B u n d e s v e rw a l t u ng s g e r i ch t
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i f f éd é r a l
T r i b u n a l e am m in i s t r a t i vo f e d e r a l e
T r i b u n a l ad m i n i s t r a t i v fe d e r a l
Entscheid bestätigt durch BGer mit
Urteil vom 23.07.2018 (9C_161/2018)
Abteilung I
A-7614/2016
Ur t e i l vom 1 7 . Janu a r 2 0 1 8
Besetzung
Richter Michael Beusch (Vorsitz),
Richterin Annie Rochat Pauchard, Richter Pascal Mollard,
Gerichtsschreiberin Anna Strässle.
Parteien
1. Verband X._______,
c/o A._______, (…),
2. B._______, (…),
3. A._______, (…),
alle vertreten durch
Dr. iur. Philip Conradin-Triaca, Rechtsanwalt,
Baur Hürlimann AG, (…),
Beschwerdeführende,
gegen
1. Kanton Solothurn,
4509 Solothurn,
vertreten durch
den Regierungsrat des Kantons Solothurn, Rathaus,
Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn,
handelnd durch
das Finanzdepartement des Kantons Solothurn, Rathaus,
Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn,
2. Pensionskasse Kanton Solothurn,
Dornacherplatz 15, Postfach, 4501 Solothurn,
Beschwerdegegner,
BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn,
Rötistrasse 4, Postfach 548, 4501 Solothurn,
Vorinstanz,
Gegenstand
Berufliche Vorsorge; Entscheid der BVG- und Stiftungsauf-
sicht des Kantons Solothurn vom 8. November 2016
betr. Aufhebung von § 22 Abs. 4 lit. b PKG; Auflösung
des Teuerungsfonds,
A-7614/2016
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Sachverhalt:
A.
A.a Die Pensionskasse Kanton Solothurn (nachfolgend: Pensionskasse
SO) mit Sitz in Solothurn ist eine im Register für die berufliche Vorsorge
des Kantons Solothurn eingetragene, selbständige öffentlich-rechtliche An-
stalt. Sie bezweckt die berufliche Vorsorge der versicherten Personen ge-
gen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Tod und Invalidität.
A.b Der Kantonsrat des Kantons Solothurn verabschiedete am 25. Juni
2014 das Gesetz über die Pensionskasse Kanton Solothurn (PKG,
BGS 126.581) in zwei Varianten und unterstellte die Vorlage der Volksab-
stimmung. Das Ergebnis dieser Volksabstimmung wurde von der Staats-
kanzlei im Amtsblatt des Kantons Solothurn Nr. 40 vom 3. Oktober 2014
publiziert. Demgemäss hat das Volk am 28. September 2014 die Variante
2 des PKG angenommen. Das angenommene PKG wurde im Amtsblatt
Nr. 43 vom 24. Oktober 2014 unter «allgemeinverbindliche Erlasse» publi-
ziert und der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes auf den 1. Januar
2015 festgelegt.
A.c Gemäss § 22 Abs. 3 Satz 4 PKG werden die Teuerungszulagen auf
den Renten nach den gleichen Grundsätzen wie das Vorsorgekapital der
Rentner und Rentnerinnen kapitalisiert und zum Vorsorgekapital der Rent-
ner und Rentnerinnen dazugerechnet. § 22 Abs. 4 Bst. b PKG bestimmt:
«Für die technischen Rückstellungen gilt Folgendes: der Teuerungsfonds
wird aufgelöst».
A.d Am 31. Oktober 2014 hatten der Verband X._______, B._______ so-
wie A._______ nebst ihrer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegen-
heiten – auf welche das Bundesgericht nicht eintrat – eine weitgehend
identische «vorsorgerechtliche Beschwerde» bei der BVG- und Stiftungs-
aufsicht des Kantons Solothurn erhoben. Sie stellten u.a. den Antrag, § 22
Abs. 4 Bst. b PKG sei aufzuheben und forderten eventualiter die Aufhe-
bung von § 22 Abs. 1 Satz 5 PKG. Die BVG- und Stiftungsaufsicht des
Kantons Solothurn trat mit Verfügung vom 11. März 2015 auf die Be-
schwerde nicht ein. Diese Verfügung wurde mit dem mittlerweile rechts-
kräftigen Urteil A-2343/2015 vom 15. Juli 2016 vom Bundesverwaltungs-
gericht aufgehoben und die Angelegenheit zu einem Entscheid in der Sa-
che an die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn zurückge-
wiesen.
A-7614/2016
Seite 4
B.
Mit Entscheid vom 8. November 2016 wies die BVG- und Stiftungsaufsicht
des Kantons Solothurn die Beschwerde vom 31. Oktober 2014 ab (Ziff. 1).
Sie stellte fest, § 22 Abs. 4 Bst. b PKG verstosse nicht gegen Art. 49 Abs. 1
BV, Art. 62 Abs. 1 und Art. 91 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über
die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG,
SR 831.40) und sei einer bundesrechtskonformen Auslegung zugänglich
(Ziff. 2). Somit würden § 22 Abs. 4 Bst. b PKG und § 22 Abs. 1 Satz 5 PKG
im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle weder für unanwendbar erklärt
noch aufgehoben (Ziff. 3 und Ziff. 4). Ausserdem auferlegte die BVG- und
Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn dem Verband X._______,
B._______ sowie A._______ eine Gebühr in Höhe von Fr. 5‘000.-- (Ziff. 5)
und verneinte die Ausrichtung einer Parteientschädigung (Ziff. 6).
Die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn begründete ihren
Entscheid vornehmlich damit, aus Art. 65b BVG und Art. 48e der Verord-
nung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge (BVV 2, SR 831.441.1) ergebe sich die Verpflichtung
des Vorsorgewerks, Rückstellungen für versicherungstechnische Risiken,
Rückstellungen für die Sicherung der Finanzierung sowie Schwankungsre-
serven zu bilden, wobei diese reglementarisch festgehalten sein müssten
und der Grundsatz der Stetigkeit zu beachten sei. Darüber hinaus gäbe es
keine weiteren Vorgaben. Somit seien die Vorsorgeeinrichtungen frei, in
Absprache mit dem Experten für die berufliche Vorsorge über Art. 65b BVG
und Art. 48e BVV 2 hinausgehend zusätzliche reglementarische und ge-
setzliche Anordnungen über die Bildung und Auflösung von Rückstellungen
und Reserven vorzusehen (weitgehender Autonomiebereich der Vorsorge-
einrichtung). Es gebe keine Norm im Bundesrecht, die eine Bildung bzw.
Auflösung von Rückstellungen für Teuerungszulagen vorschreibe. Im Er-
messensbereich sei seitens der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons
Solothurn lediglich die pflichtgemässe Ermessensausübung zu überprüfen;
ein Ermessensfehler könne nicht nachgewiesen werden. Die kantonalen
Aufsichtsbehörden seien auch zur abstrakten Normenkontrolle von öffent-
lich-rechtlichen Erlassen verpflichtet, die von der kantonalen Legislative
bzw. Exekutive als reglementarische Vorschriften öffentlich-rechtlicher Vor-
sorgeeinrichtungen ergangen seien. Soweit diese Normenkontrolle pflicht-
gemäss vorgenommen werde und die Vereinbarkeit der Reglemente mit
Bundesrecht überprüft werde, liege keine Verletzung von Art. 62 BVG vor.
Da weder im Bundesrecht noch im kantonalen Recht die Verpflichtung des
Kantons bzw. der Pensionskasse SO existiere, bei einem umhüllenden
A-7614/2016
Seite 5
Vorsorgewerk Teuerungszulagen auf Altersrenten auszurichten und ent-
sprechende Reserven zu bilden, sei die BVG- und Stiftungsaufsicht des
Kantons Solothurn gestützt auf das BVG nicht befugt, den Kanton zu zu-
sätzlichen, aussergesetzlichen Leistungen oder Ermessensleistungen an-
zuhalten. Eine Verletzung von Art. 65b BVG und Art. 48e BVV 2 sei über-
dies nicht gerügt worden. Rückstellungen für die Anpassung der Renten an
die Teuerung würden gebildet, weil gesetzliche oder reglementarische
Rentenanpassungen zu einer Erhöhung der Vorsorgekapitalien und der
technischen Rückstellungen führten. Die Pensionskasse SO habe über
Jahre hinweg ein erhebliches und zu einem bedeutenden Teil strukturelles
(nicht anlagewertbedingtes) Defizit ausgewiesen. Diesem sei nicht allein
mittels konventioneller Sanierungs- und Zusatzbeiträge zu begegnen ge-
wesen. Weitergehende Anpassungen seien unabdingbar gewesen, um die
finanzielle Sicherheit wiederherzustellen. Dieser Sanierungsbeitrag sei un-
verzichtbar gewesen und halte auch vor dem Gebot der Gleichbehandlung
stand, da ansonsten die Aktivversicherten eine überproportionale Last zur
Behebung der Unterdeckung zu tragen gehabt hätten. Die Beschwerdefüh-
renden hätten die Auflösung des Teuerungsfonds hinzunehmen, da das fi-
nanzielle Gleichgewicht der Vorsorgeeinrichtung als übergeordnetes Ziel,
dessen Sicherstellung dauernde Aufgabe des Stiftungsrates und bei Un-
terdeckung eine vordringliche Massnahme sei, und auch das Gleichbe-
handlungsgebot dies eindeutig erfordern würden. Der konkrete Eingriff sei
überdies angemessen und innert nützlicher Frist wirksam. § 22 Abs. 4
Bst. b PKG und § 22 Abs. 1 Satz 5 PKG würden Art. 65b BVG und Art. 48e
BVV 2 nicht verletzen. Art. 91 BVG habe lediglich eine übergangsrechtliche
Bedeutung, indem insbesondere vorobligatorische Ansprüche nur abgeän-
dert werden dürften, wenn und soweit das Reglement eine ausdrückliche
Bestimmung enthalte. Eine Gesetzesrevision schaffe nur die Möglichkeit,
das Vorsorgeverhältnis anders zu gestalten als bisher. Ein Recht auf Be-
sitzstandswahrung könne jedoch aus Art. 91 BVG nicht abgeleitet werden.
Die Teuerungszulage sei im Umlageverfahren finanziert und ein Vorsorge-
kapital für die Teuerungszulage nicht gebildet worden. Da das Umlagever-
fahren nicht mehr erlaubt sei, sei ein entsprechendes Vorsorgekapital zu-
rückzustellen; der bestehende Teuerungsfonds sei zu Gunsten der Be-
triebsrechnung ausgebucht und zu Lasten der Betriebsrechnung in das
Vorsorgekapital Rentner eingebucht worden. Dieser neutrale buchhalteri-
sche Vorgang habe zu keiner Reduktion der Renten bzw. zu keiner Verlet-
zung des «Besitzstandes» geführt. Dem Eventualantrag komme keine ei-
genständige Bedeutung zu; sie könne die Pensionskasse SO nicht anwei-
sen, gegen das Legalitätsprinzip zu verstossen.
A-7614/2016
Seite 6
C.
Mit Eingabe vom 8. Dezember 2016 erhoben der Verband X._______,
B._______ und A._______ (nachfolgend: Beschwerdeführende) gegen
den Entscheid der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn vom
8. November 2016 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und be-
antragen die vollumfängliche Aufhebung dieses Entscheides sowie des
§ 22 Abs. 4 Bst. b PKG (Ziff. 1). Eventualiter sei der Entscheid aufzuheben
und die Sache zur Neubeurteilung an die BVG- und Stiftungsaufsicht des
Kantons Solothurn zurückzuweisen (Ziff. 2); alles unter Kosten- und Ent-
schädigungsfolgen. Da seit dem Vorliegen der Rechnung für das Jahr 2014
klar sei, dass der Überschuss nicht dem Kanton zu Gute komme, erübrige
sich der Eventualantrag auf Aufhebung von § 22 Abs. 1 Satz 5 PKG.
Der angefochtene Entscheid und § 22 Abs. 4 Bst. b PKG würden den in
Art. 62, 65 und 91 BVG zum Ausdruck gebrachten bundesrechtlichen
Grundsatz missachten, wonach das Vermögen der Pensionskasse gemäss
seiner Zweckbestimmung zu verwenden sei. Folglich würde auch Art. 49
BV verletzt. Der (nach Finanzierung des Vorsorgekapitals für die bereits
laufenden Teuerungszulagen verbleibende) Überschuss in Höhe von
Fr. 26‘696‘933.-- werde nämlich nicht in das Vorsorgekapital Rentner ein-
gebucht, sondern falle in die allgemeinen Mittel, obwohl die Beiträge an die
Teuerungszulage zweckgebunden entrichtet worden seien. § 22 Abs. 4
Bst. b PKG entziehe sich jeglicher bundesrechtskonformen Auslegung und
sei aufzuheben. Nach dem klaren Wortlaut werde der Teuerungsfonds auf-
gelöst und existiere nicht mehr; der Überschuss sei somit nicht mehr für
Teuerungszulagen zurückgestellt. Auch eine Weiterführung oder Neuer-
richtung des Teuerungsfonds sei – trotz Art. 48e BVV 2 – ausgeschlossen.
Der Wille des Gesetzgebers, dass nur bei hinreichenden freien Mitteln im
Sinne von Art. 36 Abs. 2 BVG von der Verwaltungskommission Teuerungs-
zulagen beschlossen werden dürften, widerspreche freilich einer Reserve-
bildung für Teuerungszulagen im Sinne von Art. 48e BVV 2. Auch gemäss
teleologischer Auslegung verstosse die Schaffung eines neuen Teuerungs-
fonds klarerweise gegen den gesetzgeberischen Grundgedanken von § 22
Abs. 4 Bst. b PKG. Die Ausführungen der BVG- und Stiftungsaufsicht des
Kantons Solothurn bzgl. ihrer angeblichen Rechtskontrolle missachte, dass
das Zweckbindungsgebot Bundesrecht darstelle und es nicht im Autono-
miebereich der einzelnen Vorsorgeeinrichtung liege, das für einen be-
stimmten Zweck zurückgestellte Vermögen, welches mit zweckbestimm-
ten, prozentual fixierten Beiträgen geäufnet worden sei, zweckentfremdet
zu verwenden. Es sei mittlerweile rechtskräftig entschieden, dass die BVG-
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Seite 7
und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn § 22 Abs. 4 Bst. b PKG auf-
heben könne und müsse, auch wenn die Bestimmung vom Kanton erlas-
sen worden sei und sie immer noch teilweise an ihrer Unzuständigkeit fest-
halten möchte. Gemäss Art. 65 Abs. 1 BVG müssten Vorsorgeeinrichtun-
gen jederzeit Sicherheit dafür bieten, dass sie die übernommenen Ver-
pflichtungen erfüllen könnten; hierfür dienten Rückstellungen. Für die Teu-
erungsanpassung dürften auch Rückstellungen vorgenommen werden,
wobei solche zur Finanzierung der Teuerungsanpassung als Finanzie-
rungsrückstellungen bzw. technische Rückstellungen gelten würden. Diese
müssten dann gebildet werden, wenn ein Leistungsversprechen bestehe,
das durch die entsprechenden Beiträge nicht (ausreichend) gedeckt sei o-
der von Schwankungen auszugehen sei. Finanzierungsrückstellungen
dürften dann gebildet werden, wenn sie einer Zweckbestimmung unterstellt
würden und müssten bei einer (teilweisen) Auflösung bestimmungsgemäss
verwendet werden. Es würden auch keine Voraussetzungen vorliegen, die
eine Zweckänderung des Teuerungszulagefonds rechtfertigten, wobei
auch die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn § 22 Abs. 4
Bst. b PKG nicht mit einer solchen begründe. Der Überschuss falle zwar in
die allgemeinen Mittel und verbleibe damit (immerhin) bei der Pensions-
kasse. Dennoch vermindere er (ohne allfällige Gegenleistung) die Höhe
von künftigen Sanierungsbeiträgen (auch) des Arbeitgebers, obwohl der
Teuerungsfonds alleine für die Teuerungszulagen und nicht für den Arbeit-
geber bestimmt gewesen sei. Dies sei unzulässig. Durch die Aufhebung
des automatischen Teuerungsausgleichs werde der Teuerungsfonds nicht
zwecklos, da eine nicht automatische Teuerungsanpassung gemäss
Art. 36 BVG von Bundesrechts wegen zulässig sei, wofür der Überschuss
verwendet werden müsste. Art. 91 BVG könne nicht nur auf intertemporal-
rechtliche Fragen reduziert werden.
D.
Die BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Solothurn (nachfolgend: Vo-
rinstanz) beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 21. Februar 2017, auf die
Beschwerde vom 8. Dezember 2016 sei nicht einzutreten oder diese sei
allenfalls abzuweisen und den vorinstanzlichen Entscheid zu bestätigen.
Adressat der Weisungsgewalt der Aufsichtsbehörde sei die Vorsorgeein-
richtung, nicht der demokratisch legitimierte Gesetzgeber des Kantons So-
lothurn. Sie sei nicht befugt, den kantonalen Erlass aufzuheben oder ver-
pflichtet, einen (nicht beantragten) Feststellungsentscheid zu fällen. Sie
könne im Rahmen von Art. 62 BVG lediglich Massnahmen gegenüber einer
Vorsorgeeinrichtung innerhalb des BVG bzw. wenn die obligatorischen
BVG-Pflichtleistungen gefährdet seien, anordnen. Eine Kompetenz, in die
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Seite 8
kantonale Gesetzgebung rechtsschöpferisch einzugreifen, ergebe sich aus
Art. 62 BVG nicht. Die zweckwidrige Mittelverwendung als Rechtsanwen-
dungsakt unterliege nicht der abstrakten Normenkontrolle und könne somit
mit dem initiierten Rechtsmittelverfahren nicht beanstandet werden. Über-
dies liege keine zweckwidrige Mittelverwendung vor, da es keinen Mittel-
abfluss bzw. Bilanzkürzungen, sondern lediglich Umbuchungen gegeben
habe. Das schutzwürdige Interesse der Beschwerdeführenden sei zu ver-
neinen, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei. Weiter sei die
Verletzung der Bestimmungen in Art. 65, 65b BVG und Art. 48e BVV 2
nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens gewesen; mit der vor-
liegenden Beschwerde könnten diese Rügen nicht mehr vorgetragen wer-
den. Aufgrund des Sanierungszwanges bei öffentlich-rechtlichen Pensi-
onskassen habe das PKG angepasst werden müssen. Das Sanierungsziel
sei dem Leistungsziel um Ausrichtung von fakultativen Teuerungszulagen
überzuordnen.
E.
In seiner Beschwerdeantwort vom 21. Februar 2017 beantragt der Kanton
Solothurn bzw. die Pensionskasse Kanton Solothurn (nachfolgend: Be-
schwerdegegnerin) die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen. Eine Zuweisung in die Wertschwan-
kungsreserven käme allen Destinatären – nicht nur den Rentnern – zugute,
ein Rückfluss an den Arbeitgeber würde verhindert werden. Die Vorinstanz
habe die buchhalterischen Vorgänge korrekt erfasst. Die Schaffung eines
neuen Teuerungsfonds würde – entgegen der Auffassung der Beschwer-
deführenden – nicht dem Willen des Parlaments widersprechen. Der Ge-
setzgeber des Kantons Solothurn habe einzig beschlossen, dass keine
Äufnung einer derartigen Rückstellung über Beiträge der Arbeitgeber mehr
erfolgen solle. Die angebliche Verfassungswidrigkeit sei nicht erkennbar,
zumal auch die Zweckbindung des Überschusses nicht so absolut sei, wie
die Beschwerdeführenden meinten. Die vorliegende Ausfinanzierung der
Kasse sei ein wesentlich drastischerer Schritt als eine Teilliquidation, bei
welcher eine Zweckänderung mit Blick auf die Interessenabwägung zwi-
schen Fort- und Abgangsbestand ebenfalls zulässig sei. Somit hätten
sämtliche Mittel miteinbezogen werden müssen. Art. 91 BVG ziehe die
Grenze nur dort, wo es um den Eingriff in wohlerworbene Rechte gehe,
wobei mit der Auflösung des Teuerungsfonds keine solchen verletzt wor-
den seien.
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Seite 9
F.
Auf die weiteren Ausführungen der Parteien sowie die eingereichten Un-
terlagen wird – soweit entscheidwesentlich – im Rahmen der nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen.
Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Be-
schwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG, sofern keine Ausnahme
nach Art. 32 VGG gegeben ist; eine solche liegt im vorliegenden Fall nicht
vor. Die Verfügungen der Vorinstanz können gemäss Art. 33 Bst. i VGG
i.V.m. Art. 74 Abs. 1 BVG beim Bundesverwaltungsgericht angefochten
werden. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Behand-
lung der vorliegenden Beschwerde ist somit gegeben. Das Verfahren vor
dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG, soweit das
VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG).
1.2 Zur Beschwerde ist legitimiert, wer vor der Vorinstanz am Verfahren
teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die
angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges In-
teresse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Art. 48 Abs. 1 VwVG).
Für die Legitimation zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht
kann die beschwerdeführende Partei die Beeinträchtigung rechtlicher oder
tatsächlicher Interessen geltend machen (statt vieler: Urteil des BVGer
B-5612/2013 vom 8. April 2014 E. 1.2.1, mit Hinweisen). Das Rechts-
schutzinteresse besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn mit
der Gutheissung der Beschwerde ein Nachteil wirtschaftlicher, materieller,
ideeller oder anderer Natur abgewendet werden kann (Urteil des BVGer
B-6272/2008 vom 20. Oktober 2010 E. 1.3.3). Die rechtliche oder tatsäch-
liche Situation muss durch den Ausgang des Beschwerdeverfahrens un-
mittelbar beeinflusst werden können (Urteil des BVGer B-385/2012 vom
8. Mai 2012 E. 3.2); es genügt somit nicht, wenn noch weitere Entscheide
dazwischengeschaltet sind. Das Interesse hat vielmehr unmittelbar und
konkret (BGE 135 I 43 E. 1.4) sowie aktuell zu sein (BVGE 2009/31 E. 3.1;
zum Ganzen: Urteil des BVGer B-5579/2013 vom 14. Oktober 2014
E. 1.1.5; ALFRED KÖLZ et al., Verwaltungsverfahren und Verwaltungs-
rechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 941 ff.; ISABELLE HÄNER, in:
A-7614/2016
Seite 10
Christoph Auer et al. [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Ver-
waltungsverfahren [VwVG], 2008, Art. 48 Rz. 18 ff.). Im Falle einer abstrak-
ten Normenkontrolle reicht schon eine virtuelle Betroffenheit aus, um ein
aktuelles Rechtsschutzinteresse zu bejahen (vgl. BGE 133 I 206 E. 2.1;
Urteil des BGer 2C_856/2011 vom 18. Januar 2012 E. 3.3 in fine; zum gan-
zen Abschnitt: Urteil des BVGer A-2343/2015 vom 15. Juli 2016 E. 1.3).
Die Vorinstanz stellt sich vorliegend auf den Standpunkt, dass den Be-
schwerdeführenden ein aktuelles Rechtsschutzinteresse fehle, weil vorlie-
gend die angesparten Mittel für den Ausgleich einer allfälligen Teuerung
vom Fonds in das Rentendeckungskapital umgebucht worden seien und
sich deshalb auch bei einer Aufhebung von § 22 Abs. 4 Bst. b PKG keine
Besserstellung ergäbe. Ohne Teuerung und bei Gutheissung der Be-
schwerde würden die Geldmittel während Jahren im Konto «Teuerungs-
fonds» verbleiben.
Wie bereits in Urteil des BVGer A-2343/2015 vom 15. Juli 2016 E. 1.3 ein-
lässlich aufgezeigt, ginge bei einem Verstoss des Reglements das BVG
der (bundesvorsorgerechtlich gesprochen:) reglementarischen Bestim-
mung in § 22 Abs. 4 Bst. b PKG vor (E. 1.4), weshalb Letztere mit Wirkung
ex tunc aufzuheben wäre; der Teuerungsfonds würde als nicht aufgelöst
gelten (vgl. hierzu: E. 3.2.4.4). Die Beschwerdeführenden haben demnach
auch in vorliegender Konstellation ein aktuelles schutzwürdiges Interesse
an einem Entscheid darüber, ob § 22 Abs. 4 Bst. b PKG aufzuheben ist, da
die ihnen möglicherweise zustehende Teuerungszulage auf dem Spiel
steht. Dass eine Gutheissung der Beschwerde nicht zu einer sofortigen
Auszahlung dieser Zulage führt, ändert daran nichts.
Auf die im Übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 50
Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 VwVG) ist demnach einzutreten.
1.3 Das Bundesverwaltungsgericht prüft gemäss Art. 49 VwVG die Verlet-
zung von Bundesrecht einschliesslich der Überschreitung oder des Miss-
brauchs des Ermessens (Bst. a), die unrichtige oder unvollständige Fest-
stellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Bst. b) und die Unangemes-
senheit, wenn nicht eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt
hat (Bst. c). Zudem kann sich die Kognition in oberer Instanz nur verengen,
nicht aber erweitern. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Aufsichtstätigkeit
im Bereich der beruflichen Vorsorge als Rechtskontrolle ausgestaltet ist
(vgl. ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Kommentar zur beruflichen Vorsorge,
3. Aufl. 2013, Art. 62 Rz. 1), weshalb sich auch das angerufene Gericht –
A-7614/2016
Seite 11
in Abweichung von Art. 49 Bst. c VwVG – auf eine Rechtskontrolle zu be-
schränken hat, soweit Entscheide – vorliegend «reglementarische» Best-
immungen (nachfolgend: E. 1.4) gemäss Art. 62 Abs. 1 Bst. a BVG – des
paritätischen Organs zu überprüfen sind (vgl. zum Ganzen: BGE 139 V 407
E. 4.1.2, BGE 138 V 346 E. 5.5.2 und BGE 135 V 382 E. 4.2; Urteile des
BVGer A-494/2013 vom 10. November 2016 E. 3.2 und A-5524/2015 vom
1. September 2016 E. 2, mit weiteren Hinweisen).
1.4 Der Gegenstand und Umfang der von den BVG-Aufsichtsbehörden
wahrzunehmenden abstrakten Normenkontrollaufgaben ist mit Urteil des
BVGer A-2343/2015 vom 15. Juli 2016 bereits rechtskräftig festgelegt wor-
den. Danach können alle den gesetzlichen Vorschriften widersprechenden
reglementarischen Bestimmungen – einschliesslich der entsprechenden
kantonalen Erlasse – von der BVG-Aufsichtsbehörde aufgehoben bzw. de-
ren Nichtanwendbarkeit festgestellt werden, soweit diese der Vorsorgeein-
richtung verbindliche Weisungen über die Ausgestaltung entsprechender
Bestimmungen erteilen kann. Der Gegenstand beschränkt sich auf die in
Art. 50 Abs. 1 BVG (nicht abschliessend) aufgezählten Gebiete, über wel-
che nach dieser Vorschrift «reglementarische» Bestimmungen zu erlassen
sind (Urteil des BVGer A-2343/2015 vom 15. Juli 2016 E. 2.2 f.). Bei § 22
Abs. 4 Bst. b PKG handelt es sich um eine Vorschrift betreffend die Ver-
waltung und die Finanzierung von Vorsorgeeinrichtungen im Sinne von
Art. 50 Abs. 1 Bst. c BVG, somit ist die Vorinstanz für die Durchführung ei-
ner abstrakten Kontrolle dieser Vorschrift sachlich zuständig (Urteil des
BVGer A-2343/2015 vom 15. Juli 2016 E. 3.1). Die Vorinstanz kann vorlie-
gend – entgegen ihren Ausführungen – verbindliche Weisungen über die
Ausgestaltung dieser Bestimmung erteilen.
1.5 Im Beschwerdeverfahren gilt sodann der Grundsatz der Rechtsanwen-
dung von Amtes wegen. Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, auf
den unter Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten festgestellten Sachverhalt
jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutreffenden erachtet, und
ihm jene Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (BGE 119 V 347
E. 1a; Urteil des BVGer A-5081/2014 vom 16. Februar 2016 E. 1.5; MOSER
et al., Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013,
Rz. 1.54). Dieses Prinzip hat zur Folge, dass das Bundesverwaltungsge-
richt als Beschwerdeinstanz an die rechtliche Begründung der Begehren
nicht gebunden ist (Art. 62 Abs. 4 VwVG). Es kann die Beschwerde auch
aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den an-
gefochtenen Entscheid im Ergebnis mit einer Begründung bestätigen, die
von jener der Vorinstanz abweicht (BGE 128 II 145 E. 1.2.2, BGE 127 II
A-7614/2016
Seite 12
264 E. 1b; Urteil des BVGer A-1087/2016 vom 10. August 2016 E. 1.6; MO-
SER et al., a.a.O., Rz. 1.54).
1.6
1.6.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist als selbständiges Grundrecht
in Art. 29 Abs. 2 BV verankert und wird für das Verwaltungsverfahren in den
Art. 29 ff. VwVG konkretisiert. Er umfasst im Wesentlichen das Recht einer
Partei auf Teilnahme am Verfahren und auf Einflussnahme auf den Prozess
der Entscheidfindung. In diesem Sinne dient das rechtliche Gehör einer-
seits und in Ergänzung des Untersuchungsgrundsatzes der Sachaufklä-
rung, stellt andererseits aber auch ein persönlichkeitsbezogenes Mitwir-
kungsrecht beim Erlass von Verfügungen dar, die in die Rechtstellung des
Einzelnen eingreifen. Zu den Mitwirkungsrechten gehört insbesondere das
Recht einer Partei, sich vor Erlass einer Verfügung zur Sache zu äussern,
Einsicht in die Akten zu nehmen