EUR-Lex -  61982CC0205 - DE
Karar Dilini Çevir:

SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PIETER VERLOREN VAN THEMAAT

VOM 8. JUNI 1983 ( 1 )

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. Einleitung

1.1. Zusammenfassung der früheren Rechtsprechung

In den Rechtssachen 205 bis 215/82 werden Sie erneut mit einer Anzahl Rechtsfragen konfrontiert, die mit der in Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 (ABl. L 94, 1970, S. 13) niedergelegten Verpflichtung der Mitgliedstaaten zusammenhängen, im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik unter anderem „die infolge von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen abgeflossenen Beträge wiedereinzuziehen“. Die Urteile, die bis dann bereits von Ihnen zu dem genannten Artikel 8 erlassen wurden oder die dafür mittelbar von Bedeutung waren ( 2 ), habe ich in meinen Schlußanträgen in der Rechtssache Fromme (Rechtssache 54/81, Slg. 1982, 1461) analysiert, so daß ich mich hier auf die folgende kurze Zusammenfassung Ihrer feststehenden Rechtsprechung beschränken kann. Nach dieser feststehenden Rechtsprechung ist für die Rückforderung das nationale Recht maßgebend, soweit eine gemeinschaftsrechtliche Regelung fehlt oder aber ausdrücklich auf das nationale Recht verweist. An die Anwendung dieses nationalen Rechts werden eine Reihe von Anforderungen gestellt. Zum einen darf sie die Tragweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigen. Namentlich darf die betreffende nationale Durchführungspraxis nicht weniger wirksam sein als die Durchführungspraxis in bezug auf vergleichbare nationale Regelungen (vgl. Randnummer 8 der Entscheidungsgründe Ihres Urteils in der Rechtssache Lippische Hauptgenossenschaft). Zum anderen dürfen die Rechtsbürger ausweislich Ihrer Urteile in den Rechtssachen Ferwerda, Express Dairy Foods und Lippische Hauptgenossenschaft meiner damaligen Analyse folgend auch nicht ungünstiger behandelt werden als bei Anwendung vergleichbarer rein nationaler Vorschriften (im gleichen Sinn der Tenor des Urteils Fromme). Dazu paßt, daß nach Ihrer Rechtsprechung das Gemeinschaftsrecht auch nicht der Anwendung von nationalen allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie der Rechtssicherheit und des Schutzes des berechtigten Vertrauens oder, anders gesagt, des gutgläubigen Leistungserwerbs (Rechtssache Ferwerda), der Billigkeit (Rechtssachen Balkan-Import-Export und seit meiner Analyse von 1982 auch die Rechtssache 113/81, Reichelt, Slg. 1982, 1963) und anderer allgemeiner Rechtsgrundsätze des nationalen Rechts (Rechtssache Lippische Hauptgenossenschaft) entgegensteht. Zu der Frage, ob eine unbillig harte nationale Durchführungspraxis außer an nationalen allgemeinen Rechtsgrundsätzen auch an anderen allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Gemeinschaftsrechts scheitern kann als an dem bereits erwähnten Diskriminierungsverbot, habe ich noch keine Rechtsprechung gefunden. Allgemein gesagt wird sie nur dann vorkommen können, wenn allgemeine Rechtsgrundsätze des betreffenden nationalen Rechts keinen ausreichenden Rechtsschutz bieten.

Von Ihrer Rechtsprechung nach der Rechtssache Fromme ist für die vorliegenden Rechtssachen vor allem Ihr Urteil in den Rechtssachen 146, 192 und 193/81 (BayWa und Raiffeisen Hauptgenossenschaft, Slg. 1982, 1503) von Bedeutung. Das Vorlagegericht in den vorliegenden Rechtssachen hat in der Begründung seiner fünften Frage insbesondere ausgeführt, daß dieses Urteil „zu gewissen Zweifeln“ hinsichtlich der Anwendbarkeit allgemeiner Rechtsgrundsätze des nationalen Rechts wie des „Vertrauensschutzes“, wie er in Ihrem Urteil Ferwerda zur Sprache komme, Anlaß gebe. Diese Zweifel sind beim Vorlagegericht namentlich durch die Randnummer 30 der Entscheidungsgründe des Urteils BayWa geweckt worden, die wie folgt lautet:

„Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 729/70, wo er von der Wiedereinziehung der infolge von Unregelmäßigkeiten abgeflossenen Beträge durch die Mitgliedstaaten spricht, die mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Agrarinterventionssystems betrauten nationalen Behörden ausdrücklich verpflichtet, die zu Unrecht oder vorschriftswidrig ausgezahlten Beträge wiedereinzuziehen, ohne daß diese für Rechnung der Gemeinschaft handelnden Behörden dabei hinsichtlich der Frage, ob die Rückforderung der zu Unrecht oder vorschriftswidrig gewährten Gemeinschaftsmittel zweckmäßig ist, ein Ermessen ausüben könnten. Eine gegenteilige Auslegung würde die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer in den verschiedenen Mitgliedstaaten und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts, die möglichst in der ganzen Gemeinschaft einheitlich erfolgen soll, beeinträchtigen.“

Ich stimme aber mit dem Vorlagegericht darin überein, daß diese Randnummer ausschließlich als eine Ergänzung, nicht als eine Änderung Ihrer früheren Rechtsprechung angesehen werden muß (zweiter Absatz seiner Erläuterung zur fünften Frage). Eine Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge kann also wohl aufgrund von durch das nationale Recht anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen, aber nicht aufgrund von Ermessenserwägungen der Zweckmäßigkeit unterbleiben.

1.2. Sachverhalt und Verfahrensablauf

Der Sachverhalt und der Verfahrensablauf in den vorliegenden Rechtssachen sind im ersten Teil der Gründe der Vorlagebeschlüsse und im Sitzungsbericht ausführlich wiedergegeben. Im Sitzungsbericht sind zugleich die für die Beurteilung relevanten Vorschriften des Gemeinschaftsrechts angegeben. Zum richtigen Verständnis meiner weiteren Darlegungen kann ich mich also auf folgende kurze Zusammenfassung beschränken und wegen weiterer Einzelheiten auf die genannten Schriftstücke verweisen.

Die fragliche Beihilfe wurde den Klägerinnen der Ausgangsverfahren zur Verarbeitung von Magermilchpulver für Futterzwecke gewährt, um so die Milchüberschüsse zu verringern. Diese Materie ist in den Verordnungen Nr. 986/68 des Rates (ABl. L 148 1968) und Nr. 990/72 der Kommission (ABl. L 115 1972) geregelt. Artikel 1 der Ratsverordnung enthält unter anderem eine Definition von Milch und Magermilchpulver, und Artikel 10 der Kommissionsverordnung stellt Kontrollverpflichtungen für die Mitgliedstaaten auf, um die richtige Anwendung dieser Verordnung sicherzustellen. Ein Fragepunkt im vorliegenden Verfahren ist dann der, inwieweit diese Kontrollverpflichtungen auch für die richtige Anwendung von anderen Verordnungen gelten.

Das betreffende Magermilchpulver stammte in allen vorliegenden Fällen von der Firma Auetal. Diese Firma hatte das Magermilchpulver zumindest teilweise nach einer Methode hergestellt, die nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar war. Das Vorlagegericht stellt aber im vierten Absatz der Erläuterung zu seiner ersten Frage fest, „daß jedenfalls während jener Zeit, zu der Manipulationen der Firma Auetal stattfanden, also bis Mitte 1979, noch keine Rede davon sein kann, daß diese [zur Feststellung einer unrichtigen Herstellungsmethode entwikkelten] chemischen Analysemethoden allgemein anerkannt waren“. Diese tatsächliche Feststellung sollten Sie nach meiner Ansicht ebenso wie die vorhergehende tatsächliche Feststellung des Vorlagegerichts (dritter Absatz des Teils I der Gründe), daß die für eine Materialprüfung eingeschaltete Untersuchungsanstalt in Kassel keine Verfälschung festgestellt hatte, als tatsächliche Ausgangshypothese für Ihre Antwort auf die vorgelegten Fragen nehmen. Aus diesen als Ausgangshypothese zugrunde gelegten Tatsachen folgt dann gleichzeitig, daß von den Klägerinnen, die Auetal-Pulver erhalten hatten, nicht erwartet werden konnte, daß sie erkennen oder feststellen würden, daß das unter der Bezeichnung „Sprühmagermilchpulver“ in den Verkehr gebrachte Pulver in Wirklichkeit kein normales Sprühmagermilchpulver war (S. 7 vorletzter Absatz des Sitzungsberichts). Man kann von privaten Abnehmern vernünftigerweise keine Feststellungen erwarten, zu denen sich sogar eine offiziell eingeschaltete Untersuchungsanstalt nicht imstande zeigte. Nur eine unzweideutige dahin gehende Verpflichtung für diese Unternehmen im Gemeinschaftsrecht oder im nationalen Recht könnte vielleicht zu einer anderen Beurteilung führen, doch hat sich das Bestehen einer derartigen unzweideutigen Verpflichtung nicht erwiesen.

Die vorschriftswidrige Herstellungsmethode des fraglichen Erzeugnisses wurde erst im Mai 1979 festgestellt, wonach die an die Klägerinnen der Ausgangsverfahren ausbezahlte Beihilfe zurückgefordert wurde. Dabei berief sich die betreffende deutsche Interventionsstelle auf die Beweislastregelung in § 9 der im Sitzungsbericht erwähnten deutschen Durchführungsverordnung. Nach dieser Vorschrift trägt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Beihilfe bis zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Empfang des Beihilfebetrags der Empfänger der Beihilfe. Für die Beurteilung der Rückforderung ist aber auch Artikel 8 der vorhin genannten Konimissionsverordnung Nr. 729/70 von Bedeutung. Der Wortlaut dieser Vorschrift ist ebenfalls im Sitzungsbericht wiedergegeben.

1.3. Die Vorabentscheidungsfragen

Nachdem sie erfolglos Widerspruch gegen die Rückforderungsbescheide eingelegt hatten, erhoben die Klägerinnen der elf Ausgangsverfahren Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt/Main. Sie stützten sich namentlich auf die Bestimmungen über den Vertrauensschutz und den Wegfall der Bereicherung in § 48 des deutschen Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25. Mai 1976. Wegen des Wortlauts dieser Vorschrift verweise ich auf die Erläuterung zur siebten Frage im Vorlagebeschluß. Die Klägerinnen führten aus, daß die betreffende deutsche Interventionsstelle für die Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung des fraglichen Magermilchpulvers verantwortlich gewesen sei, weil sie ihrer Verpflichtung, Auetal zu kontrollieren, nicht nachgekommen sei und nicht sogleich die notwendigen Konsequenzen aus dem Prüfbericht vom Juli 1978 gezogen habe.

Das Verwaltungsgericht hat daraufhin dem Gerichtshof folgende Vorabentscheidungsfragen vorgelegt:

1.

Erfüllt ein Produkt, das aus einer sprühgetrockneten Mischung aus Magermilch und einem Trockenmilcherzeugnis besteht, den Begriff des Magermilchpulvers im Sinne des Artikels 1 Absatz c (Absatz d in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 472/75) der Verordnung (EWG) Nr. 986/68 des Rates vom 15. Juli 1968 (ABl. L 169, S. 4), wenn dieses Endprodukt die gleiche Zusammensetzung (Eiweiß, Kohlenhydrate usw.) aufweist wie Magermilchpulver, das unmittelbar aus dem Gemelk der Kuh stammt?

2.

Begründet Artikel 10 der Verordnung (EWG) Nr. 990/72 der Kommission vom 15. Mai 1972 (ABl. L 115, S. 1) eine Verpflichtung der Behörden der Mitgliedstaaten zur Kontrolle der Herstellung des Magermilchpulvers im Herstellerbetrieb?

3.

Hat Artikel 10 der Verordnung (EWG) Nr. 990/72 der Kommission vom 15. Mai 1972 Drittwirkung zugunsten der Beihilfeempfänger, d. h. können die Beihilfeempfänger sich auf diesbezügliche Versäumnisse der Behörden berufen mit der Folge, daß dies die Rückforderung ausschließt?

4.

Enthält das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 (ABl. L 94, S. 13), für die Frage, ob im Einzelfall Beihilfen für Magermilch und Magermilchpulver für Futterzwecke nach der Verordnung (EWG) Nr. 986/68 des Rates und den dazu ergangenen Durchführungsverordnungen der Kommission zu Unrecht bewilligt worden sind, Regeln über die materielle Beweislast, oder richten sich diese nach nationalem Recht? Falls das Gemeinschaftsrecht Beweislastregeln enthält: Um welche Regeln handelt es sich?

5.

Stellt Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 eine unmittelbare Ermächtigungsgrundlage für die nationalen Behörden dar, zu Unrecht bewilligte Beihilfen zurückzufordern, so daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des Rückforderungsanspruchs in dieser Norm abschließend geregelt sind?

6.

Falls die fünfte Frage bejaht wird: Wird im Rahmen dieser Vorschrift, gegebenenfalls ergänzt um ungeschriebene Rechtsgrundsätze. des Gemeinschaftsrechts, das Vertrauen des Beihilfeempfängers geschützt, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang; kann sich der Beihilfeemp

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