BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 327/08 Verk374ndet am: 23. M344rz 2010 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Gesch344ftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja SGB X 247 116 Abs. 1 Satz 1; BGB 247247 401 Abs. 1, 412; SGB V 247 294a a) Liegt eine Einwilligung des Heimbewohners oder seines gesetzlichen Be-treuers vor, kann dem Krankenversicherer aus 374bergegangenem Recht ge-m344337 247 116 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit 247247 401 Abs. 1 analog, 412 BGB ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation gegen Kostenerstattung zustehen (vgl. Senatsurteil vom 23. M344rz 2010 - VI ZR 249/08, zur Ver366ffentlichung in BGHZ vorgesehen). b) 247 294a SGB V ist nicht entsprechend auf die Einsicht in Pflegedokumentatio-nen anwendbar. BGH, Urteil vom 23. M344rz 2010 - VI ZR 327/08 - LG Essen AG Essen - 2 - Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die m374ndliche Verhandlung vom 23. M344rz 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und St366hr f374r Recht erkannt: Auf die Revision der Kl344gerin wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 28. Oktober 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch 374ber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zur374ckverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Kl344gerin nimmt als gesetzlicher Krankenversicherer den Beklagten zum Zweck der Pr374fung von Schadensersatzanspr374chen auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation einer bei ihr versicherten Heimbewohnerin in Anspruch. 1 Die Versicherte erh344lt seit Jahren vollstation344re Pflegeleistungen in ei-nem Seniorenzentrum, dessen Tr344ger der Beklagte ist. Sie ist schwerstpflege-bed374rftig und kann insbesondere Lagever344nderungen im Bett nur mit personel-ler Hilfe vornehmen. 2 - 3 - Die Versicherte wurde am 21. November 2006 wegen eines Sakraldeku-bitus station344r in eine Klinik aufgenommen und operiert. Die infolge des Durch-liegegeschw374rs entstandenen Aufwendungen hat die Kl344gerin getragen. Vor-prozessual haben der Beklagte und sein Haftpflichtversicherer die 334bermittlung der Pflegedokumentation abgelehnt. 3 Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgem344337 verurteilt, die (im Ein-zelnen aufgelistete) Pflegedokumentation betreffend den Aufenthalt der Versi-cherten im Seniorenzentrum f374r die Zeit vom 1. August 2006 bis einschlie337lich 30. November 2006 zur Einsichtnahme in Kopie zu 374bermitteln. Auf die Beru-fung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kl344gerin ihr Begehren auf 334bermittlung einer Kopie der Pflegedokumentation f374r die Zeit vom 1. August 2006 bis einschlie337lich 30. November 2006 weiter. 4 Entscheidungsgr374nde: I. Das Berufungsgericht hat ausgef374hrt, dass die Versicherte den Beklag-ten ausdr374cklich von der Schweigepflicht entbunden habe, bedeute nicht, dass sie ihn erm344chtigt habe, das ihr zustehende Einsichtsrecht auszu374ben. An der Wirksamkeit einer solchen Erm344chtigung best374nden auch Zweifel, weil die Ver-sicherte unwidersprochen hinsichtlich Ort, Zeit und Person desorientiert sei. 5 Ein Einsichtsrecht der Kl344gerin ergebe sich nicht aus 247 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit 247247 401, 412 BGB. Nach diesen Vorschriften gingen Auskunftsanspr374che zu einem eventuell 374bergegangenen Schadenser-satzanspruch der Versicherten wegen schlechter Pflegeleistungen zwar grund- 6 - 4 - s344tzlich als Hilfsrechte mit 374ber, soweit sie zur Durchsetzung der Forderung ben366tigt w374rden. Das sei hier indes nicht der Fall, weil es sich bei dem Ein-sichtsrecht des Pflegeheimbewohners in die Pflegedokumentation um einen aus dem Selbstbestimmungsrecht und der personalen W374rde des Betroffenen resul-tierenden pers366nlichen Anspruch handle, f374r den ein 334bergang nach 247 399 BGB ausgeschlossen sei. 247 294a SGB V scheide als unmittelbare Anspruchsgrundlage f374r ein Ein-sichtsrecht der Kl344gerin in die Pflegedokumentation aus, weil diese Vorschrift nicht f374r das Seniorenzentrum gelte. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Pflegeheime komme nicht in Betracht. Krankenkassen h344tten zwar gegen-374ber den Pflegeeinrichtungen anders als gegen374ber 344rztlichen Einrichtungen keinen Einsichtsanspruch; insoweit sei aber nicht von einer dem Gesetzgeber unbewussten oder versteckten Gesetzesl374cke auszugehen. 7 II. Das Berufungsurteil h344lt einer revisionsrechtlichen 334berpr374fung nicht stand. 8 1. Wie der erkennende Senat in dem Parallelurteil vom heutigen Tag - VI ZR 249/08, vorgesehen zur Ver366ffentlichung in BGHZ - entschieden hat, steht dem Krankenversicherer entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts grunds344tzlich ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumenta-tion aus 374bergegangenem Recht gem344337 247 116 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit 247247 401 Abs. 1 analog, 412 BGB wegen eines m366glichen Schadensersatzan-spruchs der Versicherten aus einer Verletzung des Heimvertrags bzw. 247 823 Abs. 1 BGB zu. 9 - 5 - a) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht nach 247 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf den Versiche-rungstr344ger 374ber, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleis-tungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Sch344diger zu leistende Schadensersatz beziehen. Nach dieser Vorschrift ist auch beim Forderungs-374bergang auf den Sozialversicherungstr344ger Gegenstand der Ersatzpflicht nur der Schaden des Verletzten. Der Sozialversicherungstr344ger nimmt den Ersatz-pflichtigen nicht auf Ersatz eines eigenen "Schadens" in Gestalt seiner durch den Versicherungsfall ausgel366sten, vom Gesetzgeber angeordneten Leistungs-pflichten in Anspruch, sondern verlangt eine Erstattung seiner Aufwendungen insoweit, als ein Schadensersatzanspruch des Versicherten gegen einen Dritten besteht. 10 b) Im Streitfall stellen das Berufungsgericht und die Revisionserwiderung nicht in Frage, dass der gesch344digten Heimbewohnerin ein Schadensersatzan-spruch wegen schlechter Pflegeleistungen zustehen kann, der auf die Kl344gerin nach 247 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X 374bergegangen w344re. Das Berufungsgericht geht auch davon aus, dass dem Heimbewohner grunds344tzlich ein eigenes Ein-sichtsrecht in die 374ber ihn gef374hrte Pflegedokumentation entsprechend dem Einsichtsrecht des Patienten in die Krankenunterlagen als Nebenanspruch aus dem Behandlungs- bzw. Heimvertrag zusteht (vgl. Harsdorf-Gebhardt PflR 1999, 252 ff.). Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Bundesverfassungsgerichts hat der Patient gegen374ber Arzt und Krankenhaus auch au337erhalb eines Rechtsstreits als Ausfluss seines Rechts auf Selbstbestimmung und personale W374rde grunds344tzlich einen Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden Kran-kenunterlagen, ohne daf374r ein besonderes rechtliches Interesse darlegen zu m374ssen (vgl. Senat, BGHZ 85, 327, 332; 106, 146, 148; Urteil vom 31. Mai 11 - 6 - 1983 - VI ZR 259/81 - VersR 1983, 834, 835; BVerfG NJW 1999, 1777; 2006, 1116, 1117). Die hierf374r ma337geblichen Gesichtspunkte gelten auch f374r das Recht des Heimbewohners auf Einsichtnahme in seine Pflegedokumentationen. Auch diese enthalten h366chstpers366nliche Angaben 374ber den Bewohner und be-r374hren in starkem Ma337e dessen Selbstbestimmungs- und Pers366nlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG). Die Pflegedokumentation ist eine unverzichtbare Informationsquelle f374r alle am Pflegeprozess Beteiligten und dient auch dem Nachweis, dass der Heimbewohner die ihm nach dem In-halt des Heimvertrags zustehenden Leistungen vom Pflegeheimtr344ger erhalten und letzterer seinen Verpflichtungen ihm gegen374ber nachgekommen ist. Inso-weit hat sie dem Heimbewohner gegen374ber auch eine wichtige Schutzfunktion (vgl. Harsdorf-Gebhardt PflR 1999, 252 f.; Klie/Krahmer-Klie, Sozialgesetzbuch XI, 3. Aufl., 247 113 Rn. 7a). Soweit f374r eine Einsichtnahme in die Pflegedokumentationen die Darle-gung eines sachlichen Interesses gefordert wird (so Harsdorf-Gebhardt, aaO, 253, 256), gibt der Streitfall keinen Anlass, dies abschlie337end zu kl344ren. Ein sachliches Interesse der gesch344digten Versicherten f374r eine Einsichtnahme in die 374ber sie gef374hrte Pflegedokumentation