- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 9 AZR 287/09 3 Sa 29/08 Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Im Namen des Volkes! Verkündet am 13. Juli 2010 URTEIL Brüne, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-arbeitsgericht Prof. Düwell, den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gallner sowie den ehrenamtlichen Richter Ropertz und die ehrenamtliche Richterin Wege für Recht erkannt: - 2 - 9 AZR 287/09 - 3 - Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landes-arbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 12. März 2009 - 3 Sa 29/08 - wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitarbeits-vertrags. Die Klägerin ist seit 1992 als Küchenhilfe für die Beklagte tätig. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte ist ein Studentenwerk in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist Mitglied der Tarif-gemeinschaft deutscher Länder. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 9. Juli 1997 heißt es: § 1 Frau G, geboren am 3. April 1946, wird ab 9. Juli 1997 beim STUDENTENWERK ULM für die Be-triebszeiten der Mensa der FH Ulm als voll-beschäftigte Saisonarbeiterin mit Dienstort Ulm unter der Bezeichnung Küchenhilfe für Tätigkeiten der Lohngruppe MTArb 1a weiterbeschäftigt.
§ 2 Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) vom 6. Dezember 1995 (GABl. 1996, S. 388) und den diesen er-gänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen.
123- 3 - 9 AZR 287/09 - 4 - § 3 Nebenabreden Der Urlaubsanspruch ist nach Rücksprache mit dem zuständigen Abteilungsleiter für die Zeit der Semes-terferien anzumelden. Die Sonderregelungen für vorübergehend be-schäftigte und nicht vollbeschäftigte Arbeiter nach § 2 Buchst. k (SR 2k MTArb) finden entsprechende Anwendung.
Nach § 48 Abs. 7 des MTArb vom 6. Dezember 1995 idF des Ände-rungstarifvertrags Nr. 4 vom 31. Januar 2003 beträgt der Erholungsurlaub des Arbeiters, dessen durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage in der Woche verteilt ist (Fünftagewoche), nach vollendetem 40. Lebensjahr 30 Arbeitstage. In Nr. 6 der Sonderregelungen für den Bereich der Länder zum MTArb für vorübergehend beschäftigte und für nicht vollbeschäftigte Arbeiter nach § 2 Abs. 1 Abschn. B Buchst. k (SR 2k) ist bestimmt: Nr. 6 Zu § 48 - Erholungsurlaub Zu § 49 - Zusatzurlaub Die §§ 48 und 49 sind mit folgenden Maßgaben anzu-wenden: a) Für den vorübergehend beschäftigten Arbeiter, der nicht Saisonarbeiter ist, beträgt der Urlaub 2 1/6 Arbeitstage für jeden vollen Beschäftigungsmonat. b) Für den Saisonarbeiter beträgt der Urlaub ein Zwölf-tel des Urlaubs nach § 48 Abs. 7 für jeden vollen Beschäftigungsmonat. c) Der nach Buchstabe a oder b zustehende Urlaub ist auf volle Tage aufzurunden.
45- 4 - 9 AZR 287/09 - 5 - Die Beklagte meldet die Klägerin bei den Sozialversicherungsträgern ab, wenn die Mensa während der Semesterferien geschlossen wird und kein Urlaub oder Zeitausgleich für Überarbeit zu gewähren ist. Die Klägerin wurde wegen der Schließung der Mensa im Jahr 2001 an 23 Tagen, 2002 an acht Tagen, 2003 an 21 Tagen und 2005 an 20 Tagen nicht beschäftigt. In den Jahren 2006 und 2007 wurde sie ununterbrochen be-schäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist aufgrund beiderseitiger Organisations-zugehörigkeit der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) anzu-wenden. § 2 TV ATZ lautet: § 2 Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit (1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die a) das 55. Lebensjahr vollendet haben, b) eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben und c) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalender-tage in einer versicherungspflichtigen Beschäfti-gung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Alters-teilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeit-arbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein. (2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Ab-satzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeit-nehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnis-ses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einver-6789- 5 - 9 AZR 287/09 - 6 - nehmlich abgewichen werden. (3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Alters-teilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringen-de dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegen-stehen. (4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen. Die Klägerin bat mit Schreiben vom 26. Juni 2006 und 28. Juli 2006 darum, einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell zu schließen. Die Beklagte lehnte die Anträge unter dem 8. August 2006 ab. Die Klägerin meint in ihrer der Beklagten am 10. Dezember 2007 zu-gestellten Klage, die Parteien hätten ein Arbeitsverhältnis und ein Be-schäftigungsverhältnis vereinbart, nicht einzelne befristete Arbeits- und Be-schäftigungsverhältnisse. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb die Klägerin bei den Sozialversicherungsträgern abgemeldet worden sei. Ihr sei in der vorlesungsfreien Zeit stets Urlaub und Überstundenausgleich gewährt worden. Werde das Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis nicht länger als einen Monat unterbrochen, sei eine Abmeldung unzulässig. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, dass in der Arbeitsphase Unterbrechungszeiträume von über einem Monat nicht hätten vermieden werden können. Die Beklagte habe den Urlaub der Klägerin in die Schließungszeiträume der Mensa verlegen können. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, mit ihr einen Altersteilzeit-arbeitsvertrag abzuschließen gemäß dem TV ATZ für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2011 im Block-modell, wobei die Beschäftigungsphase die Zeit vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2009 und die Freistellungsphase die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 30. April 2011 umfasst. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Ein rückwirkender Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrags sei nicht möglich, weil die Frei-stellungsphase im Zeitpunkt der rechtskräftigen Ersetzung der Annahme-erklärung bereits begonnen habe. Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis 10111213- 6 - 9 AZR 287/09 - 7 - und ein Versicherungsverhältnis iSv. § 24 SGB III gälten nur dann als fort-bestehend, wenn das Beschäftigungsverhältnis fortdauere. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klage-abweisungsantrag weiter. Das Landesarbeitsgericht habe ua. aufklären müs-sen, ob die Klägerin in der vorlesungsfreien Zeit zum Teil in der Cafeteria der Mensa gearbeitet habe. Im Zeitpunkt des Altersteilzeitantrags habe die Be-klagte die Überlastquote überschritten gehabt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der von der Beklagten in der Revisionsinstanz gehaltene Vortrag zu der Überforderungsgrenze könne nicht berücksichtigt werden. Entscheidungsgründe A. Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat Erfolg. I. Die Klage ist zulässig. 1. Sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. a) Der Antrag ist so zu verstehen, dass die Beklagte verurteilt werden soll, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags anzunehmen. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Annahme-erklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. b) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll im Blockmodell in der Zeit vom 1. Mai 2007 bis 30. April 2011 durchgeführt werden. Die bisher geschuldete Arbeitszeit soll halbiert und insgesamt in der ersten Hälfte des Altersteilzeit-arbeitsverhältnisses erbracht werden. Daran soll sich die Freistellungsphase 141516171819- 7 - 9 AZR 287/09 - 8 - anschließen. Die Arbeitsphase soll von Mai 2007 bis April 2009 dauern, die Freistellungsphase von Mai 2009 bis April 2011. Das ergibt sich aus dem Klageantrag. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll sich inhaltlich nach den Regelungen des TV ATZ richten. 2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe ihr Recht, die Abgabe der Annahmeerklärung der Beklagten und damit den Ab-schluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags gerichtlich durchzusetzen, nicht verwirkt, lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. a) Das Recht, eine Klage zu erheben, kann verwirken mit der Folge, dass eine dennoch erhobene Klage unzulässig ist. Das setzt voraus, dass der An-spruchsteller die Klage erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums erhebt (Zeitmoment). Weiter müssen Umstände vorliegen, aufgrund derer der An-spruchsgegner annehmen durfte, er werde nicht mehr gerichtlich belangt (Umstandsmoment). Schließlich muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Berechtigten an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Gegner die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (Zumutbarkeitsmoment; vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 87). b) Das Landesarbeitsgericht hat das Umstands- und das Zumutbarkeits-moment rechtsfehlerfrei verneint. Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts keine besonderen Umstände vor-getragen, deretwegen es ihr aus Vertrauensschutzgesichts