Bundesgericht Tribunal fédéral Tribunale federale Tribunal federal {T 0/2} 2C_212/2013 Urteil vom 18. März 2014 II. öffentlich-rechtliche Abteilung Besetzung Bundesrichter Zünd, Präsident, Bundesrichter Seiler, Donzallaz, Stadelmann, Kneubühler, Gerichtsschreiber Klopfenstein. Verfahrensbeteiligte 1. A.X.________ AG, 2. X.________, Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Ernst Inderbitzin und Dr. Silvan Hauser, gegen Amt für Landwirtschaft, Agrarmassnahmen und Bodenrecht, Hirschistrasse 15, Postfach 5182, 6431 Schwyz. Gegenstand Land- und Forstwirtschaftsrecht (BGBB; Bewilligung zum Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke), Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 17. Januar 2013. Sachverhalt: A. X.________ ist Landwirt und Eigentümer verschiedener in den Gemeinden L.________, M.________, N.________ und O.________ gelegenen landwirtschaftlicher Grundstücke, welche zusammen ein landwirtschaftliches Gewerbe bilden. Eines der in der Gemeinde L.________ gelegenen Grundstücke (Katasternummer ..., Q.________) mit einer Fläche von über 53'000 m2 wurde im Rahmen der Zonenplanrevision von 2010 von der Landwirtschafts- in die Wohnzone umgezont. Die Zonenplanänderung trat am 1. Juni 2011 in Kraft. B. Am 23. Dezember 2010 beantragte X.________ beim Landwirtschaftsamt des Kantons Schwyz zu prüfen, ob die Bewilligung zum Erwerb verschiedener landwirtschaftlicher Grundstücke (u.a. des Grundstücks Q.________) durch die von ihm zu gründende A.X.________ AG zu erteilen sei. Mit rechtskräftiger Verfügung vom 10. Juni 2011 entschied das Landwirtschaftsamt, die Bewilligung werde infolge Verstosses gegen das Realteilungsverbot nicht erteilt. C. Die A.X.________ AG wurde am 12. Dezember 2011 im Handelsregister eingetragen. Am 13. Dezember 2011 teilte X.________ dem Volkswirtschaftsdepartement mit, mit Sachübernahmevertrag vom 7. Dezember 2011 habe die A.X.________ AG das Einzelunternehmen Landwirtschaftsbetriebe X.________ übernommen; zugleich und mit Ergänzung vom 22. Mai 2012 stellte er folgendes Gesuch: "1. Es sei die Bewilligung zum Erwerb des landwirtschaftlichen Gewerbes von X.________ bzw. der Grundstücke a) Nrn. xxx usw. alle L.________, b) Nr. yyy, O.________, c) Nrn. zzz usw., alle M.________, und d) Nr. qqq, N.________, durch die A.X.________ AG zu erteilen. Eventualiter sei die Bewilligung unter Auflagen zu erteilen, wie sie von den Gesuchstellern im vorliegenden Gesuch vorgeschlagen werden. 2. Es seien die gemäss den im Grundbuch angemerkten öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen betreffend Bodenverbesserungen, RRB 1571 (13.10.1994, Beleg 483 L.________; 28.01.1998, Beleg 30a L.________) und RRB 558 (31.05.1976, Beleg 39 O.________; 10.02.2005, Beleg 46O.________), erforderlichen Zustimmungen zu den Eigentumsübertragungen zu erteilen. 3. Bei Gutheissung der Bewilligung zum Erwerb des landwirtschaftlichen Gewerbes bzw. der landwirtschaftlichen Grundstücke gemäss Antrag Ziff. 1 sei die Bewilligung zum Erwerb von 100 % des Aktienkapitals an der Gesellschaft A.X.________ AG durch die von X.________ gehaltene B.X.________ Holding AG (in Gründung) zu erteilen. Eventualiter sei die Bewilligung unter Auflagen zu erteilen, wie sie von den Gesuchstellern im vorliegenden Gesuch vorgeschlagen werden." Das Amt für Landwirtschaft liess durch Eduard Hofer und Benno Studer ein Gutachten (datiert vom 29. Februar 2012) erstellen. Mit Verfügung vom 20. Juli 2012 lehnte es die Ziff. 1 des Gesuchs ab und trat auf die Ziffern 2 und 3 nicht ein. D. Dagegen erhoben die A.X.________ AG und X.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und wiederholten die im Gesuch gestellten Anträge. Mit Urteil vom 17. Januar 2013 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. E. Die A.X.________ AG und X.________ erheben mit gemeinsamer Eingabe vom 27. Februar 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht mit dem Antrag, es sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils die Bewilligung zum Erwerb des landwirtschaftlichen Gewerbes von X.________ bzw. der Grundstücke a) Nrn. xxx usw. alle L.________, b) Nr. yyy, O.________, c) Nrn. zzz usw., alle M.________, und d) Nr. qqq, N.________, durch die A.X.________ AG zu erteilen. Im Übrigen sei die Sache an das Amt für Landwirtschaft zur Beurteilung der Anträge Ziffern 2 und 3 des Gesuchs vom 22. Mai 2012 zurückzuweisen. Das Amt für Landwirtschaft und das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz sowie das Bundesamt für Justiz beantragen Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführer replizieren. Erwägungen: 1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG sowie Art. 89 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht [BGBB, SR 211.412.11]) und die Beschwerdeführer sind dazu legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG sowie Art. 83 Abs. 3 BGBB). 2. Die Beschwerdeführer rügen in formeller Hinsicht, dass das Amt für Landwirtschaft das Gutachten Hofer/Studer eingeholt habe, ohne die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte bei der Erstellung eines Gutachtens zu beachten. Das Gutachten enthält einen generellen Teil, der als reines Rechtsgutachten zu abstrakten Rechtsfragen zu qualifizieren ist. Rechtsgutachten gehören nicht zur Sachverhaltsfeststellung, sondern zur Rechtsanwendung (BGE 139 II 185, nicht publ. E. 2.6; 127 III 1 E. 2 S. 5). Dafür gelten nicht die gleichen verfahrensrechtlichen Anforderungen wie für Gutachten, welche Sachverhaltsfragen betreffen; es genügt grundsätzlich, wenn sich die Parteien nachträglich, allenfalls im Rechtsmittelverfahren, zu den im Rechtsgutachten behandelten Fragen äussern können (BGE 128 V 272 E. 5b/cc S. 281; 124 I 49 E. 3c S. 52), was vorliegend der Fall war. Andererseits äussert sich das Gutachten zur konkreten Situation und kam zum Ergebnis, das Grundstück Q.________ liege ausserhalb des Geltungsbereichs des BGBB (was die Beschwerdeführer bestreiten); diesbezüglich betrifft das Gutachten die konkrete Sachverhaltsbeurteilung und es gelten die Mitwirkungsrechte für die Abklärung der rechtserheblichen Tatsachen (BGE 128 V 272 E. 5b/cc S. 281). Indessen hat die Vorinstanz die Frage, ob das Grundstück Q.________ dem BGBB unterstehe, offen gelassen (vgl. hinten E. 4.4), so dass der allfällige Gehörsmangel einen nicht rechtserheblichen Aspekt betraf. 3. 3.1. 3.1.1. Der Geltungsbereich des BGBB wird im 2. Abschnitt des ersten Kapitels festgelegt. Art. 2 (allgemeiner Geltungsbereich) regelt den allgemeinen Grundsatz, dass das Gesetz für einzelne oder zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörende landwirtschaftliche Grundstücke gilt, die ausserhalb einer Bauzone liegen (Abs. 1 lit. a) und für welche die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist (Abs. 1 lit. b). Art. 2 Abs. 2 erweitert den allgemeinen Geltungsbereich (lit. a-d), wogegen ihn Art. 2 Abs. 3 wieder einschränkt (betreffend die kleinen Grundstücke). Art. 3 (besonderer Geltungsbereich) regelt Besonderheiten, so etwa für Miteigentumsanteile an landwirtschaftlichen Grundstücken (Abs. 1). Art. 4 ("besondere Bestimmungen für landwirtschaftliche Gewerbe") handelt von den unterschiedlichen Vorschriften für einzelne landwirtschaftliche Grundstücke und landwirtschaftliche Gewerbe und Art. 5 (Vorbehalte kantonalen Rechts) ermächtigt die Kantone, in diesem Zusammenhang vom Bundesrecht abweichende Regelungen zu schaffen (zum Ganzen vgl. Christina Schmid Tschirren/Christoph Bandli, Kommentar BGBB, 2. Auflage 2011, Rz. 10 der Vorbemerkungen zu Art. 2-5). Die besonderen Vorschriften über die landwirtschaftlichen Gewerbe (Art. 4) haben vor allem deren langfristige Erhaltung zum Ziel: Beim Eigentumsübergang innerhalb der Familie sollen die - privatrechtlichen - Zuweisungsansprüche in der Erbteilung (Art. 11 ff.) sowie die Kaufs- oder Vorkaufsrechte der Verwandten (Art. 25 ff. und Art. 42 ff.) nicht umgangen werden können, und bei Veräusserungen aus der Familie heraus wird mit der - öffentlich-rechtlichen - Bewilligungspflicht und den Bewilligungsvoraussetzungen (Art. 61 ff., dazu sogleich) dafür gesorgt, dass selbstbewirtschaftende Bauern ein landwirtschaftliches Gewerbe grundsätzlich ungeteilt übernehmen können (vgl. Schmid Tschirren/Bandli, a.a.O., Rz. 2 zu Art. 4). 3.1.2. Wer landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstücke erwerben will, braucht dazu also eine Bewilligung (Art. 61 Abs. 1 BGBB). Mit der Bewilligungspflicht soll sichergestellt werden, dass ein solcher Erwerb mit den Zielsetzungen des BGBB (vgl. insbesondere dessen Art. 1 Abs. 1), namentlich also des Selbstbewirtschafter- und des Arrondierungsprinzips, in Einklang steht (Beat Stalder, in INR 14 [2013] S. 19). Die Bewilligung setzt daher unter anderem voraus, dass der Erwerber Selbstbewirtschafter ist (Art. 63 Abs. 1 lit. a BGBB e contrario), sofern kein Grund für eine Ausnahme vom Prinzip der Selbstbewirtschaftung vorliegt (Art. 64 Abs. 1 BGBB). Selbstbewirtschafter ist, wer den landwirtschaftlichen Boden selber bearbeitet und, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe handelt, dieses zudem persönlich leitet (Art. 9 Abs. 1 BGBB). Auf die Bewilligung besteht ein Rechtsanspruch, sofern keiner der in Art. 63 Abs. 1 BGBB abschliessend genannten Verweigerungsgründe vorliegt (Art. 61 Abs. 2 BGBB; BGE 132 III 212 E. 3.2 S. 218; Urteil 2C_855/2008 vom 11. Dezember 2009 E. 3.2, ZBGR 93/2012 S. 201; Beat Stalder, Kommentar BGBB, Rz. 9 zu Art. 61 und Rz. 4 zu Art. 63). 3.1.3. Die Bewilligung kann mit Auflagen erteilt werden (Art. 64 Abs. 2 BGBB). Dabei bezieht sich diese Möglichkeit gesetzessystematisch an sich nur auf die Ausnahmen vom Selbstbewirtschafterprinzip gemäss Art. 64 Abs. 1 BGBB. Nebenbestimmungen wie Auflagen oder Bedingungen bedürfen indessen nicht zwingend einer im Gesetz ausdrücklich wiedergegebenen Grundlage; ihre Zulässigkeit kann sich unter Umständen auch unmittelbar aus dem Gesetzeszweck und dem damit zusammenhängenden öffentlichen Interesse ergeben (Urteil 2C_855/2008 vom 11. Dezember 2009 E. 4). Daraus folgt, dass auch Bewilligungen des bäuerlichen Bodenrechts, die sich nicht ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 1 BGBB stützen, unter bestimmten Voraussetzungen (Sachbezogenheit, Verhältnismässigkeit) mit Auflagen - und auch mit Bedingungen - versehen werden können (vgl. auch Stalder, Kommentar BGBB, Rz. 40 f. zu Art. 64). 3.2. 3.2.1. Die Definition der Selbstbewirtschaftung im bäuerlichen Bodenrecht ist an sich auf die Tätigkeit natürlicher Personen zugeschnitten (BGE 115 II 181 E. 2b S. 185). Aus der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV), auf welche sich auch die Landwirte berufen können, soweit der Bundesgesetzgeber keine Abweichungen vorgesehen hat (Art. 104 Abs. 2 BV), ergibt sich jedoch, dass landwirtschaftliche Betriebe auch in Form einer juristischen Person betrieben werden können; einer gesetzlichen Grundlage bedürfte nicht die Zulassung, sondern das Verbot einer solchen Rechtsform (vgl. BGE 138 II 440 E. 18 S. 458). Das Landwirtschaftsrecht verbietet den Betrieb landwirtschaftlicher Unternehmen durch juristische Personen nicht, sondern setzt im Gegenteil deren Zulässigkeit verschiedentlich voraus (Art. 4 Abs. 2 BGBB; Art. 3 Abs. 2 und 3 der Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 2013 [DZV, SR 910.13]; Art. 2 Abs. 1 der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung vom 7. Dezember 1998 [LBV, SR 910.91]). Demgemäss können auch juristische Personen grundsätzlich landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstücke erwerben (Botschaft vom 19. Oktober 1988 zum BGBB, BBl 1988 III 953, 1039; vgl. BGE 133 III 562). 3.2.2. Nach Lehre und Rechtsprechung erfüllen juristische Personen das Erfordernis der Selbstbewirtschaftung (Art. 63 Abs. 1 lit. a BGBB), wenn Personen, die Mitglieder oder Gesellschafter einer juristischen Person sind, über eine Mehrheitsbeteiligung verfügen und die Anforderungen an die Selbstbewirtschaftung erfüllen oder zumindest die Mehrheit der Gesellschafter auf dem Hof mitarbeitet (Urteil 5A.22/2002 vom 7. Februar 2003 E. 2.2, ZBl 104/2003 S. 666, m.H. auf BGE 115 II 181 E. 2b S. 185 [zum LPG]; 122 III 287 E. 3c S. 290 f. [im Zusammenhang mit Art. 11 BGBB]; Yves Donzallaz, Traité de droit agraire suisse, Tome 2, 2006, S. 632 f.; Jean-Michel Henny, Questions choisies en matičre de droit foncier rural, ZBGR 2006 S. 237 ff., 251 f.; Eduard Hofer, Kommentar BGBB, 2. Auflage 2011, Rz. 21 f. zu Art. 9; Eduard Hofer/Benno Studer, Erwerb landwirtschaftlicher Gewerbe durch juristische Personen, Blätter für Agrarrecht 2012 S. 35 ff., 45 f., 59 f.; Paul Richli, Landwirtschaftliches Gewerbe und Selbstbewirtschaftung - zwei zentrale Begriffe des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht, AJP 1993 S. 1063 ff., 1068; Beat Stalder, Die verfassungs- und verwaltungsrechtliche Behandlung unerwünschter Handänderungen im bäuerlichen Bodenrecht, 1993, S. 142; Beat Stalder, Der Erwerb von landwirtschaftlichem Boden durch den Nichtselbstbewirtschafter, Blätter für Agrarrecht 1995 S. 45 ff., 49). 3.2.3. Lehre und Rechtsprechung anerkennen juristische Personen allerdings nur mit Zurückhaltung als Selbstbewirtschafter. Wenn der Inhaber einer Mehrheitsbeteiligung nach Art. 4 Abs, 2 BGBB (dazu E. 3.4) das Gewerbe, das das Hauptaktivum der juristischen Person bildet, persönlich bewirtschaftet, kann er zwar als Selbstbewirtschafter gelten. Er muss dazu aber alle Anforderungen an einen Selbstbewirtschafter erfüllen. Ausserdem muss er über das Gewerbe verfügen können, so dass er es als Arbeitsinstrument einsetzen kann, wie wenn er direkt Eigentümer wäre (Stalder, Kommentar BGBB, Rz. 22 zu Art. 9, mit Hinweis auf Donzallaz, Traité, N. 3332). Betreibt er daneben noch grössere Geschäfte, ist es ihm zuzumuten, diese in separaten Gesellschaften abzuwickeln, die nicht mit dem landwirtschaftlichen Gewerbe in Verbindung stehen (Hofer/Studer, a.a.O., S. 51). Für Konstruktionen, bei denen die Kontrolle der Auflagen gefährdet wird (beispielsweise Holdingstrukturen), besteht kein Anspruch auf Bewilligung (vgl. vorne E. 3.1.3 und hinten E. 5.6.2). 3.2.4. Veräussert eine juristische Person landwirtschaftliche Grundstücke oder Gewerbe, sind gleich wie für eine natürliche Person alle einschlägigen Bestimmungen des BGBB anwendbar. Werden hingegen Anteile an einer juristischen Person veräussert, ist damit kein Eigentümerwechsel an den Grundstücken oder Gewerben verbunden. Den damit verbundenen Umgehungsmöglichkeiten begegnet das Gesetz dadurch