BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL KZR 27 /13 Verkündet am: 22. Juli 2014 Bürk Amtsinspektorin als Urkundsbeamt in der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Stromnetznutzungsentgelt VI BGB § 315 Abs. 3, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1, § 255 a) Macht ein Netznutzer geltend, die vom Netzbetreiber vorgenommene B e- stimmung des Entgelts für die Nutzung eines Elektrizitätsnetzes sei gemäß § 315 Abs. 3 BGB unwirksam, so kann eine Umkehr der Darlegungs - und Beweislas t zu Lasten des Netzbetreibers nicht auf den Umstand gestützt werden, dass die verlangten Entgelte um rund 9,75 % höher sind als die g e- nehmigten Entgelte eines darauffolgenden Abrechnungszeitraums. b) Ist eine Preisbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 BGB unwirk sam, so darf dem auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützten Bereicherungsanspruch des Abnehmers auf Rückzahlung des nicht geschuldeten Teils des Entgelts grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, dass der Gläubiger den übe r- höhten Preis ganz oder teil weise auf seine eigenen Abnehmer abwälzen konnte (Bestätigung von BGH, Urteil vom 4. Dezember 2007 XI ZR 227/06, BGHZ 174, 334 Rn. 34; Urteil vom 5. November 2002 XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307, 315 f.). Dies gilt auch dann, wenn die nach § 315 Abs. 3 B GB unwirksame Preisbestimmung zugleich gegen kartellrech t- liche Vorschriften verstößt oder dies zumindest nicht auszuschließen ist. BGH, Urteil vom 22. Juli 2014 - KZR 27/13 - OLG Düsseldorf - 2 - LG Düsseldorf - 3 - Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhan d- lung vom 22. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier - Beck und die Richter Prof. Dr. Strohn, Dr. Kirchhoff, Dr. Bacher und Dr. Deichfuß für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das am 24. April 2013 verkünd e- t e Urteil des 2. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf au f- gehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht z u- rückverwiesen. Von Rechts wegen - 4 - Tatbestand: Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung eines Teils des g e- zahlten Entgelts für die Nutzung eines Hochspannungsnetzes im Zeitraum vom 1. Januar bis 28. Oktober 2005. Die Klägerin betreibt ein Stromverteilnetz, die Beklagte das vorgelagerte Hochspa nnungsnetz. Die Klägerin zahlte für die Nutzung dieses Netzes Entge l- te, die auf der Grundlage eines veröffentlichten Preisblatts (Anlage K3) berec h- net wurden und deren Kalkulation die Verbändevereinbarung Strom II plus z u- grunde lag. Mit Anwaltsschreiben vom 22. Dezember 2008 (K8) forderte die Klägerin die Beklagte auf, einen Teil des gezahlten Entgelts für das Jahr 2005 zu ersta t- ten. Im vorliegenden Rechtsstreit, der durch einen am 23. Dezember 2008 ei n- gegangenen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides ei ngeleitet wurde, hat sie erstinstanzlich Zahlung von 633.967,50 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin nur noch Bereicherungsansprüche für den Zeitraum bis 28. Oktober 2005 weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 503.289,36 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen verurteilt. Dag e- gen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision, der die Klägerin entgegentritt. 1 2 3 - 5 - Entscheid ungsgründe: Die zulässige Revision ist begründet . Sie führt zur Aufhebung der ang e- fochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Ber u- fungsgericht . I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Klägerin stehe der mit der Berufung geltend gemachte Betrag gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu, weil die Beklagte nicht hinreichend darg e- legt habe, dass die Bestimmung des Entgelts der Billigkeit entsprochen habe. Die Darlegungs - und Beweislast für die Unbilligkeit der Bestimmung liege allerdings primär bei der Klägerin. Zwar spreche einiges dafür, dass die Kläg e- rin zunächst nur Abschlagszahlungen erbracht habe. Diese hätten mit der von der Beklagten erstellten Endabrechnung aber ihre Bedeutung verl oren. Nach der Abrechnung liege eine endgültige Zahlung vor. Die Klägerin habe auch nicht schlüssig dargelegt, das Entgelt unter Vorbehalt gezahlt zu haben. Der nach ihrer Auffassung aus Nr. 6.7 des Netznutzungsvertrages konkludent zu entnehmende Vorbehalt betreffe nur nachträgliche Rechtsänderungen oder b e- hördliche Maßnahmen, nicht aber die Unbilligkeit der Entgeltbestimmung. Der Darlegungs - und Beweislast der Klägerin stehe aber eine sekundäre Darlegungs - und Beweislast der Beklagten gegenüber. Diese s ei gehalten, en t- sprechenden Sachvortrag der Klägerin substantiiert zu bestreiten, was schlü s- sigen Vortrag zur Angemessenheit der von ihr erhobenen Entgelte voraussetze. Der Sachvortrag der Klägerin, auf der Grundlage der genehmigten Preise aus dem ab 1. Ok tober 2006 gültigen Preisblatt ergebe sich ein um rund 9,75 % 4 5 6 7 8 - 6 - geringeres Entgelt, sei zur Begründung einer sekundären Darlegungs - und B e- weislast ausreichend. Die Entgeltgenehmigung stelle ein gewichtiges Indiz für die Billigkeit der genehmigten Entgelte un d damit gleichzeitig für die Unbilligkeit der zuvor geforderten, im Ergebnis höheren Entgelte dar. Der Beklagten sei es nicht gelungen, dieses Indiz zu widerlegen. Die von ihr vorgelegten Zahlen zielten auf eine Rechtfertigung der geforderten Entgelte n ach der Verbändevereinbarung II plus, ließen aber nicht erkennen, welche Bewertungsspielräume innerhalb der Preisfindungsprinzipien dieser Vereinb a- rung bestanden hätten und in welcher Weise die Beklagte diese genutzt habe. Da die Verbändevereinbarung keine n rechtsverbindlichen Maßstab für die Bi l- ligkeit von Netznutzungsentgelten darstelle, sei mithin nicht dargetan, dass die geforderten und gezahlten Entgelte der Billigkeit entsprochen hätten. Die Bestimmung des Entgelts habe deshalb durch das Gericht zu erfo l- gen, wozu gemäß § 287 ZPO eine Schätzung vorgenommen werden könne. Hierbei könne das ab 1. Oktober 2006 geltende Preisblatt der Beklagten hera n- gezogen werden. Dies führe zu einer Reduzierung des Entgelts um den von der Klägerin zuletzt geltend gemach ten Betrag. Dem Rückforderungsanspruch stehe nicht entgegen, dass die Klägerin die Netzentgelte vollständig an ihre Kunden weitergereicht habe. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung fänden im Bereicherungsrecht keine Anwendung. Sie dürften auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben herangez o- gen werden. II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. 9 10 11 12 - 7 - 1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht der Beklagten die volle Darl e- gungs - und Beweis last für die Billigkeit der von ihr in Rechnung gestellten En t- gelte auferlegt. a) Im Ansatz zutreffend ist d as Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Netznutzer, der die Erstattung gezahlter Nutzungsentgelte verlangt, grundsätzlich die Darlegungs - und Beweislast dafür trägt, dass eine v om Net z- betreiber nach § 315 BGB vorgenommene Bestimmung des Entgelts nicht der Billigkeit entspricht. Dies er Ansatz steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 8 f.) und wird au ch von der Revision nicht beanstandet. b) Das Berufungsgericht ist ferner in Übereinstimmung mit der Rech t- sprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass die Darlegungs - und Beweislast beim Netzbetreiber liegt, wenn der Nutzer nur Abschlags - oder Vorauszahlungen in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erbracht (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 343 - Stro m- netznutzungsentgelt I) oder die Entgelte nur unter dem Vorbehalt der gerichtl i- chen Nachprüfung gezahlt hat (BG H, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 26 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV; Urteil vom 15. Mai 2012 - EnZR 105/10, RdE 2012, 382 Rn. 33 - Stromnetznutzungsentgelt V). Es ist zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Voraussetzungen im Strei tfall nicht vo r- liegen. Die Revision nimmt dies als ihr günstig hin, die Revisionserwiderung erhebt keine Gegenrügen. Rechtsfehler sind insoweit ebenfalls nicht zu erke n- nen. c) Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht schließlich davon au s- gegangen, da ss den Netzbetreiber eine sekundäre Darlegungslast treffen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Bereich e- rungsgläubiger, dem insoweit der Beweis einer negativen Tatsache obliegt, 13 14 15 16 17 - 8 - nicht jeden theoretisch denkbaren Rechtsgrund für die erbrachte Leistung au s- schließen. Es genügt vielmehr der Beweis, dass der vom Schuldner geltend gemachte Rechtsgrund nicht besteht. Dabei trifft den Schuldner eine erweiterte Behauptungslast, wenn der Gläubiger außerhalb des von ih m darzulegenden Gesch ehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Ta t- sachen besitzt, während er selbst über derartiges Wissen verfügt und ihm näh e- re Angaben zumutbar sind. Im Rahmen des Zumutbaren kann von ihm dann insbesondere das substantiierte Bestreiten e iner negativen Tatsache unter Da r- legung der für die positive Tatsache sprechenden Umstände verlangt werden ( BGH, Urteil vom 5. Februar 2003 - VIII ZR 111/02, BGHZ 154, 5, 9). d) Das Berufungsgericht ist indes davon ausgegangen, dass die B e- klagte insoweit nicht nur eine Darlegungslast trägt, sondern auch die Bewei s- last. Dies ist mit den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungs last nicht ve r- einbar . Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs finden die Grundsätze über die sekundäre Darlegungslast kein e Anwendung auf die Beweisführung (BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 18). Selbst eine Pflicht zur Vorlage von Urkunden kann aus diesen Grundsätzen nicht abgeleitet werden , sondern allenfalls aus § 142 ZPO (BGH, Urteil vom 2 6. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 16). e) Die vom Berufungsgericht im Ergebnis angenommene Umkehr der Darlegungs - und Beweislast kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die für das Jahr 2005 verlangten Entgelte von den genehmigten Entgelte n aus dem ab 1. Oktober 2006 geltenden Preisblatt abweichen. Nach der Rechtsprechung des Senats dürfen die Ergebnisse der unmitte l- bar nach Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 und der Stro m- netzentgeltverordnung durchgeführten Genehmigungsve rfahren zwar bei der 18 19 20 21 - 9 - Billigkeitskontrolle der zuvor verlangten Entgelte herangezogen werden, weil sie auf den Unternehmensdaten des Jahres 2004 und damit auf einer zeitnahen und auch für angrenzende Jahre brauchbaren Beurteilungsgrundlage beruhen ( vgl. BGH , Urteil vom 20. Juli 2010 EnZR 23/09, RdE 2010, 385 Rn. 43 - Stromnetznutzungsentgelt I V). Dies gilt indes nur für die gerichtliche Besti m- mung des Entgelts gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und setzt somit voraus, dass die Unbilligkeit der vom Netzbetreibe r getroffenen Bestimmung feststeht. Die Annahme des Berufungsgerichts, wenn die Genehmigung der Entge l- te ein Indiz für die Billigkeit de