BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 32/04 Verkündet am: 14. September 2004 Blum, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja SGB VII § 106 Abs. 3, 3. Alternative a) § 106 Abs. 3, 3. Alternative SGB VII erfordert eine Verbindung zwischen den Tä-tigkeiten des Schädigers und des Geschädigten in der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als "gemeinsame" Betriebsstätte rechtfertigt. b) Das Haftungsprivileg des § 106 Abs. 3 SGB VII kommt einem Unternehmer nur dann zugute, wenn er "Versicherter" im Sinne der Bestimmung und selbst tätig geworden ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 148, 209; 148, 214, 219 f.; vom 25. Juni 2002 - VI ZR 279/01 - VersR 2002, 1107; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 283/01 - VersR 2003, 70, 71 und vom 16. Dezember 2003 - VI ZR 103/03 - VersR 2004, 381, 382). BGH, Urteil vom 14. September 2004 - VI ZR 32/04 - OLG Frankfurt a.M. LG Darmstadt - 2 - Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Pauge für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin war als Auszubildende zur Pferdewirtin von ihrem Arbeitge-ber zur Betreuung von dessen Pferden bei einer von dem Beklagten zu 2 auf dem Gelände des Reitvereins V. am 6. Dezember 1997 veranstalteten Hengst-körung eingesetzt. Als sie gegen 16.30 Uhr vor dem Eingangstor der Reithalle dem Hengst ihres Arbeitgebers nach Beendigung der Präsentation eine Decke - 3 - auflegte, wurde sie von einem vorbeigeführten Pferd an den Kopf getreten und dadurch schwer verletzt. Sie hat vorgetragen, sie sei von dem Hengst des Beklagten zu 1 getreten worden, als jener das Tier ihres Arbeitgebers passiert habe. Sie meint, der Be-klagte zu 1 habe beim Vorbeiführen nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten und hafte auch als Tierhalter. Der Beklagte zu 2 habe die ihm als Veranstalter obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Verurteilung der beiden Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 80.618 DM nebst Zinsen, eines angemesse-nen Schmerzensgeldes nicht unter 500.000 DM sowie die Feststellung begehrt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, ihr jeden weiteren materiellen und immateriellen Zukunftsschaden zu ersetzen, soweit die Ansprü-che nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen seien. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Klägerin zu 4/5 für gerechtfertigt erklärt. Auf die Be-rufungen der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer Zurückweisung der Berufungen der Beklagten weiter. Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin auf Ersatz ihrer Ge-sundheitsschäden verneint, weil beiden Beklagten das Haftungsprivileg aus § 106 Abs. 3 SGB VII zugute komme. Der Beklagte zu 1 sei Unternehmer, - 4 - selbst wenn er lediglich privater Pferdehalter sein sollte. Der Unfall habe sich auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ereignet, denn die Aktivitäten des Be-klagten zu 1 und des Arbeitgebers der Klägerin seien von ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung her miteinander verknüpft gewesen. Nur bei gemeinsamer, gleich-zeitiger Präsentation der Pferde mehrerer Züchter sei eine Körveranstaltung sinnvoll und denkbar. Die einzelnen Hengsthalter seien auf die Teilnahme und die Mitwirkung konkurrierender Züchter zwingend angewiesen. Es sei deshalb hinsichtlich der eigentlichen Präsentation der Tiere sowie der unmittelbar damit zusammenhängenden Vor- und Nacharbeiten von einem aufeinander bezoge-nen, untrennbar miteinander verknüpften betrieblichen Zusammenwirken aus-zugehen. Hinsichtlich beider Beklagter seien daher die Voraussetzungen des § 106 Abs. 3 3. Alternative i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII gegeben. Das Schadensereignis stelle sich zudem nach seinem äußeren Erscheinungsbild als ein nahezu typischer Arbeitsunfall dar, der nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften abzuwickeln sei. Der Beklagte zu 1 sei selbst tätig geworden. Die organisatorischen Maßnahmen des Beklagten zu 2 stellten sich ebenfalls als betriebliche Verrichtungen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte dar. II. Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht meint, die Schädigung der Klägerin sei auf einer für die Klägerin und den Beklagten zu 1 gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs. 3 3. Alternative SGB VII erfolgt. Die Feststellungen des Beru-fungsgerichts tragen diese Beurteilung nicht. - 5 - a) Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung erfaßt der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte über die Fälle der Arbeitsgemeinschaft hinaus be-triebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewußt und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, daß die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt (vgl. Senatsurteile BGHZ 145, 331, 336; vom 25. Juni 2002 - VI ZR 279/01 - VersR 2002, 1107; vom 29. Oktober 2002 - VI ZR 238/01 - VersR 2003, 70, 71; vom 8. April 2003 - VI ZR 251/02 - VersR 2003, 904; vom 24. Juni 2003 - VI ZR 434/01 - VersR 2003, 1260, demnächst BGHZ 155, 205; vom 16. Dezember 2003 - VI ZR 103/03 - VersR 2004, 381 f.; vom 23. März 2004 - VI ZR 160/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Von dieser Definition der gemeinsamen Betriebsstätte geht im Ansatz auch das Berufungsgericht aus. Es mißv