5A_89/2015 12.11.2015 - Schweizerisches Bundesgericht
Karar Dilini Çevir:
 Bundesgericht Tribunal fédéral Tribunale federale Tribunal federal        {T 0/2}    5A_89/2015               Urteil vom 12. November 2015    II. zivilrechtliche Abteilung   Besetzung Bundesrichter von Werdt, Präsident, Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Bovey, Gerichtsschreiber Zingg.  Verfahrensbeteiligte Kantonalbank X.________, Beschwerdeführerin,   gegen   Y.________ GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Rohn, Beschwerdegegnerin.  Gegenstand Paulianische Anfechtung (sachliche Zuständigkeit), ausservertragliche Haftung (Konkurs- und Betreibungsdelikte),  Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 20. November 2014.    Sachverhalt:    A.    A.a. Die Kantonalbank X.________ ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft mit Sitz in U.________. Gemäss Handelsregistereintrag liegt ihr Zweck darin, eine gewinnorientierte Universalbank im Einklang mit dem Kantonalbankgesetz zu betreiben. Die Y.________ GmbH ist eine Gesellschaft mit Sitz in V.________ (Deutschland). Sie ist im Handelsregister B des Amtsgerichts V.________ eingetragen. Sie bezweckt den Import und Export sowie den Grosshandel mit Reifen, elektronischen Teilen, Textilien, Stahlwaren aller Art und verwandten und ähnlichen Waren mit Ausschluss des Einzelhandels.   A.b. Die C.________ AG in Liquidation hat Sitz in W.________ und bezweckte den An- und Verkauf, Import und Export von Autoreifen und anderen einschlägigen Artikeln. Am 12. Oktober 2010 eröffnete das Gerichtspräsidium Baden den Konkurs über die C.________ AG. Mit schriftlichen Erklärungen vom 14. November 2011 und 16. Oktober 2012 trat die Konkursverwaltung (Konkursamt Aargau, Amtsstelle Baden) gestützt auf Art. 260 SchKG verschiedene Ansprüche der Konkursmasse, darunter sämtliche Anfechtungsansprüche gemäss Art. 285 ff. SchKG, an die Kantonalbank X.________ als Konkursgläubigerin ab.   B.  Mit Klage vom 12. Oktober 2012 an das Handelsgericht des Kantons Aargau verlangte die Kantonalbank X.________, die Y.________ GmbH sei zu verpflichten, ihr Fr. 2 Mio. nebst 5 % Zins seit 12. Oktober 2010 zu bezahlen. Die Y.________ GmbH widersetzte sich der Klage. Nach Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels (mit nachfolgender unaufgeforderter Triplik der Kantonalbank X.________), einer Instruktions- und Vermittlungsverhandlung (15. November 2013), des Beweisverfahrens (Zeugeneinvernahmen, teilweise auf dem Rechtshilfeweg in Deutschland) und der Hauptverhandlung (20. November 2014) wies das Handelsgericht mit Urteil vom 20. November 2014 die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Im Einzelnen trat das Handelsgericht auf die Klage mangels sachlicher Zuständigkeit nicht ein, soweit die Klage eine betreibungsrechtliche Anfechtung betraf, wobei es die Klage insoweit zusätzlich in einer Eventualerwägung abwies. Soweit sich die Klage auf die angebliche Verletzung einer Rangrücktrittsvereinbarung stützte, trat es auf sie mangels internationaler Zuständigkeit nicht ein. Soweit sich die Klage schliesslich auf eine angebliche unerlaubte Handlung stützte, wies es die Klage ab, soweit es darauf eintrat.   C.  Am 2. Februar 2015 hat die Kantonalbank X.________ (Beschwerdeführerin) Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das Urteil des Handelsgerichts aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid über die Anfechtungs- und die Schadenersatzklage zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um aufschiebende Wirkung. Das Handelsgericht hat auf Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung verzichtet. Die Y.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) hat sich dem Gesuch widersetzt. Mit Präsidialverfügung vom 17. Februar 2015 hat das Bundesgericht das Gesuch abgewiesen. In der Sache ersucht das Handelsgericht in seiner Beschwerdeantwort vom 19. August 2015 um Abweisung der Beschwerde. Mit Beschwerdeantwort vom 1. Oktober 2015 beantragt die Beschwerdegegnerin, auf die Beschwerde nicht einzutreten, soweit sie die materielle Beurteilung der Anfechtungsklage betreffe. Im Übrigen sei die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. Die Beschwerdeführerin hat am 19. Oktober 2015 repliziert. Die Beschwerdegegnerin hat sich daraufhin nicht mehr vernehmen lassen.    Erwägungen:    1.  Der angefochtene Entscheid betrifft sowohl eine paulianische Anfechtungsklage nach Art. 285 ff. SchKG wie auch eine Schadenersatzklage nach Art. 41 OR, womit die Beschwerde in Zivilsachen das zutreffende Rechtsmittel ist (Art. 72 Abs. 2 lit. a und Art. 72 Abs. 1 BGG). Sie ist ohne Rücksicht auf den Streitwert zulässig (Art. 74 Abs. 2 lit. b BGG; BGE 139 III 67 E. 1.2 S. 69 f.). Entscheide eines Handelsgerichts sind in Durchbrechung des Prinzips der double instance vor Bundesgericht anfechtbar (Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG; BGE 138 III 471 E. 1.1 S. 475 f.). Das angefochtene Urteil ist ein Endentscheid und die darin unterlegene Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde rechtzeitig eingereicht (Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens bildet der behauptete Schadenersatzanspruch gestützt auf die Verletzung einer Rangrücktrittsvereinbarung. Hinsichtlich der paulianischen Anfechtung und des behaupteten Anspruchs aus unerlaubter Handlung beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf einen Aufhebungs- und einen Rückweisungsantrag. Hinsichtlich der Schadenersatzklage ist der Verzicht auf einen materiellen Antrag zulässig, da das Handelsgericht einzig die Widerrechtlichkeit verneint hat (Fehlen einer Schutznorm bei reiner Vermögensschädigung), so dass es an Sachverhaltsfeststellungen zur weiteren Beurteilung des behaupteten Anspruchs mangelt (BGE 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1 S. 489 f. mit Hinweisen). Hingegen hat das Handelsgericht die paulianische Anfechtung in einer Eventualerwägung materiell beurteilt. Ob die Anträge der Beschwerdeführerin diesbezüglich genügen, kann offenbleiben, da auf die Eventualerwägung nicht einzugehen sein wird. Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist somit einzutreten.   2.    2.1. Strittig ist, ob das Handelsgericht zur Beurteilung einer paulianischen Anfechtungsklage (Art. 285 ff. SchKG, konkret einer Absichtsanfechtung gemäss Art. 288 SchKG) zuständig ist. Das Handelsgericht hat dies mit Blick auf BGE 140 III 355 verneint. Gemäss diesem Entscheid sind Handelsgerichte nicht zuständig, über betreibungsrechtliche Klagen mit Reflexwirkung auf das materielle Recht (konkret Widerspruchsklagen nach Art. 108 Abs. 1 SchKG) zu befinden. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Anfechtungsklage entspreche nicht der Definition einer betreibungsrechtlichen Klage mit Reflexwirkung auf das materielle Recht, wie sie BGE 140 III 355 zugrunde liege. Die Anfechtungsklage erfordere nämlich keine vorfrageweise Überprüfung der zivilrechtlichen Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts. Damit unterscheide sie sich von der Widerspruchsklage. In BGE 140 III 355 (insbesondere E. 2.3.3 S. 362 ff.) sei die Zuständigkeit des Handelsgerichts aber gerade deswegen abgelehnt worden, weil sonst die (materiellrechtliche) Vorfrage die Zuständigkeit bestimmen würde. Ausserdem sei es sachgerecht, auf die Handelsregistereinträge von Anfechtungskläger und -beklagtem abzustellen, und es entspreche der kantonalen Praxis, Anfechtungsklagen durch Handelsgerichte beurteilen zu lassen.   2.2. Die Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG bezweckt, Vermögen, das aus vollstreckungsrechtlicher Sicht unrechtmässig entäussert worden ist, in die Zwangsvollstreckung zurückzuführen. Ein gutheissendes Anfechtungsurteil macht die angefochtenen Rechtsgeschäfte zivilrechtlich nicht ungültig, sondern hat rein betreibungs- bzw. konkursrechtliche Wirkung. Der Anfechtungsbeklagte muss die Zwangsverwertung des anfechtbar erworbenen Vermögensgegenstands dulden oder gegebenenfalls eine Rückzahlung leisten (Art. 285 Abs. 1 und Art. 291 Abs. 1 SchKG; BGE 136 III 247 E. 2 S. 249; 135 III 265 E. 3 S. 268). Die Anfechtungsklage stützt sich auf eine gesetzliche Obligation, die durch das Schuldbetreibungs- und Konkursrecht begründet wird (BGE 131 III 227 E. 3.3 S. 232). Paulianische Anfechtungsklagen werden den betreibungsrechtlichen Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf das materielle Recht zugerechnet (BGE 131 III 227 E. 3.3 S. 232; 130 III 672 E. 3.2 S. 676; 114 III 110 E. 3d S. 113), wobei sich die Reflexwirkung darauf bezieht, dass der Anfechtungsbeklagte bei Gutheissung der Klage sein Recht faktisch und wertmässig einbüsst (THOMAS BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 11 zu Art. 291 SchKG).   2.3. Die Schlussfolgerungen von BGE 140 III 355 gelten allgemein für betreibungsrechtliche Klagen mit Reflexwirkung auf das materielle Recht und somit auch für die paulianische Anfechtungsklage (Art. 285 ff. SchKG). Wie nachfolgend darzulegen ist, geben die Einwände der Beschwerdeführerin zu keiner abweichenden Beurteilung Anlass.   2.3.1. Vorauszuschicken ist, dass der Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO sehr weit gefasst ist und es mit ihm durchaus vereinbar wäre, Anfechtungsklagen den Handelsgerichten zur Beurteilung zuzuweisen (BGE 140 III 355 E. 2.3.1 S. 358). Die Lehre äussert sich nur am Rande spezifisch zur Frage der handelsgerichtlichen Zuständigkeit für Anfechtungsklagen (befürwortend VOCK/NATER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 9b zu Art. 6 ZPO; VOCK/MÜLLER, SchKG-Klagen nach der Schweizerischen ZPO, 2012, S. 336; THEODOR HÄRTSCH, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 35 zu Art. 6 ZPO [unter der irrigen Annahme, es handle sich um eine Zivilrechtsstreitigkeit]; wohl auch DANIEL STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, a.a.O., N. 19 zu Art. 289 SchKG; dagegen KARL SPÜHLER, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht I, 6. Aufl. 2014, S. 220; für eine allgemeine Literaturübersicht vgl. BGE 140 III 355 E. 2.3.1 S. 359).   2.3.2. In BGE 140 III 355 E. 2.3.2 S. 359 ff. wurde dieser weit gefasste Wortlaut unter anderem gestützt auf die Entstehungsgeschichte von Art. 6 Abs. 2 lit. a ZPO eingeschränkt. Die sachliche Zuständigkeit der Handelsgerichte sollte sich nämlich laut der bundesrätlichen Botschaft zur ZPO (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7261 Ziff. 5.2.1 zu Art. 6 des Entwurfs) an den damals geltenden kantonalen Regeln orientieren. Die Handelsgerichtskantone hatten jedoch vor Inkrafttreten der eidgenössischen ZPO betreibungsrechtliche Streitigkeiten mit Reflexwirkung auf das materielle Recht mehrheitlich den ordentlichen Gerichten zugewiesen. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, dass dies für Anfechtungsklagen nicht gelte, da sie nach tradierter Auffassung der Handelsgerichtsbarkeit unterstehen können. Die von der Beschwerdeführerin genannten Belegstellen legen keine von BGE 140 III 355 abweichenden Schlüsse nahe. Im Kanton Aargau unterstanden paulianische Anfechtungsklagen nicht der Handelsgerichtsbarkeit (BÜHLER/EDELMANN/KILLER, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 1998, N. 7 zu § 404 ZPO/AG). Für den Kanton Zürich führen HAUSER/SCHWERI zwar aus, Anfechtungsklagen gehörten vor Handelsgericht. Sie begründen dies jedoch mit der fehlerhaften Annahme, es handle sich um eine reine Zivilrechtsstreitigkeit (HAUSER/SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, 2002, N. 31 zu § 62 GVG/ZH). Selbst wenn ihre Ausführungen insoweit die frühere Zürcher Praxis widerspiegeln (und damit Abweichungen zur Behandlung anderer betreibungsrechtlicher Klagen mit Reflexwirkung auf das materielle Recht bestanden, die grundsätzlich durch die ordentlichen Gerichte zu behandeln waren; dazu BGE 140 III 355 E. 2.3.2 S. 360 f. und HAUSER/SCHWERI, a.a.O.), können sie aufgrund der irrigen Prämisse über die Rechtsnatur der Klage für die Auslegung der eidgenössischen ZPO nicht wegleitend sein. Keine ausdrückliche Stellungnahme zu Anfechtungsklagen lässt sich LEUCH/ MARBACH/KELLERHALS/STERCHI entnehmen; allerdings unterstanden betreibungsrechtliche Klagen mit Reflexwirkung auf das materielle Recht im Kanton Bern nicht der handelsgerichtlichen Zuständigkeit (LEUCH/ MARBACH/KELLERHALS/ST

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