ECLI:DE:BGH:2017:140217UVIZR434.15.0 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 434/15 Verkündet am: 14. Februar 2017 Böhringer - Mangold Justiza mtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 833 Satz 2 ; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1 a) § 833 Satz 2 BGB räumt dem Tierhalter die Möglichkeit, sich von der G e- fährdungshaftung des § 833 Satz 1 BGB zu entlasten, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das dem Beruf, der Erwerbstätigke it oder dem Unterhalt des Tierhalters - d.h. einem wirtschaftl i- chen Zweck - zu dienen bestimmt ist. b) Unter Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist jede Tätigkeit zu verstehen, die auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Diese Voraussetzung ist e r- fü llt, wenn die Tätigkeit objektiv darauf angelegt ist und subjektiv von der A b- sicht getragen wird, Gewinn zu erzielen. Die bloße Gewinnerzielungsabsicht als solche, die in den objektiven Umständen keinen Niederschlag findet, g e- nügt dagegen nicht. - 2 - c) Einwe ndungen einer Partei gegen die erstinstanzliche Überzeugungsbildung können in der Berufungsinstanz nicht mit der Begründung als unbeachtlich angesehen werden, die Partei trage lediglich ihre eigenen, von den Beurte i- lungen des gerichtlichen Sachverständigen abweichenden Einschätzungen vor, ohne Rechtsfehler des Erstgerichts aufzuzeigen. BGH, Urteil vom 14. Februar 2017 - VI ZR 434/15 - OLG München in Augsburg LG Memmingen - 3 - D er VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung v om 14. Februar 2017 durch d en Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Müller für Recht erkannt: Auf die Revision de s Klä gers wird der Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgeri chts München vom 17. April 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsg e- richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger nimmt den Beklagten als Tierhalter auf Schadensersatz in Anspruch. Am 15. September 2011 gegen 5.50 Uhr befuhr der Angestellte des Kl ä- gers M. mit einem Kleinbus des Klägers die Staatsstraße 217. Der Angestellte B. befand sich als Beifahrer in dem Fahrzeug. Auf der Gegenfahrbah n standen zwei Fahrzeuge mit eingeschaltetem Licht. Eines dieser Fahrzeuge betätigte die Lichthupe, um den Fahrer des Kleinbusses zu warnen. Als M. an den Fah r- 1 2 - 4 - zeugen vorbeifuhr, sah er auf seiner Fahrbahn zwei Pferde stehen, deren E i- gentümer und Halter der Beklagte war. Trotz einer Vollbremsung kam es zur Kollision mit einem der Pferde, einer trächtigen Stute. Bei der Kollision wurde das Fahrzeug erheblich beschädigt, die Insassen wurden ver letzt. Das Pferd verendete. Die Pferde waren vor dem Unfallereign is auf einer Koppel untergebracht, die mit an Holzpfosten befestigten Elektrobändern eingezäunt war. Die Koppel befindet sich in einer Entfernung von ca. 250 bis 300 m von der Staatsstraße 217 und ca. 3 bis 5 km vom Wohnhaus des Beklagten. Der Beklagte arb eitet hauptberuflich bei einer Molkerei. Zum Unfallzeitpunkt hielt er zwei trächtige Stuten, einen Hengst und einen Wallach. Mit der Klage macht der Kläger Schadensersatz wegen Beschädigung des Fahrzeugs, Nutzungsausfall, Abschlepp - und Sachverständigen kosten s o- wie Lohnfortzahlungskosten für seine bei dem Unfall verl etzten Arbeitnehmer geltend. Der Beklagte hat sic h darauf berufen, dass er eine Pferdezucht im N e- bengewerbe betreibe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat di e Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt de r Kläger sein Klagebegehren weiter. 3 4 5 - 5 - Entscheidungsgründe: I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Ersatzpflicht des Bekla g- ten ge mäß § 833 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Bei der getöteten Stute habe es sich um ein Haustier gehandelt, das der Erwerbstätigkeit des Beklagten , nä m- lich der von ihm als Nebenerwerbslandwirt betriebenen Pferdezucht, zu dienen bestimmt gewesen sei (Nutztier). Ma ßgeblich für die Qualifizierung eines Tiers als Nutztier oder Luxustier sei die allgemeine Zweckbestimmung, die dem Tier von seinem Halter gegeben worden sei. Der Beklagte habe bei seiner Anhörung plausibel angegeben, dass die getötete Stute der Zucht habe dienen sollen und dass er die Fohlen der beiden zum Unfallzeitpunkt trächtigen Stuten im Ra h- men seines landwirtschaftlichen (Nebenerwerbs - )Betriebs habe verkaufen wo l- len. Der vom Beklagten vorgelegte Bescheid vom 8. August 2007 , mit dem ihm eine Betriebsn ummer erteilt worden sei, sei als Beleg dafür zu werten, dass er tatsächlich einen landwirtschaftlichen Betrieb "zur Haltung von Pferden" ge habt habe. Ein weiteres Indiz hierfür sei die am 13. September 2012 erteilte Baug e- nehmigung für die Errichtung einer neuen Pferde halle mit Pferdeboxen in B. Schließlich spreche allein der Umstand, dass die beiden vom Beklagten zum Unfallzeitpunkt gehaltenen Stuten trächtig gewesen seien, dafür, dass die Pfe r- de zu gewerblichen Zwecken genutzt worden seien und dass der Be klagte b e- absichtigt habe, mit der Pferdehaltung in Zukunft Gewinn zu erzielen. Es sei auch nachvollziehbar, dass das Landgeri cht den dem Beklagten obliegenden Entlastungsbeweis als erbracht angesehen habe. Der Kläger trage lediglich seine eigenen, von de n Beurteilungen des gerichtlichen Sachverstä n- digen abweichenden Einschätzungen vor, ohne Rechtsfehler des Landgerichts auf zu zeigen. Der gerichtliche Sachverständige und das Landgericht hätten sich 6 7 - 6 - mit den Umständen des Einzelfalls ausführlich befasst und s eien zu dem E r- gebnis gekommen, dass die Art der Einzäunung der Pferde unter Berücksicht i- gung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls als übliche und angemess e- ne Sicherungsmaßnahme anzusehen sei, falls die Einzäunung entsprechend kontrolliert worden und d ie Stromführung intakt gewesen sei. Letzteres habe das Landgericht nachvoll ziehbar für nachgewiesen erachtet . Der Kläger ve r- kenne die Feststellung des Sachverständigen , dass im Streitfall die wesentliche Sicherung gegen ein Ausbrechen der Pferde in der gru ndsätz lich als seh r effe k- tiv anzusehenden Abschreckung durch das s tromführende Elektroband zu s e- hen sei. Soweit der Kläger fordere, die Pferde hätten nachts in einen Stall ve r- bracht werden oder mit einem Miniatursender versehen werden müssen, stehe dies ni cht im Einklang mit den Feststellungen des Sachverständigen. II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Für das Revisionsverfahren ist davon auszugehen, dass der Beklagte gemäß § 833 Satz 1 BGB grundsätzlich dem Grunde nach für den Schaden einstehen muss, der dem Kläger bzw. seinen Angestellten aufgrund des strei t- gegenständlichen Verkehrsunfalls entstanden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte Halter der den Unfall verursachenden St u- t e . Mangels abweichender Feststellungen ist für die Nachprüfung in der Revis i- onsinstanz zu unterstellen , dass sich bei dem Unfall eine typische Tiergefahr verwirklicht hat . Eine typische Tiergefahr äußert sich in einem der tierischen Natur entsprechenden un berechenbaren und selbständigen Verhalten des Ti e- res (vgl. Senatsurteil e vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, VersR 2006, 8 9 - 7 - 416 Rn. 7 ; vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13, VersR 2014, 640 Rn. 5 ). Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn ein Pfer d - wie im Strei t fall - von einer Weide entkommt und sich auf die Fahrbahn einer Landstraße begibt (vgl. Senatsurteile vom 11. Januar 1956 - VI ZR 296/54, LM Nr . 3 zu § 833 BGB; vom 6. März 1990 - VI ZR 246/89, NJW - RR 1990, 789, 791 ). 2 . Die Revision w endet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Ber u- fungsgerichts, bei der den Unfall verursachenden Stute handle es sich um ein Nutztier im Sinne des § 833 Satz 2 BGB, weshalb dem Beklagten der in dieser Bestimmung geregelte Entlastungsbeweis eröffnet sei . a) § 833 Satz 2 BGB räumt dem Tierhalter die Möglichkeit, sich von der Gefährdungshaftung des § 833 Satz 1 BGB zu entlasten, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das dem Beruf, der E