutung zukommt. Dies belegt schon ihre Aufnahme in Anlage 2 zum Bundeswasserstraßengesetz durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturmaßnahmen vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833, 2842). Die Aufnahme in Anlage 2 zum Bundeswasserstraßengesetz stellt zwar - wovon auch die Planfeststellungsbehörden zu Recht ausgegangen sind (PFB, S. 141) - keine gesetzliche und damit auch keine für das gerichtliche Verfahren verbindliche Bedarfsfeststellung dar, sie ist aber Ausdruck der Verkehrsbedeutung, die der Gesetzgeber diesen Wasserstraßen beimisst (vgl. BVerwG, Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2009 - 7 A 1.08 - Rn. 13; inzwischen ist der vordringliche Bedarf für eine Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe in § 1 i.V.m. der Anlage, Abschnitt 1, lfd. Nr. 11 zum Bundeswasserstraßenausbaugesetz - WaStrAbG - vom 23. Dezember 2016, BGBl. I S. 3224, verbindlich normiert). Ausweislich der Gesetzesbegründung zum Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz (BT-Drs. 16/54 S. 37) dient der Ausbau der Unter- und Außenelbe der Verbesserung der seewärtigen Zufahrt zu einem deutschen Seehafen (§ 14e Abs. 1 Nr. 3), zudem erfüllt er die Kriterien des § 14e Abs. 1 Nr. 4 (sonstiger internationaler Bezug) und Nr. 5 (besondere Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe).
210 Bezogen auf diese Ziele erweist sich das Vorhaben als vernünftigerweise geboten. Es dient dazu, die tideunabhängige und tideabhängige Erreichbarkeit des Hamburger Hafens für große Containerschiffe zu verbessern und Gefahren und Erschwernisse aus dem Begegnungsverkehr zu mindern (PFB, S. 76 ff.). In den Planfeststellungsbeschlüssen (S. 140 ff.) und der planfestgestellten Bedarfsbegründung (B.1) ist nachvollziehbar dargelegt, dass insbesondere die Containerschifffahrt ein konkretes Bedürfnis für eine Verbesserung der Erreichbarkeit des Hamburger Hafens hat. Die Tiefgänge der weltweit und auf der Unter- und Außenelbe eingesetzten Containerschiffe nehmen zu. Die Anzahl von Containerschiffen mit einem Konstruktionstiefgang von mehr als 13,5 m hat laut Erläuterungsbericht schon in der Vergangenheit deutlich zugenommen. Für die Zukunft sind auch und gerade auf der Ostasien-Route, die in Hamburg rund die Hälfte des seit der letzten Elbvertiefung deutlich gestiegenen Containerumschlags ausmacht, weiter zunehmende Schiffstiefgänge und immer größere Schiffseinheiten zu erwarten. Containerschiffe in der Größe des Bemessungsschiffs mit einem Tiefgang von 14,50 m werden zukünftig die Regel sein. Ihre wirtschaftlich sinnvolle Ausnutzung hängt maßgeblich davon ab, ob die Ladungskapazitäten ausgeschöpft und tidebedingte Wartezeiten vermieden bzw. reduziert werden können (PFB, S. 143; B.1, S. 15 ff.). Der Verkehrsbedarf ist anlässlich der Planänderung III aufgrund des seinerzeit infolge der Weltwirtschaftskrise zu verzeichnenden Rückgangs des Seeverkehrs weltweit und im Hamburger Hafen nochmals überprüft worden; Anhaltspunkte für einen Fortfall des Verkehrsbedarfs haben sich dabei nicht ergeben (PÄ III, Teil 11a).
211 Die insbesondere auf Gutachten von Dr. Feldt gestützten Einwände der Kläger gegen die Planrechtfertigung greifen nicht durch. Die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Prognose des Verkehrsbedarfs wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Entwicklung des Containerumschlags im Hamburger Hafen - abgesehen vom Einbruch während der Weltwirtschaftskrise - durchweg erhebliche, teils zweistellige prozentuale Zuwächse aufweist. Dieser Umstand rechtfertigt für sich genommen nicht die Einschätzung, dass die Zugangserschwernisse für große Containerschiffe sich weder bisher ausgewirkt haben noch zukünftig auswirken werden. Dasselbe gilt für den Hinweis, die in der Unterelbe real gefahrenen Tiefgänge im Zeitraum 2002 bis 2011 belegten, dass selbst die schon jetzt möglichen Tiefgänge nicht genutzt würden. Zum einen zeigt die Tiefgangsentwicklung im Anschluss an die Fahrrinnenvertiefung 1999, dass die Tiefgänge mit mehr als 11,70 m (maximal möglicher Salzwassertiefgang im tideunabhängigen Verkehr vor 1999) nach Abschluss der Ausbaumaßnahmen 2000 rapide zugenommen haben (vgl. dazu Abbildung 7, S. 11, der als Anlage B 10 von den Beklagten vorgelegten Stellungnahme der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt vom 2. April 2014). Zum anderen sind die Auslastungsgrade und durchschnittlichen Abladetiefgänge in der Vergangenheit nicht geeignet, die Planrechtfertigung in Zweifel zu ziehen, weil damit keine methodischen Mängel der Bedarfsprognose aufgezeigt werden. Bisher nicht genutzte Auslastungsgrade und Tiefgangsspielräume eingesetzter Containerschiffe sind kein Indiz dafür, dass ein größerer Tiefgang von den Reedereien nicht gewollt oder vom Umschlagsaufkommen her nicht möglich gewesen wäre (PFB, S. 160 f.), geschweige denn zwingen sie zu dem Schluss, dass hierfür auch künftig kein Bedarf besteht. Die für die Bewertung des Verkehrsbedarfs in erster Linie maßgebliche, von konjunkturellen Schwankungen weitgehend unabhängige Entwicklung der Schiffsgrößen steht außer Zweifel.
212 Die Rüge, der ursprünglich für die Bestimmung des Ausbaubedarfs gewählte Konstruktionstiefgang des Bemessungsschiffs sei im Verlauf der Planungen zu einem Gebrauchstiefgang "mutiert", ist unbegründet. Die Kläger missverstehen den Zusammenhang zwischen den Ausbauzielen und dem Bemessungsschiff. Ausbauziele sind ein realer Abladetiefgang von 13,50 m für die tideunabhängige und von 14,50 m für die tideabhängige Fahrt (PFB, S. 76; B.2, S. 14 ff.). Damit stellen die Planfeststellungsbeschlüsse in Rechnung, dass der Maximaltiefgang nur in Ausnahmefällen erreicht wird, weil die Schiffe ihre Tragfähigkeit nicht voll ausnutzen. Konstruktiv sind die Schiffe mit Blick auf Geschwindigkeit und Treibstoffverbrauch auf den Gebrauchstiefgang ausgelegt, der je nach Konstruktion des Schiffes um 0,50 bis 1,50 m geringer ist als der Konstruktionstiefgang (S. 166 f.). Das Bemessungsschiff ist nicht selbst der Bedarfsträger für die Fahrrinne, sondern stellt nur ein Modell (planerisches Axiom) für die Bandbreite von Schiffen dar, die mit einem realen Abladetiefgang von 14,50 m tideabhängig auf der Elbe verkehren können sollen. Es dient zur Ableitung der durchschnittlichen Anforderungen an eine Fahrrinne durch die prognostizierten Containerflotten, aus denen sich die Dimensionierung der Fahrrinne ergibt. Anders als bei real existierenden Schiffen wird beim Bemessungsschiff nicht zwischen dem Konstruktions- und Gebrauchstiefgang unterschieden.
213 Soweit der Gutachter Dr. Feldt das konkrete Ausbaumaß als überzogen beanstandet, kommt dieser Frage nach der bedarfsangemessenen Dimensionierung nur im Rahmen der habitatschutzrechtlichen Alternativenprüfung bzw. der planerischen Abwägung Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 ).
214 II. Die habitatschutzrechtliche Prüfung genügt hinsichtlich der Betroffenheit der prioritären Pflanzenart Schierlings-Wasserfenchel und der Abweichungsprüfung nicht in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen. Im Übrigen verstoßen die Planfeststellungsbeschlüsse nicht gegen Vorschriften zum Schutz von FFH- und Europäischen Vogelschutzgebieten.
215 1. Projekte können ein FFH-Gebiet erheblich beeinträchtigen, wenn sie drohen, die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - C-127/02 [ECLI:EU:C:2004:482] - Rn. 48). Maßgebliches Kriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL). Ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43). Dass keine Beeinträchtigungen auftreten, muss gewiss sein. Nur wenn insoweit keine vernünftigen Zweifel verbleiben, darf die Verträglichkeitsprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 - C-127/02 - Rn. 59 und 61; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 56). Dieser Maßstab gilt gleichermaßen für Vogelschutzgebiete im Sinne der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung, ABl. L 20 S. 7 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), die gemäß § 32 Abs. 2 BNatSchG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG erklärt worden sind. Mit der Schutzgebietserklärung geht das Gebiet nach Art. 7 FFH-RL in das Schutzregime dieser Richtlinie über; ein mit den Erhaltungszielen des Gebiets unverträgliches Vorhaben kann dann im Wege der Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG/Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zugelassen werden (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ). Anderenfalls bleibt es bei dem strengeren Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie, nach der nur überragende Gemeinwohlbelange wie der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit die Verbote des Art. 4 Abs. 4 VRL überwinden können (BVerwG, Urteil vom 1. April 2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ).
216 Die Verträglichkeitsprüfung für Vorhaben in einem Ästuar hat den Besonderheiten dieses Lebensraumtyps Rechnung zu tragen. Ästuare sind hochdynamische und komplexe Ökosysteme mit Tief- und Flachwasserzonen, Watten, Uferröhrichten, Uferstaudenfluren und Auenwäldern. Die Ausdehnung dieser Bereiche und die natürliche Fluktuation der geschützten Arten und Lebensraumtypen schwankt in Abhängigkeit von Mündungsform, Oberwasserzufluss, Tidegeschehen und Windeinfluss. Tidegeschehen und Oberwasserzufluss bestimmen zudem den Sedimenttransport sowie die Nähr- und Schwebstoffgehalte. Selbst in einem naturnahen Zustand unterliegen die Lage und das Verhältnis der Land- und Wasserflächen infolge von Ablagerungs- und Abtragungsprozessen einem stetigen Wandel (vgl. Rahmenkonzeption "FFH-Gebiete im Elbästuar - Ziele für die Erhaltung und Entwicklung" der FFH-Lenkungsgruppe norddeutscher Länder, Natura 2000 im Elbästuar, von April 2005, S. 46; Leitfaden EU-Kommission zur Umsetzung der Vogelschutz- und der Habitatrichtlinie in Mündungsgebieten (Ästuaren) und Küstengebieten, Januar 2011, S. 6). Bereits bei der Festlegung von Erhaltungszielen und dem Gebietsmanagement steht daher nicht die Erhaltung des aktuellen räumlichen Musters einzelner Ästuarstrukturen, sondern die Wahrung und Förderung der wesentlichen Funktionen des Elbästuars in einer sich verändernden Landschaft im Vordergrund (Rahmenkonzept, S. 44; EU-Leitfaden, S. 24 f.). Auch für die Frage, ob die mit einem Vorhaben verbundenen Einwirkungen auf das Ästuar die habitatrechtlich festgelegten Erhaltungsziele gefährden können, ist diese Dynamik zu berücksichtigen. Diesen Maßstäben wird die Verträglichkeitsprüfung mit den genannten Einschränkungen gerecht.
217 a) Die Verträglichkeitsprüfung beruht nicht auf einer fehlerhaften Summationsbetrachtung. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG ist bei der Verträglichkeitsprüfung auch das Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen in den Blick zu nehmen. Die Planfeststellungsbeschlüsse berücksichtigen "alle Pläne und Projekte mit hinreichender planerischer Verfestigung bis Ende Herbst 2010, weitere Projekte werden bis zur Vorlage des Planfeststellungsbeschlusses fortlaufend nachgeführt" (S. 928, 2. Abs. a.E.). Recherchierte Projekte, die noch nicht beantragt sind, noch keine Planreife erlangt haben oder für die keine Unterlagen zur Umwelt- und FFH-Verträglichkeit vorliegen, werden aufgeführt, aber nicht weiter berücksichtigt. Dies gilt auch für den Fall, dass "derartige Projekte bis zum Zeitpunkt der Planfeststellung der Fahrrinnenanpassung dennoch genehmigt sein könnten und folglich zum Zeitpunkt der Planfeststellung in die durch die Planfeststellungsbehörden fixierten Summationskulissen gelangen" (PFB, S. 928, 3. Abs. a.E.).
218 Diese Ausführungen sind - wie die Kläger zu Recht monieren - weder in sich schlüssig noch stimmen sie mit den Erläuterungen auf S. 1650 der Planfeststellungsbeschlüsse überein. Die Kläger haben aber nicht dargetan, dass diese Unschärfen entscheidungserheblich sind. Ihre gegen die Beschreibung der allgemeinen Summationskulisse gerichtete Kritik sieht schon daran vorbei, dass in den Planfeststellungsbeschlüssen gebietsspezifische Summationsbetrachtungen angestellt worden sind, die auch Entwicklungen nach der Planänderung III einbeziehen (PFB, S. 929; vgl. etwa PFB, S. 1052 ff., 1110 ff. und 1472 ff.). Zudem fehlt es an substanziellen Ausführungen dazu, für welche Arten oder Lebensraumtypen die jeweilige gebietsspezifische Summationsbetrachtung unzulänglich und die Betroffenheit daher unterschätzt worden ist. Die nur allgemein gehaltenen weiteren Rügen der Kläger greifen nicht durch.
219 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind andere Pläne und Projekte dann in die Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG einzubeziehen, wenn ihre Auswirkungen und damit das Ausmaß der Summationswirkung verlässlich absehbar sind. Das ist grundsätzlich erst dann der Fall, wenn die hierfür erforderliche Genehmigung erteilt ist. An der gebotenen Gewissheit fehlt es jedenfalls dann, wenn bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht absehbar ist, ob und wann das weitere Projekt realisiert werden wird (BVerwG, Urteile vom 21. Mai 2008 - 9 A 68.07 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 21, vom 24. November 2011 - 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 40 und vom 15. Juli 2016 - 9 C 3.16 - NVwZ 2016, 1631 Rn. 56; Beschluss vom 9. Dezember 2011 - 9 B 44.11 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 3).
220 aa) Bei Anlegung dieser Maßstäbe mussten die Baggerungen zur Herstellung und Aufrechterhaltung der 1999 planfestgestellten Solltiefe bzw. ihre Folgen nicht als anderes Projekt in die Summationsbetrachtung eingestellt werden. Die Auswirkungen umgesetzter Vorhaben oder bisheriger Nutzungen, die - wie hier die Ausbaumaßnahmen 1999 und die anschließenden Unterhaltungsbaggerungen - bereits in den Ist-Zustand eingegangen sind, müssen nicht in die Summationsbetrachtung eingestellt werden, sondern sind als Vorbelastung in die Verträglichkeitsprüfung einzubeziehen. Dies bewirkt keine unzulässige Reduzierung des Schutzniveaus. Vorbelastungen können den Erhaltungszustand so verschlechtern, dass nur noch geringere Zusatzbelastungen toleriert werden können (BVerwG, Beschluss vom 10. November 2009 - 9 B 28.09 - Buchholz 406.400 § 34 BNatSchG 2002 Nr. 3 Rn. 3). Die Unterhaltungsmaßnahmen zur Erhaltung der 1999 planfestgestellten Solltiefe werden nach Herstellung der planfestgestellten neuen Solltiefe nicht fortgesetzt, sondern von den Unterhaltungsmaßnahmen zur Erhaltung der neuen Solltiefe und -breite abgelöst. Die Bundeswasserstraße Elbe ist dem Schiffsverkehr gewidmet. Ihr widmungsgemäßer, mittels schifffahrtsfunktionaler Unterhaltungsmaßnahmen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 WaStrG) zu sichernder Zustand ergibt sich aus der planungsrechtlichen Zulassungsentscheidung (BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2001 - 9 A 13.01 - BVerwGE 115, 294 ). Die planfestgestellte neue Solltiefe liegt ausweislich der Abbildung auf S. 78 der Planfeststellungsbeschlüsse durchweg unterhalb der 1999 planfestgestellten Solltiefe. Auch aus dem Urteil des EuGH vom 14. Januar 2010 in der Rechtssache - C-226/08 [ECLI:EU:C:2010:10], Papenburg - (Rn. 47 ff., 51) ergibt sich keine Notwendigkeit summierender Betrachtung. Die Entscheidung betrifft sukzessive Unterhaltungsmaßnahmen in der Fahrrinne (Bedarfsbaggerungen), die vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Habitatrichtlinie genehmigt worden waren, danach aber fortgesetzt wurden.
221 bb) Die Verfüllung des Steinwerder Hafens ist zu Recht nicht in die Summationsbetrachtung eingestellt worden (PFB, S. 1662). Soweit in der Klagebegründung vom 16. August 2012 (S. 164) von der "jüngst planfestgestellten Verfüllungsmaßnahme im Steinwerder Hafen" die Rede ist, kann dies nicht nachvollzogen werden. Soweit ersichtlich ist die "Verfüllung Südteil Steinwerder Hafen" erst mit Beschluss vom 13. Januar 2014 planfestgestellt worden. Ungeachtet dessen kommt die für diese Maßnahme angestellte Vorprüfung der FFH-Verträglichkeit zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben zu keinerlei Beeinträchtigungen von Schutzgebieten führt; relevante Kumulationseffekte mit anderen Plänen und Projekten könnten ausgeschlossen werden (PFB "Verfüllung Steinwerder Hafen", S. 47). Vor diesem Hintergrund können Summationseffekte auch für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben ausgeschlossen werden.
222 Der Rüge der Kläger, die Beklagten hätten die in die Summationsbetrachtung eingestellten Projekte im Hamburger Hafen nur exemplarisch benannt, musste der Senat nicht weiter nachgehen. Die Kläger haben nicht dargetan, welche konkreten Projekte sie - neben der Verfüllung des Steinwerder Hafens - in der Summationskulisse vermissen. Offenbleiben kann daher auch, bis zu welchem Zeitpunkt die Planfeststellungsbehörde die Summationskulisse nachhalten kann und muss.
223 cc) Das mit Bescheid vom 30. September 2008 immissionsschutzrechtlich genehmigte Kraftwerk Moorburg in der Süderelbe ist in die Summationsbetrachtung eingestellt worden (PÄ I, Teil 5, Teil 1, S. 73 und PÄ III, Teil 5, Teil 1, S. 21 und 24 sowie Karte T5-02; PFB, S. 928 und 1663 f.). Die zuletzt mit Bescheid vom 21. Februar 2011 geänderte wasserrechtliche Erlaubnis für das Kraftwerk vom 4. Oktober 2010 ist noch nicht bestandskräftig; sie ist Gegenstand eines derzeit ruhenden Revisionsverfahrens (BVerwG 7 C 7.16 ). In der FFH-VU für das streitgegenständliche Ausbauvorhaben wird auf die Verträglichkeitsuntersuchung von KlfL von 2006 für das Kraftwerk Moorburg verwiesen (PÄ III, Teil 5, Teil 1, S. 24). Als für die Summationsbetrachtung relevante Wirkpfade benennen die Planfeststellungsbeschlüsse (S. 929) den Qualitätsverlust der Fischwanderstrecke wegen Ausfalls der Rastmöglichkeit in der Alten Süderelbe (anlagebedingt), den Tod von Fischen und Neunaugen durch starke Erschütterungen unter Wasser (Bauphase), die Einschränkung der Passierbarkeit der Süderelbe bzw. den Tod von Fischen und Neunaugen durch Sauerstoffdefizite und den Tod von Fischen und Neunaugen durch die Kühlwasserentnahme (Betriebsphase). Erhebliche Beeinträchtigungen von Fischen und Neunaugen durch Summationseffekte werden unter Hinweis auf die für das Kraftwerk vorgesehenen Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen (erschütterungsarme Bauverfahren, Stärkung der Bestände der Langdistanzwanderfisch- und Neunaugenarten durch den Bau einer zweiten Fischaufstiegsanlage beim Wehr Geesthacht, Anreicherung des Kühlwassers mit Sauerstoff in kritischen Situationen) ausgeschlossen (PFB, S. 930; PÄ I, Teil 5, Teil 1, S. 73). Die Beklagten waren nicht gehindert, ihrer Summationsbetrachtung die Auswirkungsprognose von KlfL zugrunde zu legen und darauf gestützt eine Summationswirkung auszuschließen. Es ist nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörden, im Rahmen der Summationsbetrachtung die FFH-Verträglichkeitsprüfungen für andere Vorhaben inzident auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
224 dd) Der Wärmelastplan für die Tideelbe von Dezember 2008 stellt entgegen der Auffassung der Kläger kein anderes Projekt im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG dar. Der - im Bundesnaturschutzgesetz und der Habitatrichtlinie nicht legal definierte - Begriff "Projekt" wird in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a UVP-RL als die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen und sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft definiert (siehe EU-Kommission, Natura 2000 - Gebietsmanagement, S. 33). Das trifft auf den Wärmelastplan offensichtlich nicht zu. Er ist trotz seiner Bezeichnung auch kein "Plan" im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Damit sind, wie sich bereits aus dem Wortlaut von § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG und Art. 6 Abs. 3 FFH-RL ergibt, nur solche Pläne gemeint, von denen Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete ausgehen können (BVerwG, Beschluss vom 5. September 2012 - 7 B 24.12 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG Nr. 1 Rn. 12; vgl. EU-Kommission a.a.O. S. 34). Das ist beim Wärmelastplan nicht der Fall. Es handelt sich dabei lediglich um eine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift mit Handlungsempfehlungen im Sinne von Mindestanforderungen an die Qualität eines Gewässers bei der Zulassung von Projekten.
225 b) Die Strombauwerke und die Anordnung zu den Schiffsgeschwindigkeiten sind zu Recht als Schadensminderungsmaßnahmen in die Verträglichkeitsprüfung eingestellt worden.
226 Schadensvermeidungs- oder minderungsmaßnahmen müssen erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich wirksam verhindern oder reduzieren. Der Nachweis obliegt der Behörde, sämtliche Risiken, die aus Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Maßnahmen oder der Beurteilung ihrer langfristigen Wirksamkeit resultieren, gehen zu Lasten des Vorhabens (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2004 - C-209/02 [ECLI:EU:C:2004:61] - Rn. 24 bis 26). Notwendiger Bestandteil des Schutzkonzepts kann die Anordnung eines Monitorings sein. Ein Monitoring allein reicht aber nicht aus, sondern muss Teil eines Risikomanagements sein, das die fortdauernde ökologische Funktion der Schutzmaßnahmen gewährleistet. Begleitend zum Monitoring müssen Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen für den Fall angeordnet werden, dass die Beobachtung nachträglich einen Fehlschlag der positiven Prognose anzeigt. Die Korrektur- und Vorsorgemaßnahmen müssen geeignet sein, Risiken für die Erhaltungsziele wirksam auszuräumen (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 54).
227 aa) Diesen Anforderungen werden die Strombaumaßnahmen im Mündungsgebiet, die im Hinblick auf die nachhaltige Dämpfung der unerwünschten Ausbauwirkungen einen unverzichtbaren Bestandteil des Ausbauvorhabens darstellen (PFB, S. 235; PÄ III, Teil 11b, S. 29), gerecht. Wie vorstehend unter A.III.1.a) bb) (2) näher dargelegt, begegnet die u.a. auf Gutachten von IMS GmbH und INROS Lackner AG sowie langjährige Erfahrungen mit der Errichtung und Unterhaltung von Strombauwerken gestützte Einschätzung, dass die UWA im Mündungsbereich lage- und funktionsstabil errichtet werden können, keinen durchgreifenden Bedenken. Die Lage und Form der UWA ist über eine längere Planungsphase entwickelt und optimiert worden. Ihre Lage- und Funktionsstabilität wird im Rahmen des in den Planfeststellungsbeschlüssen (PFB, S. 57; 2. PEB, S. 6) angeordneten Monitorings engmaschig (halbjährlich) überwacht, so dass bauliche Maßnahmen zur Erhaltung und Sicherung der Lagestabilität zeitnah geplant und ergriffen werden können.
228 bb) Auch die Anordnung zu den Schiffsgeschwindigkeiten genügt den oben genannten Anforderungen. Dass die in den Planfeststellungsbeschlüssen (Auflage A.II.5.3.3; PFB, S. 65) vorgesehenen Geschwindigkeitsbegrenzungen geeignet sind, die schiffserzeugten Belastungen zu vermeiden oder zu reduzieren, ist vorstehend unter A.III.1.d) näher dargelegt. Die Auflage A.II.5.3.3 ist aufgrund der Beanstandungen im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 22 ff.) in Satz 2 durch eine Regelung ergänzt worden, die die Festsetzung der zur Überwachung der tatsächlichen Geschwindigkeiten durchs Wasser geeigneten Maßnahmen einer Planergänzung vorbehält.
229 Entgegen der Auffassung der Kläger musste die Überwachungsmethode als solche nicht schon in den Planfeststellungsbeschlüssen festgelegt werden, sondern kann Gegenstand einer Vorbehaltsregelung sein. Darin liegt - auch mit Blick auf den Charakter der Geschwindigkeitsbegrenzung als Schadensminderungsmaßnahme - kein unzulässiger Konflikttransfer. Von einer unzureichenden Problembewältigung wäre nur dann auszugehen, wenn die Planfeststellungsbehörden bei Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse nicht annehmen durften, dass ein wirksames Verfahren zur Überwachung der Geschwindigkeiten durchs Wasser entwickelt werden kann. Anhaltspunkte dafür haben die Kläger nicht dargetan und sind auch sonst nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht aus dem seit Erlass der Planfeststellungsbeschlüsse im April 2012 verstrichenen Zeitraum. Die Beklagten haben unter Vorlage eines ausführlichen und aussagekräftigen Berichts des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Hamburg vom 26. Juni 2016 zu den Grundlagen und den Einzelheiten der Überwachungsmethode nachvollziehbar dargetan, dass die Entwicklung der Überwachungsmethode in der Zwischenzeit deutlich vorangeschritten ist. Die Methode als solche "steht", die zur praktischen Umsetzung erforderliche Software ist entwickelt und befindet sich im Probebetrieb. Zur Überprüfung ihrer Wirksamkeit ist in den Planfeststellungsbeschlüssen unter A.II.5.3.4 (S. 65) eine Dokumentations- und Berichtspflicht vorgesehen. Für den Fall, dass die Maßnahmen sich als unzureichend erweisen, haben sich die Planfeststellungsbehörden unter A.II.5.3.5 (S. 65) weitere Maßnahmen vorbehalten.
230 Die Regelung unter A.II.5.3.3 Satz 2 (2. PEB, S. 6) begegnet weder im Hinblick auf zeitliche Aspekte noch auf Beteiligungsrechte Bedenken. Gemäß Auflage A.II.5.3.1 Satz 1 (PFB, S. 65) haben die Vorhabenträger vor Fertigstellung der Fahrrinnenanpassung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Geschwindigkeiten durchs Wasser nicht überschritten werden. Damit ist gewährleistet, dass die schädlichen Auswirkungen ab dem Zeitpunkt der Vorhabenverwirklichung wirksam verhindert werden (vgl. zu dieser Anforderung BVerwG, Urteil vom 23. April 2014 - 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 60). Die Beteiligungsrechte sind im ergänzenden Verfahren zu wahren. Der Einwand der Kläger, ein solches Verfahren sei nicht mehr ergebnisoffen, greift nicht durch. Die Überwachungsmethode muss vor Fertigstellung des Ausbauvorhabens bestandskräftig festgesetzt sein. Dadurch ist sichergestellt, dass die Ausbaustrecke vorher nicht freigegeben werden darf.
231 cc) Das Vorbringen der Kläger, die Fragen der Vorhabendimensionierung und der Baukonzeption seien zu Unrecht als Schadensbegrenzungsmaßnahmen in die Prüfung eingestellt worden, führt nicht auf einen Rechtsmangel. Die beanstandeten Ausführungen auf S. 930 der Planfeststellungsbeschlüsse erschöpfen sich in der Feststellung, dass die zuletzt - nach drei Planänderungen - ausgewählte Ausbauvariante den bestmöglichen Kompromiss zwischen optimalen Anlaufbedingungen und minimalen hydrologischen Effekten darstellt.
232 c) Die Verträglichkeitsprüfung für den Schierlings-Wasserfenchel wird den besonderen Anforderungen an den Schutz dieser nach der Habitatrichtlinie prioritären Pflanzenart nicht vollständig gerecht.
233 Für prioritäre Arten trifft die Mitgliedstaaten nach Art. 1 Buchst. h sowie dem 11. Erwägungsgrund der Habitatrichtlinie eine besondere Verantwortung (BVerwG, Urteil vom 17. Januar 2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 117; EuGH, Urteil vom 13. Januar 2005 - C-117/03 [ECLI:EU:C:2005:16] - Rn. 27); dies haben auch die Fachgutachter berücksichtigt (PEU II 5.1, S. 7). Der zur 2. Planergänzung vorgelegte Fachbeitrag (IBL vom 6. November 2015, PEU II 5.1, S. 35) und ihm folgend die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 99 f.) bejahen erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels auf den Wirkpfaden "Salinitätssteigerung" und "erhöhter Energieeintrag" in den FFH-Gebieten "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen", "Unterelbe" und "Mühlenberger Loch/Neßsand" (dort nur "erhöhter Energieeintrag") für 52 Exemplare bzw. umgerechnet 1,98 ha; Beeinträchtigungen auf dem Wirkpfad "Sedimentation/Fließschlick/Konkurrenzpflanzen" werden verneint (PEU II 5.1, S. 2 f.; 2. PEB, S. 100).
234 Dem neuen Fachbeitrag liegt eine standortbezogene Methode zugrunde. In der Wahl dieser Methode waren die Beklagten frei, weil es eine als naturschutzfachlich überlegen anerkannte Methode zur Ermittlung von Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels noch nicht gibt. Namentlich ist die hier bedeutsame Frage, welche Abhängigkeit zwischen dem Salzgehalt und der Verbreitung des Schierlings-Wasserfenchels besteht, naturschutzfachlich noch nicht eindeutig geklärt (vgl. PEU II 5.1, S. 16 f.). Die Methode muss aber von vorsorglichen Prämissen ausgehen und darf keine Mängel aufweisen. Diesen Anforderungen wird der Fachbeitrag mit Ausnahme des eingestellten Oberwassers von 350 m³/s gerecht. Der gegenteiligen Auffassung der Kläger, die u.a. gestützt auf Gutachten von Prof. Dr. Jensen vom 13. Mai 2016 und 10. November 2016 eine unzureichende Berücksichtigung gradueller Beeinträchtigungen und der Standortdynamik sowie eine unzulängliche Ermittlung und Bemessung der aktuellen und potenziellen Standorte geltend machen, ist nicht zu folgen.
235 aa) Der neue Fachbeitrag (PEU II 5.1, S. 6) und die 2. Ergänzungsbeschlüsse (S. 100) stellen nicht auf graduelle Verschlechterungen durch Salinitätssteigerungen ab, weil sie dies aufgrund der Autökologie des Schierlings-Wasserfenchels nach heutigem Kenntnisstand für naturschutzfachlich nicht begründet halten. Ein Standort oder seine guten Eigenschaften könnten ausfallen oder eben nicht. Nach den ergänzenden Erläuterungen von Obst (Fachbeitrag Planula von September 2015, PEU II 5.3, S. 3) tritt ein Verlust an besiedelbarer Fläche erst dann ein, wenn der Salzgehalt so hoch ist, dass ein Überleben des Schierlings-Wasserfenchels nicht mehr möglich ist. Dieser Ansatz ist plausibel. Der Schierlings-Wasserfenchel ist eine zweijährige Pflanze. Er vermehrt und verbreitet sich durch Samen, die in der Regel im Herbst keimen, so dass die Pflanze den Winter als Rosette überdauert. Die Blütezeit ist im Juni und Juli. Eine Pflanze bildet ca. 4 500 Früchte mit insgesamt 9 200 schwimmfähigen Diasporen aus. Die Schwimmfähigkeit der Samen beträgt ein bis zwei, zum Teil auch bis zu elf Tage. Innerhalb von ein bis zwei Tiden können die Samen bis zu 8 km Strecke zurücklegen. Nach der Samenreife (Sommer und Herbst) sterben die Pflanzen ab. Der Schierlings-Wasserfenchel ist ein Pionier vegetationsfreier und -armer Standorte und wird von aufkommenden Großröhrichtarten zurückgedrängt. Er besitzt keine dauerhaften Standorte und ist darauf angewiesen, dass immer wieder neue geeignete Wuchsorte entstehen. Im Verbreitungsgebiet kann sich die Art aus langlebigen Samenbanken regenerieren (IBL/BfBB, Fachbeitrag vom 25. Oktober 2010, S. 6 ff.). Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, darauf abzustellen, ob die Standortbedingungen sich an den aktuellen und potenziellen Standorten vorhabenbedingt so verschlechtern, dass ein Totalausfall dieser Standorte droht.
236 Die Schwelle für einen salinitätsbedingten Ausfall von Standorten ist im Fachbeitrag mit 2 PSU angesetzt worden. Dieser Prognosewert liegt an der unteren Grenze der Setzung von 2 bis 3 PSU, die als Grenz- oder Schwellenwert einer mittleren oder kurzfristig tolerierten Salinität vermutet werden (PEU II 5.1, S. 18). Er ist im Hinblick darauf, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand bei einem Salzgehalt von 0,3 % (= 3 PSU) noch alle Samen keimfähig sind und eine Hemmung der Keimung erst ab 1 % Salzgehalt (= 10 PSU) auftritt (PEU II 5.3, S. 5), ausreichend vorsorglich. Zudem nehmen der Fachbeitrag und die 2. Ergänzungsbeschlüsse vorsorglich einen monokausalen Zusammenhang zwischen einem Salzgehalt von 2 PSU und einem Totalverlust von aktuellen und potenziellen Standorten an, obwohl naturschutzfachlich eine Reihe anderer Gründe dafür verantwortlich sein können, dass ein naturnaher oder geeigneter Standort nicht oder nicht mehr besiedelt wird (PEU II 5.1, S. 6 Nr. 4; 2. PEB, S. 117).
237 bb) Die Standortdynamik des Schierlings-Wasserfenchels bildet der neue Fachbeitrag dadurch ab, dass der Bestand an aktuellen und potenziellen Standorten nicht im Sinne einer Momentaufnahme für einen bestimmten Stichtag, sondern über den Zeitraum von 2000 bis 2015 betrachtet worden ist. Die Rüge, die für diesen Zeitraum zusammengetragene Datengrundlage sei lückenhaft und unzureichend, greift nicht durch.
238 Dem Fachbeitrag liegen Kartierungen aus den Jahren 2000 bis 2014 für das gesamte Verbreitungsgebiet (Expertenkartierungen aus einem E+E-Vorhaben für die Jahre 2000 bis 2002, eine flächendeckende Kartierung in 2002 bis 2003 sowie Daten aus den nachfolgend in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in unterschiedlicher Häufigkeit durchgeführten Monitoring-Erhebungen) und die Kartierungen zur terrestrischen Flora aus dem Jahr 2015 zugrunde (PEU II 5.1, S. 9 f.). Als aktuelle Standorte werden solche Standorte aufgeführt, die naturnahe Wuchsbedingungen aufweisen und an denen seit dem Jahr 2000 mindestens einmal ein Exemplar des Schierlings-Wasserfenchels gefunden wurde. Dabei wird vom jemals festgestellten Maximalbestand an Pflanzen ausgegangen, und zwar selbst dann, wenn dieser Standort nach Expertenmeinung mittlerweile erloschen sein dürfte. Potenzielle Standorte sind solche, an denen der Schierlings-Wasserfenchel aufgrund naturnaher Standortbedingungen (definiert in Anlage 1 zu PEU II 5.2) vorkommen könnte, bisher aber - selbst nach 15 Jahren - noch nie ein Exemplar festgestellt worden ist (PEU II 5.1, S. 5). Insgesamt sind aus den 15 Jahren zu den ermittelten 185 aktuellen Standorten 729 Angaben zur Anzahl des Schierlings-Wasserfenchels vorhanden; 142 der 185 aktuellen Standorte sind mit Flächenangaben hinterlegt (= 76,8 %). Zudem liegen Daten zu den 80 potenziellen Standorten vor (100 % des Datensatzes; PEU II 5.1, S. 10 und Tabelle im Anhang). Die Fortschreibung der Daten wird u.a. dadurch belegt, dass die Anzahl der aktuellen Standorte sich nach den Angaben des Gutachters Obst in der mündlichen Verhandlung von 135 in 2002/2003 auf 185 in 2015 erhöht hat.
239 Eine Unterschätzung des Vorkommens unterhalb von Hamburg, namentlich in den schleswig-holsteinischen Uferbereichen, lässt sich nicht feststellen. Nach den durch die Tabelle in der Anlage zu PEU II 5.1 bestätigten Erläuterungen des Gutachters Obst findet in Niedersachsen in jedem Jahr und in Hamburg (seit 2009) alle zwei Jahre ein Monitoring statt. Für Schleswig-Holstein weist die Anhangtabelle einzelne Daten aus 2003, 2006, 2008, 2009 und 2011 aus. Die Daten aus dem Monitoring (2015) sind mit Ausnahme eines aktuellen Standorts am rechten Ufer der Wischhafener Süderelbe (Niedersachsen) mit 10 Exemplaren (PEU II 5.1, S. 10) nicht berücksichtigt. Eingeflossen sind aber die Ergebnisse der Untersuchungen zur terrestrischen Flora im Jahr 2015, für die in zwei Durchgängen die Ufer und Vorländer sowie die Elbinseln auf Vorkommen gefährdeter und naturraumtypischer Pflanzensippen untersucht wurden (PEU II 5.1, S. 10). Vor diesem Hintergrund sind relevante Lücken bei der Erfassung der aktuellen und potenziellen Standorte auch auf dem Gebiet von Schleswig-Holstein, das bisher nicht in derselben Regelmäßigkeit erfasst worden ist wie die Gebiete in Niedersachsen und Hamburg, nicht erkennbar oder dargetan.
240 Aus dem von den Klägern in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 (Anlage 3 zum Protokoll vom 19. Dezember 2016) vorgelegten Erhebungsbogen von Obst/Köhler/Kurz aus dem Jahre 2006 folgt nichts anderes. Dem Erhebungsbogen (Datum 15. August 2003) kann zwar entnommen werden, dass auf dem Fährmannssander Watt im Jahr 2001 nahe dem Deichfuß ein größeres Vorkommen (> 100 Exemplare) festgestellt worden ist, das in der Tabelle zu PEU II 5.1 nicht vermerkt ist. Dieser Erfassungsfehler ist aber nicht relevant. Angesichts der Lage des Standorts am Deichfuß ist nicht erkennbar, dass dieser von dem im Fachbeitrag untersuchten Wirkpfad Energieeintrag betroffen sein könnte. Ebenso wenig kann es über den Wirkpfad Salinitätssteigerung zu Beeinträchtigungen kommen. Laut BAW-Gutachten H.1a (S. 73) beträgt der maximale Salzgehalt im Abschnitt km 650 bis km 640 0,2 PSU. Selbst bei einem Oberwasser von 180 m³/s ergibt sich in diesem Abschnitt nur ein Anstieg des Salzgehalts um ca. 0,1 PSU (PÄ III, Teil 10, S. 23 Abbildung 19); der maximale Salzgehalt bewegt sich in Höhe km 650 bei ca. 0,5 PSU (PÄ III, Teil 10, S. 22 Abbildung 17) und erreicht damit nicht einmal annähernd den gesetzten Grenzwert von 2 PSU.
241 cc) Die flächenhafte Ermittlung der aktuellen und potenziellen Standorte erweist sich ebenfalls als hinreichend vorsorglich. So sind bei der nachträglichen Digitalisierung anhand von Luftbildern die Flächen für die aktuellen und potenziellen Standorte größer gezeichnet worden als in der Natur tatsächlich abgeschätzt (PEU II 5.1, S. 6 zu Nr. 5). Dies hat der Gutachter Obst in der mündlichen Verhandlung im Dezember 2016 beispielhaft für die aktuellen Standorte 131, 132, 133, 216, 217, 218, 219, 222, 223 und 224 sowie die potenziellen Standorte 215, 220 und 221 im Naturschutzgebiet Schweenssand dargelegt (siehe Anlage 5 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016). Dabei versteht es sich von selbst, dass die Flächenvergrößerung nicht nach einem einheitlichen Maß, etwa einer Pufferfläche mit einem Radius von 10 oder 50 m, erfolgen kann, sondern auf die Spezifika der jeweiligen Standorte abstellen muss.
242 Der Hinweis der Kläger auf den aktuellen Standort SH 15 (siehe Blatt 2 der Anlage 3 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2016) begründet keine Zweifel an der Vorsorglichkeit der Flächenbestimmung. An diesem Standort am schleswig-holsteinischen Ufer (Höhe etwa km 677), der zugleich die aktuell bekannte Verbreitungsgrenze an den Ufern der Elbe flussabwärts markiert, wurde 2008 ein aktueller Standort mit einer Pflanze am landseitigen Ufer der Glückstädter Nebenelbe in einem Buhnenfeld ca. 1 000 m nördlich des Unterfeuers und des Fähranlegers nachgewiesen (PEU II 5.1, S. 10). Der Fachbeitrag setzt hierfür unter Rückgriff auf den Flächenmittelwert eine Eingriffsfläche von 1 570 m² an (PEU II 5.1, S. 36 Tabelle 5-2). Dagegen ist nichts zu erinnern. Das Vorbringen der Kläger, an diesem Standort müsse eine potenzielle Eignungsfläche von 20 000 m² angesetzt werden, überzeugt nicht. Der Standort SH 15 ist im August 2011 wieder aufgesucht worden. Zu dieser Zeit war das gesamte Buhnenfeld im Rahmen einer Uferschutzmaßnahme neu aufgesetzt worden, eine intensive Suche hat keinen neuen Nachweis ergeben (PEU II 5.1, S. 21). Kurz & Behlow (2012, S. 31) halten eine Wiederansiedlung für möglich, weil sich im Buhnenfeld wieder Schlick ansetzt. Der Fachbeitrag geht davon aus, dass eine Wiederansiedlung in größerer Zahl aufgrund der Standortbedingungen unwahrscheinlich ist (PEU II 5.1, S. 37). Das ist angesichts der früheren "Belegung" des Standorts mit einem Exemplar plausibel. Vor diesem Hintergrund durfte der Standort SH 15 mit dem Flächenmittelwert in die Eingriffsbilanzierung eingehen. Dies gilt umso mehr, als in die Eingriffsbilanzierung für den Wirkpfad "Salinitätssteigerung" auch die in der Nähe gelegenen potenziellen Standorte 255 mit 1 600 m², 153 mit 2 100 m² und 154 mit 3 250 m² eingestellt worden sind (PEU II 5.1, S. 19 und 36).
243 Der für die aktuellen Standorte, die nicht mit Flächenangaben hinterlegt sind (23,2 %), angesetzte Flächenmittelwert von 1 570 m² begegnet keinen Bedenken. Bei der Festlegung des Flächenmittelwertes wurden vorsorglich nur die Standorte unterhalb von Hamburg berücksichtigt. Aus dem Datensatz über alle aktuellen Standorte mit Flächenangaben im gesamten Verbreitungsgebiet hätte sich nur ein etwa halb so großer Flächenmittelwert von rund 890 m² errechnet (PEU II 5.1, S. 6).
244 dd) Hinreichend vorsorglich ist auch der Ansatz von fünf Exemplaren je potenziellem Standort in der individuenbezogenen Bilanz (PEU II 5.1, S. 6 unter Nr. 3). Die Bedenken, die der Senat insoweit im Hinweisbeschluss vom 2. Oktober 2014 (Rn. 45) angemeldet hatte, werden im neuen Fachbeitrag nachvollziehbar entkräftet. Danach sind die potenziellen Standorte als Beobachtungsflächen zu qualifizieren. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar Standortbedingungen aufweisen, die mit denjenigen an aktuellen naturnahen Standorten vergleichbar sind, dort aber gleichwohl noch niemals ein Exemplar des Schierlings-Wasserfenchels nachgewiesen werden konnte. Als Maßstab für die theoretisch mögliche Anzahl von Individuen je potenziellem Standort können daher laut Fachbeitrag nur Referenzstandorte von tatsächlich nahen aktuellen Standorten herangezogen werden. Dagegen ist nichts zu erinnern. Die Plausibilität dieses Ansatzes wird durch die im Fachbeitrag (PEU II 5.1, S. 38) benannten Beispiele in der Glückstädter Nebenelbe (potenzielle Standorte Nr. 153, 154 und 255, aktuelle Standorte SH12 und SH15 mit je einem Exemplar) und auf Hanskalbsand (potenzieller Standort Nr. 234, Referenzstandorte auf Neßsand Nr. 193 und 194 mit je 4 Individuen) belegt. Aus dem Vorbringen der Kläger (Stellungnahme Prof. Dr. Jensen vom 13. Mai 2016, Nr. 1), nach der Logik des Fachbeitrags müsse für den potenziellen Standort auf Hanskalbsand eine größere Anzahl von Individuen angenommen werden, weil auf Neßsand 2015 eine Population mit 88 Exemplaren erfasst worden sei, ergibt sich nichts Abweichendes. Es wird weder dargelegt, wo genau sich dieser Standort befinde, noch aus welchen Gründen er sich als Referenzstandort aufdränge. Nach der Erwiderung der Beklagten zu 2 (Schriftsatz vom 21. Juli 2016, S. 117) verteilt sich die Zahl 88 auf insgesamt acht Standorte auf Schweinesand und den Hamburger Teil von Neßsand. Der größte von diesen Standorten weise eine Individuenzahl von 36 Exemplaren auf. Selbst diese Zahl sei aber als Orientierung zu hoch, weil der Standort im strömungsberuhigten Bereich liege. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.
245 Ihr Einwand, wegen der Unmöglichkeit einer systematischen Erfassung aller aktuellen und potenziellen Standorte müsse bei der Flächenbemessung ein höchst vorsorglicher Maßstab angelegt werden, der hier - je nach Oberwasser und angenommenem Zusammenhang zwischen Salinität und Wertverlust - zu einer Flächenbetroffenheit von 31 bis 71 ha führe, greift nicht durch. Zwar können Geländebegehungen und die Auswertung von Luftbildaufnahmen keine Gewähr für eine lückenlose Erfassung aller aktuellen und potenziellen Standorte bieten. Diesem Umstand ist aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht dadurch Rechnung zu tragen, dass pauschal alle Flächen als geeignet betrachtet werden, die die beiden Standortfaktoren "von krautigen Pflanzen besiedelte Uferbereiche" und "Lage unterhalb von MThw " erfüllen. Dieser Ansatz ist nach der Bewertung des Gutachters Obst, der das Vorkommen des Schierlings-Wasserfenchels an der Unterelbe seit Jahren untersucht und dokumentiert, fachlich unzutreffend, weil er wesentliche Standortfaktoren wie z.B. Bodensubstrat und Strömungs- und Wellenexposition nicht berücksichtigt (PEU II 5.3, S. 2 und 6 zu 3.2 ). Er führt zu einer erheblichen - auch durch die besondere Verantwortung für prioritäre Arten nicht gebotenen - Überschätzung der Eignungsflächen. Die Plausibilität dieser Bewertung wird schon dadurch belegt, dass selbst an den kartierten potenziellen Standorten mit naturnahen Standortbedingungen in einem Zeitraum von 15 Jahren keine Exemplare des Schierlings-Wasserfenchels nachgewiesen wurden.
246 ee) Dagegen lässt sich nicht feststellen, dass die Verträglichkeitsprüfung dem Ziel besonderer Vorsorglichkeit auch hinsichtlich des zugrunde gelegten Oberwassers von 350 m³/s gerecht wird. Der Fachbeitrag und die 2. Ergänzungsbeschlüsse gehen davon, dass der selbst gesetzte Grenzwert von 2 PSU durch vorhabenbedingte Salinitätssteigerungen bei einem Oberwasser von 350 m³/s nur im Abschnitt km 680 bis km 670 überschritten wird (PEU II 5.1, S. 18). Der im Fachbeitrag als worst-case bezeichnete Oberwasserzufluss von 350 m³/s (PEU II 5.1, S. 17) ist nach dem BAW-Gutachten H.1a das häufigste niedrige Oberwasser am Pegel Neu Darchau im Zeitraum von 1995 bis 2004; nur - aber immerhin - 10 % aller Ereignisse in diesem Zeitraum hatten niedrigere Oberwasserzuflüsse (H.1a, S. 33 f.). Dieser Anteil hat sich, werden die Jahre 1995 bis 2015 betrachtet, auf 12 % erhöht. Ausweislich einer von den Klägern in der mündlichen Verhandlung (Anlage 3 zum Protokoll vom 19. Dezember 2016) vorgelegten Verlaufskurve über die Entwicklung des Oberwasserzuflusses am Pegel Neu Darchau von 2006 bis 2016 spiegelt sich darin eine steigende Tendenz wider. Dabei fällt auf, dass niedrigere Werte in mehreren Jahren monatelang vor allem im Sommer, also einer sensiblen Vegetationsperiode des Schierlings-Wasserfenchels aufgetreten sind. Bei lang anhaltenden sehr geringen Oberwassermengen wird der Salzgehalt der Brackwasserzone am weitesten stromauf transportiert (BAW, PÄ III, Teil 10, S. 5). Soweit die Beklagten geltend machen, für die Habitateigenschaften seien häufig auftretende Salinitätsverhältnisse und nicht seltene, nur kurzzeitige Ausnahmesituationen maßgeblich, ist hiernach nicht schlüssig, dass die Prüfung mit dem gewählten Oberwasser von 350 m³/s auf der sicheren Seite liegt. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch im Abschnitt km 670 bis km 660 noch potenzielle und aktuelle Standorte auf dem Wirkpfad Salinitätssteigerung in einem für den Schierlings-Wasserfenchel unverträglichem Maß betroffen werden.
247 ff) Zu den im Fachbeitrag im Übrigen behandelten Wirkpfaden (vermehrter Wellenauflauf und örtlich erhöhte Strömungsgeschwindigkeiten, Substratänderungen an Standorten oder Verdrängung durch Röhrichte) haben die Kläger in der Sache keine substanziellen Einwände erhoben. Namentlich haben sie nicht dargetan, dass ein niedrigeres Oberwasser auch für diese Wirkpfade relevant wäre.
248 gg) Das Gewicht der vorhabenbedingten Auswirkungen auf den Schierlings-Wasserfenchel ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb unterschätzt worden, weil mit dem angenommenen Totalausfall von Standorten zugleich eine Verkleinerung des Weltareals des an der Elbe endemischen Schierlings-Wasserfenchels einhergeht. Die 2. Ergänzungsbeschlüsse stellen gestützt auf eine hinreichend vorsorgliche Methode erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels (vorbehaltlich der ergänzenden Prüfung des Wirkpfads Salinitätssteigerung mit einem Oberwasser unter 350 m³/s) durch den Verlust von 1,98 ha Standortflächen bzw. 52 Individuen fest und bilden damit zugleich die vorhabenbedingte Verkleinerung des Weltareals ab.
249 hh) Die in den Klagebegründungen vom 16. August 2012 (S. 139 f.) unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des WWF Deutschland von Juli 2012 weiter erhobene Rüge, erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels hätten auch für die stromauf von Hamburg gelegenen FFH-Gebiete "Zollenspieker und Kiebitzbrack", "Heuckenlock und Schweenssand" sowie "Hamburger Unterelbe" bejaht werden müssen, ist nicht begründet. Die Planfeststellungsbeschlüsse schließen erhebliche Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels in diesen - von der hafenseitigen Ausbaugrenze mehrere Kilometer entfernten - Gebieten durch mögliche Salzgehaltsveränderungen, schiffserzeugte Belastungen und die modellierten hydrologischen Veränderungen aus. Die indirekten Vorhabenwirkungen seien nach Art und Intensität nicht geeignet, auf die Habitatbedingungen bzw. die Population einzuwirken (PFB, S. 1171, 1193, 1344 und 1347). Das ist angesichts der von der BAW (H.1a, S. 78 f.) prognostizierten Änderungen für den Abschnitt km 620 bis km 610 (MTnw -0,03 bis -0,02 m, MThw +0,02 m; mittlere maximale Flutstromgeschwindigkeit 0,00 bis 0,03 m/s, mittlere maximale Ebbestromgeschwindigkeit 0,01 bis 0,02 m/s; Tidehub +0,04 bis +0,05 m) plausibel. Substanzielle Einwendungen hiergegen haben die Kläger nicht erhoben.
250 d) Die Verträglichkeitsprüfung für den LRT 1130 (Lebensraumtyp Ästuarien) leidet nicht an Mängeln.
251 Die Planfeststellungsbeschlüsse gehen davon aus, dass erhebliche Beeinträchtigungen des LRT 1130 in den FFH-Gebieten "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" (PFB, S. 950 , S. 968 ff.), "Schleswig-Holsteinisches Elbästuar und angrenzende Flächen" (PFB, S. 996 , S. 1037 ff.) sowie "Unterelbe" (PFB, S. 1064 , S. 1094 ff.) nicht auszuschließen sind. Das Vorhaben führe zwar nicht zu einem direkten Flächenverlust. Die Naturnähe des LRT 1130 werde aber auf insgesamt 3 451 ha Fläche bzw. ca. 7,2 % der Fläche des LRT 1130 im Elbästuar um bis zu 25 % reduziert (gradueller Funktionsverlust). Nach dem von Bioconsult Schuchardt & Scholle GbR entwickelten Bewertungsmodell (näher dazu nachfolgend) entspricht dies einem rechnerischen Funktionsverlust auf einer Fläche von 321 ha (ca. 0,7 % der Fläche des LRT 1130; PFB, S. 914 f.).
252 Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Ausmaß der Beeinträchtigungen des LRT 1130 methodisch vertretbar ermittelt und ihre Schwere zutreffend bewertet worden. Die auf eine Stellungnahme des Dipl.-Biol. Behrends (NABU Schleswig-Holstein) von Juni 2012 sowie gutachterliche Äußerungen der Dipl.-Ing. Konermann in der mündlichen Verhandlung im Juli 2014 gestützte Kritik der Kläger ist unbegründet. Namentlich die zentrale Rüge, die Auswirkungen des Vorhabens auf verschiedene Lebensraumkompartimente des LRT 1130 wie Flachwasserzonen, Wattflächen und Tideröhrichte sowie selbstständige Lebensraumtypen wie z.B. den Weichholz-Auenwald (LRT91E0) seien nicht standortbezogen und flächengenau, sondern nur hinsichtlich der Stabilität in der Verteilung der topographischen Einheiten betrachtet worden, greift nicht durch.
253 aa) Für die Erfassung und Bewertung von Beeinträchtigungen des Komplexlebensraumtyps Ästuarien gibt es keine naturschutzfachlich allgemein anerkannte Methode. Das von den Planfeststellungsbehörden aufgrund der Kritik an der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung (FFH-VU) (vgl. PFB, S. 908) zusätzlich beauftragte Gutachterbüro Bioconsult hat in seinem Gutachten vom 5. Mai 2010 ein eigenes Bewertungsmodell entwickelt, das sich im Ausgangspunkt an der Fachkonvention von Lambrecht & Trautner (Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP - Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Schlussstand Juni 2007) orientiert, zugleich aber verschiedene Spezifika des LRT 1130 berücksichtigt (z.B. hohe natürliche Dynamik im Elbästuar, Landesgrenzen überschreitende ökologische Strukturen und Funktionen, besondere ökologische Funktionen des LRT bzw. von Teilflächen für charakteristische (wandernde) Arten; Bioconsult, S. 37 ff.; siehe auch PFB, S. 912 ff.).
254 Das Modell beurteilt die Erheblichkeit der Auswirkungen auf die für den Fortbestand des LRT 1130 notwendigen Strukturen und spezifischen Funktionen sowie die charakteristischen Arten nach dem Kriterium der graduellen Funktionsbeeinträchtigung. Bewertungsmaßstab ist die Abnahme der Naturnähe, die ausgehend von der beeinträchtigten Fläche über verschiedene Indikatoren (Wassertiefe, Strömungsgeschwindigkeit, Tidehub, Salinität, Arten) operationalisiert wird. Sofern mehrere Indikatoren für einen Wirkfaktor relevant sind, wird im Wege der Aggregation nur der jeweils am stärksten veränderte Indikator genutzt, weil eine Addition zur Überschätzung führen würde (Bioconsult, S. 42 f.). In die Betrachtung einbezogen wurden die Ausbaubaggerungen (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik und Salinitätsgradient, Beeinträchtigung Flora/Fauna), die Herstellung der Begegnungsstrecke und des Warteplatzes (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik, Beeinträchtigung Fauna), die Herstellung der Unterwasserablagerungsflächen und Buhnen einschließlich der Einbringung von Hartsubstrat (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik, Sedimentstruktur, Beeinträchtigung Fauna), die Beaufschlagung der Umlagerungsstellen (Veränderung von Hydro- und Morphodynamik, Beeinträchtigung Fauna), die Übertiefenverfüllung (Veränderung Sedimentstruktur, Beeinträchtigung Fauna) sowie die Unterhaltungsbaggerungen (Mehrmengen, Beeinträchtigung Fauna S. 43 f.). Berücksichtigt wurden zudem die indirekten und schwachen Beeinträchtigungen wie die Verstärkung der vorhandenen sommerlichen Sauerstoffdefizite und eine weitere Verstärkung der Sedimentation in den Seitenräumen; weil diese Wirkungen nicht sicher zu quantifizieren sind, wurden sie mit dem Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" erfasst (S. 44 f.).
255 Der Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" bezeichnet direkte und indirekte vorhabenbedingte Veränderungen einer Vielzahl von Strukturen und Funktionen des Lebensraumtyps, u.a. die Verteilung von Eulitoral und Sublitoral und die Sedimentation in Nebenräumen (S. 46). Über den Indikator "Tidehub" werden Veränderungen in der Verteilung der Biotoptypen und der Biozönose erfasst (S. 47), mit dem Indikator "Strömungsgeschwindigkeiten im Bereich von Strombauwerken" dauerhafte Veränderungen vor allem der Morphologie (S. 47). Der Indikator "Salinität" erfasst Veränderungen des LRT 1130 wie die Zonierung der Vegetation und Fauna und die Ausdehnung bestimmter Teilhabitate innerhalb des LRT (S. 48). Mithilfe des Indikators "Arten" (Makrozoobenthos) werden u.a. die Sedimentzusammensetzung, direkte Störungen und Veränderungen der bodenbildenden Fauna abgebildet (S. 48).
256 bb) Die Eingriffswirkung der UWA Medemrinne Ost im FFH-Gebiet "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und angrenzende Küstengebiete" ist im Modell ausreichend berücksichtigt worden. Die UWA Medemrinne Ost wird insgesamt eine Fläche von ca. 628 ha in Anspruch nehmen und nur mit einer Teilfläche von ca. 46,6 ha (= 7,4 %) im Schutzgebiet liegen (PFB, S. 954). Das Bewertungsmodell berücksichtigt insoweit über den Indikator "Strömungsgeschwindigkeit im Bereich von Strombauwerken" die Änderung der Strömungsgeschwindigkeit durch die dauerhafte Aufhöhung der Sohle um mehrere Meter auf der direkt in Anspruch genommenen Fläche mit einer Abnahme der Naturnähe um 10 % sowie über den Indikator "Arten 1 und 2" die Veränderungen von Abundanz und Biomasse des Benthos und der Sedimentstruktur mit einer Abnahme der Naturnähe um 25 % (Bioconsult, S. 58 f.). Für die Beeinträchtigungen auf einer Fläche von 46,6 ha wird im Ergebnis ein rechnerischer Flächenverlust von 11,7 ha angenommen (vgl. Bioconsult, Tabelle 4, S. 70). Substanzielles dazu, warum die Eingriffswirkung der UWA Medemrinne Ost damit nur unzureichend bewertet worden ist, haben die Kläger nicht dargetan.
257 Ihr Hinweis auf die Festsetzungen des Gesetzes zum Schutz des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres (Nationalparkgesetz - NPG - vom 17. Dezember 1999, GVBl. 518) führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Schutzzweck des Nationalparkgesetzes steht einer am Funktionsverlust der betroffenen Flächen orientierten Bemessung der Beeinträchtigung nicht entgegen. Die Kläger haben nicht dargetan, warum es mit ihm unvereinbar sein soll, die mit der Errichtung der UWA Medemrinne Ost und der Umlagerungsstelle Medembogen (Abnahme der Naturnähe um 2,5 %, Bioconsult, S. 62) verbundene Flächeninanspruchnahme von knapp 100 ha wegen nur gradueller Funktionsbeeinträchtigungen auf insgesamt 12,9 bzw. 13 ha umzurechnen. Soweit sie einen Verstoß gegen die Schutzbestimmungen des § 5 NPG rügen wollen, übersehen sie, dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 NPG die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zulässig bleibt. Zu den gesetzlichen Aufgaben in diesem Sinne gehören auch der Ausbau und die Unterhaltung von Bundeswasserstraßen (§ 7 Abs. 1, § 12 Abs. 1 WaStrG).
258 cc) Die Rüge, die Setzung von 7 % Abnahme der Naturnähe für den Wirkpfad Ausbaubaggerungen sei nicht nachvollziehbar, insbesondere sei nicht erkennbar, wie die indirekten Auswirkungen vom Indikator "Wassertiefe in der Stromrinne" erfasst würden, greift ebenfalls nicht durch. Der Wert von 7 % ist unter Rückgriff auf die von den Ausbaubaggerungen direkt betroffenen Flächen ermittelt worden (in den FFH-Gebieten insgesamt ca. 1 890 ha). Auf diesen Flächen wird die Sohle um bis zu 3 m tiefer gelegt; im Mittel beträgt die Vertiefung auf den direkt betroffenen Flächen ca. 1,1 m. Die Verbreiterung der Fahrrinne (ohne Begegnungsstrecke) betrifft weitere 93 ha. Damit wird die durch die Ausbauten der Vergangenheit bereits stark veränderte Morphologie der Stromrinne und des Gesamtsystems weiter von einem naturnahen Zustand entfernt und die Wiederherstellbarkeit eines günstigen Erhaltungszustands tendenziell erschwert. Der weitere Anstieg des Tidehubs und die weiteren schwachen und nur begrenzt zu quantifizierenden indirekten Wirkungen wie die erhöhte Auflandung in den Seitenräumen und die mögliche Verstärkung des sommerlichen Sauerstoff-Defizits sind dabei berücksichtigt. Die mittlere Vergrößerung der der