Bundesgericht Tribunal fédéral Tribunale federale Tribunal federal {T 0/2} 2C_976/2014 Urteil vom 10. Juni 2015 II. öffentlich-rechtliche Abteilung Besetzung Bundesrichter Zünd, Präsident, Bundesrichterin Aubry Giradin, Bundesrichter Haag, Gerichtsschreiber Wyssmann. Verfahrensbeteiligte X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Reto Kuster, gegen Eidgenössische Steuerverwaltung. Gegenstand Emissionsabgabe bei Umstrukturierungen (Art. 6 Abs. 1 lit a bis StG), Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 18. September 2014. Sachverhalt: A. Die X.________ AG mit Sitz in U.________ ist eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von Fr. 300'000.--, eingeteilt in 300 Namenaktien zu Fr. 1'000.--. Sie bezweckt u.a. den Erwerb, die Verwaltung und die Veräusserung von Beteiligungen an Unternehmen. Alleiniger Aktionär und Präsident des Verwaltungsrats ist A.________. Er hält die Aktien in seinem Privatvermögen. Unter der Firma Y.________ AG mit Sitz in V.________ besteht eine weitere Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von Fr. 100'000.--, eingeteilt in 100 Namenaktien zu Fr. 1'000.--. Sie bezweckt das Halten von Beteiligungen. Sie ging im Jahre 2007 aus der Fusion der Z.________ AG mit Sitz in V.________ mit der alten Y.________ AG mit Aktiven und Passiven hervor, die dadurch erlosch; gleichzeitig wurde die Z.________ AG in Y.________ AG umfirmiert (Fusion durch Absorption; Fusionsvertrag vom 16. März 2007; Handelsregistereintrag vom 13. Juni 2007). Nach der Fusion bestand somit nur noch die neue Y.________ AG (ex Z.________ AG). Auf diese Weise konnte die Holdingstruktur vereinfacht werden. Aktionäre der neuen Y.________ AG sind A.________ mit 50 % sowie B.________ und C.________ mit je 25 % der Namenaktien der neuen Gesellschaft. Kurz nach Vollzug der Fusion verkaufte A.________ mit Vertrag vom 15. Juni 2007 seine bisher im Privatvermögen gehaltene 50%ige Beteiligung an der Y.________ AG zum Preis von Fr. 50'000.-- (Nominalwert) an die X.________ AG. Das Aktienkapital der X.________ AG belief sich nach dem Beteiligungskauf unverändert auf Fr. 300'000.--. B. Die ESTV erblickte im Verkauf der 50%igen Beteiligung an der Y.________ AG an die X.________ AG zum Nennwert einen Zuschuss des Aktionärs in der Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem höheren Verkehrswert der Beteiligung und erhob darauf die Emissionsabgabe im Betrag von Fr. 3'687'000.-- (1 % von Fr. 368'700'000.--) zuzüglich Zins. Mit Einsprache machte die Gesellschaft geltend, sie schulde keine Emissionsabgabe, da es sich um eine von der Abgabe ausgenommene Umstrukturierung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. a bis des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vom 27. Juni 1973 (StG; SR 641.10, in der Fassung vom 3. Oktober 2003, AS 2004 2617) handle. Mit Einspracheentscheid vom 23. Oktober 2013 hiess die ESTV die Einsprache der X.________ AG teilweise gut und reduzierte die Emissionsabgabe aufgrund einer Korrektur beim Verkehrswert der eingebrachten Beteiligung um Fr. 87'000.-- auf Fr. 3'600'000.--. Im Übrigen wies sie die Einsprache ab. C. Eine Beschwerde der steuerpflichtigen Gesellschaft wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. September 2014 ab. D. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die X.________ AG, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben und die ESTV zu verpflichten, der Beschwerdeführerin die bereits bezahlte Emissionsabgabe von Fr. 3'687'000.-- zuzüglich Zins von 5 % seit 27. Juli 2011 zurückzuerstatten. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtete auf eine Vernehmlassung. Die ESTV schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen: 1. 1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurde unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) eingereicht und richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG). Die Beschwerdeführerin ist durch das angefochtene Urteil besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG). 1.2. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), sofern die diesbezüglichen Feststellungen nicht offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG). 1.4. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung von Bundesrecht, nämlich von Art. 61 Abs. 1 lit. c DBG (SR 642.11) in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 lit. a bis StG. Sie beruft sich ferner auf die verfassungsmässigen Gebote der rechtsgleichen Behandlung und des Handelns nach Treu und Glauben (Art. 8 Abs. 1 und Art. 9 BV). Diese sieht sie dadurch verletzt, dass die ESTV ihre eigenen Praxisanweisungen (Kreisschreiben Nr. 5 Umstrukturierungen vom 1. Juni 2004, nachfolgend: Kreisschreiben Nr. 5) übergangen habe. 2. 2.1. Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a StG erhebt der Bund eine Emissionsabgabe auf der entgeltlichen oder unentgeltlichen Begründung und Erhöhung des Nennwertes u.a. von Beteiligungsrechten in Form von Aktien inländischer Gesellschaften. Diesem Tatbestand gleichgestellt sind die Zuschüsse (versements supplémentaires, versamenti suppletivi), welche die Gesellschafter ohne entsprechende Gegenleistung an die Gesellschaft erbringen, ohne dass das im Handelsregister eingetragene Gesellschaftskapital erhöht wird (vgl. Art. 5 Abs. 2 lit. a StG). Unter den Begriff Zuschüsse fallen nicht nur Geldzahlungen, sondern sämtliche Formen der Vorteilsgewährung, sofern diese "sich nur aus dem mitgliedschaftlichen Beteiligungsverhältnis erklären lassen" (Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1972 zum Stempelabgabegesetz, BBl 1972 II 1290 ad Art. 5 Abs. 2). Der Begriff Zuschüsse ist mithin wirtschaftlich zu verstehen (Eckert/Piquet, in: StG Kommentar Stempelabgaben, 2006, N. 28 ff. zu Art. 5 StG). Steuersubjekt und damit abgabepflichtig für die Beteiligungsrechte ist die inländische Gesellschaft (Art. 10 Abs. 1 StG). Die Abgabe beträgt 1 % (Art. 8 Abs. 1 StG in der Fassung vom 10. Oktober 1997, AS 1998 669) und wird vom Betrag berechnet, welcher der Gesellschaft als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens aber vom Nennwert (Art. 8 Abs. 1 lit. a StG). Bei Zuschüssen ist für die Berechnung der Abgabe die Höhe des Zuschusses massgebend (Art. 8 Abs. 1 lit. b StG). Sachen und Rechte sind dabei zum Verkehrswert im Zeitpunkt ihrer Einbringung zu bewerten (Art. 8 Abs. 3 StG). 2.2. Es ist vorliegend unbestritten, dass der Verkauf der 50%igen Beteiligung an der Y.________ AG durch den Alleinaktionär und Verwaltungsratspräsidenten der Beschwerdeführerin, A.________, an die Beschwerdeführerin einen Zuschuss im Sinne von Art. 5 Abs. 2 lit. a StG bedeutet. Der Kaufpreis (Fr. 50'000.--) entspricht dem Nennwert der Aktien. Der effektive Wert der Beteiligung wird weit höher eingeschätzt. Im Einspracheverfahren berechnete die ESTV den Unternehmenswert der Y.________ AG auf Fr. 720'100'000.-- (abgerundet) und den Wert der 50%igen Beteiligung - nach Abzug des Kaufpreises von Fr. 50'000.-- - auf Fr. 360'000'000.-- (Einspracheentscheid S. 43). Diese Unternehmensbewertung ist vorliegend nicht mehr bestritten. 2.3. Einzig streitig ist, ob der abgabepflichtige Zuschuss im Zuge einer Umstrukturierung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. a bis StG erfolgte und gemäss dieser Vorschrift von der Emissionsabgabe ausgenommen ist. Diese Frage ist im Folgenden zu prüfen. 3. 3.1. Gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. a bis StG in der Fassung gemäss Fusionsgesetz vom 3. Oktober 2003 (AS 2004 2617) sind von der Abgabe ausgenommen: "Beteiligungsrechte, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse, Umwandlungen und Spaltungen von Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften begründet oder erhöht werden". Art. 6 Abs. 1 lit. a bis StG wurde bereits mit der Revision des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben vom 4. Oktober 1991 (AS 1993 222) in das Gesetz aufgenommen und mit Änderung vom 3. Oktober 2003 der Terminologie des Fusionsgesetzes angepasst. Die Vorschrift bezweckt, Kapitalbeschaffungen im Zusammenhang mit Umstrukturierungen, die oftmals unter dem Druck wirtschaftlicher Notwendigkeit erfolgen, steuerlich zu entlasten (Bericht der Kommission des Nationalrates vom 16. September 1991, BBl 1991 IV 516 Ziff. 42). Bereits das Stempelgesetz in der Fassung vom 27. Juni 1973 (AS 1974 11) kannte für "Beteiligungsrechte, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen oder diesen wirtschaftlich gleichkommende Zusammenschlüsse, Umwandlungen und Spaltungen" begründet werden, einen privilegierten Satz (aufgehobener Art. 9 Abs. 1 lit. a StG). 3.2. Der Begriff des wirtschaftlich