Bundesarbeitsgericht Urteil vom 29. Juni 2017 Sechster Senat - 6 AZR 364/16 - ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 I. Arbeitsgericht Arnsberg Urteil vom 7. September 2015 - 2 Ca 336/15 - II. Landesarbeitsgericht Hamm Urteil vom 7. April 2016 - 11 Sa 1468/15 - Entscheidungsstichwort Beschäftigungszeit iSv. § 34 Abs. 3 TV - L Leitsatz : Bei reinen Inlandssachverhalten verstößt es nicht gegen höherrangiges Recht, dass Beamtenverhältnisse nicht in die Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 TV - L einbezogen werden. ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 6 AZR 364 /1 6 11 Sa 1468 /1 5 Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes! Verkündet am 2 9 . Juni 201 7 URTEIL Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. beklagtes, berufungsbeklagtes und revisionsbeklagtes Land, hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2 9 . Juni 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesa r- beitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterin nen am Bundesarbeitsgericht Spelge und Gallner sowie den ehr enamtlichen Richter Lauth und die ehrenamtliche Richter in Klar für Recht erkannt: - 2 - 6 AZR 364/16 ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 3 - 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des La n- desarbeitsgerichts Hamm vom 7. April 2016 - 11 Sa 1468/15 - wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten der Revis ion zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Anrechnung von Beschäftigungszeiten iSv. § 34 Abs. 3 TV - L . Der aufgrund vertraglicher Verweisung anzuwendende § 34 Abs. 3 TV - L lautet: 1 Beschäftigungszeit ist die Zeit, die bei demselben A r- beitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegt wurde, auch wenn sie unterbrochen ist. 2 Unberücksichtigt bleibt die Zeit eines Sonderurlaubs gemäß § 28, es sei denn, der Arbei t- geber hat vor Antritt des Sonderurlaubs schriftlich ein di enstliches oder betriebliches Interesse anerkannt. 3 Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst werden, werden die Zeiten bei dem anderen Arbeitgeber als B e- schäftigungszeit anerkannt. 4 Satz 3 gilt ents prechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich - rechtlichen Die 1965 geborene Klägerin absolvierte den Vorbereitungsdienst für i h- re Tätigkeit als Lehrerin in der Zeit vom 15. Dezember 1995 bis 14. Dezember 1997 beim beklagten Land Nordrhein - Westfalen im Beamtenverhältnis auf W i- derruf. Vom 9. März 1998 bis 31. Juli 1998 wurde sie vom Land Brandenburg als angestellte Lehrerin beschäftigt. Vom 31. August 1998 bis 30. Juni 2002 war die Klägerin angestellte Lehrerin des Freistaats Thürin gen. Im unmittelbaren Anschluss daran war sie vom 1. Juli 2002 bis 31. Juli 2013 als Beamtin des Freistaats Thüringen tätig. Vom 1. August 2012 bis 31. Juli 2013 war sie mit 1 2 3 - 3 - 6 AZR 364/16 ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 4 - dem Ziel der Versetzung an das Land Nordrhein - Westfalen abgeordnet. Das Land Nordr hein - Westfalen lehnte es mit Blick auf das Alter und den Gesun d- heitszustand der Klägerin ab, sie in ein Beamtenverhältnis zu übernehmen. Die Klägerin ließ sich deshalb aus dem Beamtenverhältnis mit dem Freistaat Thüringen entlassen und begründete nach ihr er Abordnung zum 1. August 2013 ein Arbeitsverhältnis als angestellte Lehrkraft mit dem Land Nordrhein - Westfalen. Das beklagte Land setzte die Beschäftigungszeit der Klägerin unter dem 21. Oktober 2013 nach § 34 Abs. 3 TV - L fest. Berücksichtigt wurden Ze i- ten seit 1. August 2012. Mit Schreiben vom 10. Februar 2014 berechnete das beklagte Land die Beschäftigungszeit unter Anerkennung der Zeiten des Ref e- rendariats und der Tätigkeit in Nordrhein - Westfalen vom 1. August 2012 bis 31. Juli 2013 und unter Ablehnun g der in Thüringen verbrachten Zeiten. Mit Schreiben vom 1. Juni 2015 teilte das beklagte Land der Klägerin einen Beginn der Beschäftigungszeit erst ab 1. August 2013 mit. Die zuvor mitgeteilte B e- schäftigungszeit werde korrigiert. Die Zeiten des Vorbereitu ngsdienstes und der Abordnung nach Nordrhein - Westfalen seien zu Unrecht berücksichtigt worden. Die Klägerin nimmt das beklagte Land vor de r Verwaltungsgericht sba r- keit auf Übernahme in ein Beamtenverhältnis in Anspruch. Auf dem Rechtsweg zu den Gerichten f ür Arbeitssachen will die Klägerin die Zeit ihres Referendar i- ats beim Land Nordrhein - Westfalen und ihre Tätigkeiten für das Land Brande n- burg sowie den Freistaat Thüringen als Beschäftigungszeiten iSv. § 34 Abs. 3 TV - L festgestellt wissen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land profitiere von ihrer Berufserfahrung. § 34 Abs. 3 TV - L knüpfe an die Vorgängernorm des § 19 Abs. 3 BAT an, obwohl Beamtenverhältnisse in § 34 Abs. 3 TV - L nicht e r- wähnt seien. Würden ihre durchgehend gleichartige n (Vor - )Beschäftigungs - zeiten nicht angerechnet, sei das gleichheits - und unionsrechtswidrig. Die Klägerin hat beantragt festzustellen, dass es sich bei ihren Vordienstzeiten als angestellte Lehrkraft bei dem Land Brandenburg vom 4 5 6 7 - 4 - 6 AZR 364/16 ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 5 - 9. März 1998 bis 31. Juli 1998, als angestellte Lehrkraft bei dem Freistaat Thüringen vom 31. August 1998 bis 30. Juni 2002, bei den Zeiten des Referendariats vom 15. Dezember 1995 bis 14. Dezember 1997 und bei der Zeit des Beamtenverhältnisses zum Freistaat Thüringen vom 1. Juli 2002 bis 31. Juli 2013 um Beschäftigungsze i- ten iSd. § 34 Abs. 3 TV - L handelt. Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat g e- meint , § 34 Abs. 3 TV - L beziehe Beamtenverhältnisse nicht ein. Es handle sich um eine planvolle und damit nicht analogiefähige Regelungslücke. Die Arbeit s- verhältnisse bei verschiedenen öffentlich - rechtlichen Arbeitgebern hätten nicht ununterbrochen bestanden. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision ve r- folgt die Klägerin ihr Kla geziel weiter. Entscheidungsgründe Die Revision ist unbegründet. D ie Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. A . Die Klage ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. I. Die Beschäftigungszeit iSv. § 34 Abs. 3 Satz 3 TV - L wirkt sich ebenso wie die des § 34 Abs. 3 Satz 4 TV - L durch Verweisung en in Klammerzusätzen auf verschiedene tarifliche Rechte aus, ua. auf die Dauer des Krankengeldz u- schusses nach § 22 Abs. 3 TV - L und d as Jubiläums geld des § 23 Abs. 2 TV - L . II. Wege n dieser Auswirkungen der Beschäftigungszeit auf tarifliche A n- sprüche sind der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug des fes t- zustellenden Rechtsverhältnisses und das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben (vgl. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 94/12 - Rn. 23 mwN) . Der A r- 8 9 10 11 12 13 - 5 - 6 AZR 364/16 ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 6 - beitnehmer kann nicht darauf verwiesen werden abzuwarten, bis der Arbeitg e- ber eine konkrete Maßnahme auf eine aus Sicht des Arbeitnehmers unzutre f- fende Berechnung der Beschäftigungszeit stützt (vgl. noch zu § 19 Abs. 1 BAT - O BAG 25. Oktober 2001 - 6 AZR 551/00 - zu B I der Gründe, BAGE 99, 239) . B. Die Klage ist unbegründet. Die früheren Rechtsverhältnisse der Kläg e- rin sind nicht als Beschäftigungszeiten iSv. § 34 Abs. 3 Satz 3 TV - L anerkannt. I. Die Beamtenverhältnisse der Kläg erin in Nordrhein - Westfalen und Thüringen unterfallen § 34 Abs. 3 Satz 3 TV - L nicht. Das ergibt die Auslegung der Tarifbestimmung. 1. Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsb e- reich des TV - L erfasst werden, werden die Zeiten bei dem a nderen Arbeitgeber nach § 34 Abs. 3 Satz 3 TV - L als Beschäftigungszeit anerkannt. § 1 Abs. 1 TV - L sieht vor, dass der TV - L für Beschäftigte gilt , die in einem Arbeitsverhäl t- nis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedsverbands der TdL ist . § 34 Abs. 3 Satz 3 TV - L gilt entsprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich - rechtlich en Arbeitgeber (§ 34 Abs. 3 Satz 4 TV - L ) . Mit der Anrechnung der Beschä ftigung s- zeiten bei einem anderen öffentlich - rechtlich en Arbeitgeber innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs des TV - L in § 34 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 TV - L wollen die Tarifvertragsparteien nach wie vor die Treue zum öffentlichen Dienst honorieren . Sie haben insoweit am Gedanken der Einheit des öffentl i- chen Dienstes festgehalten (vgl. für § 34 Abs. 3 Satz 3 TVöD - AT BAG 18. März 2010 - 6 AZR 918/08 - Rn. 29 mwN ) . 2. 34 Abs. 3 TV - L enthält zwar keinen für alle Tarifregelungen geltenden einheitlichen Begriff der Beschäft i- gungszeit. Die Beschäftigungszeit leitet sich vielmehr aus der jeweiligen tarifl i- chen Arbeitsbedingung ab, für die auf § 34 Abs. 3 TV - L verwiesen wird (vgl. für 14 15 16 17 - 6 - 6 AZR 364/16 ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 7 - § 34 Abs. 3 TVöD - AT BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 590/09 - Rn. 15 ff.) . Der Begriff des Beschäftigten bezeichnet nach § 1 Abs. 1 TV - L aber nur Arbeitne h- merinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem ö ffentlich - rechtlich en Arbeitgeber stehen (vgl. BAG 9. April 2014 - 10 AZR 635/13 - Rn. 16, BAGE 148, 10) . Auch der klare Wortlaut des § 34 Abs. 3 Satz 1 TV - L spricht dafür, dass Beamtenverhältnisse § 34 Abs. 3 Satz 3 TV - L nicht unterfa l- len. Danach wird die 19 Abs. 1 BAT/BAT - O an. Der abweichende Zusammenhang beider Tarifnormen macht jedoch deutlich, dass § 34 Abs. 3 TV - L den Zweck verf olgt, ausschließlich A r- beitsverhältnisse bei öffentlich - rechtlichen Arbeitgebern in die Beschäftigung s- zeit einzubeziehen. Die Regelungen der Beschäftigungszeit galten n ach § 19 Abs. 3 BAT/BAT - O sinngemäß für ehemalige Beamte mit Ausnahme von E h- renbeamten u nd Beamten, die nur nebenbei beschäftigt wurden. Dagegen b e- zieht § 34 Abs. 3 TV - L Beamte nicht ein ( vgl. zB Clemens/Scheuring / Stein gen/Wiese TV - L Stand Juni 2010 T eil II § 34 Rn. 684; Künzl/ Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand März 2017 E § 34 Rn. 406; Notz on öAT 2014, 87 f.; Vogel öAT 2011, 123) . 3. Die Tarifwerke des TV - L, des TVöD (Bund) und des TVöD (VKA) wu r- den aus dem BAT und dem BAT - O entwickelt. Daraus ist zu schließen, dass die Tarifvertragsparteien Beamtenverhältnisse bewusst von der Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 TV - L ausnehmen wollten. Sie hätten sonst eine § 19 Abs. 3 BAT/BAT - O vergleichbare Regel ung getroffen. Das Regelungssystem des § 34 Abs. 3 TV - L ist gemessen an der Regelungsabsicht nicht unvollständig. D e s- halb besteht kein Raum für eine Analogie (vgl. BAG 13. November 2014 - 6 AZR 1055/12 - Rn. 33) . II. Es verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, wenn Beamtenverhäl t- nisse nicht in die Beschäftigungszeit des § 34 Abs. 3 TV - L einbezogen werden. 1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist durch den Au s- schluss Beamter nicht verletzt. 18 19 20 - 7 - 6 AZR 364/16 ECLI:DE:BAG:2017:290617.U.6AZR364.16.0 - 8 - a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 A bs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln sowie wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung e i- nem Personenk rei