B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l
Abteilung I
A-5165/2016
Ur t e i l vom 2 3 . J a nu a r 2 0 1 7
Besetzung
Richter Jürg Steiger (Vorsitz),
Richterin Claudia Pasqualetto Péquignot,
Richterin Kathrin Dietrich,
Gerichtsschreiber Oliver Herrmann.
Parteien
A._______,
Beschwerdeführerin,
gegen
Post CH AG,
Wankdorfallee 4, 3030 Bern,
Beschwerdegegnerin,
Eidgenössische Postkommission PostCom,
Monbijoustrasse 51A, 3003 Bern,
Vorinstanz.
Gegenstand
Gesuch um Überprüfung des Standorts des
Hausbriefkastens.
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Sachverhalt:
A.
A._______ bewohnt ein 1973 erstelltes Einfamilienhaus an der (…) in (…).
Das Grundstück ist im Süden über einen asphaltierten Garagenvorplatz
(nachfolgend: Vorplatz) durch die Quartierstrasse (…) (nachfolgend: Er-
schliessungsstrasse) erschlossen. Im Westen verläuft ein öffentlicher, mit
Gras bewachsener und rund ein Meter breiter Fussweg (nachfolgend:
Fussweg) von der Erschliessungsstrasse dem Grundstück – und dabei zu-
nächst dem Vorplatz – entlang in den sich nördlich der Liegenschaft be-
findlichen Wald.
Der Hausbriefkasten (nachfolgend: Briefkasten) befand sich seit 1973 etwa
fünf Meter von der Erschliessungsstrasse und etwa einen halben Meter
vom Fussweg entfernt auf dem Vorplatz. Im Rahmen eines Totalumbaus
der Liegenschaft versetzte A._______ den Briefkasten im Jahr 2015 auf
dem Vorplatz – von der Erschliessungsstrasse aus gesehen und parallel
zum Fussweg – rund einen Meter weiter zurück in die unmittelbare Nähe
der Umfriedung des Hauses, welche an den Vorplatz angrenzt. Neben dem
Briefkasten befindet sich zwischen der Doppelgarage und einer Hecke ein
schmiedeeisernes Garten- bzw. Eingangstor (nachfolgend: Eingangstor),
durch welches man vom Vorplatz in den umfriedeten Bereich des Anwe-
sens gelangt.
B.
Die Post CH AG (nachfolgend: Post), ein Tochterunternehmen der Schwei-
zerischen Post AG, bezweckt gemäss Handelsregisterauszug die ord-
nungsgemässe Erfüllung der von dieser übertragenen Verpflichtungen zur
Grundversorgung mit Postdiensten gemäss Postgesetzgebung. Sie for-
derte A._______ mehrmals auf, ihren Briefkasten an die Grundstücks-
grenze zu versetzen, erstmals am 19. Juni 2015 und letztmals mit Schrei-
ben vom 30. September 2015 sowie unter Androhung der Einstellung der
Hauszustellung für den Unterlassungsfall.
C.
A._______ gelangte am 21. Oktober 2015 schriftlich an die PostCom und
ersuchte diese um Überprüfung des Entscheides der Post zum Standort
des Briefkastens. Sie beantragte sinngemäss, es sei die Rechtmässigkeit
des heutigen Briefkastenstandorts zu bestätigen.
Mit Verfügung vom 23. Juni 2016 wies die PostCom das Gesuch ab.
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D.
Gegen diesen Entscheid der PostCom (nachfolgend: Vorinstanz) erhebt
A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführerin) mit Eingabe vom 25. Au-
gust 2016 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Sie beantragt die
Aufhebung der Verfügung der Vorinstanz und die Bestätigung der Recht-
mässigkeit des aktuellen Standorts ihres Briefkastens.
E.
Die Post (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) mit Beschwerdeantwort vom
4. Oktober 2016 und die Vorinstanz mit Vernehmlassung vom 20. Oktober
2016 ersuchen um Abweisung der Beschwerde.
F.
Mit prozessleitender Verfügung vom 24. Oktober 2016 gibt das Bundesver-
waltungsgericht den Parteien Gelegenheit, bis am 24. November 2016 all-
fällige Schlussbemerkungen einzureichen. Die Beschwerdegegnerin ver-
zichtet auf Ergänzungen und die Beschwerdeführerin lässt sich nicht mehr
vernehmen.
G.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien und die sich bei den Akten be-
findlichen Dokumente wird – soweit entscheidrelevant – in den nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine Verfügung im
Sinne von Art. 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG, SR 172.021),
die von einer Vorinstanz im Sinne von Art. 33 Bst. f des Verwaltungsge-
richtsgesetzes (VGG, SR 173.32) erlassen wurde (vgl. ferner Art. 76 der
Postverordnung vom 29. August 2012 [VPG, SR 783.01]). Da keine Aus-
nahme gemäss Art. 32 VGG vorliegt, ist das Bundesverwaltungsgericht zur
Beurteilung der Beschwerde zuständig (Art. 31 VGG und Art. 44 VwVG).
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem
VwVG, soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
1.2 Die Beschwerdeführerin hat sich am vorinstanzlichen Verfahren betei-
ligt und ist als Adressatin der angefochtenen Verfügung, mit welcher die
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Vorinstanz ihr Gesuch abgewiesen hat, sowohl formell als auch materiell
beschwert, weshalb sie zur Beschwerde legitimiert ist (vgl. Art. 48 Abs. 1
VwVG).
1.3 Auf die im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (vgl.
Art. 50 Abs. 1 und Art. 52 VwVG) ist demnach einzutreten.
2.
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet grundsätzlich mit uneinge-
schränkter Kognition. Es überprüft die angefochtene Verfügung auf Rechts-
verletzungen – einschliesslich unrichtiger oder unvollständiger Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts und Rechtsfehler bei der Ermessens-
ausübung – sowie auf Angemessenheit hin (Art. 49 VwVG).
Bei der Angemessenheitsprüfung auferlegt sich das Bundesverwaltungs-
gericht allerdings eine gewisse Zurückhaltung und greift nicht in den Beur-
teilungsspielraum der rechtsanwendenden Behörde ein, wenn diese – wie
vorliegend die Vorinstanz – den örtlichen, technischen und persönlichen
Verhältnissen näher steht als die Beschwerdeinstanz. Es hat eine unange-
messene Entscheidung zu korrigieren, muss aber der Vorinstanz die Wahl
zwischen mehreren sachgerechten Lösungen überlassen. Wenn es um die
Beurteilung ausgesprochener Spezialfragen geht, in denen die Vorinstanz
über besonderes Fachwissen verfügt, weicht das Bundesverwaltungsge-
richt nicht ohne Not von der Auffassung der Vorinstanz ab. Dies gilt jeden-
falls für den Fall, dass Letztere die für den Entscheid wesentlichen Ge-
sichtspunkte geprüft und die erforderlichen Abklärungen getroffen hat (Ur-
teile des Bundesverwaltungsgerichts [BVGer] A-6192/2015 vom 11. Januar
2017 E. 1.4.2, A-6119/2015 vom 26. Mai 2016 E. 2 und A-173/2015 vom
8. Juni 2015 E. 2.2, je m.w.H.).
3.
Gestützt auf Art. 10 des Postgesetzes vom 17. Dezember 2010 (PG,
SR 783.0) hat der Bundesrat in der Postverordnung die Bedingungen für
Hausbriefkästen und Zustellanlagen am Domizil der Empfängerin oder des
Empfängers geregelt.
3.1 Die Eigentümerin oder der Eigentümer einer Liegenschaft muss für die
Zustellung von Postsendungen auf eigene Kosten einen frei zugänglichen
Briefkasten oder eine frei zugängliche Briefkastenanlage einrichten (Art. 73
Abs. 1 VPG). Dass diese Vorgabe im vorliegenden Fall erfüllt ist, wird von
Vorinstanz und Beschwerdegegnerin nicht in Abrede gestellt, weshalb
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nachfolgend von diesem Sachverhalt auszugehen ist, zumal die Beschwer-
de ohnehin abzuweisen sein wird.
Es ist jedoch anzumerken, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe
vom 21. Oktober 2015 an die Vorinstanz ausführte: "Auch der neue Brief-
kasten wurde nicht an die Strasse gestellt, da es dadurch unmöglich wäre,
3 Autos auf dem Vorplatz zu parkieren". Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts ist indessen ein als Autoabstellplatz dienender Vorplatz, an
dessen Rand der Briefkasten angebracht ist, nicht frei zugänglich im Sinne
von Art. 10 der Verordnung des UVEK vom 18. März 1998 zur Postverord-
nung (AS 1998 1609; nachfolgend: Verordnung des UVEK), welcher inhalt-
lich dem heutigen Art. 73 Abs. 1 VPG entspricht (Urteil des Bundesgerichts
[BGer] 2C_827/2012 vom 19. April 2013 E. 4.4.2; vgl. ferner Urteil des
BVGer A-8335/2010 vom 5. Mai 2011 E. 2.3).
3.2 Der Briefkasten ist an der Grundstücksgrenze beim allgemein benutz-
ten Zugang zum Haus aufzustellen (Art. 74 Abs. 1 VPG).
3.3 Sind die Vorgaben für die Briefkästen und Briefkastenanlagen nach
den Art. 73–75 VPG nicht eingehalten, ist die Beschwerdegegnerin nicht
zur Hauszustellung von Postsendungen verpflichtet (Art. 31 Abs. 2 Bst. c
VPG).
4.
4.1 Die Vorinstanz bringt zur Begründung der angefochtenen Verfügung im
Wesentlichen vor, im Fall der Beschwerdeführerin verlaufe der allgemein
benutzte Zugang zum Haus, wo der Briefkasten aufzustellen sei, über die
Erschliessungsstrasse und den Vorplatz. Verfüge ein Grundstück, wie das-
jenige der Beschwerdeführerin, über keine Einfriedung gegen die Strasse,
sei der offene Vorplatz als Ganzes als Zugang zum Haus zu verstehen. Die
Grundstücksgrenze beim allgemein benutzten Zugang zum Haus verlaufe
dann entlang des Übergangs vom Vorplatz auf die Strasse. Von dieser
Grundstücksgrenze sei der Briefkasten der Beschwerdeführerin mindes-
tens fünf Meter entfernt, weshalb das Erfordernis, den Briefkasten an der
Grundstücksgrenze beim allgemein benutzten Zugang zum Haus aufzu-
stellen, vorliegend nicht erfüllt sei.
Neben dem aktuellen Briefkastenstandort befände sich eine Doppelga-
rage. Die Beschwerdeführerin habe im vorinstanzlichen Verfahren ausge-
führt, der Briefkasten sei im Jahr 2015 zurückversetzt worden, da es sonst
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unmöglich sei, auf dem Vorplatz drei Autos zu parkieren. Es sei daher da-
von auszugehen, dass auf dem Vorplatz regelmässig Autos parkiert seien.
Das habe zur Folge, dass der Zustellbote den Briefkasten am aktuellen
Standort nicht direkt anfahren könne, sondern sein Zustellfahrzeug parkie-
ren und die Distanz zum Briefkasten zu Fuss zurücklegen müsse, was
auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten werde. Die Zustellung
werde dadurch nicht unerheblich erschwert.
4.2 Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, ihr Grundstück werde
ebenso wie über die Erschliessungsstrasse über den Fussweg erschlos-
sen, weshalb auch Letzterer als allgemein benutzter Zugang zum Haus im
Sinne von Art. 74 Abs. 1 VPG zu betrachten sei. Als solcher sei nicht der
befahrene Vorplatz, sondern vielmehr das Eingangstor anzusehen.
4.3 Die Beschwerdegegnerin verweist im Wesentlichen auf die angefoch-
tene Verfügung und die Begründung der Vorinstanz. Ergänzend macht sie
namentlich geltend, sie habe im Rahmen der Umsetzung der neuen Post-
gesetzgebung eine Vielzahl an nicht verordnungskonformen Briefkasten-
standorten zu überprüfen und Grundstückeigentümer entsprechend zu in-
formieren. Dies könne nicht überall gleichzeitig geschehen, sondern be-
dürfe einer zeitlichen Staffelung.
Im Fall der Beschwerdeführerin bedeute die Distanz von zweimal rund fünf
Metern (Hin- und Rückweg) von der Grundstücksgrenze zum Standort des
Briefkastens einen deutlichen Mehraufwand für die Beschwerdegegnerin
(bzw. den Zustellboten). Im Einzelfall möge dieser zwar nicht gross erschei-
nen; massgebend sei indes eine Hochrechnung auf sämtliche Postkunden
in der Schweiz.
5.
Zwischen den Parteien ist umstritten, wo sich der allgemein benutzte Zu-
gang zum Haus an der Grundstücksgrenze im Sinne von Art. 74 Abs. 1
VPG befindet und ob der aktuelle Standort des Briefkastens der Beschwer-
deführerin dieses Erfordernis erfüllt.
5.1 Das Bundesverwaltungsgericht ist nach einlässlicher Auslegung des in-
haltlich mit Art. 74 Abs. 1 VPG übereinstimmenden Art. 11 Satz 1 der Ver-
ordnung des UVEK zum Schluss gelangt, dass darunter "der übliche und
grundsätzlich von allen – so insbesondere von den Bewohnern und Besu-
chern – verwendete Weg zum Eingang des Hauses zu verstehen" ist. Der
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Briefkasten ist mithin "am Schnittpunkt der Grundstücksgrenze mit dem üb-
lichen und grundsätzlich von allen verwendeten Weg zum Eingang des
Hauses aufzustellen" (Urteil des BVGer A-3895/2011 vom 18. April 2012
E. 4.1.1 und 4.1.5).
Die Standortvorschriften in Art. 73 ff. VPG sollen den Anbieterinnen von
Postdienstleistungen eine einfache, wirtschaftliche und effiziente Postzu-
stellung ermöglichen. Andererseits wird dem Interesse der Postkunden
Rechnung getragen, die Sendungen in der Nähe des Hauseingangs in
Empfang nehmen zu können (vgl. Urteile des BVGer A-2021/2016 vom
8. November 2016 E. 6.4.4.1, A-3713/2015 vom 27. April 2016 E. 7.5 und
A-3895/2011 vom 18. April 2012 E. 4.1.4 m.w.H.; [undatierter] Erläute-
rungsbericht des Generalsekretariats UVEK zur VPG, Art. 74 S. 32). Art. 11
Satz 1 der Verordnung des UVEK bzw. Art. 74 Abs. 1 VPG basieren auf der
Annahme, dass der Zustellungsaufwand an der Grundstücksgrenze beim
allgemein benutzten Hauszugang am geringsten ist (Urteile des BVGer
A-152/2012 vom 28. Juni 2012 E. 3.2, A-3895/2011 vom 18. April 2012
E. 4.1.3 und A-8126/2010 vom 28. April 2011 E. 2.3).
Für die Bestimmung des allgemein benutzten Hauszugangs ist also insbe-
sondere von Bedeutung, wo ein Post- bzw. Zustellungsbote normalerweise
das Grundstück betritt. Dies bringt auch Art. 74 Abs. 2 Satz 2 VPG zum
Ausdruck, wonach bei verschiedenen möglichen Standorten derjenige zu
wählen ist, der am nächsten zur Strasse liegt (da dieser für den Zustellbo-
ten regelmässig am einfachsten erreichbar ist). Dies gilt jedenfalls bei meh-
reren Briefkästen für die gleiche Hausnummer (vgl. Art. 74 Abs. 2 Satz 1
VPG). Ob sich diese Vorschrift (Art. 74 Abs. 2 Satz 2 VPG) auch auf Art. 74
Abs. 1 VPG bezieht (was im Urteil des BVGer A-3713/2015 vom 27. April
2016 E. 5 – allerdings ohne nähere Auseinandersetzung mit der Gesetzes-
systematik – bejaht wurde), muss vorliegend nicht abschliessend beurteilt
werden. Es ist aber nicht ersichtlich, weshalb nicht auch ein einziger Brief-
kasten bei mehreren möglichen Standorten am nächsten zur Strasse lie-
gen sollte, wie dies Art. 11 der Verordnung des UVEK noch klar festgehal-
ten hatte. Dazu erwog das Bundesverwaltungsgericht, im Fall mehrerer
möglicher Standorte sei "im Sinne eines zusätzlichen Kriteriums und im
Hinblick auf einen minimalen Zustellungsaufwand jener Standort zu wäh-
len, der am nächsten zur S