BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 82/03 Verkündet am: 4. November 2004 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2004 durch die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden die Urteile des 30. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Januar 2003 und der 11. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 12. April 2002 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin vermietete und verkaufte Baugeräte und Baumaschinen an die B. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) und zog die in Rechnung gestellten Beträge aufgrund einer ihr erteilten Einzugsermächtigung von einem Bankkonto der Schuldnerin ein. Am 2. März 2001 wurde der Beklagte zum vor-läufigen Insolvenzverwalter bestellt; zugleich ordnete das Insolvenzgericht nicht weiter aufgeklärte Sicherungsmaßnahmen an. Am 9. März 2001 "wider-rief" der Beklagte sämtliche Abbuchungen, die vom Konto der Schuldnerin in - 3 - den letzten sechs Wochen vor dem 2. März 2001 erfolgt waren. Hiervon wur-den Abbuchungen der Klägerin in Höhe von 128.055,38 DM erfaßt. Einwen-dungen gegen die zugrundeliegenden Rechnungen werden nicht erhoben. In-folge der versagten Genehmigung gab die Bank diese Lastschriften (65.473,68 ) zurück. Für die Rückbelastung stellte sie der Klägerin 202,50 DM (103,54 ) in Rechnung. Über das Vermögen der Schuldnerin ist das Insol-venzverfahren eröffnet worden. Die Klägerin hat den Beklagten persönlich in Höhe der Rücklastschriften sowie der Rückbelastungskosten auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage. Entscheidungsgründe: Die Revision des Beklagten hat Erfolg. I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, durch den Widerruf der Lastschrif-ten habe der Beklagte gegen die ihm gegenüber der Klägerin obliegenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters verstoßen, weil ihm ein Recht zum Widerruf nicht zugestanden habe. Die Schuldnerin sei nicht berechtigt gewesen, die Lastschriften zu widerrufen, weil hierfür keine berechtigten Gründe vorgelegen hätten. Dem Beklagten als dem - 4 - vorläufigen Insolvenzverwalter hätten keine über die Rechtsposition der Schuldnerin hinausgehenden Befugnisse zugestanden. Er habe alle Lasten und Beschränkungen, die bereits bestanden hätten, zu beachten gehabt und sei an die vorgefundene Rechtslage gebunden gewesen. Dies gelte auch für die Möglichkeit des Widerspruchs gegen eine das Konto der Schuldnerin bela-stende Lastschrift. Anderes ergebe sich nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO. Diese Vorschrift begründe für den Insolvenzverwalter gegenüber Dritten keine Rechte, die nicht bereits dem Schuldner zugestanden hätten. II. Diese Begründung hält einer rechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. 1. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der vorläufige In-solvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 und 2 InsO) die Genehmigung von Kontobelastungen im Einzugsermächtigungsverfahren verhindern darf, ist bislang ungeklärt. Unter der Geltung der Konkursordnung ist in der Rechtspre-chung die Auffassung vertreten worden, ein Konkursverwalter, der Kontobela-stungen widerspreche, um den Debetsaldo des Gemeinschuldners zu verrin-gern, sei dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet (OLG Hamm NJW 1985, 865, 866 f). Im Schrifttum war die Frage umstritten (zum Meinungsstand vgl. BGH, Urt. v. 4. November 2004 - IX ZR 22/03, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung hat sich der Mei-nungsstreit fortgesetzt (für Schadensersatzpflicht OLG Hamm ZIP 2004, 814, 815; LG Erfurt WM 2003, 1857; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. Zweiter Teil (7) - 5 - Bankgeschäfte Rn. D/8; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz 2002, Rn. 247, 250, 256 f; ders. EWiR 2004, 237; ders., Festschrift für Walter Gerhardt 2004 S. 69 ff; Cartano WuB I D 2. Lastschriftverkehr 1.04; Fischer/Klanten, Bank-recht 3. Aufl. Rn. 6.101; van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bank-rechts-Handbuch 2. Aufl. § 59 Rn. 11; Hess, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO 2. Aufl. § 82 Rn. 65 f; Kling DZWIR 2004, 54; Knees/Fischer ZInsO 2004, 5; Krepold, in: BuB Rn. 6/427; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 6. Aufl. Rn. 3.452; ders. ZInsO 1998, 252, 258; ders. WuB VI B. § 30 Nr. 2 KO 2.90; Ott, in: MünchKomm-InsO, § 82 Rn. 25; wohl auch Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 82 Rn. 24; a.A. LG Berlin DZWIR 2004, 255; Fehl DZWIR 2004, 257, 259; G. Fischer, Festschrift für Walter Gerhardt 2004 S. 223 ff; Rattunde/ Berner DZWIR 2003, 185; Rendels INDat Report 2004, 18). 2. Der Senat ist der Auffassung, daß ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt grundsätzlich berechtigt ist, einer Belastung, die der Schuldner noch nicht genehmigt hat, zu widersprechen. Welche Rechte dem Beklagten bei seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter verliehen worden sind, ist zwar im einzelnen nicht vorgetragen worden. Die Klägerin, die dem Beklagten vorwirft, er habe sein Widerspruchsrecht "mißbraucht", geht jedoch davon aus, daß er insoweit mindestens die Rechtsstellung eines vorläu-figen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt hatte. a) Allerdings hat ein Schuldner außerhalb der Insolvenz anerkennens-werte Gründe für einen Widerspruch gegen eine auf eine Einzugsermächtigung gestützte Belastungsbuchung grundsätzlich nur dann, wenn er keine Einzugs-ermächtigung erteilt hat oder der Anspruch des Gläubigers unbegründet oder zwar an sich begründet ist, der Schuldner aber in dem Zeitpunkt, in dem ihm - 6 - der Kontoauszug mit der Belastungsanzeige zugeht, zu Recht Leistungsver-weigerungs-, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsrechte geltend machen will. Ein Schuldner, welcher der Belastung seines Girokontos im Einzugsermächti-gungsverfahren zu dem Zwecke widerspricht, Zahlungen auf begründete und von seiner Einziehungsermächtigung gedeckte Gläubigeransprüche rückgän-gig zu machen, die er, wenn er sie überwiesen hätte, durch einen Widerruf der Überweisung nicht mehr hätte rückgängig machen können, nutzt grundsätzlich die ihm seiner Bank gegenüber zustehende Widerspruchsmöglichkeit zweck-fremd aus. Gegebenenfalls handelt er, w