BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 275/04 Verkündet am: 20. Juli 2005 P o t s c h, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 280, 281, 284, 325, 347, 437, 440 a) Der Käufer einer mangelhaften Sache hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zu-rücktritt. Der Anspruch ist nicht gemäß § 347 Abs. 2 BGB auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt, durch die der Verkäufer berei-chert wird. b) § 284 BGB erfaßt auch Aufwendungen für kommerzielle Zwecke. c) Aufwendungen des Käufers auf eine gekaufte Sache, die sich später als mangelhaft er-weist, sind in der Regel vergeblich, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangel-haftigkeit zurückgibt oder sie jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen kann und des-halb auch die Aufwendungen nutzlos sind. d) Kosten, die dem Käufer eines Kraftfahrzeugs für dessen Überführung und Zulassung entstehen, sind Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB. Wird der Kauf wegen Mangel-haftigkeit des Fahrzeugs rückabgewickelt, nachdem der Käufer das Fahrzeug zeitweise genutzt hat, so mindert sich der Anspruch auf Ersatz auch dieser Aufwendungen ent-sprechend der Nutzungsdauer oder der Laufleistung des Fahrzeugs. - 2 - BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 - OLG Stuttgart LG Stuttgart - 3 - Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Ball, Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird unter deren Zurückweisung im übrigen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. August 2004 im Kostenpunkt und insoweit auf-gehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte auf die Zah-lungsklage hinsichtlich der Hauptforderung zur Zahlung von mehr als 14.209,96 sowie zur Zahlung von Verzugszinsen verurteilt hat und als es der Feststellungsklage stattgegeben hat. Soweit die Klägerin mit der Zahlungsklage hinsichtlich der Haupt-forderung die Zahlung von mehr als 14.209,96 begehrt, wird ihre Anschlußberufung gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Land-gerichts Stuttgart vom 26. März 2004 zurückgewiesen. Im weitergehenden Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen - 4 - Tatbestand: Die Klägerin kaufte im Juni 2002 von der Beklagten zur gewerblichen Nutzung einen Pkw M. zum Preis von 26.912 . Sie leistete auf den Kaufpreis eine Anzahlung von 13.800 ; der Restkaufpreis wurde durch ein Darlehen der D. finanziert, auf das die Klä-gerin 1.192,10 an Darlehensraten gezahlt hat. Nach der Übernahme ließ die Klägerin die Stoßfänger des Fahrzeugs lackieren, Leichtmetallfelgen und Breit-reifen montieren sowie Schmutzfänger, einen Tempomat, ein Autotelefon und ein Navigationssystem einbauen. Ferner schaffte sie Fußmatten für das Fahr-zeug an. Für diese Zusatzausstattung wendete sie insgesamt 5.080,28 auf. Für die Überführung und die Zulassung des Fahrzeugs entstanden ihr weitere Kosten in Höhe von 487,20 . Nachdem die Klägerin zahlreiche Mängel des Fahrzeugs gerügt hatte, deren Beseitigung nicht vollständig gelang, und die Klägerin ein Beweissiche-rungsgutachten hatte erstellen lassen, für das ihr Kosten in Höhe von 471,92 entstanden, einigten sich die Parteien Anfang Juli 2003 auf die Rückabwick-lung des Kaufs. Dabei sollte für die von der Klägerin zurückgelegte Fahrtstre-cke - damals 42.400 km - eine Nutzungsvergütung in Höhe von 0,5 % des Kaufpreises je gefahrene 1.000 km angesetzt werden. Die Rückabwicklung des Kaufs scheiterte indessen an Meinungsverschiedenheiten der Parteien dar-über, ob und in welcher Höhe die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen für die Zusatzausstattung sowie für die Überführung und die Zulassung des Fahr-zeugs verlangen kann. Die Klägerin hat daraufhin Klage auf Zahlung von 15.645,32 (rechne-risch richtig 15.323,46 : 13.800 Anzahlung, 1.192,10 Darlehensraten, - 5 - 5.567,48 Aufwendungsersatz, 471,92 Gutachterkosten abzüglich 5.708,04 Nutzungsvergütung) nebst Verzugszinsen seit 22. Juli 2003 und auf Freistellung von der restlichen Darlehensverbindlichkeit gegenüber der D. Bank, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs, erhoben. Fer-ner hat sie beantragt festzustellen, daß die Beklagte sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde. Die Beklagte hat die Zahlungsklage in Höhe von 9.755,98 (13.800 Anzahlung, 1.192,10 Darlehensraten, 471,92 Gutachterkosten abzüglich 5.708,04 Nutzungsvergütung) sowie den Freistellungsantrag anerkannt und im übrigen Klageabweisung beantragt. Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 14.142,60 - oh-ne Zinsen - sowie dem Freistellungsantrag, Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs, stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Klägerin hat es dieser weitere 186,86 , insgesamt 14.323,46 , nebst Verzugszinsen in der beanspruchten Höhe seit 22. Juli 2003 zuerkannt und der Feststellungsklage stattgegeben; im übrigen hat es die Anschlußberufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision hat zum Teil Erfolg. I. - 6 - Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne gemäß § 437 Nr. 3, § 284 BGB Ersatz ihrer vergebli-chen Aufwendungen für die Zusatzausstattung des gekauften mangelhaften Fahrzeugs verlangen. Die Anwendbarkeit des § 284 BGB sei weder durch § 347 Abs. 2 BGB noch deswegen ausgeschlossen, weil die Aufwendungen der Klägerin kommerziellen Zwecken gedient hätten. Mit der Einführung des § 284 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz habe der Gesetz-geber die bisher praktizierte Unterscheidung zwischen Aufwendungen für kommerzielle und solchen für ideelle oder konsumptive Zwecke beseitigen, den Anwendungsbereich der Vorschrift aber nicht auf letztere beschränken wollen. Der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für Zusatzausstattung sei jedoch um 20 % zu mindern, weil die Klägerin das so ausgestattete Fahrzeug, dessen Nutzungsdauer mit fünf Jahren anzusetzen sei, bis zur Einigung über die Rück-abwicklung rund ein Jahr lang genutzt habe. Dies gelte nicht für die Kosten der Überführung und der Zulassung des Fahrzeugs. Da diese einmalig angefallen und verbraucht seien und bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erneut aufgebracht werden müßten, seien sie in voller Höhe zu erstatten. Die Beklagte schulde der Klägerin daher über den von ihr anerkannten Betrag von 9.755,98 hinaus Aufwendungsersatz für Zusatzausstattung in Höhe von 4.080,28 (insgesamt aufgewendete 5.080,28 abzüglich 1.000 Nutzungs-vergütung) sowie vollen Ersatz der Überführungs- und Zulassungskosten in Höhe von 487,20 , insgesamt somit 14.323,46 . Die Beklagte befinde sich mit der geschuldeten Leistung seit 22. Juli 2003 in Verzug. Mit Schreiben von diesem Tag habe sie die Erstattung der ver-geblichen Aufwendungen der Klägerin von 4.567,48 abgelehnt. Zugleich sei - 7 - sie auch mit der Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu bewirkenden Rückzahlung des Kaufpreises in Schuldnerverzug geraten, da die Klägerin ihr mit Schreiben vom 11. Juni 2003 die Rückgabe des Fahrzeugs in Annahme-verzug begründender Weise angeboten habe. Damit sei hinsichtlich der Rück-nahme des Fahrzeugs zugleich Annahmeverzug eingetreten. II. Diese Beurteilung ist nicht in jeder Hinsicht frei von Rechtsfehlern. 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings dagegen, daß das Berufungsgericht der Klägerin einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 437 Nr. 3, § 284 BGB zuerkannt hat. a) Gemäß § 437 Nr. 3 BGB kann der Käufer wegen eines Mangels der Kaufsache unter anderem nach §§ 280, 281 BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen, wenn die Nacherfül-lung, was hier unzweifelhaft der Fall ist, fehlgeschlagen ist (§ 440 BGB). Daß die Beklagte die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflicht-verletzung (§ 280 Abs. 1 Satz 1, § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht zu vertreten hätte (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Das wird von der Revision hingenommen. b) Die Revision meint jedoch, für Aufwendungen des Käufers, die - wie hier - im wesentlichen zugleich Verwendungen auf die Kaufsache darstellten, enthalte § 347 Abs. 2 BGB für die im Falle des Rücktritts entstehenden Ersatz-ansprüche eine abschließende Spezialregelung, die andere denkbare An-spruchsgrundlagen verdränge. Das ist nicht richtig. - 8 - § 347 Abs. 2 BGB bestimmt, daß im Falle des Rücktritts Aufwendungen nur zu ersetzen sind, soweit sie notwendige Verwendungen darstellen oder der andere Teil durch sie bereichert ist. Die Bestimmung mag als abschließende Regelung anzusehen sein, soweit Aufwendungen allein als Folge eines Rück-tritts - im Rahmen und auf der Grundlage eines Rückgewährschuldverhältnis-ses nach §§ 346 ff. - ersetzt verlangt werden. Hat der Gläubiger aber, wovon das Berufungsgericht hier zutreffend (s. oben unter a) und von der Revision unbeanstandet ausgeht, daneben (§ 325 BGB) Anspruch auf Schadens- oder Aufwendungsersatz, so tritt dieser Anspruch - hier in Gestalt der Alternative Aufwendungsersatz - neben den Aufwendungs- und Verwendungsersatzan-spruch nach § 347 Abs. 2 BGB (Staudinger/Kaiser, BGB (2004), § 347 Rdnr. 62; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 347 Rdnr. 4). Die gegenteilige Auffassung der Revision liefe im Ergebnis darauf hinaus, den Gläubiger, der wegen einer Pflichtverletzung des Schuldners vom Vertrag zurücktritt und zugleich nach § 284 BGB - anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung - den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangt, schlechter zu stellen, als wenn er vom Rücktritt abgesehen und sich auf das Aufwendungsersatzbegeh-ren beschränkt hätte