Tribunale federale Tribunal federal {T 0/2} 2A.590/2002/bie Urteil vom 22. Mai 2003 II. Öffentlichrechtliche Abteilung Besetzung Bundesrichter Wurzburger, Präsident, Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Merkli, Gerichtsschreiber Matter. Parteien Steuerverwaltung des Kantons Thurgau, 8500 Frauenfeld, Beschwerdeführerin, gegen X.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marcus Desax, Pestalozzi Lachenal Patry, Löwenstrasse 1, 8001 Zürich, Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 1, 8510 Frauenfeld. Gegenstand Direkte Bundessteuer 1997, Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau vom 12. September 2002. Sachverhalt: A. Die 1969 gegründete X.________ AG, A.________ TG , betreibt die Planung, Projektierung, Ausführung und den Unterhalt von Anlagen jeglicher Art sowie den Handel mit technischen Produkten aller Art, insbesondere mit Pumpen, Rührwerken, Armaturen, Dampfturbinen und anverwandten Maschinen. Gemäss Kaufvertrag vom 22. Juli 1997 verkaufte sie ihren beiden je zu 50% beteiligten Aktionären G.X.________ und M. X.________ respektive 8'204 und 4'102 Stammaktien des deutschen Industrie- (und namentlich Pumpen-) Unternehmens Y.________ AG, B.________, für DM 320.-- pro Aktie. Am 27. Februar 1998 unterbreitete die amerikanische Z.________ LLC durch ihre Tochtergesellschaft Z.________ Pumps Corp., US-C.________, den Pool-Aktionären der Y.________ AG ein Übernahmeangebot in der Höhe von DM 610.-- pro Aktie und erwarb in der Folge u.a. alle von den Brüdern X.________ gehaltenen Y.________-Aktien zu diesem Preis. Mit Veranlagungsverfügung vom 18. Januar 2001 rechnete die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau zum deklarierten Reingewinn der X.________ AG Fr. 2'845'000.-- (d.h. den umgerechneten Differenzbetrag zwischen DM 610.-- und DM 320.-- für die 12'306 Y.________-Aktien) als geldwerte Leistung bzw. Gewinnvorwegnahme auf, mit folgender Begründung: Das spätere Übernahmeangebot habe deutlich werden lassen, dass die Gesellschaft von ihren Aktionären einen keineswegs angemessenen, weit unter dem Verkehrswert der Aktie gelegenen Begünstigungspreis verlangt habe, was für alle Beteiligten auch klar erkennbar gewesen sei. Nach erfolgloser Einsprache gelangte die X.________ AG an die kantonale Steuerrekurskommission. Diese hiess die Beschwerde am 12. September 2002 gut und erkannte, der zwischen der Gesellschaft und ihren Anteilsinhabern vereinbarte Preis entspreche ungefähr dem Börsenkurs und somit dem Verkehrswert der Aktie. Im Übrigen hätten die Gesellschaftsorgane eine Unterbewertung nicht erkennen können oder müssen. B. Am 2. Dezember 2002 hat die kantonale Steuerverwaltung Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und den Einspracheentscheid zu bestätigen. Die X.________ AG beantragt die Abweisung der Beschwerde (wofür sich auch die Rekurskommission ausspricht), eventualiter die Rückweisung an die Vorinstanz. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schliesst sich den Anträgen der Beschwerdeführerin an. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. 1.1 Gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide betreffend die direkte Bundessteuer ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren [VwVG; SR 172. 021] sowie Art. 98 lit. g OG und Art. 146 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]). Die kantonale Steuerverwaltung ist legitimiert, den Entscheid der Rekurskommission mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht anzufechten (Art. 103 lit. c OG in Verbindung mit Art. 146 DBG). Auf die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist demnach einzutreten. 1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechterheblichen Sachverhaltes gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). An die Feststellung des Sachverhaltes ist das Bundesgericht jedoch gebunden, wenn - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden hat, sofern der Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 105 Abs. 2 OG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung nicht schon dann, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, § 30, S. 286 mit Hinweisen). 2. 2.1 Der steuerbare Reingewinn der juristischen Personen setzt sich gemäss Art. 58 DBG zusammen aus dem Saldo der Erfolgsrechnung unter Berücksichtigung des Saldovortrages des Vorjahres (lit. a), aller vor Berechnung des Saldos der Erfolgsrechnung ausgeschiedenen Teile des Geschäftsergebnisses, die nicht zur Deckung von geschäftsmässig begründetem Aufwand verwendet werden (lit. b), sowie den der Erfolgsrechnung nicht gutgeschriebenen Erträgen mit Einschluss der Kapital-, Aufwertungs- und Liquidationsgewinne (lit. c). Zum steuerbaren Reingewinn gehören namentlich Zuwendungen der Gesellschaft an die Anteilsinhaber oder ihnen nahe stehende Dritte, die einem Aussenstehenden nicht oder zumindest nicht in gleichem Masse gewährt würden. Solche geldwerte Leistungen sind nach der Rechtsprechung immer dann anzunehmen, wenn (a) die Gesellschaft keine oder keine gleichwertige Gegenleistung erhält, (b) der Aktionär direkt oder indirekt (z.B. über eine ihm nahe stehende Person oder Unternehmung) einen Vorteil erhält, der einem Dritten unter gleichen Bedingungen nicht zugebilligt worden wäre, die Leistung also insofern ungewöhnlich ist, und (c) der Charakter dieser Leistung für die Gesellschaftsorgane erkennbar war (vgl. BGE 119 Ib 116 E. 2 S. 119 f.; 115 Ib 274 E. 9b S. 279; ASA 69 202 E. 2; 68 596 E. 2; 68 246 E. 3a; je mit weiteren Hinweisen). Als geldwerte Leistungen gelten insbesondere auch die sog. Gewinnvorwegnahmen, d.h. verdeckte Kapitalentnahmen, die bei der Gesellschaft zu einer entsprechenden Kürzung des in der Erfolgsrechnung ausgewiesenen Gewinnes führen. Das ist dann der Fall, wenn die Gesellschaft auf ihr zustehende Einnahmen ganz oder teilweise verzichtet und die entsprechenden Erträge direkt dem Aktionär oder ihr nahe stehenden Personen zufliessen bzw. wenn diese nicht jene Gegenleistung erbringen, welche die Gesellschaft von einem unbeteiligten Dritten fordern würde (vgl. BGE 119 Ib 116 E. 2 S. 120; 113 Ib 23 E. 2d S. 25 f.; ASA 67 216 E. 2b; 60 534 E. 3; RDAF 1997 2 486 E. 2; Cagianut/Höhn, Unternehmungssteuerrecht, 3. Aufl., Bern 1993, S. 465 f.; Peter Brülisauer/Stephan Kuhn, in: Martin Zweifel/Peter Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2000, N 196 u. 202 f. zu Art. 58 DBG, mit weiteren Hinweisen). 2.2 Bei diesem Drittvergleich (sog. Grundsatz des "dealing at arm's length") wird auf den Verkehrswert abgestellt, worunter im Steuerrecht der Wert zu verstehen ist, der einem Vermögensgegenstand bei der Veräusserung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr beigemessen wird. Bei Wertpapieren, für die eine regelmässige Kursnotierung besteht, gilt allgemein der Kurswert als Verkehrswert. Diese Bewertungsregel bezieht sich nach der Praxis allerdings nur auf kotierte, d.h. an der Börse offiziell gehandelte Wertpapiere, sowie auf nicht k